S. 62 / Nr. 14 Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden (d)

BGE 74 II 62

14. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Februar 1948 i. S.
Obrist gegen Xaver Fischlin Sohn A.-G.

Regeste:
Anstellungsverhältnis der Handelereisenden.
Einbeziehung des Auslagenersatzes in die Provision hat die Nichtigkeit der
ganzen Provisionsvereinbarung zur Folge. Art. 3, 9 und 13 HRAG.
(Conditions d'engagement des voyageurs de commerce.
Le fait de comprendre dans la provision le remboursement des frais de voyage
entraîne la nullité de toute la clause relative à la provision. Art. 3, 9 et
13 LEVC.
(Condizioni d'impiego dei commessi viaggiatori.
Il fatto d'includere nella provvigione il rimborso delle spese di viaggio
porta seco la nullità di tutta la clausola relativa alla provvigione. Art. 3,
9 e 13 LFCV).

2. ­ Der Berufungskläger ist der Auffassung, dass kraft der gesetzlichen
Ordnung (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Anstellungsverhältnis der
Handelsreisenden), wonach die Auslagen besonders zu ersetzen sind, die
Ersatzforderung zu der vereinbarten Provision hinzuzuzählen sei. Das wäre
richtig in einem Falle, wo die Auslagen bei Festsetzung der Provision
unberücksichtigt geblieben sind, die Provision als Entgelt gedacht war in der
Meinung, dass der Reisende seine Auslagen selber zu tragen habe. Dagegen ist
es ausgeschlossen in einem Falle, wie er hier nach der für das Bundesgericht

Seite: 63
verbindlichen Feststellung der Vorinstanz gegeben ist, wo die Provision als
Entgelt und Auslagenersatz vereinbart war. Hier kann die Folge nur sein, dass
die Vereinbarung als Ganzes dahinfällt. Sie kann nicht für das Entgelt allein
bestehen bleiben, als was sie von den Parteien gar nicht gewollt war. So etwas
müsste schon vom Gesetz, etwa als den Dienstherrn treffende Strafsanktion für
den Versuch seiner Umgehung, ausdrücklich bestimmt sein. Infolge des Hinfalls
ist die Rechtslage die gleiche, wie wenn eine Regelung überhaupt nicht
stattgefunden hätte, d. h. es ist im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2
HRAG neben dem Auslagenersatz die Provision zu bestimmen, die ein angemessenes
Entgelt für die Dienstleistung des Reisenden ergibt.
3. ­ Die Vorinstanz hat nach Abzug der vom Kläger in Rechnung gestellten
Spesen sein monatliches Einkommen auf Fr. 650.­ bis 700.­ festgestellt und
darin ein angemessenes Entgelt gesehen. Die Berufung will für die
Angemessenheit einen hohen Massstab angewendet wissen. Das entspricht nicht
dem Gesetz, das in Art. 3 Abs. 2 die Ausfüllung der Lücken des
Vertragsinhaltes nach den üblichen Anstellungsbedingungen vorschreibt. Hieran
hat sich die Vorinstanz gehalten. Die Frage der Angemessenheit ist im übrigen
vorwiegend Tatfrage und insofern der Überprüfung des Bundesgerichts entzogen.
Vgl. III. Teil Nr. 9. ­ Voir IIIe partie no 36.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 II 62
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 23. Februar 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 II 62
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Anstellungsverhältnis der Handelereisenden.Einbeziehung des Auslagenersatzes in die Provision hat...


BGE Register
74-II-62
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • bundesgericht • handelsreisender • berechnung • bundesgesetz über das anstellungsverhältnis der handelsreisenden • wissen • frage • ersetzung • rechtslage • vertragsinhalt • nichtigkeit • monat • tatfrage • richtigkeit • wille