S. 223 / Nr. 58 Strafgesetzbuch (d)

BGE 73 IV 223

58. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1947 i. S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Lautenschlager.


Seite: 223
Regeste:
Art. 42 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB.
Voraussetzungen der Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern.
Art. 42 ch. 1 CP.
Conditions de l'internement des délinquants d'habitude.
Art. 42, cifra 1 CP.
Presupposti dell'internamento dei delinquenti abituali.

Aus den Erwägungen:
Gemäss Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB kann verwahrt werden, wer wegen Verbrechen oder Vergehen
schon zahlreiche Freiheitsstrafen verbüsst hat, einen Hang zu Verbrechen oder
Vergehen, zur Liederlichkeit oder Arbeitsscheu bekundet und wieder ein mit
Freiheitsstrafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen verübt.
Wieviele Freiheitsstrafen verbüsst sein müssen, damit sie im Sinne dieser
Bestimmung als zahlreiche gelten können, hängt von den Verhältnissen des
einzelnen Falles ab. Der Richter, der über diese Frage entscheidet, hat dem
Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Verwahrung die Gesellschaft vor dem
Rechtsbrecher sichern will, auf welchen nach den gemachten Erfahrungen die
Strafen nicht bessernd wirken. Die Wirkung der Vorstrafen aber wird nur
verstanden, wenn man berücksichtigt, welcher Art sie waren, wie weit sie
zurückliegen und in welchen Abständen sie sich folgten (ZÜRCHER, Erläuterungen
zum VE 1908 S. 79). Unter diesem Gesichtspunkt sind die Freiheitsstrafen, die
Lautenschlager vor Begehung der neuen Tat verbüsst hat, zahlreich genug, um
einen weiteren Versuch, den Täter durch Strafe zu bessern, als nutzlos
erscheinen zu lassen. Wohl verteilen sie sich auf einen Zeitraum von über
zwanzig Jahren und hat sich Lautenschlager mitunter, so namentlich von 1929
bis 1934, wohl verhalten. Allein seine Besserung war nie dauernd;

Seite: 224
stets unterlag er der Versuchung, zu betrügen und andere Verbrechen zu
begehen, von neuem. Auch der Umstand, dass die meisten Strafen von kurzer
Dauer waren, lässt eine andere Würdigung nicht zu. Wie der Kassationshof schon
im Urteil in Sachen Vignola (BGE 70 IV 53) ausgesprochen hat, zu dem die
Beschwerdeführerin nicht Stellung nimmt, ist die Verwahrung auch vorgesehen
für Verurteilte, die bloss kurze Freiheitsstrafen verbüsst haben. Ob im
einzelnen Falle gewisse Strafen wegen ihrer Geringfügigkeit übergangen werden
dürfen, ist Sache des richterlichen Ermessens. Die Vorinstanz hat es
umsoweniger überschritten, als die über Lautenschlager verhängten Strafen
zusehends schwerer geworden sind und den Verurteilten trotzdem nicht zu
bessern vermocht haben. Das Gesetz sagt nicht, dass der Täter erst verwahrt
werden dürfe, wenn auch der Versuch, ihn mit der angedrohten schwersten
Strafe, bei Verbrechen also mit Zuchthaus, zu bessern, gescheitert sei. Das
ergibt sich auch nicht aus dem Zweck des Art. 42. Unverbesserlichkeit des
Täters führt zur Verwahrung unbekümmert darum, ob er Verbrechen oder Vergehen
begangen habe, welche die schwerste Strafe rechtfertigen, oder ob seinem
Verschulden (Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB) stets nur geringere Strafen angemessen waren. Dem
kann nicht entgegengehalten werden, dass die Verwahrung härter sei als eine
Zuchthausstrafe unter drei Jahren und dass sie auch im vorliegenden Falle zur
Straftat in einem Missverhältnis stehe. Die Verwahrung hängt nicht vom
Verschulden des Verurteilten ab, sondern wird als Sicherungsmassnahme
angeordnet.
Dass die Voraussetzungen des Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB auch insofern erfüllt sind, als
Lautenschlager, wie die Vorinstanz annimmt, einen Hang zu Verbrechen hat,
bestreitet die Beschwerdeführerin mit Recht nicht. Der Hang ergibt sich aus
den Taten, für die Lautenschlager vorbestraft ist. Auch der Direktor der
Strafanstalt Witzwil beurteilt den Beschwerdegegner als «krankhaften,
unverbesserlichen Betrüger».
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 IV 223
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 31. Oktober 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 IV 223
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 42 Ziff. 1 StGB.Voraussetzungen der Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern.Art. 42 ch. 1...


Gesetzesregister
StGB: 42 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
BGE Register
70-IV-53 • 73-IV-223
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
freiheitsstrafe • verurteilter • kassationshof • vorinstanz • strafgesetzbuch • strafanstalt • zuchthausstrafe • gewohnheitsverbrecher • frage • beschwerdegegner • ermessen • dauer • verhalten • arbeitsscheu • wille