BGE 76 I 220
38. Urteil vom 23. Juni 1950 i. S. M. gegen Wehrsteuerrekurskommission des
Kantons Zürich.
Regeste:
Wehrsteuer: Übernahme einer Leibrentenverpflichtung als Gegenleistung für den
Erwerb von Aktien. Abzug der einzelnen Rentenleistungen vom Einkommen des
neuen Rentenschuldners.
Impôt pour la défense nationale: Reprise d'une dette portant sur le service
d'une rente viagère en paiement d'actions. Déduction des arrérages sur le
revenu du nouveau débiteur de la rente.
Imposta per la difesa nazionale Assunzione del debito, risultante dalla
costituzione di una rendita vitalizia, in pagamento di azioni. Deduzione delle
singole prestazioni dal reddito del nuovo debitore della rendita.
A. - B., Inhaber der Aktien der K. A.-G. im Nominalwert von insgesamt Fr.
50000.-, setzte im Jahre 1938 Frau A. zur Erbin ein mit der Verpflichtung,
seiner Ehefrau eine lebenslängliche Rente von Fr. 1500.- monatlich
auszurichten. Kurz darauf starb er. Im Jahre 1940 erwarb der Beschwerdeführer
von Frau A. jene Aktien als Gegenleistung übernahm er gemäss Kauf -vertrag die
Bezahlung eines von der Verkäuferin geschuldeten Erbschaftssteuerbetrages von
Fr. 55000.- und die Erfüllung der ihr gemäss Testament des B. obliegenden
Rentenverpflichtung. In den Jahren 1945 und 1946, der Berechnungperiode für
die Wehrsteuer IV, erhielt die
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Rentengläubigerin jährlich Fr. 14,400.- von ihm selbst und Fr. 3600.- von der
Aktiengesellschaft.
B. - Bei der Veranlagung des Beschwerdeführers für die Wehrsteuer IV wurden
entgegen seinem Standpunkt die von der K. A.-G. an die jährlichen Renten
bezahlten Fr. 3600.- seinem Einkommen zugerechnet und die von ihm selbst
bezahlten Fr. 14,400.- von den Einkünften nicht abgezogen. Beim Vermögen wurde
für die Rentenverpflichtung ebenfalls kein Abzug vorgenommen.
Der Steuerpflichtige erhob gegen die Einschätzung des Einkommens Beschwerde
mit dem Begehren, die jährlichen Rentenleistungen von Fr. 18,000.- seien
abzuziehen. Mit Entscheid vom 4. Oktober 1949 wies ihn die kantonale
Rekurskommission ab. Sie nahm an, mit der Übernahme der Rentenverpflichtung
habe er einen Teil des für die erworbenen Aktien geschuldeten Kaufpreises
abgegolten. Die einzelnen Rentenzahlungen stellten deshalb Aufwendungen für
die Anschaffung von Vermögenswerten dar und könnten daher nach der
ausdrücklichen Vorschrift des Art. 23 WStB vom Einkommen nicht abgezogen
werden. Der Rekurrent sei zu den Rentenleistungen weder durch Gesetz noch
durch Testament noch durch einen zwischen ihm selbst und der Rentengläubigerin
geschlossenen Vertrag verpflichtet worden, so dass Art. 22 Abs. 1 lit. d WStB
in seinem Falle nicht anwendbar sei. Die Rentenverpflichtung habe durch den
Übergang von der ursprünglichen Rentenschuldnerin auf den Rekurrenten einen
andern Charakter erhalten.
C. - Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, es treffe nicht
zu, dass die vom Beschwerdeführer übernommene Rentenverpflichtung Bestandteil
des für die Aktien geschuldeten Kaufpreises sei denn die Aktien seien im Jahre
1940 höchstens Fr. 55000.- wert gewesen. Der Beschwerdeführer sei gegenüber
Frau B. zu einer periodisch wiederkehrenden Leistung verpflichtet, die gemäss
Art. 22 Abs. 1 lit. d
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WStB von seinem Einkommen in Abzug zu bringen sei. Die von der K. A.-G.
bezahlten Fr. 3600.- rechnet der Beschwerdeführer nicht zu seinem Einkommen
und beziffert dementsprechend den beanspruchten Rentenabzug auf Fr. 14400.-.
D. - Die Rekurskommission und die kantonale Steuerverwaltung beantragen die
Abweisung der Beschwerde. Die kantonale Steuerverwaltung bemerkt, dass der
Kapitalwert der laufenden Rente bei der Bemessung des steuerbaren Vermögens
des Beschwerdeführers als Schuld in Rechnung gestellt werden sollte.
