BGE 73 I 154
19. Urteil vom 30. Mai 1947 i. S. Korn- und Lagerhausgesellschaft Schaffhausen
gegen eidg. Steuerverwaltung.
Regeste:
Warenumsatzsteuer:
1. Eine Lieferung (Art. 15 WUStB) liegt beim Kommissionsgeschäft nicht nur
zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär, sondern auch zwischen diesem
und dem Dritten vor.
2. Entgelt (Art. 22 WUStB) ist bei Lieferung durch den Verkaufskommissionär
nicht die Provision, sondern der volle Preis, den der Käufer zahlt.
Impôt sur le chiffre d'affaires:
1. En matière de commission, il y a livraison dans le ses de l'art. 15 ACA non
seulement entre le commettant et le commissionnaire, mais aussi entre ce
dernier et le tiers.
2. En cas de livraison par le commissionnaire-vendeur, on doit entendre par
contre-prestation dans le sens de l'art. 22, non pas la provision, mais la
totalité du prix payé par l'acheteur.
Imposta sulla cifra d'affari:
1. In materia di commissione, esiste fornitura ai sensi dell'art. 16 DCA non
soltanto tra il committente e il commissionario, ma anche tra il
commissionario e il terzo.
2. In caso di fornitura da parte del commissionario-venditore, non si deve
considerare quale controprestazione ai sensi dell'art. 22 la provvigione, ma
il prezzo totale pagato dal compratore.
A. Die Korn- und Lagerhausgesellschaft Schaffhausen «nimmt gebrauchte
Gegenstände aller Art zum Zwecke des Verkaufs gegen Barzahlung in eigenem
Namen, aber auf Rechnung des Auftraggebers, entgegen», (§ 1 des diesen
Geschäftszweig betreffenden Reglementes vom 9. März 1936). Sie war bis Ende
1945 als Grossist im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses registriert. Am
21. März
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1946 entschied die eidgenössische Steuerverwaltung, dass die Gesellschaft für
die von ihr in den Steuerperioden vom 1. Oktober 1941 bis 30. September 1945
ausgeführten Kommissionslieferungen die Warenumsatzsteuer nachzuzahlen habe.
Die Gesellschaft erhob gegen den Entscheid Einsprache, Sie berief sich auf
Art. 15 Abs. 4 WUStB, wonach der Verkaufskommissionär steuerrechtlich als
Lieferer nicht in Betracht komme. Die nachträgliche Besteuerung belaste sie
ungebührlich, da sie die Steuerbeträge heute nicht mehr überwälzen könne.
Eventuell könnte die Steuer nur auf den bezogenen Provisionen berechnet
werden.
B. Mit Entscheid vom 16. Januar 1947 hat die Steuerverwaltung die Einsprache
abgewiesen. Der Begründung ist zu entnehmen:
Der Verkaufskommissionär setze den Käufer instand, im eigenen Namen über den
Kaufgegenstand zu verfügen. Dieser Vorgang sei somit eine Lieferung im Sinne
des Warenumsatzsteuerbeschlusses (Art. 13 Abs. 1 lit. a, 15 Abs. 1). Aus Art.
15 Abs. 4 WUStB könne die Einsprecherin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die
Bestimmung stelle lediglich klar, dass auch da, wo der Abnehmer zwar wohl im
eigenen Namen, aber nur für Rechnung eines andern (des Kommittenten) über eine
Ware verfügen könne, eine Lieferung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 vorhanden sei.
Sie sage deutlich, dass beim Kommissionsgeschäft «eine» nicht «die»
Lieferung a zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär» vorliege. Nur auf
das Verhältnis dieser beiden beziehe sie sich. Bei der Verkaufskommission
werde die Befugnis zur Verfügung über die Ware vom Kommittenten auf den
Kommissionär und von diesem auf den Käufer übertragen. Entsprechend verhalte
es sich bei der Einkaufskommission. Der Kommissionshandel wickle sich also,
zivil- wie steuerrechtlich, in zwei Lieferungen ab. Demnach habe die
Einsprecherin als Verkaufskommissionär die in Frage stehenden Lieferungen an
Dritte versteuern müssen, solange sie im
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Grossistenregister eingetragen gewesen sei (Art. 8 Abs. 1 lit.- a WUStB).
