S. 183 / Nr. 37 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 74 I 183

37. Urteil vom 28. Mai 1948 i. S. eidg. Steuerverwaltung gegen B.


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Regeste:
1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde: Das Bundesgericht hat in Steuersachen von
Amtes wegen den gesetzlichen Zustand herzustellen.
2. Wehrsteuer: Das Alterskapital, das ein Arbeitnehmer von der
Fürsorgestiftung des Arbeitgebers erhält, ist im vollen Umfange als Einkommen
des Jahres zu versteuern, in dem es ausgerichtet wird, ohne Rücksicht darauf,
ob der Arbeitnehmer Beiträge an die Stiftung geleistet hat. Die Steuer wird
zum Satze berechnet, der anwendbar wäre, wenn an Stelle des Kapitals eine
jährliche Rente bezahlt würde.
1. Recours de droit administratif. En matière fiscale, le Tribunal fédéral
doit rétablir d'office l'état de choses légal.
2. Impôt pour la défense nationale. La somme que l'employé touche de
l'institution de prévoyance d'une entreprise à titre de retraite est imposable
dans son entier comme revenu de l'année dans laquelle elle est payée, sans
égard au fait que l'employé a versé des contributions à la fondation. L'impôt
est calculé au taux qui serait applicable si à la place du capital c'était une
rente annuelle qui était servie.
1. Ricorso di diritto amministrativo. In materia fiscale, il Tribunale
federale deve accertare d'ufficio la situazione di legge.
2. Imposta per la difesa nazionale. La somma che l'impiegato percepisce
dall'istituzione di previdenza d'un'azienda a titolo di pensione è imponibile
in pieno come reddito dell'anno in cui è pagata, senza tener conto che
l'impiegato ha versato contributi alla fondazione. L'imposta è calcolata in
base all'aliquota che sarebbe applicabile se invece del capitale fosse
pagabile una rendita annua.

A. ­ Zugunsten der Angestellten und Arbeiter der Aktiengesellschaft T. besteht
eine Stiftung mit dem Zweck, die Destinatäre gegen die wirtschaftlichen Folgen
des durch Alter oder Tod verursachten Erwerbsausfalles zu schützen. Die ihr
als «Mitglieder» angeschlossenen Angestellten haben Anspruch auf ein
Alterskapital, wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen; sterben sie vorher, so
wird den Erben oder besonders bezeichneten Begünstigten eine Todesfallsumme
ausgerichtet (Art. 2, 12, 19, 20 des Stiftungsreglementes vom 31. Dezember
1933 betreffend die Angestellten). Diese Leistungen sind durch Vertrag
zwischen der Stiftung und der Schweizerischen Lebensversicherungs- und
Rentenanstalt versichert (Art. 18 des Reglementes). Die
Versicherungsgesellschaft zahlt,

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auf Antrag der Stiftung, die im Reglement vorgesehenen Summen direkt an die
Anspruchsberechtigten aus (Abs. 4 daselbst). Die Mittel für das Fürsorgewerk
werden aufgebracht durch den Stiftungsfonds und Beiträge der Arbeitgeberin und
der Angestellten (Art. 21). Angestellten, die vorzeitig aus dem Dienst
austreten, überträgt die Stiftung die Versicherungspolice und damit die Rechte
und Pflichten gegenüber der Versicherungsgesellschaft (Art. 22).
B., Vizedirektor der Aktiengesellschaft T., ist «Mitglied» der Stiftung. Er
erhielt im Jahre 1943, nachdem er das 60. Altersjahr erreicht hatte, das ihm
zukommende Alterskapital von Fr. 35,000.­. Sein Dienstverhältnis wurde dadurch
nicht verändert. ­ Er hatte an die Stiftung insgesamt Beiträge von Fr. 9400.­
geleistet.
B. ­ Bei der Veranlagung des B. für die Wehrsteuer III wurde das ganze
Alterskapital als Kapitalabfindung aus Dienstverhältnis im Sinne von Art. 21
Abs. 1 lit. a WStB betrachtet. Die Einkommenssteuer wurde zum Rentensatz (Art.
40 Abs. 1 Satz 2 WStB) berechnet.
Der Steuerpflichtige verlangte, dass das Alterskapital nicht in die
Steuerberechnung einbezogen werde, da es eine Lebensversicherungssumme
darstelle, die nicht Einkommen sei. Den abweisenden Einspracheentscheid zog er
an die kantonale Rekurskommission weiter.
Diese schützte die Beschwerde teilweise, indem sie entschied, das
Alterskapital sei nur insoweit eine steuerbare Kapitalabfindung aus
Dienstverhältnis, als es die eigenen Beiträge des Steuerpflichtigen an die
Stiftung übersteige.
C. ­ Gegen den Entscheid der Rekurskommission führt die eidg. Steuerverwaltung
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das ganze Alterskapital als
Einkommen der Wehrsteuer III zu unterwerfen.
D. ­ Die Rekurskommission schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Bestätigung ihres Entscheides.

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E. ­ Der Steuerpflichtige beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen und das
Alterskapital nicht zum steuerbaren Einkommen zu rechnen; eventuell sei der
Entscheid der Rekurskommission zu bestätigen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Obwohl der Steuerpflichtige den Entscheid der Vorinstanz nicht
weitergezogen hat, ist die von ihm in der Beschwerdeantwort wieder
aufgegriffene Frage zu prüfen, ob das ihm in der Berechnungsperiode 1943/44
ausbezahlte Alterskapital überhaupt, auch soweit es seine eigenen Beiträge an
die Stiftung übersteigt, der Wehrsteuer auf dem Einkommen unterliege. Das
Bundesgericht ist bei der Beurteilung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde in
Steuersachen an die Rechtsbegehren der Parteien nicht gebunden (Art. 109 Abs.
1 OG). Hier könnte es also den angefochtenen Entscheid zugunsten des
Steuerpflichtigen abändern, auch wenn sich dieser in der Vernehmlassung auf
die Verteidigung des Entscheides beschränkt hätte. Ebenso dürfte es anderseits
über die Beschwerdeanträge der eidg. Steuerverwaltung zuungunsten des
Steuerpflichtigen hinausgehen, wenn dies zur Herstellung des gesetzlichen
Zustandes erforderlich wäre. Es hat von Amtes wegen diejenige Entscheidung zu
treffen, die auf Grund seiner eigenen Prüfung der Akten den Vorschriften der
Gesetzgebung entspricht (BGE 63 I 89 Erw. 6, 70 I 86).
2. ­ Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB rechnet zum steuerbaren Einkommen aus einer
Tätigkeit auch das Ersatzeinkommen, wobei namentlich genannt werden
Kapitalabfindungen aus Dienstverhältnis, insbesondere für Ruhegehälter, Renten
und Pensionen. Mit einer Kapitalabfindung aus Dienstverhältnis hat man es
nicht nur dann zu tun, wenn durch eine einmalige Auszahlung ein Anspruch des
Dienstpflichtigen auf wiederkehrende Leistungen abgelöst wird, sondern auch
dann, wenn diesem von Anfang an eine Kapitalzahlung in Aussicht gestellt
worden ist, wie es bei der Arbeitnehmerfürsorge häufig der

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Fall ist und auch hier zutrifft. Ein zureichender Grund, diesen Tatbestand
anders zu behandeln, besteht nicht, zumal da das Gesetz nur beispielsweise
(«insbesondere») die Abfindung für Ruhegehälter, Renten und Pensionen anführt.
Der in Frage stehende Bezug ist daher mit Recht als Einkommen angerechnet
worden.
Der Beschwerdegegner wendet ein, es handle sich um eine versicherungsmässige
Leistung, die nicht Einkommen im Sinne des Art. 21 WStB sei, namentlich nicht
Kapitalabfindung aus Dienstverhältnis denn er sei der Fürsorgeeinrichtung
freiwillig beigetreten, und ein Anlass für eine Abfindung habe gefehlt, da er
seine Stellung bei der Firma T. auch nach der Kapitalauszahlung behalten habe.
Seine Auffassung ist jedoch unbegründet. Er hat das Alterskapital als
«Mitglied» der Stiftung erhalten, und diese Eigenschaft hat er nur erwerben
können, weil er Angestellter der Firma ist, deren Arbeitnehmern die Stiftung
dient und welche dieses Hilfswerk in erheblichem Umfange selbst finanziert. Ob
er sich der Fürsorgeeinrichtung freiwillig angeschlossen hat oder zum Beitritt
gezwungen war, ist unerheblich. Die streitige Kapitalleistung hat somit ihren
Grund im Dienstverhältnis. Dass die Stiftung ihre Leistungen rückversichert
hat, ändert daran nichts. Zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem
versicherten Angestellten der Firma T. bestehen keine vertraglichen
Beziehungen. Der Anspruch des Angestellten sowohl auf die Kapitalzahlung als
auch auf die Herausgabe der Police bei vorzeitigem Dienstaustritt richtet sich
nicht an die Versicherungsgesellschaft, sondern an die Stiftung (Art. 18 und
22 des Reglementes). Abs. 4 der erstgenannten Bestimmung spricht nicht gegen
diese Feststellung, da die Versicherungsgesellschaft das Kapital nur dann
direkt dem Anspruchsberechtigten auszahlen kann, wenn die Stiftung es
beantragt. Auch daraus kann der Beschwerdegegner nichts zu seinen Gunsten
ableiten, dass er beim Empfang der Kapitalleistung noch Angestellter der Firma
T. war und es auch seither geblieben ist. Das

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Alterskapital ist ihm nichtsdestoweniger im Hinblick auf den Altersrücktritt
und den damit verbundenen Erwerbsausfall bezahlt worden; es ist also
Ersatzeinkommen, Kapitalabfindung aus Dienstverhältnis im Sinne von Art. 21
Abs. 1 lit. a WStB.
3.- Die Vorinstanz hat das Alterskapital nur insoweit zur Besteuerung
herangezogen, als es die vom Steuerpflichtigen bezahlten Beiträge übersteigt.
Zu Unrecht. Der klare Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB lässt keinen
Zweifel daran zu, dass Ruhegehälter, Pensionen, Alters-und Invalidenrenten und
ebenso die an ihrer Stelle ausgerichteten Kapitalabfindungen im vollen Umfange
als Ersatzeinkommen zu versteuern sind, ohne Rücksicht darauf, ob und, wenn
ja, in welcher Höhe der Arbeitnehmer Beiträge dafür geleistet hat. Besonders
deutlich kommt dies zum Ausdruck in der Gleichstellung der Pensionen mit den
Ruhegehältern, die in der Regel, im Gegensatz zu jenen, aus Mitteln bezahlt
werden, zu denen der Arbeitnehmer nichts beigetragen hat. Daher kann nichts
darauf ankommen, dass nach dem Wehrsteuerrecht die geleisteten Beiträge als
Einkommen versteuert werden müssen, soweit nicht der Sozialabzug nach Art. 22
Abs. 1 lit. h WStB in Frage kommt. Gleich wie der Arbeitnehmer, welcher
Pensionen oder an ihrer Stelle Kapitalabfindungen bezieht, ist aber derjenige
zu behandeln, dessen Fürsorgeanspruch von vornherein auf eine Kapitalleistung
geht. Es rechtfertigt sich sachlich nicht, diesen Fall anders zu beurteilen.
Die Vorinstanz verweist zur Begründung ihres abweichenden Standpunktes auf die
Rechtsprechung des bernischen Verwaltungsgerichtes, wonach für die kantonalen
Steuern die persönlichen Beiträge des Steuerpflichtigen als abzugsfähige
Aufwendungen für die Erzielung des Ersatzeinkommens (Gewinnungskosten)
betrachtet werden. Dieser Ansicht kann aber jedenfalls für die Wehrsteuer
nicht beigestimmt werden. Der Wehrsteuerbeschluss selbst schliesst es aus,
solche Beiträge als

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Gewinnungskosten abzuziehen, wie sich aus Art. 22 Abs. 1 lit. a einer-und lit.
h anderseits ergibt. Dazu kommt noch, dass Gewinnungskosten, wie übrigens auch
Prämien und Beiträge für Versicherungen im Sinne der lit. h, nur vom Einkommen
desjenigen Jahres abgezogen werden dürfen, in dem sie tatsächlich aufgewendet
worden sind.
4.- Dass die Vorinstanzen die Einkommenssteuer zum Rentensatze nach Art. 40
Abs. 1 Satz 2 WStB berechnet haben, wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit Recht nicht beanstandet. Diese Bestimmung ist mit Art. 21 Abs. 1 lit. a in
Beziehung zu bringen, wo sie ausdrücklich vorbehalten wird. Sie will in der
Tat, durch Herabsetzung des Steuersatzes, die Belastung gewisser in Art. 21
Abs. 1 lit. a aufgeführter Einkommensbestandteile vermindern (BGE 71 I 448
Erw. 4). Zu diesen Bestandteilen zählt sie neben den Ersatzleistungen für
bleibende Nachteile, welche hier ausser Betracht fallen, die
Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen. Dazu gehören vor allem auch
die in Art. 21 Abs. 1 lit. a genannten Kapitalabfindungen aus Dienstverhältnis
für Ruhegehälter, Renten und Pensionen. Die Zuwendung, um die es sich im
vorliegenden Falle handelt, ist zwar von vornherein als Kapitalleistung
versprochen worden. Sie erfüllt aber den gleichen Zweck wie eigentliche
Kapitalabfindungen, die an Arbeitnehmer, welche in den Ruhestand treten
wollen, an Stelle der ihnen ursprünglich zugedachten wiederkehrenden
Leistungen ausgerichtet werden. Es entspricht daher dem Sinne des Gesetzes,
dass Art. 40 Abs. 1 Satz 2 WStB auch hier angewendet wird (vgl. Urteil vom 18.
Mai 1945 in Sachen C., Erw. 3, veröffentlicht in ASA Bd. 14, S. 293).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 74 I 183
Date : 01 janvier 1948
Publié : 27 mai 1948
Source : Tribunal fédéral
Statut : 74 I 183
Domaine : ATF - Droit administratif et droit international public
Objet : 1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde: Das Bundesgericht hat in Steuersachen von Amtes wegen den...


Répertoire des lois
AIN: 21  22  40
OJ: 109
Répertoire ATF
63-I-79 • 70-I-85 • 71-I-444 • 74-I-183
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
prestation en capital • fondation • travailleur • tribunal fédéral • emploi • autorité inférieure • question • frais d'acquisition du revenu • ayant droit • intimé • perte de gain • société anonyme • d'office • police d'assurance • rente • réponse au recours • calcul de l'impôt • décision • état de fait • conclusions • règlement de la fondation • motivation de la décision • libéralité • examen • volonté • caractéristique • doute • partie intégrante • décision sur opposition • assurance-vie • mort • rente d'invalidité • réception • hameau • employeur • héritier • rencontre
... Ne pas tout montrer
Journal Archives
ASA 14,293