S. 426 / Nr. 67 Befreiung von kantonalen Abgaben (d)

BGE 73 I 426

67. Urteil vom 24. Oktober 1947 i.S. X. gegen Kanton Zürich.

Regeste:
Steueramnestie bei Einführung der Verrechnungssteuer. Sie wird gewährt, wenn
in der Erklärung für das neue Wehropfer und für die Wehrsteuer der 3. Periode
die Bestandteile des Einkommens und des Vermögens vollständig und genau
angegeben werden (Art. 2 AmnB). Irrtümer und Versehen, die entschuldigt werden
können, schaden dem Pflichtigen nicht.
L'amnistie fiscale accordée par l'ACF du 31 octobre 1944. En bénéficie celui
qui, dans la déclaration en vue du nouveau sacrifice et de l'impôt pour la
défense nationale, 3e période, a indiqué de façon complète et précise les
éléments de son revenu et de sa fortune (art. 2). Des erreurs excusables ne
nuisent pas au contribuable
Amnistia fiscale a norma del DCF 31 ottobre 1944. E accordata a colui che
nella dichiarazione in vista del nuovo sacrificio e dell'imposta per la difesa
nazionale (terzo periodo) ha indicato, in modo completo e preciso, i fattori
del suo reddito e della sua sostanza (art. 2). Errori scusabili non nuocciono
al contribuente.

A. ­ Der Kläger ist Teilhaber einer Kollektivgesellschaft, welche Eier
importiert. In der hier in Frage stehenden Zeit kam der ganze Geschäftsertrag
ihm und seiner Ehefrau zu. Die Firma war während des letzten Weltkrieges

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Mitglied des kriegswirtschaftlichen Syndikates Ova, schweizerische
Genossenschaft für Eierimport in Bern. Sie bezog die Ware, mit der sie
handelte, namentlich Eipulver, von der Genossenschaft.
Am 20. Februar 1945 reichte der Kläger unter Berufung auf die eidg.
Steueramnestie die Erklärung für das neue Wehropfer und die Wehrsteuer der
dritten Veranlagungsperiode ein. Im Begleitschreiben führte er aus
«Die Ova ... hat gemäss Zirkular vom 5. August 1942 eine Rückvergütung auf
div. im Jahre 1942 erhaltene Volleipulver-Lieferungen gewährt. Die betr.
Beträge wurden uns als Risiko-Reserve ... gutgeschrieben. Diese
Rückvergütungen wurden damals nicht in unsere Buchführung aufgenommen. Bei
nochmaliger Überprüfung sind wir nun zur Überzeugung gelangt, dass es sich um
eine Erhöhung des steuerpflichtigen Gewinnes und zwar für das Jahr 1942
handelt. Die Beträge, welche total Fr. 28,454.10 ausmachen und unter den
Passiven figurierten, sind nunmehr direkt über das Kapital-Konto verbucht und
die Bankpassiven welche per 31. Dez. 1944 Fr. 36236.90 betrugen, auf Fr.
8782.80 reduziert worden...
Die entsprechenden Unterlagen werden wir bei Prüfung unserer Steuererklärung
vorlegen.»
In der Wehrsteuererklärung selbst wurden die Rückvergütungen von Fr. 28,454.10
weder ganz noch teilweise als Einkommen der Berechnungsperiode 1943/44
angegeben.
Nach Ablauf der Steuererklärungsfrist, im Sommer 1946, legte der Kläger dem
Steueramt auf dessen Verlangen die Gutschriftsanzeigen der Ova vor. Es stellte
sich heraus, dass die Genossenschaft der Firma des Klägers gewisse
Gutschriften nicht im Jahre 1942, sondern erst am 29. Januar 1943 mitgeteilt
hatte. Es handelt sich um Rückvergütungen von Fr. 5203.60 auf Fakturen vom 16.
November und 19. Dezember 1942 und um eine Vergütung von Fr. 3840.35 auf einer
Faktur vom 7. Januar 1943. Der Kläger machte geltend, dass die im Jahre 1943
vorgenommene Rückvergütung auf Fakturen des Vorjahres als Einkommen des Jahres
1942 ZU betrachten sei, weil der Anspruch darauf schon in diesem Jahre mit der
Rechnungstellung entstanden sei. Sodann erklärte

