S. 7 / Nr. 2 Familienrecht (d)

BGE 74 II 7

2. Auszug uns dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 4. März 1948 i. S. Rüegg
gegen Rüegg.

Regeste:
Wartefrist, Art. 150 ZGB. Bei Scheidung wegen tiefer Zerrüttung, die
wesentlich auf Ehebruch zurückzuführen ist, gilt das Maximum von 3 Jahren.
Durée de l'interdiction de remariage, art. 160 CO. Lorsque le divorce est
prononcé pour cause d'atteinte grave au lien conjugal (art. 142 CC), et que
celle-ci a été causée principalement par l'adultère de l'un des conjoints, le
délai d'interdiction de remariage doit être fixé à trois ans.
Termine d'aspetto (art. 160 CC). In caso di divorzio pronunciato per grave
turbazione delle relazioni coniugali (art. 142 CC) causata principalmente
dall'adulterio d'uno dei coniugi, il termine d'aspetto dev'essere stabilito in
tre anni.

2.- Die Wartefrist beträgt 1-3 Jahre «im Falle der Scheidung wegen Ehebruchs».
Wenn auch diese Fassung -und noch mehr der französische Text: en cas de
divorce prononcé pour cause d'adultère - zweifellos in erster Linie die
Scheidung in Anwendung von Art. 137 ZGB im Auge hat, so besteht doch weder
eine ständige Praxis im Sinne der Beschränkung der Maximalfrist auf die
Scheidung aus diesem Scheidungsgrund, noch liesse sich diese Auslegung
gesetzgebungspolitisch rechtfertigen. Scheidung «wegen Ehebruchs» im Sinne des
Art. 150 ZGB ist richtigerweise auch dann anzunehmen, wenn die tiefe
Zerrüttung, welche formell den Scheidungsgrund

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bildet, wesentlich auf Ehebruch, zumal wiederholten, zurückzuführen ist. Es
wäre unbillig, wenn z. B. bei Scheidung auf Grund eines einzigen, rechtzeitig
zum Gegenstand einer Klage nach Art. 137 gemachten Ehebruchs das Maximum der
Wartefrist von 3 Jahren gälte, während sie im Falle einer durch jahrelangen
Ehebruch verursachten Zerrüttung, also grösserer Strafwürdigkeit der fehlbaren
Partei, auf 2 Jahre limitiert sein sollte. Im vorliegenden Falle sind nach der
Feststellung der Vorinstanz die fortgesetzten, schweren Verfehlungen gegen die
eheliche Treue die hauptsächliche Ursache des Zusammenbruchs der Gemeinschaft.
Aber selbst wenn man Art. 150 im entgegengesetzten Sinne interpretieren und
bei Scheidung in Anwendung von Art. 142 zwei Jahre als Maximum gelten lassen
wollte, wäre angesichts des erwähnten, unqualifizierbaren Verhaltens der
Parteien dessen Anwendung gerechtfertigt. Auf diese Dauer ist daher das
Eheverbot für beide Parteien zu erhöhen, was, da Art. 150 von Amtes wegen
anzuwenden ist (BGE 69 II 352 f.), auch im Verfahren ohne Parteiverhandlung
und öffentliche Beratung geschehen kann.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 II 7
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 04. März 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 II 7
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Wartefrist, Art. 150 ZGB. Bei Scheidung wegen tiefer Zerrüttung, die wesentlich auf Ehebruch...


Gesetzesregister
ZGB: 137  150
BGE Register
69-II-348 • 74-II-7
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ehebruch • maximum • termin • scheidungsgrund • vorinstanz • verhalten • dauer • von amtes wegen