S. 398 / Nr. 69 Bundesrechtliche Angaben (d)

BGE 74 I 398

69. Urteil vom 26. November 1948 i. S. eidg. Steuerverwaltung gegen Wwe. O.

Regeste:
Wehrsteuer: Die Kapitalsumme (Sterbegeld), welche die Ehefrau eines
Arbeitnehmers nach dessen Tod von der Fürsorgestiftung des Arbeitgebers
erhält, ist steuerpflichtiges Ersatzeinkommen (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB),
nicht Eingang aus Erbschaft oder Schenkung (Abs. 3 daselbst). Die Steuer wird
zum Satze berechnet, der anwendbar wäre, wenn an Stelle des Kapitals eine
jährliche Rente bezahlt würde.
Impôt pour la défense nationale: Le capital que la caisse de prévoyance d'un
employeur verse à la femme d'un employé au décès de celui-ci constitue un
revenu acquis en compensation qui est soumis à l'impôt (art. 21 al. 1 lit. a
AIN) et non une recette provenant d'un héritage ou d'une donation (art. 21 al.
3). L'impôt est calculé sur le montant qui serait nécessaire pour payer, en
lieu et place du capital versé, une rente annuelle.
Imposta per la difesa nazionale: Il capitale che la cassa di previdenza di ml
datore di lavoro versa alla moglie di un impiegato decesso costituisce un
reddito realizzato in via di compensazione, soggetto all'imposta (art. 21 cp.
1 lett. a DIN), e non un'entrata derivante da eredità o donazione (art. 21 cp.
3). L'imposta è calcolata in base all'aliquota che sarebbe applicabile se,
invece del capitale, fosse corrisposta una rendita annuale.

A. ­ Zugunsten der Angestellten und Arbeiter der Firma G. besteht eine
Stiftung mit dem Zweck, die

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Destinatäre gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität oder Tod
zu schützen. Die Angestellten und Arbeiter erhalten Alters- und
Invalidenrenten; bei ihrem Tode wird ihren Hinterbliebenen eine Kapitalsumme
(Sterbegeld) bezahlt (Art. 3 des Stiftungsreglementes). Die Leistungen der
Stiftung sind durch Vertrag mit einer Lebensversicherungsgesellschaft
versichert (Art. 9 des Reglementes). Art. 10 bestimmt, wer Anspruch auf die
Todesfallsumme hat; in erster Linie sind es der überlebende Ehegatte und die
nicht erwerbsfähigen Kinder (Abs. 1 lit. a). Der versicherte Arbeitnehmer ist
nach Art. 11 befugt, aus dem Kreise der in Art. 10 aufgeführten Personen
schriftlich Begünstigte zu bezeichnen und die Verteilung des Sterbegeldes
unter sie zu ordnen, wobei er in der Bestimmung der Beträge an gewisse
Schranken gebunden ist, die sich aus Art. 10 ergeben. Fehlt eine solche
Verfügung, so teilt der Stiftungsrat die Todesfallsumme innerhalb der
bezugsberechtigten Gruppe nach freiem Ermessen einem, mehreren oder allen
Anspruchsberechtigten in den von ihm festzusetzenden Beträgen zu (Art. 10 Abs.
2). Die Kosten der Versicherung werden von der Stiftung und den Versicherten
gemeinsam bestritten (Art. 12).
Frau O. war von ihrem Ehemann, der Angestellter der Firma G. gewesen war, als
Begünstigte bezeichnet worden. Nachdem er am 25. Dezember 1945 gestorben war,
erhielt sie von der Stiftung das ihr zukommende Sterbegeld von Fr. 19200.­.
B. ­ Bei der Veranlagung von Frau O. für die Wehrsteuer IV wurde die
Todesfallsumme zum steuerbaren Einkommen gerechnet. Dieses wurde daher auf Fr.
11846.- bestimmt. Die Steuer wurde zum Satze von 1,8 % festgesetzt.
Die Steuerpflichtige wandte ein, das Sterbegeld sei nicht Erwerbs- oder
Ersatzeinkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 WStB, sondern Eingang aus
Erbschaft und deshalb nach Abs. 3 daselbst der Wehrsteuer auf dem Einkommen
nicht unterworfen. Den abweisenden Einspracheentscheid zog sie an die
kantonale Rekurskommission weiter.

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Diese schützte die Beschwerde und hob, da das steuerbare Einkommen infolge
Wegfalls der Todesfallsumme unter den Mindestbetrag von Fr. 3000.­ sank, die
Veranlagung insoweit auf. Sie nahm an, das Sterbegeld sei ein Eingang aus
Schenkung (des Verstorbenen) und daher von der Einkommenssteuer nach Art. 21
Abs. 3 WStB ausgenommen. Es falle den Anspruchsberechtigten auf Grund eines
Vertrages zugunsten Dritter unentgeltlich zu, gleich wie die Leistungen aus
Lebensversicherungsverträgen den Begünstigten. Das Bundesgericht habe in einem
ähnlichen Falle ausdrücklich festgestellt, dass die Leistung der Stiftung für
den berechtigten Hinterlassenen unentgeltlich sei (BGE 70 III 66).
C. ­ Gegen den Entscheid der Rekurskommission führt die eidg. Steuerverwaltung
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das der Wehrsteuer IV
unterliegende Einkommen der Steuerpflichtigen auf Fr. 11846.­ und das für die
Bestimmung des Steuersatzes massgebende Einkommen auf Fr. 3256.­ festzusetzen.
Sie sieht das Sterbegeld als steuerbares Einkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1
WStB an.
D. ­ Die Rekurskommission und die Steuerpflichtige beantragen, die Beschwerde
sei abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Nach Art. 21 Abs: 1 WStB ist steuerbar das gesamte Einkommen des
Steuerpflichtigen aus irgendeiner Einnahmequelle, insbesondere, gemäss lit. a,
jedes Einkommen aus einer Tätigkeit mit Einschluss der Ersatzeinkommen, unter
denen beispielsweise genannt werden Ruhegehälter, Pensionen, Alters- und
Invalidenrenten, sowie Kapitalabfindungen aus Dienstverhältnis, namentlich für
Ruhegehälter, Renten und Pensionen. Im Urteil BGE 74 I 183 ist entschieden
worden, dass das Alterskapital, welches ein Arbeitnehmer von der
Fürsorgestiftung des Arbeitgebers erhält, als Kapitalabfindung aus
Dienstverhältnis unter Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB fällt, ohne

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Unterschied danach, ob es einen Anspruch des Dienstpflichtigen auf
wiederkehrende Leistungen ablöst oder diesem von Anfang an als Kapitalleistung
in Aussicht gestellt worden ist. Ebenso liegt ein nach Art. 21 Abs. 1
steuerbares Einkommen auch dann vor, wenn die Fürsorgestiftung nicht ein
Alterskapital an den Dienstnehmer selbst, sondern unter den hier gegebenen
Voraussetzungen eine Todesfallsumme an seine Hinterlassenen ausrichtet. Und
zwar darf auch dieser Bezug als Ersatzeinkommen im Sinne der lit. a daselbst
angesehen werden, entgegen der Auffassung von KÄNZIG (ASA 15, 325), die
offenbar von der Beschwerdeführerin geteilt wird. Freilich lässt der Wortlaut
dieser Bestimmung zunächst nur an den Fall denken, wo der Bezüger des
Ersatzeinkommens identisch ist mit demjenigen des ursprünglichen Einkommens;
werden doch neben den Alters- und Invalidenrenten die Hinterlassenenrenten
nicht erwähnt. Sachlich richtig ist aber die weitere Auslegung, wie gerade die
heute zu beurteilende Streitigkeit zeigt: In der Tat hat der Ehemann der
Beschwerdegegnerin durch seine Tätigkeit im Dienste der Stifterfirma nicht nur
das Recht auf ein Gehalt erworben, sondern auch den Anspruch auf die
Versicherungsleistungen der Stiftung, inbegriffen diejenigen an seine
Hinterlassenen im Falle seines Todes. Auch die Kapitalleistung an die Witwe
hat ihren Grund im Dienstverhältnis des Ehemannes. Es besteht kein Anlass, sie
anders zu behandeln als die Versicherungsleistungen an den Ehemann selbst.
2. ­ Art. 21 Abs. 3 WStB, wonach Eingänge aus Armenunterstützung, aus
gesetzlicher Verwandtenunterstützung, aus familienrechtlichen Alimenten sowie
aus Erbschaft, Vermächtnis und Schenkung nicht steuerbares Einkommen sind, ist
hier nicht anwendbar. In Betracht fallen von vornherein nur Erbschaft oder
Schenkung. Mit Recht hat die Vorinstanz nicht einen Eingang aus Erbschaft
angenommen. Der Anspruch auf den Kapitalbetrag stand der überlebenden Ehefrau
persönlich, kraft eigenen Rechtes zu. Er wurde zwar mit dem Ableben des
versicherten

