S. 363 / Nr. 52 Landwirtschaftliches Bodenrecht (d)

BGE 75 II 363

52. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. November 1949 i. S. Baumann gegen Zum
Wald.

Regeste:
Liegenschaftskauf, landwirtschaftliches Bodenrecht.
Nichtigkeit der Vereinbarung eines nicht beurkundeten und nicht genehmigten
Überpreises ohne Rücksicht darauf, ob der bezahlte Gesamtpreis übersetzt
gewesen sei oder nicht. Art. 42 BMB.
Vente immobilière, législation agraire.
Est nulle la convention stipulant un supplément de prix non indiqué dans
l'acte de vente authentique et non approuvé par l'autorité compétente, quoi
qu'il en soit de la question de savoir si le prix total qui a été payé
correspond ou non à la valeur réelle de l'immeuble. Art. 42 de l'ACF des 19
janvier 1940/ 7 novembre 1941 instituant des mesures contre la spéculation sur
les terres.
Vendita immobiliare, legislazione agraria.
É nulla la convenzione che stipula un supplemento di prezzo non indicato
nell'atto pubblico e non approvato dall'autorità competente indipendentemente
dalla questione di sapere se

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il prezzo totale pagato corrisponda o no al valore effettivo dell'immobile.
Art. 42 DCF 19 gennaio 1940/7 novembre 1941 che istituisce misure contro le
speculazioni fondiarie.

A. ­ Am 28. März 1946 verkauften die Geschwister Arnold, August und Karolina
Zum Wald ihr landwirtschaftliches Heimwesen samt Inventar an Fritz Baumann. Im
öffentlich beurkundeten Kaufvertrag wurde der Kaufpreis einschliesslich des
Inventars im Schätzungswert von Fr. 20000.­ mit Fr. 82000.­ angegeben. Dieser
Kaufvertrag wurde von der Landwirtschaftsdirektion des Kantons Aargau als der
nach Art. 6 BRB vom 19. Januar 1940/17. November 1941 betreffend Massnahmen
gegen die Bodenspekulation usw. (BMB) zuständigen Behörde am 5. April 1946
genehmigt. In Wirklichkeit betrug der Kaufpreis gemäss mündlicher Vereinbarung
der Parteien Fr. 95000.­. Die Differenz von Fr. 13000.­ war vom Käufer vor der
Aufsetzung des Kaufvertrages bar bezahlt worden.
B. ­ In der Folge belangte der Käufer die Verkäufer solidarisch auf die
Rückerstattung des nicht öffentlich beurkundeten Überpreises von Fr. 13000.­
nebst 5 % Zins seit 20. Dezember 1946, da die Nebenabrede gemäss Art. 42 BMB
nichtig sei.
Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage und erhoben Widerklage mit dem
Begehren, der Kläger sei zu verpflichten, ihnen das Heimwesen zu Fr. 75000.­
und das Mobiliar und Vieh zu einem von Sachverständigen festzusetzenden Preis
zurückzuverkaufen.
C. ­ Sowohl das Bezirksgericht Baden als auch das Obergericht des Kantons
Aargau wiesen die Klage ab, im wesentlichen auf Grund der folgenden
Erwägungen: Nach einer von der ersten Instanz veranlassten fachmännischen
Schätzung sei der Gesamtkaufpreis von Fr. 95000.­ nicht übersetzt, sondern
entspreche dem wirklichen Wert des Heimwesens samt Inventar. In den
Kaufvertrag sei ein niedrigerer Kaufpreis nur aufgenommen worden, damit der
Vertrag ohne weiteres und rasch genehmigt werde;

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denn der Käufer habe das bisher von ihm gepachtete Gut verlassen müssen, die
Beklagten hätten ihren Hof so rasch als möglich verkaufen wollen und die
Bestellung des Feldes habe gedrängt. Der BMB bezwecke lediglich,
Liegenschaftsverkäufe zu übersetzten Preisen zu verhindern. Eine Abrede, die
diesem Zweckgedanken nicht zuwiderlaufe, durch die also im Grunde keine
Umgehung der Vorschrift und ihrer Schutzwirkung beabsichtigt und bewirkt
werde, falle nicht unter Art. 42 BMB. Die Genehmigungsbehörde hätte auch bei
Nennung des wahren Kaufpreises dem Vertrag die Zustimmung erteilt. Das müsse
für die materiellrechtliche Gültigkeit des Vertrages ohne Rücksicht auf den
Wortlaut von Art. 6 und 42 BMB massgebend sein.
Die Widerklage erklärte das Obergericht als gegenstandslos, da sie nur noch
für den Fall der Gutheissung der Hauptklage aufrecht erhalten worden war.
D. ­ Gegen das Urteil des Obergerichts vom 19. August 1949 ergriff der Kläger
die Berufung mit dem erneuten Begehren um Gutheissung der Klage auf
Rückerstattung des Betrages von Fr. 13000.­ nebst Zins.
Die Beklagten haben Abweisung der Berufung beantragt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Der BMB will der Spekulation mit land- und forstwirtschaftlichen
Grundstücken wehren, um eine Überschuldung des bäuerlichen Grundbesitzes zu
verhindern. Dieses Ziel liegt seiner grossen wirtschaftlichen Bedeutung wegen
nicht nur im Interesse des Bauern- und Pächterstandes, sondern in demjenigen
des ganzen Landes. Mit Rücksicht hierauf sind denn auch die Massnahmen, die
der BMB zur Erreichung seines Zweckes vorsieht, sehr weitgehend und
einschneidend; stellen sie doch in ihrem wesentlichen Inhalt einen Einbruch in
den das Privatrecht im übrigen beherrschenden Grundsatz der Vertragsfreiheit
dar. Jeder Vertrag über Eigentumsübertragung an Grundstücken der erwähnten Art
ist grundsätzlich

