S. 112 / Nr. 27 Unlauterer Wettbewerb (d)

BGE 74 IV 112

27. Urteil des Kassationshofes vom 9. Juli 1948 i. S. Zimmerli gegen
Christlicher Metallarbeiterverband der Schweiz.

Regeste:
Das Bundesgesetz über den unlautern Wettbewerb vom 30. September 1943 ordnet
die Konkurrenz im Geschäftsleben, in der auf Erwerb gerichteten Tätigkeit;
Berufsverbände geniessen seinen Schutz. nicht
La loi fédérale sur la concurrence déloyale règle la concurrence dans la vie
des affaires, c'est-à-dire dans les activités lucratives; elle ne protège pas
les associations professionnelles.
La legge federale sulla concorrenza sleale disciplina la concorrenza nella
vita degli affari, ossia nelle attività lucrative; non protegge le
associazioni professionali.

A. ­ Hans Zimmerli ist Sekretär des Metall- und Uhrenarbeiterverbandes in
Luzern. Am 26. Januar 1947 bemerkte er an einer Gruppenversammlung seines
Verbandes in Egolzwil, das Sekretariat des Christlichen
Metallarbeiterverbandes der Schweiz sei von Zug nach Luzern verlegt worden,
weil «sie nömme heige chönne zeise». Auf Klage des Christlichen
Metallarbeiterverbandes verurteilte das Amtsgericht Willisau Hans Zimmerli in
Anwendung von Art. 13 lit. a UWG wegen unlautern Wettbewerbes zu Fr. 20.­
Busse.
B. ­ Mit Nichtigkeitsbeschwerde ersucht Hans Zimmerli um Aufhebung des Urteils
des Amtsgerichtes. Er

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macht geltend, das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb sei nicht
anwendbar. Es beziehe sich nur auf den wirtschaftlichen Konkurrenzkampf, nicht
auf den Wettbewerb zwischen Gewerkschaften. Eventuell sei der Christliche
Metallarbeiterverband nicht zur Klage legitimiert. Dieser und das
Statthalteramt Willisau beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. ­ Unlauterer Wettbewerb im Sinne des Bundesgesetzes über den unlautern
Wettbewerb vom 30. September 1943 (UWG) ist «jeder Missbrauch des
wirtschaftlichen Wettbewerbes durch täuschende oder andere Mittel, die gegen
die Grundsätze von Treu und Glauben verstossen» (Art. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG). Unter
wirtschaftlichem Wettbewerb ist hier grundsätzlich die Konkurrenz im
Geschäftsleben, in der auf Erwerb gerichteten Tätigkeit zu verstehen. Dafür
sprechen schon die in Art. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG aufgeführten Beispiele, wo von Waren, Marken,
Leistungen oder Geschäftsverhältnissen, von Geschäftsbetrieben, Fabrikations-
oder Geschäftsgeheimnissen die Rede ist. Eindeutig ist sodann der französische
Wortlaut der Bestimmung, der den für den geschäftlichen Wettbewerb
gebräuchlichen Ausdruck «concurrence» (nicht etwa «compétition») verwendet.
Die Entstehungsgeschichte des Erlasses bestätigt, dass dieser auf Handel und
Gewerbe zugeschnitten ist (vergl. Botschaft des Bundesrates vom 3. November
1942, BBl 1942 S. 668 ff.). Die hier vertretene Auslegung herrscht auch in der
Lehre vor (vergl. z. B. GERMANN: Unlauterer Wettbewerb, S. 247, 256; VON
BÜREN: Komm. zum UWG, S. 57 ff.).
2. ­ Die Aeusserung des Beschwerdeführers hatte nicht den Wettbewerb im eben
geschilderten Sinne zum Gegenstand. Der Christliche Metallarbeiterverband als
solcher verfolgt keine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit. Er erstrebt zwar u. a.
auch die wirtschaftliche Hebung seiner Mitglieder, betreibt aber als
Berufsverband kein Geschäft

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und zählt demnach zu den ideellen, nichtwirtschaftlichen Personenverbindungen
(vergl. BGE 62 II 33 ff.). In dieser Eigenschaft, die hier allein in Frage
steht, geniesst er den Schutz des Bundesgesetzes über den unlautern Wettbewerb
nicht, so dass der Beschwerdeführer nicht wegen Verletzung des Art. 13 lit. a
UWG bestraft werden kann.
3. ­ Eine Kreditschädigung im Sinne des Art. 160
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
StGB ist vom Christlichen
Metallarbeiterverband mit Recht nicht geltend gemacht worden. Da Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
.
StGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes die persönliche Ehre, nicht
auch den geschäftlichen Ruf schützt, kann der Beschwerdeführer auch nicht
wegen Ehrverletzung strafrechtlich verfolgt werden (BGE 71 IV 230; 72 IV 172;
Urteil des Kassationshofes vom 23. Januar 1948 i. S. Frei S. 2 f.).
Ebensowenig kommt ein anderer Straftatbestand in Frage. Gegen
Beeinträchtigungen in den persönlichen Verhältnissen, die nicht in einem
Angriff auf die Ehre im eben umschriebenen Sinne bestehen, bietet, soweit
dafür wirklich ein Bedürfnis besteht, das Zivilrecht (Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB, Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR)
Schutz. Die Sache ist daher zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Unter diesen Umständen erübrigt es sich zu
untersuchen, ob der Christliche Metallarbeiterverband im Sinne von Art. 13
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.

letzter Absatz UWG legitimiert war, Klage zu erheben.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Amtsgerichtes von Willisau
vom 5. Mai 1968 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des
Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 IV 112
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 08. Juli 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 IV 112
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Das Bundesgesetz über den unlautern Wettbewerb vom 30. September 1943 ordnet die Konkurrenz im...


Gesetzesregister
OR: 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
StGB: 160 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
UWG: 1 
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
13
ZGB: 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
BGE Register
62-II-32 • 71-IV-225 • 72-IV-171 • 74-IV-112
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BBl
1942/668