S. 176 / Nr. 37 Altersversicherung (d)

BGE 76 IV 176

37. Urteil des Kassationshofes vom 26. Mai 1950 i. S. Wüthrich gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG. Wann sind die abgezogenen Arbeitnehmerbeiträge «dem
vorgesehenen Zwecke entfremdet»? Vorsatz.
Art. 87 al. 3 LA VS. Quand les cotisations déduites du salaire de l'employé
sont-elles «détournées de leur destination'? Intention.
Art. 87 cp. 3 LA VS. Quando le quote dedotte dal salario di un impiegato sono
sottratte allo scopo cui sono destinate? Intenzione.

A. - Am 15. April 1948 eröffnete die kantonale AHV-Ausgleichskasse in Zürich
dem Wüthrich, der mit fremden Arbeitskräften Reinigungsarbeiten besorgt, dass
er verpflichtet sei, mit ihr über die ausbezahlten Löhne abzurechnen und davon
Beiträge von 4% an die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu entrichten.
In der Folge gestattete ihm die Kasse, die Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge nach dem Markensystem zu leisten. Wüthrich tat das
anfänglich. Später zog er zwar den

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Arbeitnehmern noch immer 2% als Beitrag am Lohne ab, klebte jedoch keine
Marken mehr in ihre Bücher. Am 26. November 1948 stellte ihn die
Ansgleichskasse deswegen zur Rede. Wüthrich gab zu, die Arbeitnehmerbeiträge
seit 1. Juni 1948 regelmässig an den Löhnen abgezogen zu haben, und
verpflichtete sich, der Ausgleichskasse in den nächsten Tagen das Lohnbuch
vorzulegen. Um jene Zeit erklärte ihm die Kasse, dass er inskünftig über die
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge nach dem Kartensystem mit ihr
abzurechnen habe. Trotz wiederholter Mahnungen hielt Wüthrich sein Versprechen
auf Vorlage des Lohnbuches nicht. Er lieferte auch keine Beiträge ab. Am 28.
Juni 1949 setzte daher die Kasse die von ihm zu bezahlenden Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge, Verwaltungskosten und Mahngebühren für die Zeit vom 1.
Januar 1948 bis 31. Mai 1949 auf Fr. 3576.- fest und forderte Wüthrich auf,
ihr diesen Betrag spätestens innert dreissig Tagen zu bezahlen. Am 15. Juli
1949 reichte sie gegen ihn unter Berufung auf Art. 87 Abs. 2
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
und 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
des
Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20.
Dezember 1946 (AHVG) Strafanzeige ein. Das veranlasste Wüthrich, seine
Lohnbücher vorzulegen und am 19. Juli 1949 auf den von der Ausgleichskasse
erstellten Auszügen den Abzug der Arbeitnehmerbeiträge unterschriftlich
anzuerkennen. Am 19. August 1949 gab er vor dem Bezirksanwalt zu, an
Arbeitnehmerbeiträgen Fr. 294.08 abgezogen zu haben. Trotzdem bezahlte er der
Ausgleichskasse nichts, auch nicht, als sie ihn am 15. Oktober 1949
aufforderte, seine bis Ende Juni 1949 auf Fr. 1373.75 angewachsene Schuld
innert zehn Tagen zu tilgen.
B. - Am 26. Januar 1950 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich
Wüthrich wegen Nichtablieferung der Fr. 294.08, in der es das Vergehen des
Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG sah, zu einer Busse von Fr. 100.-.
C. - Wüthrich führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
es sei aufzuheben und er