Die eidg. Steuerverwaltung stellt den Antrag, die Beschwerde sei gutzuheissen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Übernahme der Rentenverpflichtung
durch den Beschwerdeführer mit dem Aktienkauf zusammenhängt, einen Teil der
von ihm versprochenen Gegenleistung für den Erwerb der Aktien bildet. Dies
geht aus dem Wortlaut des Kaufvertrages deutlich hervor. Ob die gesamte
Gegenleistung, welche der Beschwerdeführer im Vertrage auf sich genommen hat,
ein angemessenes Entgelt für die Aktien sei, ist für die Beurteilung der
vorliegenden Streitigkeit ohne Bedeutung und daher nicht zu prüfen.
Indem der Beschwerdeführer in das zwischen der Verkäuferin und Frau B.
bestehende Leibrentenverhältnis als Schuldner eintrat, erreichte er
wirtschaftlich, dass er einen Teil des Kaufpreises sozusagen in Raten abzahlen
konnte. Insofern hat das Geschäft eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Kauf auf
Abzahlung. Offenbar fassten denn auch die Vor Instanzen die einzelnen
Rentenleistungen des Beschwerdeführers als eine Art Teilzahlungen im Sinne des
Kaufsrechts auf und liessen sie aus diesem Grunde bei der Bemessung seines
steuerbaren Einkommens in Anwendung des Alt. 23 WStB nicht zum Abzug zu.
Anderseits hätte diese Betrachtungsweise die - im
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kantonalen Verfahren nicht geprüfte - Frage nahegelegt, ob nicht bei der
Bemessung des steuerbaren Vermögens ein entsprechender Schuldposten in Abzug
zu bringen sei.
Die monatlichen Zahlungen des Beschwerdeführers an Frau B. können jedoch
rechtlich nicht als Leistungen zur Tilgung der Kaufpreisschuld angesehen
werden. Den in Frage stehenden Teil dieser Verbindlichkeit hat der
Beschwerdeführer bereits dadurch erfüllt, dass er die Verkäuferin von der
Rentenverpflichtung befreit hat. An Stelle der Kaufpreisschuld ist dadurch
insoweit eine neue Verpflichtung andern Charakters getreten, nämlich die dem
Stammrecht des Leibrentengläubigers entsprechende Verbindlichkeit. Mit den
einzelnen Rentenleistungen wird also nicht mehr die Kaufpreisschuld
abgetragen, sondern eine anders geartete Verbindlichkeit, eben die
Rentenschuld, erfüllt. Wenn auch auf diese Weise indirekt ein Entgelt für die
gekauften Aktien geleistet wird, so ist doch zu beachten, dass sich die neue
Verpflichtung des Beschwerdeführers durch ihren allegorischen Charakter
wesentlich von einem Abzahlungsgeschäft unterscheidet: Der Beschwerdeführer
hat nicht, wie er es auf Grund eines solchen Geschäfts tun müsste, eine
bestimmte Schuld in einer feststehenden Anzahl von Teilleistungen zu tilgen,
sondern muss auf ungewisse Zeit hinaus, bis zum Tode der Rentengläubigerin,
monatlich einen bestimmten Betrag bezahlen. Er schuldet eine Leibrente, gleich
wie vordem die Aktienverkäuferin. Die Rentenverpflichtung hat dadurch, dass er
sie im Zusammenhang mit dem Aktienkauf von der Verkäuferin übernommen hat,
ihre Natur nicht geändert.
2.- Hat man es aber nach wie vor mit einer Leibrentenschuld zu tun, so sind
die einzelnen Rentenleistungen des Beschwerdeführers gemäss Art. 22 Abs. 1
lit. d WStB von seinem Roheinkommen abzuziehen. Freilich ist er nicht selbst
durch letztwillige Verfügung zur Ausrichtung der Rente verpflichtet worden. Er
hat aber nachträglich die Erfüllung der der ursprünglichen
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Rentenschuldnerin durch solche Verfügung überbundenen Verpflichtung
übernommen, und die Rentengläubigerin hat der Schuldübernahme zugestimmt,
indem sie die Rentenzahlungen des Beschwerdeführers ohne Vorbehalt
entgegengenommen hat (Art. 176 Abs. 3
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto CO Art. 176 - 1 La sostituzione nel debito di un nuovo debitore al posto e con liberazione del debitore precedente ha luogo mediante contratto fra l'assuntore e il creditore. |
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1 | La sostituzione nel debito di un nuovo debitore al posto e con liberazione del debitore precedente ha luogo mediante contratto fra l'assuntore e il creditore. |
2 | La proposta dell'assuntore può farsi nel senso che egli o con la sua autorizzazione il precedente debitore comunichi l'assunzione del debito al creditore. |
3 | L'accettazione del creditore può essere espressa o risultare dalle circostanze, ed è presunta se egli abbia senza riserve accettato dall'assuntore un pagamento o aderito ad altro atto implicante la qualità di debitore. |
besonderer vertraglicher Verpflichtung und fallen daher unter Art. 22 Abs. 1
lit. d WStB.