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er, er habe erst jetzt, im Sommer 1946, festgestellt, dass sich die Vergütung
von Fr. 3840.35 auf eine im Jahre 1943 ausgestellte Faktur beziehe, also
Einkommen dieses Jahres darstelle und daher bei der Wehrsteuererklärung hätte
angegeben werden sollen. Die Unterlassung der Deklaration beruhe jedoch auf
einem entschuldbaren Versehen, weshalb die Steueramnestie nicht als verwirkt
erklärt werden dürfe.
Der Amnestieanspruch wurde indessen abgelehnt, zuletzt durch die
Oberrekurskommission des Kantons Zürich am 15. Juli 1947. Zur Begründung
dieses Entscheides wird ausgeführt, der Fehler in der Wehrsteuererklärung sei
selbst dann, wenn nur die Vergütung von Fr. 3840.35, nicht auch diejenige von
Fr. 5203.60, zum Einkommen des Jahres 1943 gerechnet werde, nicht so
geringfügig, dass er unter dem Gesichtspunkte der Amnestie als nicht geschehen
zu betrachten wäre. Ein entschuldbares Versehen liege nicht vor. Der
Steuerpflichtige habe die ihm zumutbare Sorgfaltspflicht verletzt. Er hätte
über die Frage der zeitlichen Zurechnung der Rückvergütung beim angegebenen,
aus den Belegen ersichtlichen Sachverhalt nicht einfach hinweggehen und der
Behörde erklären dürfen, es handle sich um Einkommen des Jahres 1942.
B. ­ Mit der verwaltungsrechtlichen Klage erneuert X. den Anspruch auf
Amnestie. Er bringt vor, er habe die Amnestieerklärung mit Ernst und
Pflichtbewusstsein, aufmerksam und sorgfältig vorbereitet. Er habe einen
erfahrenen Steuerberater beigezogen. Er habe die Bestandteile des Einkommens
in der Wehrsteuererklärung und im Begleitschreiben vollständig angegeben. Es
sei ihm einzig der Irrtum unterlaufen, dass er die Vergütung von Fr. 3840.35
und eventuell diejenige von Fr. 5203.60 in das Jahr 1942 statt in das folgende
Jahr verlagert habe. Dieses Versehen sei verständlich und entschuldbar. Der
Kläger habe in jenem Begleitschreiben vorsorglich auf allfällige
Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Umlagerung hinweisen wollen. Auch
habe er sich bereit

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erklärt, Unterlagen vorzulegen. Er habe also mit der Nachprüfung der
Angelegenheit durch die Steuerbehörde gerechnet. Er habe das Versehen sofort
nach dessen Entdeckung dem Steueramt bekanntgegeben. Nichts habe ihm ferner
gelegen, als durch Verlagerung von Einnahmeposten die Amnestie zu gefährden.
Die Folgen einer Verweigerung der Amnestie ständen mit dem Versehen in einem
Missverhältnis, das angesichts der von den Behörden bei Anordnung der
Verrechnungssteueramnestie gegebenen Zusicherungen nicht zu rechtfertigen
wäre.
C. ­ Der Regierungsrat und die Oberrekurskommission des Kantons Zürich
beantragen, die Klage sei abzuweisen. Ihre Auffassung wird von der eidg.
Steuerverwaltung geteilt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Der bei Einführung der Verrechnungssteuer angeordneten Steueramnestie ist
teilhaftig, wer in seiner Erklärung für das neue Wehropfer und für die
Wehrsteuer der dritten Veranlagungsperiode die Bestandteile des Einkommens und
Vermögens vollständig und genau angibt (Art. 2 BRB vom 31. Oktober 1944,
AmnB). Die Steuererklärung soll also nicht nur im Endergebnis richtig sein,
sondern auch die Einzelangaben (Bestandteile) müssen darin zutreffend
aufgeführt werden; die Zusammensetzung des Vermögens und Einkommens muss
daraus hervorgehen, und zwar nach Vorschrift des Gesetzes «vollständig und
genau».
Hinsichtlich der ersten eidg. Steueramnestie hat das Bundesgericht
entschieden, dass sie verwirkt sei, wenn nicht, wie Art. 3 WOB I es verlangt,
in der Wehropferklärung das Vermögen vollständig angegeben werde, wobei nichts
darauf ankomme, aus welchen Gründen die Erklärung unrichtig ausgefallen sei
(Urteil vom 31. Mai 1943 i.S. Gauss, nicht publiziert). Immerhin hat es
untergeordnete Unstimmigkeiten als unbeachtlich angesehen (Urteil vom 10. Juli
1944 i.S. Glauser, nicht publiziert).