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sei freizusprechen. Er macht geltend, vom Januar bis Ende Juni 1949 sei er im
Ausland gewesen und Anfang Juli 1949 habe er sich zur Besprechung der
Abrechnung auf das Büro der Ausgleichskasse begeben. Es könne nicht gesagt
werden, dass er im Zeitpunkt, der für die Beurteilung massgebend sein müsse,
nämlich bei der ohne weitere Warnung erfolgten Einreichung der Strafanzeige,
die abgezogenen Arbeitnehmerbeiträge dem vorgesehenen Zwecke entfremdet gehabt
habe. Auch habe ihm der auf Entfremdung gerichtete Vorsatz gefehlt. Der
Vorsatz dürfe nicht, wie das Obergericht es tue, vermutet, sondern er müsse
durch schlüssige Indizien bewiesen werden. Da das Obergericht Wert auf die
Feststellung lege, dass er bis zum Verhandlungstage nicht bezahlt habe, habe
er inzwischen die Fr. 294.08 einbezahlt. Der wirkliche Grund seines Zögerns
liege darin, dass er eine klare Lage über seine Gesamtverpflichtung an die
Alters- und Hinterlassenenversicherung habe abwarten wollen; die
Ausgleichskasse und er seien nämlich versehiedener Meinung darüber, ob er auch
beitragspflichtig sei für Arbeitskräfte, die er nicht selber anstelle, sondern
bloss an Dritte vermittle.
D. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die
Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
BStP können mit der Nichtigkeitsbeschwerde
weder neue Tatsachen vorgebracht, noch festgestellte Tatsachen bestritten,
noch neue Beweismittel eingelegt oder angerufen werden. Soweit der
Beschwerdeführer das dennoch tut, ist auf seine Beschwerde nicht einzutreten.
2.- Nach Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG ist strafbar, «wer als Arbeitgeber einem
Arbeitnehmer Beiträge vom Lohn abzieht, sie indessen dem vorgesehenen Zwecke
entfremdete. Dem vorgesehenen Zwecke entfremdet («détournées de leur
destination») sind die Arbeitnehmerbeiträge nicht erst, wenn der Arbeitgeber
sie verbraucht, sondern schon

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dann, wenn er sie nicht dem Zwecke zuführt, den sie erfüllen sollen. Das
ergibt sich besonders deutlich aus dem französischen Text. Die blosse
Nichtablieferung oder nicht rechtzeitige Ab Lieferung der Beiträge genügt
somit jedenfalls dann, wenn die Ausgleichskasse durch Mahnung des Arbeitgebers
kundgetan hat, dass sie die Beiträge ihrem gesetzlichen Zwecke zugeführt haben
will. Dieser Zweck besteht nicht bloss darin, dass die Beiträge zur Auszahlung
von Renten verwendet werden, sondern auch darin, dass sie in der Zwischenzeit
zugunsten des Ausgleichsfonds Zinsen abwerfen (vgl. Art. 102 lit. c
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 102 - 1 Die Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung werden finanziert durch:
1    Die Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung werden finanziert durch:
a  die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber;
b  den Beitrag des Bundes;
c  die Vermögenserträge des AHV-Ausgleichsfonds;
d  die Einnahmen aus dem Rückgriff auf haftpflichtige Dritte;
e  die Erträge zugunsten der Versicherung aus der Erhöhung der Mehrwertsteuersätze nach Artikel 130 Absätze 3 und 3ter BV;
f  den Ertrag aus der Spielbankenabgabe.
2    Die Hilflosenentschädigung wird ausschliesslich durch den Bund finanziert.440
AHVG). Wer
durch Nichtablieferung die Verwendung zur Auszahlung von Renten oder die
nutzbringende Anlage auch bloss vorübergehend verhindert, entfremdet die
Beiträge ihrem Zwecke.
Diese Auslegung widerspricht der Rechtsprechung des Kassationshofes nicht,
welche vor dem Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses über die Abänderung der
Lohnersatzordnung und der Ausführungsverordnung zur Lohnersatzordnung, vom 26.
März 1945 (AS 61 160), die blosse Nichtablieferung der Beiträge an die
Lohnausgleichskassen durch die Arbeitgeber als nicht strafbar erklärte. Art.
18 der Ausführungsverordnung zum Bundesratsbeschluss über die provisorische
Regelung der Lohnausfallentschädigung an aktivdiensttuende Arbeitnehmer, vom
4. Januar 1940 (ALEO), erklärte ursprünglich strafbar, wer sich
schuldhafterweise der Auferlegung einer Beitragspflicht ganz oder teilweise
entziehe (AS 56 16), und später (Fassung vorn 13. März 1942), wer sich durch
unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise der Beitragspflicht
ganz oder teilweise entziehe (AS 58 249), was dahin ausgelegt wurde, dass die
blosse Nichtablieferung der Beiträge nicht genüge, vielmehr die richtige
Feststellung der Beitragspflicht vereitelt worden sein müsse (Urteil des
Kassationshofes vom 7. Juli 1944 i. S. Otto). Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG lautet
anders. Nicht zu ersehen ist, weshalb er nicht gleich gefasst worden ist wie
Art. 18 Ziff. 1