Die Steuer sei richtig auf dem - der Höhe nach nicht bestrittenen -
Gesamtumsatz berechnet worden, den die Einsprecherin vom 1. Oktober 1941 bis
30. September 1946 aus Kommissionsverkäufen erzielt habe. Denn Entgelt (Art.
20 Abs. 1 lit. a, 22 WUStB) sei alles, was der Abnehmer aufwenden müsse, um
vom Lieferanten die Befugnis zur Verfügung über die Ware zu erhalten, hier
also der volle Kaufpreis. Die Provision sei nur die Vergütung, welche der
Kommissionär für seine Tätigkeit vom Kommittenten beziehe, nicht aber das
Entgelt für die von ihm ausgeführte Warenlieferung, welches ihm der dritte
Käufer schulde.
Die Überwälzung der Steuer bleibe nach Art. 29 WUStB der privatrechtlichen
Vereinbarung vorbehalten. Ob sie möglich sei oder nicht, berühre den Bestand
der Steuerschuld nicht. Übrigens habe die Einsprecherin es sich selbst
zuzuschreiben, wenn sie nun die ganze Steuerlast selbst zu tragen habe; denn
die Wegleitung der eidgenössischen Steuerverwaltung, welche sie im Herbst 1941
erhalten habe, habe über die Stellung des Kommissionärs Aufschluss erteilt.
C. Gegen diesen Entscheid hat die Gesellschaft Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erhoben. Sie hält an ihrem Standpunkt fest. Beim Kommissionsgeschäft werde
wirtschaftlich bloss einmal verkauft. Es sei daher richtig, dass auch das
Umsatzsteuerrecht nur eine Lieferung beachte. Nach Art. 15 Abs. 4 WUStB sei
dies diejenige zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär. Träfe die
Auffassung der Steuerverwaltung zu, so wäre die Bestimmung nicht notwendig.
Dass Art. 15 Abs. 4 nicht von «der», sondern von «einer» Lieferung spreche,
sei nicht entscheidend. Der dort gebrauchte Ausdruck «Kommissionsgeschäft»
beziehe sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem
Kommissionär, sondern auch auf das Ausführungsgeschäft. Weil sich das
Kommissionsgeschäft zivilrechtlich verschieden abwickeln
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könne, sei es notwendig, dass das Steuergesetz verbindlich erkläre, welchen
Vorgang es als Lieferung betrachte. Wenn man schon auch steuerrechtlich zwei
Lieferungen annehmen wolle, so sei bei jedem Steuerpflichtigen auf das ihm
wirtschaftlich aus der Lieferung zukommende Ergebnis abzustellen. Das sei für
die Beschwerdeführerin die Provision.
D. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung der
Beschwerde. Sie führt aus, bei der Kommission werde zweimal im Sinne von Art.
15 Abs. 1 WUStB die Verfügung über die Ware verschafft, lägen also zwei
Lieferungen vor, einmal zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär und
sodann zwischen diesem und dem Dritten. Das sei in der besondern
Rechtsstellung des Kommissionärs begründet, der in eigenem Namen, wie ein
Eigenhändler, wenn auch auf Rechnung eines andern, Waren einkaufe oder
verkaufe. Art. 15 Abs. 4 WUStB habe weder nach seinem Wortlaut noch nach
seiner systematischen Stellung den von der Beschwerdeführerin behaupteten
Sinn. Wenn der Gesetzgeber bei der Kommission eine der beiden Lieferungen
hätte von der Steuer ausnehmen wollen, hätte er es ausdrücklich erklären
müssen. Er hätte es nicht in Art. 15 getan, sondern in Art. 14, wo er die
Ausnahmen von der objektiven Steuerpflicht abschliessend aufgezählt habe.
