BGE 76 I 53
11. Auszug aus dem Urteil vom 24. März 1950 i. S. M.-Immobilien A.-G. gegen
eidg. Steuerverwaltung.
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Regeste:
Stempelabgabe auf Aktien: Einzahlungen der Aktionäre ohne entsprechende
Erhöhung des Aktienkapitals (Art. 21
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
Droit & timbre sur les actios: Paiements faits par les actionnaires sans
augmentation correspondante du capital actions (art. 21 al. 1 LT).
Diritto di bollo sulle azioni: Versamenti fatti dagli azionisti senza
corrispondente aumento del capitale azionario (art. 21 cp. 1 LB).
A. - In B. besteht die Aktiengesellschaft M. & Co. (A.-G. M. & Co.) für die
Fabrikation und für den Handel mit Farben, Lacken, Spachtelmassen und allen
übrigen Malerartikeln. Sie übernahm Aktiven und Passiven der bisherigen
Kollektivgesellschaft M. & Co. Deren Teilhaber (2 Herren M.) erhielten als
Gegenwert für das eingebrachte Unternehmen u. a. Aktien. Im Jahre 1935
errichteten sie die M. -Immobilien A.- 61. (M. A.-G.) zur Übernahme und
Verwaltung von ihnen gemeinsam gehörenden Liegenschaften, vor allem des
Geschäftshauses der A.-G. M. & Co.
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B. - Am 8. Dezember 1947 haben die beiden Herren M. ihre Beteiligung an der
A.-G. M. & Co. nahezu vollständig an die M. A.-G. übertragen.
Der Übernahmepreis wurde auf Fr. 800. pro Aktie festgesetzt, wovon Fr. 500.
dem Neunwert, Fr. 300.- dem den Aktien M. & Co. von den Beteiligten
beigemessenen Mehrwert entsprechen. Jedem der Verkäufer wurde ein Schuldschein
ausgestellt im Betrage des Neunwertes der abgetretenen Aktien. Der Mehrbetrag
des für die Aktien vereinbarten Kaufpreises soll durch jährliche Aufwertung
der beiden Schuldscheine um 5% aufgebracht werden. Weiterhin wurde vereinbart,
dass die Verkäufer der Aktien M. & Co. das Stimmrecht und das Recht auf die
Dividende auf Lebenszeit behalten; sodann soll, wenn einer der Verkäufer
stirbt, das Recht auf die Dividende auch noch dessen Ehefrau zustellen,
solange sie lebt.
C. - Die eidg. Steuerverwaltung hält dafür, dass die Aktien der A.-G. M. & Co.
am 8. Dezember 1947 einen Verkehrswert von mindestens Fr. 950. gehabt und
demnach Fr. 150. unter ihrem Verkehrswert die Hand gewechselt hätten. Sie
erblickt in dem Mehrwert eine Einlage der Aktionäre in ihre Gesellschaft im
Sinne von Art. 21 Abs. 1
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
Emissionsabgabe auf dem Betrage des Mehrwerts.
Das. Bundesgericht schützt die hiegegen gerichtete Beschwerde
in Erwägung:
1.- Nach Art. 21 Abs. 1
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
die Aktionäre an die Gesellschaft oder zuhanden derselben im Verhältnis zu
ihren Beteiligungen Einzahlungen leisten, ohne dass eine entsprechende
Erhöhung des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals erfolgt. Die
Vorschrift steht im Zusammenhang und ist die Weiterführung der grundsätzlichen
Ordnung, wonach die Stempelabgabe auf Aktien nicht auf die Einzahlungen auf
das statutarische Aktienkapital
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beschränkt ist, sondern sich nach dem Betrage richtet, zu dem die Aktien vom
ersten Erwerber übernommen werden, somit auch die Mittel erfasst, die die
Aktionäre der Aktiengesellschaft darüber hinaus als eigene Mittel zur
Verfügung stellen. Ergänzend werden - nach Art. 21 Abs. 1 - die nicht auf das
statutarische Aktienkapital angerechneten e Einzahlungen» erfasst, die die
Aktionäre in einem späteren Zeitpunkt «im Verhältnis zu ihren Beteiligungen»
leisten.
a) Es darf ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass unter «Einzahlungen»
im Sinne dieser Bestimmung nicht nur Geldleistungen verstanden sind, sondern
dass das Einbringen von Sachwerten die Besteuerung ebenfalls veranlassen kann.