Seite: 180
Abs. 3 ALEO im Bundesratsbeschluss vom 26. März 1945, lautend: «... wer als
Arbeitgeber die Arbeitnehmerbeiträge seinem Arbeitnehmer vom Lohn abzieht, der
Kasse aber nicht abliefert...» Allein die Abweichung zwingt nicht zum Schluss,
dass in der blossen Nichtablieferung oder nicht rechtzeitigen Ab Lieferung
abgezogener Arbeitnehmerbeiträge an die Ausgleichskasse keine
«Zweckentfremdung» im Sinne des Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG erblickt werden dürfe.
3.- Der Beschwerdeführer zog seinen Arbeitnehmern in der dem Urteil zugrunde
gelegten Zeit Fr. 294.08 an Beiträgen für die Alters- und
Hinterlassenenversicherung ab, lieferte sie aber trotz wiederholter
Aufforderung durch die Ausgleichskasse nicht an diese ab. Die Beiträge waren
zur Ab Lieferung fällig. Hierüber besteht kein Zweifel, soweit der
Beschwerdeführer sie nach dem Markensystem hätte entrichten sollen. Nach
diesem System hatte er bei der Post oder bei der Ausgleichskasse Marken zu
erstehen und sie den Arbeitnehmern als Quittung für die ihnen abgezogenen
Beiträge in ihre Markenbücher einzukleben (Art. j 45 f. VollzVo. zum AHVG).
Eine Frist, das zu tun, räumen Gesetz und Verordnung dem Arbeitgeber nicht
ein, was den Sinn hat, dass das Einkleben der Marken bei der Lohnauszahlung zu
erfolgen hat. Aber auch die Abrechnung nach dem Kartensystem, die dem
Beschwerdeführer im November oder Dezember 1948 vorgeschrieben wurde,
berechtigte ihn nicht, die abgezogenen Arbeitnehmerbeiträge so lange
zurückzubehalten, wie er es getan hat. Nach Art. 34
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 34 - 1 Die monatliche Altersrente setzt sich zusammen aus (Rentenformel):
1    Die monatliche Altersrente setzt sich zusammen aus (Rentenformel):
a  einem Bruchteil des Mindestbetrages der Altersrente (fester Rententeil);
b  einem Bruchteil des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens (variabler Rententeil).
2    Es gelten folgende Bestimmungen:
a  Ist das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen kleiner oder gleich dem 36fachen Mindestbetrag der Altersrente, so beträgt der feste Rententeil 74/100 des Mindestbetrages der Altersrente und der variable Rententeil 13/600 des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens.
b  Ist das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen grösser als das 36fache des Mindestbetrages der Altersrente, so beträgt der feste Rententeil 104/100 des Mindestbetrages der Altersrente und der variable Rententeil 8/600 des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens.
3    Der Höchstbetrag der Altersrente entspricht dem doppelten Mindestbetrag.
4    Der Mindestbetrag wird gewährt, wenn das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen höchstens zwölfmal grösser ist, und der Höchstbetrag, wenn das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen wenigstens zweiundsiebzigmal grösser ist als der Mindestbetrag.
5    Der Mindestbetrag der vollen Altersrente von 1225 Franken entspricht dem Rentenindex von 222,7 Punkten.180
VollzVo. zum AHVG haben
die Arbeitgeber in der Regel monatlich und, wenn sie nur wenige Arbeitnehmer
beschäftigen, in der Regel vierteljährlich abzurechnen. Für Arbeitgeber, die
eine Buchhaltung mit Lohnjournal und individuellen Lohnkonten führen, sieht
Art. 35 Abs. 2
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
und 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
VollzVo. zum AHVG die Möglichkeit vor, im Einverständnis
mit der Ausgleichskasse die genaue Abrechnung auf Jahresende vorzunehmen,
wobei jedoch monatliche Beiträge in der Höhe von