Übrigens bestände kein Anlass, bei der Kommission nur eine Lieferung zu
besteuern. Tatsächlich lägen auch wirtschaftlich zwei Umsätze vor, da der
Kommissionär im Verkehr wie ein Eigenhändler auftrete. Würde der Ansicht der
Beschwerdeführerin gefolgt, so wäre überhaupt jeder Zwischenhandel als
wirtschaftlich belanglos anzusehen. Die Bedeutung des Abs. 4 in Art. 15 liege
in anderer Richtung. Einmal bezwecke er die im angefochtenen Entscheide
erwähnte Abklärung. Weiter habe er zur Folge, dass zwischen dem Kommittenten
und dem Kommissionär immer eine Lieferung anzunehmen sei, auch dann, wenn es
dem Dritten gleichgültig sei, mit wem er den Vertrag schliesse, wenn also die
Wirkungen der direkten Stellvertretung einträten
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(Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
|
1 | Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
2 | Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse. |
3 | Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen. |
Regelung des Zivilrechtes bei der steuerrechtlichen Beurteilung ergeben
könnten, umgangen und die einfache Handhabung des Umsatzsteuerrechts
gewährleistet. Diese Auffassung werde durch die Geschichte der Entstehung des
streitigen Absatzes bestätigt. Er sei aus den Durchführungsbestimmungen vom
23. Dezember 1938 zum deutschen Umsatzsteuergesetz vom 16. Oktober 1934
übernommen, deren § 3 laute: «Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des
Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine
Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der
Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.» Weil sich wie im
schweizerischen Recht diese Rechtslage bereits aus der Umschreibung des
Begriffs der Lieferung als der Verschaffung der Fähigkeit, «im eigenen Namen
über einen Gegenstand zu verfügen», ergebe (§ 3 des deutschen Gesetzes, § 2
der Durchführungsbestimmungen), wäre jene Bestimmung an sich überflüssig. Sie
diene aber der Klarstellung, da im deutschen Umsatzsteuerrecht früher
umstritten gewesen sei, ob auch bei der Verkaufskommission zwischen dem
Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vorliege.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Art. 13 Abs. 1 lit. a WUStB unterwirft der Warenumsatzsteuer die
Warenlieferung im Inland durch Grossisten. Eine Lieferung liegt nach Art. 15
Abs. 1 vor, wenn der Abnehmer (oder an dessen Stelle ein Dritter) instand
gesetzt wird, im eigenen Namen über eine Ware zu verfügen. Abs. 4 desselben
Artikels bestimmt: «Beim Kommissionsgeschäft (Art. 425
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 425 - 1 Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt. |
|
1 | Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt. |
2 | Für das Kommissionsverhältnis kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas anderes enthalten. |
Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der
Verkaufskommission gilt der Kommittent, bei der Einkaufskommission der
Kommissionär als Lieferer.»,
Die Beschwerdeführerin schliesst aus diesem Absatz, beim Kommissionsgeschäft
gehe nur zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung im
Sinne
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des Warenumsatzsteuerbeschlusses vor sich, nicht aber zwischen dem
Kommissionär und dem Dritten, dem er das Kommissionsgut verkauft oder von dem
er es kauft. Nach der Auffassung der eidgenössischen Steuerverwaltung dagegen
liegt auch zwischen diesen beiden eine solche Lieferung vor. Der Wortlaut des
Absatzes liesse wohl die eine wie die andere Ansicht zu. Für diejenige der
Beschwerdeführerin konnte angeführt werden, dass vom «Kommissionsgeschäft»,
schlechthin die Rede ist, an dem auch der Dritte beteiligt ist. Anderseits
spricht der Absatz ausdrücklich nur vom Verhältnis «zwischen dem Kommittenten
und dem Kommissionär» und sagt, dass unter ihnen «eine» Lieferung vorliegt
(entsprechend der französische Text: «... il y a livraison ...»), woraus man
folgern könnte, dass er die Annahme einer Lieferung im steuerrechtlichen Sinne
zwischen dem Kommissionär und dem Dritten nicht ausschliesse. Demgegenüber
könnte die Beschwerdeführerin sich wiederum auf den italienischen Text
berufen, wo es heisst: «... vi è la fornitura fra il committente e il
commissionario».
Art. 15 Abs. 4 WUStB kann indessen nur im Zusammenhang mit Abs. 1 daselbst
richtig verstanden werden. Nach dieser Bestimmung liegt zwischen dem
Kommissionär und dem Dritten ebenfalls eine Lieferung vor. Kommissionär ist
nach der Definition des Art. 425
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 425 - 1 Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt. |
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1 | Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt. |
2 | Für das Kommissionsverhältnis kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas anderes enthalten. |
andern (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen
(oder Wertpapieren) zu besorgen übernimmt. Er ist also in der Lage, im Sinne
von Art. 15 Abs. 1 WUStB «im eigenen Namen über die Ware zu verfügen». Dazu
«instand gesetzt» wird er bei der Einkaufskommission durch den Dritten, bei
der Verkaufskommission durch den Kommittenten. Er setzt dann seinerseits einen
andern instand, über die Ware im eigenen Namen zu verfügen, nämlich bei der
Einkaufskommission den Kommittenten, bei der Verkaufskommission den Dritten.
Man hat es also bei beiden Arten der Kommission mit zwei Lieferungen nach Art.
