S. 142 / Nr. 36 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 73 III 142

36. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1947 i.S.
Schnyder gegen Nicolazzi.

Regeste:
Pfändung: Behauptet ein Gläubiger Unwirksamkeit einer vom Schuldner
vorgenommenen Veräusserung gemäss Art. 717
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 717 - 1 Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
1    Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
2    Das Gericht entscheidet hierüber nach seinem Ermessen.
ZGB, so kann er die Sache (unter
Vorbehalt des Widerspruchsverfahrens) oder eventuell eine Ersatzforderung
pfänden lassen.
Die paulianische Anfechtungsklage (Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:500
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504
. SchKG) setzt nicht Gültigkeit
der Rechtshandlung voraus.
Saisie: Si le créancier prétend qu'un transfert de propriété opéré par le
débiteur est inopposable aux tiers en vertu de l'art. 717 CC, il peut faire
saisir ou la chose aliénée (sous réserve de la procédure de revendication) ou,
le cas échéant, la créance qui appartiendrait au débiteur contre l'acquéreur.
L'action révocatoire (art. 285 et suiv. LP) ne présuppose pas la validité de
l'acte juridique attaqué.
Pignoramento: Se il creditore pretende che un trapasso di proprietà operato
dal debitore non è opponibile ai terzi in virtù

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dell'art. 717 CC, può far pignorare o la cosa alienata (sotto riserva della
procedura di rivendicazione) o eventualmente il credito spettante al debitore
contro l'acquirente.
L'azione revocatoria (art. 285 e seg. LEF) non presuppone la validità
dell'atto giuridico impugnato.

Aus dem Talbestand:
Die vom Kläger für die Pfandausfallforderung verlangte Pfändung war fruchtlos.
Er erhielt am 17. Januar 1946 eine leere Pfändungsurkunde als Verlustschein.
Am 13. Februar 1946 erhob er auf Grund desselben die vorliegende
Anfechtungsklage, um auf die dem Beklagten am 18. Dezember 1943 vom Schuldner
verkauften Schreinereimaschinen und -werkzeuge greifen zu können. Mit
Rücksicht auf die erfolgte Weiterveräusserung an Heldner und in Anbetracht der
Schätzung des betreffenden Mobiliars auf Fr. 5750.­ durch gerichtlich
beauftragte Sachverständige änderte er sein Begehren dahin, dass der Beklagte
«in die Zwangsverwertung des Schnyder Gregor» Fr. 5750.­ einzuzahlen habe.
Aus den Erwägungen:
Der Kläger macht in erster Linie zivilrechtliche Ungültigkeit der Veräusserung
des Schreinereimobiliars durch den Schuldner an den Beklagten geltend: Der
Kaufvertrag sei simuliert, ferner wäre eine allfällig ernst gemeinte
Eigentumsübertragung Dritten gegenüber nach Art. 717
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 717 - 1 Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
1    Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
2    Das Gericht entscheidet hierüber nach seinem Ermessen.
ZGB angesichts des damit
verfolgten Zweckes ungültig. Der Standpunkt, das Eigentum sei überhaupt beim
Schuldner verblieben, oder der Beklagte habe jedenfalls nicht allseitig
wirksames Eigentum erhalten (vgl. die Erläuterungen zu Art. 707 des
Vorentwurfs), hätte jedoch auf dem Wege der Sachpfändung geltend gemacht
werden müssen. Der Kläger hätte diese beim Betreibungsamt verlangen (und
gegebenenfalls auf dem Beschwerdewege durchsetzen) können, worauf ein
Widerspruchsverfahren über die Eigentumsfrage zu eröffnen gewesen wäre.
Sachen, die nach Behauptung eines Gläubigers im Eigentum des

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Schuldners stehen oder jedenfalls nicht in einer für Dritte wirksamen Weise
auf eine andere Person übergegangen sind, unterliegen eben als solche der
Pfändung unter Vorbehalt des Widerspruchsverfahrens. Es ist nicht etwa ein
Vindikationsanspruch des Schuldners zu pfänden und zu verwerten. Mit dem
Widerspruchsprozess hätte die paulianische Anfechtung der Veräusserung an den
Beklagten als Eventualstandpunkt verbunden werden können. Sachpfändung kommt
jedoch nach Weiterveräusserung an einen gutgläubigen Dritten (Heldner), wie
sie hier nach Ansicht aller Beteiligten erfolgt ist, nicht mehr in Betracht,
da der jetzige Besitzer mit Erfolg Widerspruch erheben könnte. Das schliesst
zwar nicht jeglichen zivilrechtlichen Anspruch des Schuldners aus, wie die
Vorinstanz anzunehmen scheint. Es hätte jedoch nicht mehr das Mobiliar,
sondern nur noch eine Ersatzforderung des Betriebenen an den Ersterwerber,
also den Beklagten, gepfändet werden können, sei es wegen unbefugter
Eigentumsentziehung, sei es einfach auf Wertersatz. Aber auch eine derartige
Forderung kann hier nicht zur Beurteilung kommen, weil sie eben nicht
gepfändet (und dem Kläger nach Art. 131
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.262
SchKG zur Geltendmachung zugewiesen
oder von ihm ersteigert) worden ist. Daher bleibt bloss paulianische
Anfechtung möglich. Diese hat nicht etwa zivilrechtliche Gültigkeit der
angefochtenen Veräusserung zur Voraussetzung. Der Kläger konnte füglich von
einer Beschwerde über die Ausstellung des Verlustscheins absehen und statt
(allenfalls unsicherer) zivilrechtlicher Ansprüche ohne weiteres die
Anfechtungsklage erheben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 III 142
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 24. September 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 III 142
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Pfändung: Behauptet ein Gläubiger Unwirksamkeit einer vom Schuldner vorgenommenen Veräusserung...


Gesetzesregister
SchKG: 131 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.262
285
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:500
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504
ZGB: 717
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 717 - 1 Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
1    Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
2    Das Gericht entscheidet hierüber nach seinem Ermessen.
BGE Register
73-III-142
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schuldner • beklagter • eigentum • paulianische anfechtung • verlustschein • anfechtungsklage • zivilrechtlicher anspruch • einsprache • widerspruchsverfahren • nichtigkeit • kauf • vorinstanz • öffentlich-rechtliche forderung • forderung • weiler • betreibungsamt • werkzeug • schuldbetreibungs- und konkursrecht