S. 65 / Nr. 15 Strafgesetzbuch (d)

BGE 74 IV 65

15. Urteil des Kassationshofes vom 1. Oktober 1948 i. S. Elmer gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.


Seite: 65
Regeste:
Art. 23
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
1    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
2    Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern.
3    Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt.
4    Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird.
, 119
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB. Der Dritte, der einer Nichtschwangeren die Frucht
abzutreiben versucht, ist wegen untauglichen Versuchs strafbar (Änderung der
Rechtsprechung).
Art. 23 et 119 CP. Le tiers qui pratique des manoeuvres abortives sur une
personne non enceinte est punissable pour délit impossible (changement de
jurisprudence).
Art. 23 e 119 CP. Il terzo che pratica dogli atti abortivi su di una persona
non incinta é punibile per reato impossibile (cambiamento della
giurisprudenza).

A. ­ Am 6. Juli 1948 verurteilte das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt Elsa Elmer in Anwendung von Art. 119 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
, Art. 22 und 23 Abs.
1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
1    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
2    Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern.
3    Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt.
4    Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird.
StGB wegen Abtreibungsversuches an Ida Ducros zu sechs Monaten Gefängnis. Es
erachtete zwar als wahrscheinlich, immerhin aber (im Gegensatz zur ersten
Instanz) nicht als erwiesen, dass Ida Ducros zur Zeit der Tat schwanger
gewesen sei, nahm jedoch auch für diesen Fall einen strafbaren Versuch an.
B. ­ Die Verurteilte führt durch ihren Verteidiger Nichtigkeitsbeschwerde mit
dem Antrage auf Freisprechung. Sie beruft sich auf die Rechtsprechung des
Kassationshofes und den klaren Wortlaut des Gesetzes, wonach der Versuch der
Abtreibung an einer Nichtschwangeren straflos sei.
C. ­ Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.

Seite: 66
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. ­ Nach Art. 119 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB ist strafbar, «wer einer Schwangeren mit ihrer
Einwilligung die Frucht abtreibt» und «wer einer Schwangeren zu der Abtreibung
Hilfe leistet».
Wer einer Nichtschwangeren die Leibesfrucht abzutreiben versucht, begeht einen
untauglichen Versuch im Sinne von Art. 23 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
1    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
2    Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern.
3    Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt.
4    Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird.
StGB. Untauglich ist er, weil
der Gegenstand, woran der Täter das Verbrechen ausführen will, «derart ist,
dass die Tat an einem solchen Gegenstande überhaupt nicht ausgeführt werden
könnte». Dabei kommt nichts darauf an, ob man als Gegenstand des Verbrechens
die Frucht oder den Körper der Frauensperson ansieht. Der Kassationshof hat
bereits in BGE 70 IV 157 ausgeführt, dass die gesetzliche Umschreibung des
Versuchs am untauglichen Gegenstande in Art. 23 nicht wörtlich zu nehmen ist,
sondern an sich auch die Fälle erfasst, wo ein Gegenstand, an dem das
Verbrechen ausgeführt werden könnte, überhaupt fehlt.
2. ­ Aus der Verwendung des Ausdruckes «Schwangere» in Art. 119 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB
hat indes der Kassationshof geschlossen, dass das Verbrechen der Abtreibung
durch eine Drittperson auch als Versuch nur an einer Schwangeren ausgeführt
werden könne, der Versuch an einer Nichtschwangeren straflos sei (BGE 70 IV 9,
152). Diese Auffassung geht darüber hinweg, dass Art. 119 wie die anderen
besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches nur den Tatbestand des
vollendeten Verbrechens umschreibt. Aus dieser Umschreibung allein darf nicht
geschlossen werden, dass der Versuch am nicht vorhandenen Gegenstand oder an
einem Gegenstande, der die zum vollendeten Verbrechen gehörenden Merkmale
nicht aufweist, straflos sei. Das Wesen des untauglichen Versuches, wie ihn
Art. 23
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
1    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
2    Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern.
3    Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt.
4    Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird.
StGB unter Strafe stellt, besteht gerade darin, dass der Täter
irrtümlich glaubt, der Gegenstand oder dessen gesetzliche Merkmale seien
gegeben. Es