Wie es bei Ausgabe des Aktienkapitals nicht darauf ankommt, ob der Aktionär
der Aktiengesellschaft Geldmittel oder Sachwerte als Gegenleistung für die
Einräumung des Beteiligungsrechtes zur Verfügung stellt, so kann es auch bei
nachträglich eingebrachten Werten nicht auf die Art der Einlage ankommen.
Wesentlich ist nur, dass die Gesellschaft vom Aktionär neue Mittel erhält, die
nach den Umständen, unter denen die Zuwendung erfolgt, als Leistungen
erscheinen, die auf Grund und nach Massgabe der Beteiligung erbracht werden.
Der Ausdruck e Einzahlung a in Art. 21 Abs. 1
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
juristischtechnischen Sinne von Leistung einer Zahlung zu verstehen, sondern
als Einbringung irgendwelcher Werte durch Inhaber gesellschaftlicher
Beteiligungsrechte (vgl. AMSTUTZ-WYSS, Stempelsteuerrecht, S. 85, No. 1 Abs. 2
zu Art. 21
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
b) Nach Art. 21 Abs. 1
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
Kapitalnachschüsse, die von Aktionären im Verhältnis zu ihren Beteiligungen
erbracht werden. Leistungen, auf die diese Voraussetzung nicht zutrifft,
unterliegen der Stempelabgabe nicht (AMSTUTZ-WYSS a.a.O. S. 85 f.). Das Gesetz
geht offensichtlich davon aus, dass die Zuzahlung in der Regel nicht auf der
Beteiligung beruht, sondern auf Gründer, die nicht in den
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Bereich der Stempelabgabe auf gesellschaftlichen Beteiligungsrechten fallen,
wenn die Höhe der Zuzahlung nicht durch die Beteiligung bestimmt ist.
Demgemäss wird die Besteuerung auf Zuzahlungen beschränkt, deren Höhe sich
nach der Beteiligung richtet. Die Beschränkung ist im Gesetze so eindeutig und
bestimmt ausgesprochen, dass es kaum angeht, die Vorschrift anders denn als
eine abschliessende Anordnung aufzufassen. Darin unterscheidet sich Art. 21
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
Abs. 1 StG von Art. 5, Abs. 2 CG, auf den sich die eidg. Steuerverwaltung
unter Hinweis auf die Praxis beruft, um eine ausdehnende Anwendung der
Vorschrift -Erstreckung auf Ersatztatbestände nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten, zu rechtfertigen. Art. 5, Abs. 2 CG unterwirft der
Besteuerung jede Zuwendung einer Gesellschaft an die Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die sich nicht als Kapitalrückzahlung
darstellt; er ordnet damit allgemein die Besteuerung an, unter Ausschluss
eines einzeln bestimmten Tatbestandes. Art. 21
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 21 Regel - Gegenstand der Abgabe sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, |
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a | die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören; |
b | die ein inländischer Versicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat. |
einen bestimmten Tatbestand als Anlass der Besteuerung, was zur Folge haben
muss, dass die Steuerpflicht auf diesen Tatbestand beschränkt bleibt und ein
Vorbehalt höchstens zu machen ist, wo der Verdacht einer Steuerumgehung
besteht. Dass hier die letztere Voraussetzung erfüllt sei, ist nicht behauptet
worden. Es liegt auch nichts dafür vor.
2.- Die Beschwerdeführerin wird besteuert für den Mehrwert, der nach der
Auffassung der Steuerverwaltung der M. A.-G. bei Abtretung der Aktien M. & Co.
über den Preis von Fr. 800.- pro Aktie hinaus zugekommen ist. Gegenstand der
Besteuerung ist nicht das Geschäft, das durch den Kaufpreis gedeckt ist,
sondern ein allfällig durch dieses Geschäft nicht gedeckter Überschuss.
Wenn es richtig ist, dass den Aktien der Firma M.& Co. unter den hier
massgebenden Gesichtspunkten ein höherer Wert beizumessen ist als derjenige
von Fr. 800., zu dem die Titel an die M. A.-G. abgegeben wurden, so hat die
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M. A. -G. von den Verkäufern eine Zuwendung in ihre eigenen Mittel erhalten,
die an sich den Charakter einer Einlage in das Vermögen der Empfängerin
(«Einzahlung» im oben dargelegten Sinne) haben könnte. Und zwar ist eine
«Einzahlung» dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung aller Verhältnisse
die M. A. -G. bei dem Geschäft mehr erhalten hat, als sie aufwenden musste.
(Es folgen Ausführungen darüber, dass dies nicht der Fall ist.)