Die Anwendung dieser Bestimmung bedeutet freilich, dass von dem in Art. 23
WStB ausgesprochenen Grundsatz, wonach Aufwendungen zur Anschaffung von
Vermögensgegenständen oder zur Tilgung von Schulden nicht vom Einkommen
abgezogen werden können, abgewichen wird. Diese Abweichung ist jedoch nicht
durch die besondern Verhältnisse des vorliegenden Falles bedingt, sondern
ergibt sich bei allen Rentenverhältnissen der hier gegebenen Art. Jede Rente,
welche gegen Hingabe eines Kapitals geleistet wird, stellt teilweise eine
Aufwendung zur Tilgung einer Schuld dar; denn es ist darin neben dem
Zinsertrag des Kapitals eine Kapitaltilgungsquote enthalten. Diesem
Sachverhalt könnte der Steuergesetzgeber dadurch Rechnung tragen, dass er den
Zinsanteil dem Einkommen, einen der mutmasslichen Summe aller Kapitalanteile
entsprechenden Betrag dagegen dem Vermögen des Rentengläubigers zurechnen und
dem Rentenschuldner die entsprechenden Abzüge beim Einkommen und beim Vermögen
gewähren würde. Diese Art der Rentenbesteuerung wäre aber mit erheblichen
praktischen Schwierigkeiten verbunden, namentlich deshalb, weil von Jahr zu
Jahr der Zinsanteil sinkt und der Kapitalanteil im gleichen Umfange anwächst.
Die Ordnung des wehrsteuerbeschlusses beruht denn auch auf einem andern
System. Danach wird ohne Rücksicht darauf, dass ein Teil der Rente eine
Kapitalrückzahlung darstellt, der gesamte Rentenbetrag dem Einkommen des
Rentengläubigers zugerechnet (Art. 21 Abs. 1 lit. a und e), beim Einkommen des
Rentenschuldners dagegen voll in Abzug gebracht (Art. 22 Abs. 1 lit. d). Mit
dieser Sonderregelung hat der
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Gesetzgeber die Anwendung des Art. 23 auf die in der Rente enthaltene
Kapitaltilgungsquote bewusst ausgeschlossen. Weiter hat das von ihm gewählte
System zur Folge, dass der Rentenschuldner nicht auch noch einen Abzug vom
Vermögen beanspruchen kann (BGE 76 I 216, mit Vorbehalten für den hier nicht
vorliegenden Fall, dass der Rentenschuldner das Versicherungsgeschäft betriebe
und buchführungspflichtig wäre).
3.- Der Betrag von Fr. 3600.-, den die K. A.-G. in den massgebenden
Berechnungsjahren jeweils an die vom Beschwerdeführer zu leistende Rente
bezahlt hat, ist von den Vor Instanzen mit Recht dem steuerbaren Einkommen des
Beschwerdeführers zugerechnet worden; denn diese Aufwendung der Gesellschaft
stellt eine geldwerte Leistung an den Beschwerdeführer als Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto CO Art. 176 - 1 La sostituzione nel debito di un nuovo debitore al posto e con liberazione del debitore precedente ha luogo mediante contratto fra l'assuntore e il creditore. |
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1 | La sostituzione nel debito di un nuovo debitore al posto e con liberazione del debitore precedente ha luogo mediante contratto fra l'assuntore e il creditore. |
2 | La proposta dell'assuntore può farsi nel senso che egli o con la sua autorizzazione il precedente debitore comunichi l'assunzione del debito al creditore. |
3 | L'accettazione del creditore può essere espressa o risultare dalle circostanze, ed è presunta se egli abbia senza riserve accettato dall'assuntore un pagamento o aderito ad altro atto implicante la qualità di debitore. |
dar. Anderseits ist der ganze Rentenbetrag von Fr. 18,000.-, den der
Beschwerdeführer der Rentengläubigerin jährlich teils auf diesem indirekten
Wege, teils direkt hat zukommen lassen, gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. d WStB in
Abzug zu bringen (nicht veröffentlichtes Urteil vom 26. Mai 1950 i. S.
Francke).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen.