S. 337 / Nr. 51 Post, Telegraph und Telephon (d)

BGE 73 I 337

61. Auszug aus dem Urteil vom 10. Oktober 1947 i. S. Rahm gegen
Generaldirektion der eidg. Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung.

Regeste:
Der Telephonteilnehmer darf ohne Zustimmung der Telegraphenverwaltung mit
ihren Leitungen oder Apparaten keine andern verbinden (Art. 20 Abs. 2 des
Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetzes). Die Zustimmung ist auch
erforderlich für mechanische Vorrichtungen zur Befestigung des Telephonhörers
am Kopfe, welche bezwecken, dass beide Hände des Telephonierenden frei
bleiben.
Il est interdit à l'abonné de relier des fils ou des appareils à ceux de
l'administration des téléphones sans l'autorisation de celle-ci (art. 20 al. 2
de la loi fédérale réglant la correspondance télégraphique et téléphonique, du
14 octobre 1922). Cette

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autorisation est nécessaire également pour l'installation d'un appareil
servant à fixer le récepteur à la tête et à libérer les deux mains.
È vietato all'abbonato di collegare dei fili o degli apparecchi con quelli
dell'amministrazione dei telefoni senza il di lei consenso (art. 20, cp. 2
della legge federale 14 ottobre 1922 sulla corrispondenza telegrafica e
telefonica). Questo consenso è pure necessario per l'impianto d'un apparecchio
che serve a fissare il ricevitore alla testa, liberando così le due mani di
chi telefona.

A. ­ Rahm hat einen Mikrotelephon-Halter konstruiert, bestehend aus einem
Bügel, der an der Hörmuschel durch eine sie umschliessende Feder zu befestigen
und beim Telephonieren über den Kopf zu stülpen ist, damit beide Hände des
Telephonierenden frei bleiben. Er ersuchte die Post-, Telegraphen- und
Telephonverwaltung (PTT) um die Erlaubnis, den Halter in den Handel zu
bringen. Die Telegraphen- und Telephonabteilung wies das Gesuch ab mit der
Begründung, praktische Versuche mit dem Halter hätten ergeben, dass sein
Gebrauch die Bedienung des Telephons erschwere. Sie stützte sich auf Art. 20
Abs. 2 des Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetzes (TVG). wonach der
Telephonteilnehmer ohne Zustimmung der Telegraphenverwaltung keine andern
Leitungen oder Apparate mit denen der Verwaltung verbinden darf.
B. ­ Auf Beschwerde Rahms hin bestätigte die Generaldirektion der PTT am 30.
Mai 1947 diesen Entscheid. Sie führte aus, die Verwaltung sei für das
einwandfreie Funktionieren des Telephonbetriebes verantwortlich, wie sich aus
Art. 1 TVG ergebe. Deshalb sei es notwendig, dass die Apparate einheitlich
seien und von der PTT geliefert würden. Die bei den Abonnenten installierten
Telephonapparate seien Eigentum der Verwaltung; die Verfügung darüber stehe
ihr zu, und vor allem dürfe sie jeden Eingriff verbieten, der für die
ordentliche Lautübertragung nicht notwendig sei. Die Einheitlichkeit der
Apparate und ihre sorgfältige Behandlung lägen sowohl im Interesse der
Verwaltung wie auch des Telephonteilnehmers. Aus diesen Gründen verbiete Art,.
20 Abs. 2 TVG dem Teilnehmer,

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ohne Zustimmung der PTT andere Leitungen. oder Apparate mit denen der
Verwaltung zu verbinden. «Verbinden» («greffer», «allacciare») müsse hier
allgemein im Sinne von vereinigen, befestigen, in Berührung bringen verstanden
werden; das Verbindungsmittel, das im Gesetz nicht genannt werde, könne
elektrisch, elektromagnetisch oder einfach mechanisch sein. Zum gleichen
Ergebnis wie die grammatikalische führe auch die logische Auslegung: Art. 20
Abs. 2 TVG wolle jede Beeinträchtigung und Störung der Telephonapparate
verunmöglichen. Auch die Verbindung des Halters des Beschwerdeführers mit dem
Mikrotelephon falle unter Art. 20 Abs. 2 TVG. Die daher erforderliche
Zustimmung der Verwaltung müsse aus den im angefochtenen Entscheide
angeführten Gründen verweigert werden.
Rahm erhebt gegen den Entscheid der Generaldirektion der PTT
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er macht geltend, das rechtliche Monopol der
PTT dürfe nicht extensiv ausgelegt werden. Art. 20 Abs. 2 TVG meine mit den
«andern Apparaten» Hörerapparate. Wenn man darunter noch irgendwelche weitere
Apparate verstehen wollte, müssten es solche sein, deren Verbindung mit den
Leitungen und Apparaten der Verwaltung eng wäre und diese Einrichtungen
irgendwie verändern würde. Das treffe hier nicht zu, da der Halter des
Beschwerdeführers ohne die geringste Veränderung oder auch nur Beeinflussung
des Hörerapparates angebracht werde; er könne jederzeit mit einem Handgriff
weggenommen und wieder fixiert werden. Sodann wird ausgeführt, die behaupteten
praktischen Mängel der Vorrichtung seien nicht vorhanden.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
3. ­ Nach Art. 1 TVG hat die Telegraphenverwaltung das ausschliessliche Recht,
Sende- und Empfangseinrichtungen. sowie Anlagen jeder Art, die der
elektrischen oder