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verhält sich nicht anders, als wenn der Täter mit tauglichem Mittel zu handeln
wähnt, während es in Wirklichkeit untauglich ist; auch hier stellt er sich
etwas vor, das zum gesetzlichen Tatbestand gehört, aber nicht vorhanden ist Um
seines Verhaltens angesichts des vorgestellten Tatbestandes willen wird er
bestraft. In BGE 70 IV 155 glaubte der Kassationshof, dann eine Ausnahme
machen zu müssen, wenn das Gesetz eine Eigenschaft des Gegenstandes des
Verbrechens «besonders betont, insbesondere wenn es ihn einschränkend
bezeichnet». Das bedeute, dass die Tat straflos zu bleiben habe, wenn sich
ihre Ausführung nicht gegen einen Gegenstand in diesen Schranken richte.
Allein die Eigenschaften des Gegenstandes gehören zur gesetzlichen
Umschreibung des Tatbestandes, weil nur am Gegenstande der umschriebenen Art
das Verbrechen vollendet werden kann, so z. B. die Tötung oder
Körperverletzung nur am «Menschen» (Art. 111 ff., 123 ff.), der Diebstahl nur
an einer «fremden beweglichen Sache» (Art. 137), die Unzucht mit Kindern nur
am «Kind unter sechzehn Jahren» (Art. 191), die Urkundenfälschung nur an der
«Urkunde» (Art. 251, 110 Ziff. 5). Ob das Gesetz die Eigenschaften des
Gegenstandes erschöpfend eigens erwähnt oder ob sich einzelne von ihnen aus
den übrigen Tatbestandsmerkmalen, insbesondere aus dem die Handlung
kennzeichnenden Zeitwert ergeben, so z. B. wenn in Art. 116 mit dem Worte
«töten» zugleich gesagt ist, dass sich die Handlung gegen ein lebendes Kind
richten muss, macht keinen Unterschied aus. So wäre z. B. nicht zu verstehen,
weshalb der Versuch der Aussetzung an einer irrtümlich für hilflos gehaltenen
Person straflos sein sollte, weil Art. 127 den Gegenstand des Verbrechens als
einen «Hilflosen» bezeichnet, wogegen der mit Tötungsvorsatz abgegebene Schuss
auf eine Leiche als untauglicher Versuch vorsätzlicher Tötung strafbar wäre,
weil Art. 111 bloss vom «Menschen», nicht vom «lebenden Menschen» spricht, und
z. B. auch bestraft werden muss, wer einen tatsächlich Hilflosen in

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einer eingebildeten Gefahr im Stiche lässt (BGE 73 IV 168). Freilich war es
nicht nötig, in Art. 119
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB «Schwangere» zu sagen, ergibt sich doch die
Schwangerschaft als Merkmal des vollendeten Verbrechens schon daraus, dass die
Bestimmung von der Abtreibung einer Frucht spricht. Allein diese pleonastische
Ausdrucksweise ist darauf zurückzuführen, dass das Wort «Frau» dessen
Verwendung am nächsten gelogen hätte, in der Sprache des Gesetzes nur die
weibliche Person, die das sechzehnte Altersjahr zurückgelegt hat, bezeichnet
(Art. 110 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB) und sich andere Ausdrücke, z. B. «Weib»,
«Frauensperson», «weibliche Person» nicht aufdrängten. Inwiefern diese
Auslegung des Art. 119 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
gegen Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
StGB verstossen sollte, ist nicht
zu sehen. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen den Pleonasmus
meidet, verbietet sie nicht. Nichts lag ferner, als z. B. in Art. 116 vom
«lebenden Kinde» zu sprechen, wo sich schon aus dem Worte «töten» ergibt, dass
das Verbrechen nur am Lebenden vollendet werden kann, wogegen der Ausdruck
«Schwangere» in Art. 119 eine vernünftige Erklärung findet, ohne dass in ihm
eine negative Entscheidung gegen die Strafbarkeit des Versuchs der Abtreibung
an einer Nichtschwangeren gesehen zu werden braucht. Es bestand kein Grund,
diese Entscheidung, wenn sie hätte getroffen werden wollen, als Ausnahme von
der allgemeinen Bestimmung des Art. 23 in so verhüllter Weise zu treffen, wo
sie doch mit wenigen Worten ausdrücklich hätte getroffen werden können.
3. ­ Der Kassationshof hat auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes
herangezogen, ohne freilich in BGE 70 IV 152 mehr entscheidend darauf
abzustellen. Allein auch diese Erwägungen sind zu berichtigen. Wohl ersetzte
die erste Expertenkommission in Art. 54 Abs. 2 und 3 des Vorentwurfes von
Stooss aus dem Jahre 1894 das Wort «Schwangere» durch «Frauensperson», um
jeden Zweifel darüber auszuschliessen, dass der Dritte sich auch durch den
Abtreibungsversuch an einer