Seite: 181
rund 4 Prozent der durchschnittlichen Monatslohnsumme zu entrichten sind. Dass
ein Übereinkommen im letztgenannten Sinne getroffen worden sei, behauptet der
Beschwerdeführer nicht, und das würde ihm auch nichts nützen, da er weder
monatliche Teilzahlungen geleistet, noch auf Jahresende genau abgerechnet hat.
Die wiederholten Mahnungen, durch welche die Ausgleichskasse Vorlage der
Lohnbücher und Ab Lieferung der Beiträge verlangte, erfolgten zu Recht und
bekundeten, dass die Kasse die Beiträge ihrem Zwecke zugeführt haben wollte.
Der Beschwerdeführer hat sich objektiv gegen Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG vergangen. Ob
man bloss sein Verhalten bis zum Eingang der Strafanzeige (15. Juli 1949) oder
auch seine Säumnis während des Strafverfahrens bis zum Urteil des Obergerichts
(26. Januar 1950) berücksichtige, ist unerheblich, ganz abgesehen davon, dass
es nicht eine Frage des eidgenössischen Rechts, sondern des kantonalen
Prozessrechtes ist - dessen Anwendung der Kassationshof nicht zu prüfen hat
(Art. 269 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
, Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
BStP) -'ob das Obergericht auf den
Zeitpunkt der Strafanzeige hätte abstellen sollen.
4.- Vorsätzlich hat der Beschwerdeführer das Vergehen des Art. 87 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
AHVG
begangen, wenn er in Kenntnis seiner Ablieferungspflicht die abgezogenen
Arbeitnehmerbeiträge bewusst und gewollt nicht abgeliefert hat. Diese
subjektiven Tatsachen sind vom Obergericht verbindlich festgestellt; der
Beschwerdeführer kann sie mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht bestreiten
(Art. 277bis Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
, Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
BStP). Er könnte bloss geltend
machen, dass das Obergericht von einem falschen Rechtsbegriff des Vorsatzes
ausgegangen sei. Das behauptet er aber mit Recht nicht; seine Einwendungen
richten sich ausschliesslich gegen die Beweiswürdigung. Übrigens gibt der
Beschwerdeführer selber zu, dass er die Arbeitnehmerbeiträge bewusst und
gewollt und in Kenntnis seiner Pflicht nicht abgeliefert hat, wenn er geltend
macht, er habe es deshalb nicht getan, weil er eine

Seite: 182
klare Lage über seine Gesamtverpflichtung habe abwarten wollen, da die Kasse
und er über die Beitragspflicht für bloss vermittelte Arbeitskräfte nicht
einig gewesen seien. Bestraft worden ist er nicht wegen Nichtablieferung
streitiger, sondern nur wegen Nichtablieferung tatsächlich abgezogener, also
nichtstreitiger Arbeitnehmerbeiträge.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden
kann.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 76 IV 176
Datum : 01. Januar 1949
Publiziert : 26. Mai 1950
Quelle : Bundesgericht
Status : 76 IV 176
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 87 Abs. 3 AHVG. Wann sind die abgezogenen Arbeitnehmerbeiträge «dem vorgesehenen Zwecke...


Gesetzesregister
AHVG: 34 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 34 - 1 Die monatliche Altersrente setzt sich zusammen aus (Rentenformel):
1    Die monatliche Altersrente setzt sich zusammen aus (Rentenformel):
a  einem Bruchteil des Mindestbetrages der Altersrente (fester Rententeil);
b  einem Bruchteil des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens (variabler Rententeil).
2    Es gelten folgende Bestimmungen:
a  Ist das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen kleiner oder gleich dem 36fachen Mindestbetrag der Altersrente, so beträgt der feste Rententeil 74/100 des Mindestbetrages der Altersrente und der variable Rententeil 13/600 des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens.
b  Ist das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen grösser als das 36fache des Mindestbetrages der Altersrente, so beträgt der feste Rententeil 104/100 des Mindestbetrages der Altersrente und der variable Rententeil 8/600 des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens.
3    Der Höchstbetrag der Altersrente entspricht dem doppelten Mindestbetrag.
4    Der Mindestbetrag wird gewährt, wenn das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen höchstens zwölfmal grösser ist, und der Höchstbetrag, wenn das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen wenigstens zweiundsiebzigmal grösser ist als der Mindestbetrag.
5    Der Mindestbetrag der vollen Altersrente von 1225 Franken entspricht dem Rentenindex von 222,7 Punkten.180
35 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
87 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 87 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt,
102
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 102 - 1 Die Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung werden finanziert durch:
1    Die Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung werden finanziert durch:
a  die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber;
b  den Beitrag des Bundes;
c  die Vermögenserträge des AHV-Ausgleichsfonds;
d  die Einnahmen aus dem Rückgriff auf haftpflichtige Dritte;
e  die Erträge zugunsten der Versicherung aus der Erhöhung der Mehrwertsteuersätze nach Artikel 130 Absätze 3 und 3ter BV;
f  den Ertrag aus der Spielbankenabgabe.
2    Die Hilflosenentschädigung wird ausschliesslich durch den Bund finanziert.440
BStP: 269  273  277bis
BGE Register
76-IV-176
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
arbeitgeber • arbeitnehmer • kassationshof • vorsatz • lieferung • strafanzeige • tag • lohn • monat • kenntnis • bundesgesetz über die alters- und hinterlassenenversicherung • staatsanwalt • zahlung • kantonales rechtsmittel • ausgleichsfonds • inkrafttreten • wert • frist • wille • verhalten
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