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radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen
und zu betreiben (Telegraphen- und Telephonregal). Sie kann zur Erstellung und
zum Betrieb solcher Einrichtungen Konzessionen erteilen (Art. 3 daselbst).
Indessen ist ihr das Monopol für die Lieferung der beim Teilnehmer
aufzustellenden Telephonapparate vorbehalten, weil nur so das einwandfreie
Funktionieren des Telephonbetriebes gewährleistet werden kann (Voten des
Bundespräsidenten Haab bei der Gesetzesberatung, Sten. Bull. 1922, NR S. 225,
StR S. 365). Diese Apparate bleiben auch nach der Lieferung Eigentum der
Verwaltung. Der Teilnehmer ist dafür verantwortlich, dass sie beim Gebrauch
sachgemäss und sorgfältig behandelt werden (Art. 18 TVG, §§ 15, 16 der
Telephonordnung vom 17. Dezember 1923).
Durch das Aufstülpen des Halters des Beschwerdeführers auf die Hörmuschel wird
das Mikrotelephon weder beschädigt noch sonstwie verändert; die Verwaltung
kann also nicht wegen Beeinträchtigung ihres Eigentums einschreiten.
Sie könnte die Installation des Halters unmittelbar auf Grund des
Telephonregals und ihres Monopols für die Lieferung der Telephonapparate, ohne
Angabe weiterer Gründe, untersagen, wenn es sich um eine Einrichtung oder
Anlage im Sinne des Art. 1 TVG handelte. Ob dies der Fall sei, ist
zweifelhaft, braucht jedoch nicht näher geprüft zu werden, da das beanstandete
Verbot ohnehin auf Art. 20 Abs. 2 TVG gestützt werden kann.
4. ­ Nach dieser Bestimmung darf der Teilnehmer ohne Zustimmung der PTT keine
andern Leitungen oder Apparate mit denen der Verwaltung verbinden. Der
Beschwerdeführer bestreitet die Bewilligungspflicht für seinen Halter, weil
dieser kein a Apparat,, und sein Aufstülpen auf die Hörmuschel kein «Verbinden
N in diesem Sinne sei. Art. 20 Abs. 2 TVG verwendet jedoch diese Worte nicht
in einem besonderen Sinne, der eine solche Abgrenzung gestatten würde.
Namentlich beschränkt die Vorschrift

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den Begriff «Apparate» nicht auf eigentliche Sprech- und Hörapparate, noch
lässt sich aus ihr entnehmen, dass das «Verbinden» eine Veränderung der
Apparate der Verwaltung zur Folge haben müsse, wie der Beschwerdeführer
behauptet. Man kann sich freilich fragen, ob mit den Apparaten nur solche
gemeint seien, die selbst der elektrischen Lautübertragung dienen; die Wendung
«Leitungen und Apparate» scheint darauf hinzudeuten, und der Randtitel
«Zusatzeinrichtungen» spricht nicht dagegen, zumal unter solchen vor allem
Zweigstationen und -leitungen verstanden sind (§ § 24 ff. der Telephonordnung
vom 17. Dezember 1923). Allein die Antwort muss aus dem Zweck der Bestimmung
hergeleitet werden. Diese will verhindern, dass der Telephonverkehr, für den
die Verwaltung die Einrichtung, wenigstens zum grössten Teil, zur Verfügung
stellt und die Verantwortung trägt, durch vom Abonnenten angebrachte
zusätzliche Einrichtungen beeinträchtigt wird. Dabei braucht es sich nicht um
Vorrichtungen zu handeln, die selbst der elektrischen Lautübertragung dienen;
auch andere Apparate, die irgendwie, sei es auch nur mechanisch, mit
denjenigen der Verwaltung verbunden werden, können deren Benützung und damit
das reibungslose Funktionieren des Telephonverkehrs erschweren. Die Worte
«Apparat» und «verbinden» in Art. 20 Abs. 2 TVG sind daher weit auszulegen:
Die Zustimmung der Verwaltung ist erforderlich für irgendwelche Apparate, die
irgendwie mit den ihrigen verbunden werden.
Dass in diesem Sinne der Halter des Beschwerdeführers einen Apparat und sein
Aufstülpen auf die Hörmuschel, an der er durch Federwirkung festgehalten wird,
ein Verbinden darstellt, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Die PTT
hat deshalb mit Recht das Anbringen des Halters als bewilligungspflichtig
erklärt.
5. ­ (Erörterung der Gründe, aus denen die Bewilligung versagt wurde.)
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 I 337
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 10. Oktober 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 I 337
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Der Telephonteilnehmer darf ohne Zustimmung der Telegraphenverwaltung mit ihren Leitungen oder...


BGE Register
73-I-337
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