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genehmigungspflichtig und unterliegt der Prüfung und Zustimmung einer
besonderen kantonalen Behörde (Art. 6 BMB). Ohne diese Zustimmung sind
genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte nichtig (Art. 42 Abs. 1 BMB); ebenso
werden Nebenabreden, die eine Umgehung der Bestimmungen des BMB bezwecken, als
nichtig erklärt mit der ausdrücklichen Folge, dass nur der im öffentlich
beurkundeten und behördlich genehmigten Vertrag vereinbarte Preis geschuldet
wird und jede ausserhalb desselben versprochene Leistung nicht gefordert, bzw.
zurückverlangt werden kann, falls sie bereits erbracht worden ist (Art. 42
Abs. 2 BMB).
Nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift ist somit nur der zwischen den
Parteien abgeschlossene, genehmigte Hauptvertrag gültig, die Nebenabrede
nichtig und der Kläger zur Rückforderung der Er. 13000.­befugt, die er auf
Grund derselben bezahlt hat.
2. ­ Die Vorinstanz glaubt, das Vorliegen eines Umgehungstatbestandes
verneinen zu können, weil der vereinbarte Gesamtpreis dem wirklichen Wert der
Liegenschaft entsprochen habe, so dass trotz der Beurkundung nur eines Teils
des wahren Kaufpreises der vom BMB angestrebte Zweck, eine Überforderung des
Käufers zu verhindern, nicht vereitelt worden sei.
Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Damit das vom BMB
angestrebte allgemeine Ziel der Sicherung des landwirtschaftlichen
Grundbesitzes vor Überschuldung erreicht werden kann, muss der gesamte
landwirtschaftliche Güterverkehr von der Kontrolle erfasst werden, soweit der
Gesetzgeber nicht ausdrücklich eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht
statuiert hat (vgl. BMB Art. 7). Diese generelle Erfassung setzt in erster
Linie voraus, dass alle Verträge in ihrem vollen Umfang der
Genehmigungspflicht unterliegen. Eine Umgehung der Bestimmungen des BMB ist
daher schon dann anzunehmen, wenn Vertragsteile überhaupt der Behörde
vorenthalten werden, ganz unbekümmert darum, welches die Gründe hiefür gewesen
seien und ob der Vertrag auch bei Kenntnis

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der Behörde vom vorenthaltenen Teil genehmigt worden wäre. Das kommt deutlich
zum Ausdruck in Art. 8 Ziff. 3 BMB, wonach die Genehmigung verweigert wird,
wenn im Vertrag ein geringerer als der effektiv bezahlte Preis verurkundet
ist. Bei dieser Regelung kann der Richter nicht befugt sein, hinterher im
einzelnen Fall zu prüfen, ob der tatsächlich bezahlte Preis übersetzt sei, und
wenn dies nicht zutrifft, dem Vertrag einschliesslich der nicht genehmigten
Teile die Rechtswirksamkeit zuzubilligen, wie wenn er im vollen Umfang
genehmigt worden wäre. Ein solches Vorgehen liefe dem Wortlaut, Sinn und Zweck
des BMB zuwider; denn damit wäre der Umgehung der Genehmigungspflicht Tür und
Tor geöffnet. Es bestünde die Gefahr, dass die interessierten Kreise die
Pflicht zur Bekanntgabe des wahren Vertragsinhaltes missachten und nicht
verurkundete Nebenabreden treffen würden im Vertrauen darauf, dass der Richter
in einem allfälligen Prozess darauf abstellen werde, ob die Voraussetzungen
für die Genehmigung des wirklich vereinbarten Vertragsinhaltes, insbesondere
des tatsächlich bezahlten Preises, nicht doch gegeben gewesen wären. Auf diese
Weise würde aber das richtige Funktionieren des BMB ernstlich in Frage
gestellt. Zur Verhütung jeder Umgehung und im Interesse der uneingeschränkten
Durchführung des BMB muss deshalb daran festgehalten werden, dass jede
ausserhalb der Genehmigung stehende Abrede nichtig ist mit den im Beschluss
vorgesehenen Folgen.
3. ­ Das Vorgehen erweist sich auch aus einem weiteren Grunde als unzulässig.
Der BMB sieht einen selbständigen Instanzenzug kantonaler Behörden vor, die
für die Erteilung oder Versagung der Genehmigung zuständig sind. Diese
Behörden prüfen den Einzelfall, insbesondere die Angemessenheit des Preises,
nach den im BMB aufgestellten Vorschriften. Dabei bilden sich bestimmte
Grundsätze heraus, deren Anwendung im Interesse der Rechtsgleichheit und
Rechtssicherheit innerhalb des nämlichen Kantonsgebietes den gleichen Behörden
obliegen muss.