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Sodann hat es erklärt, dass in den Fällen, wo der Pflichtige den Steuerwert
für die Steuererklärung zu schätzen hat, die Schätzung sich in dem Rahmen
halten müsse, der einer pflichtgemässen Untersuchung über Quantität und Wert
des Vermögensobjektes entspreche (Urteil vom 15. September 1944 i.S. Eugster,
nicht publiziert). Im übrigen aber ist daran festgehalten worden, dass die
Wehropferamnestie einzig von der objektiven Voraussetzung der vollständigen
Angabe des Vermögens in der Wehropfererklärung abhängig sei (Urteil vom 31.
Mai 1946 i.S. Gartmann, nicht publiziert). Danach war grundsätzlich
gleichgültig, ob die Unrichtigkeit der Wehropfererklärung auf einem
Verschulden des Pflichtigen beruhte oder nicht.
Indessen führt eine neue Prüfung dazu, bei der Verrechnungssteueramnestie die
subjektive Seite weitergehend zu berücksichtigen. Indem Art. 2 AmnB vom
Pflichtigen die vollständige und genaue Angabe seines Einkommens und Vermögens
verlangt, macht er ihm eine gewissenhafte Erklärung zur Pflicht. Dem Sinne der
Bestimmung entspricht es, die Amnestie zu gewähren, sofern die
Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der Steuererklärung entschuldigt werden
kann. Und zwar ist ein Verschulden nicht bloss dann anzunehmen, wenn der
Pflichtige mit Wissen und Willen unrichtige Angaben macht, sondern auch dann,
wenn er bei der Steuererklärung pflichtwidrig die Umsicht und Sorgfalt nicht
beobachtet, die von ihm unter der Voraussetzung, dass er die Amnestie in
Anspruch nehmen will, nach den Umständen des Falles vernünftigerweise
gefordert werden muss. Irrtümer und Versehen, die unter diesem Gesichtspunkte
entschuldbar sind, sollen dem Pflichtigen nicht schaden. Für solche Fälle
haben ihm denn auch die eidg. Behörden bei Einführung der
Verrechnungssteueramnestie Nachsicht zugesichert. ­ An das Mass der
pflichtgemässen Genauigkeit und Sorgfalt sind freilich strenge Anforderungen
zu stellen. Die Amnestie ist eine Vergünstigung, deren Ablehnung