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Nichtschwangeren strafbar mache, im Gegensatz zur Nichtschwangeren selbst, die
nach der Auffassung der Kommission in Art. 14 ausdrücklich straflos erklärt
werden sollte (Protokoll 1 332 f.). Doch das bedeutet nicht, dass das Wort
«Schwangere» die Bestrafung des Dritten für den Abtreibungsversuch an der
Nichtschwangeren nach der Auffassung der Kommission wirklich ausgeschlossen
hätte; die Kommission wollte bloss keine Zweifel aufkommen lassen. Nachdem sie
später beschlossen hatte, auch die Nichtschwangere bestrafen zu lassen
(Protokoll 2 399 f.), führte sie bei anderer Gelegenheit in die Bestimmung
über die Abtreibung (damals Art. 55) selber wieder das Wort «Schwangere» ein,
indem sie den ersten Absatz, lautend: «Wer eine menschliche Frucht vorsätzlich
tötet...», abänderte in: «Die Schwangere, welche ihre Frucht vorsätzlich
tötet...». Bedenken, dass damit die Nichtschwangere für den Abtreibungsversuch
wieder als straflos betrachtet werden könnte, äusserte sie nicht, obschon
gerade hier, wo «Schwangere» das Subjekt des Vergehens bezeichnet, solche
Bedenken eher am Platze gewesen wären als dort, wo dieses Wort den Gegenstand
umschrieb. Die Änderung des Absatzes erfolgte aus einem Grunde, der mit der
Frage der Strafbarkeit des Versuchs an der Nichtschwangeren nichts zu tun hat
(Protokoll 2 497). So kam es, dass der nach den Beschlüssen der
Expertenkommission im März 1896 herausgegebene Vorentwurf in Art. 56 sowohl
von einer «Schwangeren» (Abs. 1) als auch von einer «Frauensperson» (Absätze
2, 4, 6, 7) sprach. Stooss legte der Verschiedenheit des Ausdrucks keine
Bedeutung bei, verwendete er doch in seinem Berichte von 1901 in den
Bemerkungen zu Art. 56 überhaupt nur die Bezeichnung «Frauensperson». In die
revidierten Vorentwürfe der Jahre 1901 bis 1903 wurde die Bestimmung
unverändert übernommen, und so gelangte das Wort «Schwangere» auch in Art. 68
Ziff. 1 des Vorentwurfes von 1908, wogegen in den übrigen Ziffern des Artikels
«Frauensperson» durch «Frau»

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ersetzt wurde. Es trifft also nicht zu, dass, wie der Kassationshof in BGE 70
IV 10
und 153 angenommen hat, die Verwendung des Ausdruckes «Schwangere» im
Tatbestand der aktiven Abtreibung im Vorentwurfe von 1908 auf den
ursprünglichen Beschluss der ersten Expertenkommission zurückgeht, wonach die
Nichtschwangere für den Abtreibungsversuch straflos zu lassen sei, und dass
dem spätern Beschluss der gleichen Kommission, die sich irrtümlich für
schwanger haltende Frau doch auch zu bestrafen, nicht Rechnung getragen worden
ist. Ebensowenig hat die zweite Expertenkommission die Nichtschwangere oder
sogar den Dritten straflos lassen wollen. Wohl vertrat GAUTIER bei der ersten
Lesung in der zweiten Expertenkommission die Meinung, das Wort «Schwangere» in
Art. 68 Ziff. 1 schliesse die Bestrafung der Nichtschwangeren für den
Abtreibungsversuch aus, und kritisierte die Verschiedenheit der
Ausdrucksweise. Aber er beantragte nicht etwa, dass durchwegs «Schwangere» zu
setzen sei, sondern beanstandete im Gegenteil, dass der Fall unter Ziff. 1
nicht gleich behandelt werde wie die andern Fälle. Sein Votum wurde mit dem
Hinweis beantwortet, dass die Frage schon in der ersten Expertenkommission
behandelt worden sei, wobei freilich irrtümlicherweise nur auf den ersten,
nicht auch auf den zweiten Beschluss hingewiesen wurde. Damit war die Sache
ohne weitere Diskussion erledigt (Protokoll 2 186 f.). Der bereinigte
Vorentwurf vom August 1915 verwendete dann durchwegs den Ausdruck
«Schwangere», sowohl bei der aktiven wie bei der passiven Abtreibung (Art. 109
und 110). Aber nicht etwa weil man, was niemand in der zweiten
Expertenkommission postuliert hatte, den Abtreibungsversuch des Dritten an der
Nichtschwangeren hätte straflos lassen wollen, sondern, wie GAUTIER in der
Kommission darlegte, weil der Ausdruck «Frau» nicht passte, da man darunter
nur die weibliche Person mit zurückgelegtem sechzehntem Altersjahr verstehen
wollte (Protokoll 8 225). Es darf somit nicht geschlossen werden,