15 Abs. 1 zu tun. Das Bundesgericht hat dies für die
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Einkaufskommission bereits in einem Urteil vom 18. Mai 1945 (veröffentlicht im
Archiv für schweiz. Abgaberecht, Bd. 14, S. 211 ff.) festgestellt, wobei es
den Fall vorbehalten hat, wo es dem Dritten gleichgültig war, mit wem er den
Vertrag schliesse (direkte Stellvertretung nach Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
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1 | Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
2 | Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse. |
3 | Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen. |
Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, Abs. 4 des Art. 15 WUStB
schränke Abs. 1 ein, indem er nur die Lieferung zwischen dem Kommittenten und
dem Kommissionär der Steuer unterwerfe. Hätte der Gesetzgeber das sagen
wollen, so hätte er es aber angesichts der allgemeinen Tragweite der
Begriffsbestimmung des Abs. 1 ausdrücklich tun müssen. Das ist jedoch nicht
geschehen. Namentlich lässt sich dem Abs. 4 keine solche Ausnahmebestimmung
entnehmen. Es bestände auch kein zureichender Grund zu der Einschränkung. Der
Kommissionär beteiligt sich am Waren- und Wertpapierhandel selbständig, wie
ein Eigenhändler; er betreibt eine Art Zwischenhandel. Es würde sich sachlich
nicht rechtfertigen, im Umsatzsteuerrecht einen Unterschied zwischen der
Kommission und andern Formen des Zwischenhandels zu machen.
Die Beschwerdeführerin meint, Art. 15 Abs. 4 WUStB wäre überflüssig, wenn
wirklich beim Kommissionsgeschäft steuerrechtlich zwei Lieferungen anzunehmen
wären. Zu Unrecht. Die Bestimmung behebt die Zweifel, die sich für die
Behandlung der Kommission im Umsatzsteuerrecht daraus ergeben könnten, dass
der Kommissionär lediglich für Rechnung eines andern, des Kommittenten, über
das Kommissionsgut verfügen kann. Die von der eidgenössischen Steuerverwaltung
dargelegte Entstehungsgeschichte bestätigt die Richtigkeit dieser Auslegung.
Insbesondere zeigt auch sie, dass die deutsche und französische Fassung des
Abs. 4 des Art. 15 WUStB massgebend sind, nicht die italienische, welche die
Wendung «eine Lieferung» im deutschen Vorbild der Bestimmung unzutreffend mit
«la fornitura» wiedergibt.
Da die Beschwerdeführerin als Verkaufskommissionär
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in eigenem Namen Waren liefert und bis Ende 1945 als Grossist registriert war,
hatte sie für diese Lieferungen die Umsatzsteuer zu entrichten, berechnet von
der Summe der in den Steuerperioden vom 1. Oktober 1941 bis 30. September
1945, um die es sich handelt, vereinnahmten Entgelte (Art. 20 Abs. 1 lit. a
WUStB). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass gewisse
Kommissionsgeschäfte der Beschwerdeführerin unter Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
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1 | Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
2 | Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse. |
3 | Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen. |
dass nicht zu prüfen ist, wie solche Fälle im Umsatzsteuerrecht zu behandeln
wären.
2. Zum Entgelt gehört nach Art. 22 Abs. 1 WUStB «alles, was der Lieferer
oder an seiner Stelle ein Dritter als Gegenleistung für die Ware erhält»,
unter Vorbehalt des Abzuges gewisser Nebenleistungen unter den in Abs. 2
umschriebenen Voraussetzungen. Bei Lieferung durch den Verkaufskommissionär
ist Entgelt der volle Preis, den der Käufer zahlt. Die Kommissionsgebühr
(Provision) ist als solche nicht eine Gegenleistung für die Ware, sondern die
Vergütung, die der Kommittent dem Kommissionär für die Besorgung des
Verkaufsauftrages schuldet. Sie mag unter Umständen in jenem Preise
einkalkuliert sein. In keinem Falle kann aber die vom Kommissionär zu
entrichtende Steuer bloss vom Betrage der Provision berechnet werden. Hier war
es daher richtig, die Steuer nach dem Gesamtumsatze zu bemessen, den die
Beschwerdeführerin in den in Frage stehenden Steuerperioden aus
Kommissionsverkäufen erzielt hatte und dessen Höhe sie nicht bestreitet. So
ergab sich der geforderte Steuerbetrag.
3. Daraus, dass sie die Steuer nicht auf die Abnehmer überwälzt hat, kann
die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es kann auf die
zutreffenden Ausführungen der eidgenössischen Steuerverwaltung hierüber
verwiesen werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.