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nicht poenalen Charakter hat. Der Steuerpflichtige, der auf die Wohltat
Anspruch erheben will, muss sich darum bemühen; es darf ihm eine ernstliche
Anstrengung zugemutet werden.
2. ­ Im vorliegenden Falle mag offen bleiben, ob die Rückvergütung von Fr.
5203.60, welche sich auf Rechnungen des Jahres 1942 bezieht und der Firma des
Klägers durch Gutschriftsanzeige vom 29. Januar 1943 zur Kenntnis gebracht
wurde, dem Jahre 1942 oder dem Jahre 1943 als Einkommen des Klägers
zuzurechnen sei. Jedenfalls aber steht fest und wird vom Kläger auch nicht
bestritten, dass die gleichzeitig gutgeschriebene Vergütung von Fr. 3840.35,
welche eine Rechnung vom 7. Januar 1943 betrifft, im Jahre 1943 erzieltes
Einkommen darstellt, also der Wehrsteuer der dritten Veranlagungsperiode
unterliegt. Der Kläger gab dieses Einkommen in der
Wehropfer/Wehrsteuererklärung nicht an. Diese war daher nicht vollständig, wie
es Art. 2 AmnB verlangt. Von einer untergeordneten Unstimmigkeit im Sinne der
Praxis des Bundesgerichtes zur Wehropferamnestie kann in Anbetracht der Höhe
des Betrages nicht die Rede sein.
Der Kläger wendet ein, es sei einem entschuldbaren Irrtum zuzuschreiben, dass
er die Fr. 3840.35 ins Jahr 1942 statt ins Jahr 1943 verlagert habe. Wie er
jedoch in der Klage zugesteht, wusste er bei der Abgabe der
Wehropfer/Wehrsteuererklärung, dass die Frage der zeitlichen Zurechnung
gewisser Rückvergütungen zum mindesten zweifelhaft war, und rechnete er mit
der Möglichkeit, dass die Steuerbehörde einen Teil der Beträge zum Einkommen
des Jahres 1943 schlagen könnte. Deshalb bediente er sich im Begleitschreiben
zur Steuererklärung der geschickten Wendung, er sei nach nochmaliger
Überprüfung zur Überzeugung gelangt, es handle sich um eine Erhöhung des
steuerpflichtigen Gewinnes, und zwar für das Jahr 1942. Dieser Überzeugung
konnte er aber hinsichtlich des Postens von Fr. 3840.35 nicht sein, da er ja
über dessen Zurechnung mindestens im Zweifel war.

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In dieser Beziehung war also die erläuternde Erklärung in der gewählten
Formulierung unrichtig, indem sie nicht der wirklichen Auffassung des Klägers
entsprach. Er möchte der Äusserung freilich einen etwas anderen Sinn beilegen.
Er habe, sagt er, einfach die Steuerbehörde auf die Tatsache der
Rückvergütungen aufmerksam gemacht, für den Fall, dass die Behörde darin
Einkommen des Jahres 1943 sehen sollte; er selbst habe erklärt, dies sei nicht
seine Auffassung, jedoch der Behörde anheimgestellt, die Frage näher
abzuklären. Wie dem auch sein mag, so war doch jedenfalls die Erklärung
zweideutig; sie konnte den Fiskus zu Erhebungen veranlassen, ihn aber auch
irreführen. Es wäre dem Kläger zuzumuten gewesen, bei der Abgabe der
Steuererklärung nicht nur die Frage, wann er den Gewinn von Fr. 3840.35
erzielt hatte, anhand der Belege genau zu untersuchen, sondern auch die
Erklärung darüber eindeutig und klar abzufassen, wenn er sie schon in einem
Begleitschreiben zum amtlichen Formular, nicht in diesem selbst, abgeben
wollte. Indem er dies nicht tat, liess er es an der Genauigkeit und Sorgfalt
fehlen, zu der er als Kaufmann nach den Verhältnissen verpflichtet war.
Somit ergibt sich, dass er in der Wehropfer/Wehrsteuererklärung die
Bestandteile seines Einkommens schuldhaft nicht vollständig und genau
angegeben hat. Er kann daher nach Art. 2 AmnB die Amnestie nicht in Anspruch
nehmen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 I 426
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 24. Oktober 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 I 426
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Steueramnestie bei Einführung der Verrechnungssteuer. Sie wird gewährt, wenn in der Erklärung für...


BGE Register
73-I-426
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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