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dass die zweite Expertenkommission durch Zustimmung zur abgeänderten
Ausdrucksweise, die GAUTIER ausdrücklich nur als redaktioneller Natur
bezeichnete, die Ansicht gebilligt habe, der Abtreibungsversuch des Dritten an
der Nichtschwangeren sei nicht strafbar. Auch im späteren Werdegang des
Gesetzes vertrat niemand diese Ansicht. Im Gegenteil wurden die
Abtreibungshandlungen an einer Nichtschwangeren im Nationalrat als Beispiel
eines untauglichen Versuchs erwähnt (StenBull NatR, Sonderausgabe 89), was
freilich, wie der Kassationshof in BGE 70 IV 154 ausgeführt hat, weiter keine
Bedeutung haben mag, da damals die Bestimmungen über den Versuch, nicht jene
über die Abtreibung erörtert wurden. Sicher ist, dass sich aus der
Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht ergibt, dass man durch Art. 119
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB
in Abweichung von Art. 23 den vom Dritten verübten Versuch der Abtreibung an
der Nichtschwangeren straflos erklären wollte.
4. ­ Die Auffassung, dass dieser Versuch straflos sei, lässt sich auch nicht
damit begründen, dass es ein erstaunlicher Widerspruch wäre, die Frauensperson
gemäss dem eindeutigen Text von Art. 118
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
StGB bei bloss vermeintlicher
Schwangerschaft straflos zu lassen, aber den Dritten, z. B. den nach den
Regeln der Kunst vorgehenden Arzt, zu bestrafen (BGE 70 IV 156). Dabei kann
die Frage, ob der Ausdruck «Schwangere» in Art. 118 der Bestrafung der
Nichtschwangeren im Wege steht, für heute offen bleiben. In dieser Bestimmung
bezeichnet der Ausdruck das Subjekt der strafbaren Handlung, in Art. 119
dagegen den Gegenstand, an dem sie ausgeführt wird. Die Gründe, die für die
Strafbarkeit des vom Dritten ausgeführten Abtreibungsversuches an einer
Nichtschwangeren sprechen, lassen sich daher nicht ohne weiteres auch auf den
Fall des Art. 118 übertragen. Allein an der verschiedenen Behandlung wäre
nicht Anstoss zu nehmen. Einmal behandelt das Gesetz die Frauensperson, die
ihre eigene Frucht abtreibt, aus einleuchtenden Gründen ohnehin

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milder als den Dritten, und sodann ist dieser durchaus nicht immer
sachkundiger als jene. Schon eher läge ein nicht zu verstehender Widerspruch
darin, den Dritten dann zu bestrafen, wenn er an einer Schwangeren ein absolut
untaugliches Mittel, z. B. harmlose Bäder, anwendet (BGE 70 IV 50), ihn
dagegen straflos zu lassen, wenn er an einer Nichtschwangeren Eingriffe
vornimmt, die deren Leben oder Gesundheit gefährden können. An der
Rechtsprechung, die den Dritten für den Abtreibungsversuch an der
Nichtschwangeren straflos erklärt, kann daher nicht festgehalten werden.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 IV 65
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 30. September 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 IV 65
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 23, 119 StGB. Der Dritte, der einer Nichtschwangeren die Frucht abzutreiben versucht, ist...
Einordnung : Änderung der Rechtsprechung


Gesetzesregister
StGB: 1 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
23 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
1    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen.
2    Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern.
3    Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt.
4    Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird.
110 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
118 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
119
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
BGE Register
70-IV-152 • 70-IV-157 • 70-IV-49 • 70-IV-9 • 73-IV-164 • 74-IV-65
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kassationshof • expertenkommission • frucht • weiler • untauglicher versuch • frage • eigenschaft • schwangerschaft • strafgesetzbuch • zweifel • wille • sprache • basel-stadt • verurteilter • entscheid • zahl • sachverhalt • bilanz • bewilligung oder genehmigung • begründung des entscheids
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