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Es geht daher nicht an, dass in Fällen, wo Vertragsteile den
Genehmigungsbehörden verheimlicht worden sind, der Richter nachträglich
eingreift und eine selbständige Prüfung vornimmt unter völliger Ausschaltung
der Behörde, die zu dieser Prüfung allein berufen ist. Das ist unvereinbar mit
dem Sinne des Erlasses und des darin angeordneten Verfahrens, wonach bei
landwirtschaftlichen Grundstücken die Genehmigungsbehörde unter Ausschluss des
Richters darüber zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang Kaufverträge zu
genehmigen sind und dadurch Rechtswirksamkeit erlangen. Jedes andere Verfahren
mit der indirekten Wirkung einer Genehmigung ist ausgeschlossen. Auch aus
diesem Grunde muss es deshalb dabei bleiben, dass alle nicht genehmigten
Nebenabreden unheilbar nichtig sind.
4. ­ Die Folgen der Umgehung sind allerdings, namentlich in Fällen wie dem
vorliegenden, wo tatsächlich keine Überzahlung stattgefunden hat, für den
Verkäufer hart. Allein das ist im Sinne eines poenalen Elementes vom
Gesetzgeber so gewollt auf Grund der zutreffenden Überlegung, dass heimliche
Abreden nur dann wirksam unterbunden werden können, wenn man den darin
Begünstigten den beabsichtigten wirtschaftlichen Erfolg entzieht. Auch die
Folge, dass die Sanktion einseitig den Verkäufer trifft, während der an der
Umgehung mitbeteiligte Käufer den auf Grund der Nebenabrede bezahlten Betrag
zurückerhält, ist vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden, weil sonst
die Aufdeckung von Umgehungen praktisch ausgeschlossen wäre.
Insbesondere im Hinblick auf dieses letztere Motiv des Gesetzgebers erweist
sich daher auch der von den Beklagten gegen den Kläger erhobene Vorwurf des
Rechtsmissbrauches (Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB) als unbegründet. Ob allenfalls
Rechtsmissbrauch anzunehmen wäre, wenn der Käufer von Anfang an auf eine nur
teilweise Beurkundung des Kaufpreises hingearbeitet hat mit der nachweisbaren
Absicht, nachher den nichtverurkundeten Teil zurückzuverlangen,

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braucht hier nicht entschieden zu werden, da für einen so gearteten Tatbestand
keine Anhaltspunkte bestehen.
5. ­ Die Klage ist somit gutzuheissen.
Die vor der Vorinstanz noch eventuell geltend gemachte Widerklage haben die
Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten, so dass darauf
nicht einzutreten ist. Sie wäre übrigens materiell aussichtslos gewesen, da
aus der ausdrücklichen Vorschrift von Art. 42 Abs. 2 BMB, es sei der im
öffentlich beurkundeten Vertrag vereinbarte Preis allein geschuldet, schlüssig
hervorgeht, dass die Nichtigkeit der Nebenabrede die Gültigkeit des
Hauptvertrages unberührt lässt. Sollten die Beklagten ­ was jedoch nicht
ernstlich in Frage kommt ­ in Unkenntnis der Vorschriften davon ausgegangen
sein, die Nebenabrede sei rechtswirksam und der gestützt darauf bezahlte
Betrag könne ihnen nicht entzogen werden, so läge darin ein Rechtsirrtum, der
als blosser Irrtum im Beweggrund unwesentlich wäre.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau
vom 19. August 1949 wird aufgehoben und die Beklagten werden unter Solidarhaft
verpflichtet, dem Kläger Fr. 13000.­ nebst 5 % Zins seit 20. Dezember 1946 zu
bezahlen.
Vgl. auch Nr. 48. ­ Voir aussi no 48.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 75 II 363
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 29. November 1949
Quelle : Bundesgericht
Status : 75 II 363
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Liegenschaftskauf, landwirtschaftliches Bodenrecht.Nichtigkeit der Vereinbarung eines nicht...


Gesetzesregister
ZGB: 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
BGE Register
75-II-363
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
nichtigkeit • beklagter • kaufpreis • widerklage • aargau • zins • inventar • vertragsinhalt • bundesgericht • kantonale behörde • ausserhalb • wald • vorinstanz • wert • hauptvertrag • frage • rechtsmissbrauch • weiler • entscheid • wiese
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