BGE 74 I 423
74. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Dezember 1948 i. S. Bannwart gegen
Luzern, Justizkommission des Obergerichts.
Regeste:
Willensvollstrecker, Verfügungsmacht betreffend Grundstücke: Art. 596 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 596 - 1 Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erblassers zu beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forderungen einzuziehen, die Vermächtnisse nach Möglichkeit auszurichten, die Rechte und Pflichten des Erblassers, soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern. |
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1 | Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erblassers zu beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forderungen einzuziehen, die Vermächtnisse nach Möglichkeit auszurichten, die Rechte und Pflichten des Erblassers, soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern. |
2 | Die Veräusserung von Grundstücken des Erblassers erfolgt durch öffentliche Versteigerung und darf nur mit Zustimmung aller Erben aus freier Hand stattfinden. |
3 | Die Erben können verlangen, dass ihnen die Sachen und Gelder der Erbschaft, die für die Liquidation entbehrlich sind, schon während derselben ganz oder teilweise ausgeliefert werden. |
ZGB steht ihm nicht entgegen. Pflicht, die Tätigkeit sogleich nach Annahme des
Auftrages zu beginnen. Hängigkeit einer Testaments-Ungültigkeitsklage ist kein
Hindernis, vorbehaltlich gerichtlicher Anordnungen. Art. 517
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 517 - 1 Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder mehrere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen. |
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1 | Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder mehrere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen. |
2 | Dieser Auftrag ist ihnen von Amtes wegen mitzuteilen, und sie haben sich binnen 14 Tagen, von dieser Mitteilung an gerechnet, über die Annahme des Auftrages zu erklären, wobei ihr Stillschweigen als Annahme gilt. |
3 | Sie haben Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
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1 | Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
2 | Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. |
3 | Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu. |
Exécuteur testamentaire. Etendue de ses pouvoirs en ce qui concerne les
immeubles. L'art. 596 al. 2 CC n'est pas opposable à l'exécuteur
testamentaire. Ce dernier est tenu de commencer son activité sitôt après avoir
accepté son mandat, même si le testament fait l'objet d'une action en nullité.
Sont réservées les mesures qui pourraient être ordonnées par le juge. Art. 517
et 518 CO.
Esecutore testamentario. Facoltà di disporre per quanto riguarda gli immobili.
L'art. 596 cp. 2 CC non è opponibile all'esecutore testamentario, il quale
deve iniziare la sua attività non appena abbia accettato accettato l'incarico,
quand'anche il testamento faccia oggetto di un'azione per nullità. Sono
riservati i provvedimenti che Potrebbero essere ordinati dal giudice. Art. 517
e 518 CC.
A. Louis Bannwart ist in der letztwilligen Verfügung vom (i. November 1945
der am 1. April 1948 verstorbenen Witwe Katharina Flühler-Borner als
Willensvollstrecker bezeichnet. Er hat den Auftrag angenommen und die
Liegenschaft St. Raphael mit Zustimmung der an einer Erbenverhandlung
anwesenden Erben aus freier Hand verkauft. Das Grundbuchamt hat jedoch die von
ihm nachgesuchte Eintragung des Erbganges und Kaufes
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abgelehnt, aus folgenden Gründen: Der Willensvollstrecker sei bis auf weiteres
zu solchen Verfügungen nicht legitimiert. Das Testament werde von einem Teil
der Erben angefochten Im Falle der Ungültigerklärung falle auch die Einsetzung
des Willensvollstreckers dahin. Im übrigen fehle es an einer Bevollmächtigung
durch sämtliche Erben.
B. Die Beschwerde des Willensvollstreckers gegen diese Abweisung ist am 7.
September 1948 von der kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen worden.
a. Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält Bannwart daran
fest, dass seiner Anmeldung stattzugeben sei. Die kantonale Aufsichtsbehörde
beantragt Abweisung der Beschwerde. Das eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement beantragt deren Gutheissung mit Hinweis auf BGE 61 I 382 .