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Ehemannes fällig, war aber im übrigen vom Erbgang unabhängig. Die Summe fiel
nicht vorerst in die Erbmasse, sondern direkt in das Vermögen der
anspruchsberechtigten Ehefrau.
Aber auch die von der Vorinstanz versuchte Konstruktion einer Schenkung ist
abwegig. Da die Hinterbliebenen, denen nach Art. 10 des Stiftungsreglementes
die Todesfallsumme zukommt, ein persönliches, unmittelbares Recht auf sie
haben, bleibt kein Raum für die Annahme, das Kapital sei ihnen vom
verstorbenen Versicherten übertragen, geschenkt worden. Die Summe bildete
nicht einen Bestandteil des Vermögens des Versicherten, über den er in dieser
Weise hätte verfügen können. Allerdings kann der Versicherte Begünstigte
bezeichnen und die Verteilung des Sterbegeldes unter sie ordnen, aber nur
kraft Ermächtigung durch das Stiftungsreglement und in dessen Schranken.
Namentlich kann er nicht beliebige Personen begünstigen, sondern nur eine
Auswahl unter den Hinterbliebenen treffen, die in Art. 10 des Reglementes als
bezugsberechtigt aufgeführt sind, Auswahl, welche bei Fehlen einer
Begünstigungserklärung auch dem Stiftungsrat zusteht. Der Versicherte hat es
zwar in der Hand, Personen, die an sich nach dem Reglement Anspruch auf das
Sterbegeld haben, zugunsten anderer aus demselben Kreise vom Anspruch
auszuschliessen und den Begünstigten etwas mehr zuzuhalten, als ihnen ohnedies
zukäme. All das ändert jedoch nichts daran, dass die auf Grund des Art. 10 und
eventuell des Art. 11 des Reglementes bestimmten Berechtigten von Anfang an
einen eigenen, direkten, wenn auch bedingten Anspruch auf das Sterbegeld
besitzen, durch dessen Empfang ein Einkommen beziehen, das unmittelbar aus der
vom Versicherten zu seinen Lebzeiten ausgeübten Erwerbstätigkeit herrührt,
eine nachträgliche Gegenleistung dafür darstellt. Gewiss mag zutreffen, dass
die Beschwerdegegnerin dem Ehemann kein Entgelt für das Sterbegeld gegeben
hat; sie hat die Summe aber auch gar nicht von ihm, sondern von der Stiftung
erhalten. Es

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verhält sich nicht so, dass der Ehemann sich von der Stiftung hätte
versprechen lassen, im Falle seines Todes eine Kapitalleistung an die Ehefrau
zu erbringen. Er hat keinen Vertrag zugunsten eines Dritten mit der Stiftung
geschlossen. Er hatte, als Angestellter der Stifterfirma, die vorgeschriebenen
Beiträge an die Fürsorgeeinrichtung zu entrichten und sich im übrigen den
statutarischen und reglementarischen Bestimmungen zu unterziehen. Die
Todesfallsumme wurde ausgerichtet, weil die Stiftung durch das Reglement dazu
verpflichtet war, nicht aus einem andern Grunde, vor allem nicht kraft
Schenkung seitens des Versicherten. Aus BGE 70 III 66 folgt nicht
Gegenteiliges. Es bleibt somit dabei, dass das von der Beschwerdegegnerin
bezogene Sterbegeld von ihr nach Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu versteuern ist.
3. ­ Mit Recht verlangt die Beschwerdeführerin die Berechnung der
Einkommenssteuer zum Rentensatze nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 WStB. Es wird auf
die Ausführungen in BGE 74 I 188, Erw. 4 verwiesen, welche auch hier
zutreffen. Die Bemessung des für die Satzbestimmung massgebenden Einkommens
durch die Beschwerdeführerin ist nicht bestritten. Die Einkommenssteuer
beträgt daher für ein Jahr nicht 1,8 %, sondern bloss 0,4 % von Fr. 11.000.­.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 I 398
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 26. November 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 I 398
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Wehrsteuer: Die Kapitalsumme (Sterbegeld), welche die Ehefrau eines Arbeitnehmers nach dessen Tod...


Gesetzesregister
WStB: 21  40
BGE Register
70-III-65 • 74-I-183 • 74-I-398
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
stiftung • tod • arbeitnehmer • hinterlassener • kapitalabfindung • stiftungsreglement • bundesgericht • invalidenrente • berechtigter • ehegatte • arbeitgeber • kreis • vorinstanz • stiftungsrat • entscheid • vertrag zugunsten eines dritten • rente • gegenleistung • erbgang • unterstützungspflicht
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ASA 15,325