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach der soeben erwähnten, vom Beschwerdeführer schon im kantonalen Verfahren
angerufenen, von der Vorinstanz aber mit Stillschweigen übergangenen
Entscheidung ist der Willensvollstrecker zu grundbuchlichen Verfügungen über
Liegenschaften der Erbschaft befugt, ohne dazu der Zustimmung der Erben zu
bedürfen. Es besteht kein Grund, von diesem Grundsatz abzugehen. Der
Willensvollstrecker hat nach Art. 518 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
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1 | Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
2 | Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. |
3 | Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu. |
Bestimmungen des Erblassers nicht nur die Erbschaft zu verwalten, sondern
zudem die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten
und die Teilung ... auszuführen». Dafür kann die Veräusserung von
Vermögensstücken erforderlich sein. Sie steht deshalb dem Willensvollstrecker
kraft der ihm übertragenen Aufgabe zu. Dabei ist auch die Art der Veräusserung
seinem Gutfinden anheimgegeben. Die Vorinstanz möchte den Willensvollstrecker
dem Art. 696 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 696 - 1 Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
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1 | Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
2 | Sie werden jedoch, wenn sie von bleibendem Bestande sind, im Grundbuche angemerkt. |
Grundstücke nur mit Zustimmung aller Erben aus freier Hand veräussert werden
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dürfen. Aber was für die amtliche Liquidation vorgeschrieben ist, lässt sich
nicht ohne weiteres auf die Tätigkeit eines Willensvollstreckers übertragen.
Dessen Befugnisse leiten sich aus letztwilliger Verfügung des Erblassers her,
und ihre Ausübung ist nach Art. 518
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
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1 | Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
2 | Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. |
3 | Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu. |
geknüpft.
Wenn ferner von der Anfechtung der letztwilligen Verfügung durch einzelne
Erben die Rede ist übrigens scheint keine Ungültigkeitsklage eingereicht zu
sein und der Streit sich nur um die Auslegung des Testamentes bezw. um die
Ausfüllung einer Lücke desselben zu drehen , so ist auch dies kein Grund, das
Verfügungsrecht des Willensvollstreckers nicht gelten zu lassen. Nach Art. 517
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 517 - 1 Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder mehrere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen. |
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1 | Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder mehrere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen. |
2 | Dieser Auftrag ist ihnen von Amtes wegen mitzuteilen, und sie haben sich binnen 14 Tagen, von dieser Mitteilung an gerechnet, über die Annahme des Auftrages zu erklären, wobei ihr Stillschweigen als Annahme gilt. |
3 | Sie haben Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit. |
seines Auftrages über dessen Annahme zu erklären. Die Meinung des Gesetzes
ist, dass er mit der Annahme seine Tätigkeit dann auch zu beginnen habe. Es
geht nicht an, damit zuzuwarten, bis feststeht, dass keine Ungültigkeitsklage
eingereicht wird, oder bis über eine solche Klage rechtskräftig entschieden
ist, was mehrere Jahre dauern kann. Vielmehr muss der Willensvollstrecker sich
der Erbschaft annehmen, auch wenn mit einer Ungültigkeitsklage zu rechnen ist.
Freilich hat er sich in diesem Falle auf sichernde und sonstige zur
ordentlichen Verwaltung gehörende Massnahmen zu beschränken und Veräusserungen
nur vorzunehmen, soweit dazu, z. B. wegen des Drängens von Gläubigern, eine
hinreichende Veranlassung besteht. Aber es kann nicht Sache der
Grundbuchbehörden sein, eine Verfügung des Willensvollstreckers aus diesem
Gesichtspunkte auf ihre Pflichtgemässheit zu prüfen.
Die Erben sind bei dieser Rechtslage nicht schutzlos. Der Willensvollstrecker
ist wie ein anderer Erbschaftsverwalter für seine Tätigkeit verantwortlich.
Seine Massnahmen unterliegen ferner der Beschwerde (BGE 66 II 149). Im übrigen
bleiben vorsorgliche Verfügungen des Richters, insbesondere nach Einreichung
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Testaments-Ungültigkeitsklage, nach Massgabe des kantonalen Prozessrechtes
vorbehalten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid der Justizkommission des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 7. September 1948 aufgehoben und das
Grundbuchamt Luzern-Land in Kriens angewiesen, die nachgesuchte Eintragung des
Erbganges und Kaufes vorzunehmen.