BGE 72 IV 32
11. Urteil des Kassationshofes vom 22. März 1946 i.S. Staatsanwaltschaft des
Kantons Aargau gegen Brugger.
Regeste:
Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...432 |
3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
Das Prozessgesetz bestimmt, welche Formvorschriften bei der Abhörung der
Partei zu beachten sind, damit eine gültige Beweisaussage vorliegt.
Art. 306 CP; fausse déclaration d'une partie en justice.
La loi de procédure fixe les formalités qu'il y a lieu d'observer dans
l'interrogatoire de la partie pour que sa déclaration puisse être considérée
comme un moyen de preuve valable.
Art. 306 CP; dichiarazione falsa d'una parte in giudizio.
La legge di procedura stabilisce le formalità che debbono essere osservate
nell'interrogatorio della parte affinchè la sua dichiarazione possa essere
considerata come un valido mezzo di prova.
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A. Im Vaterschaftsprozess der Paula Joho gegen Gottlieb Brugger bestritt der
Beklagte den von der Klägerin behaupteten Geschlechtsverkehr. Das
Bezirksgericht Brugg verfügte die Parteibefragung, ermahnte die Parteien zur
Wahrheit und wies sie auf die Strafbarkeit falscher Aussagen hin. Der Beklagte
verneinte auf Befragung: a) dass er mit der Klägerin Geschlechtsverkehr gehabt
habe, insbesondere bei den von ihr behaupteten Gelegenheiten, b) dass er am
27. Februar 1943 mit ihr in der «Blechhütte» gewesen und dass es damals zu
«Schmusereien» gekommen sei und dass es vor oder nach diesem Tage zu
Begegnungen und «Schmusereien» zwischen beiden gekommen sei. Über die erste
Frage ordnet das Bezirksgericht nach nochmaliger Ermahnung des Beklagten zur
Wahrheit mit Hinweis auf die Folgen falscher Aussage die formelle
Parteibefragung an, bei welcher der Beklagte die bestimmt formulierte Frage
neuerdings verneinte. In einer spätern Verhandlung des Bezirksgerichts blieb
der Beklagte bei erneuter Parteibefragung bei seinen Aussagen.
B. Das Bezirksgericht verfügte angesichts der sich widersprechenden
Parteiaussagen die Übermittlung der Akten an die Staatsanwaltschaft zur
Einleitung einer Strafuntersuchung. Nach Durchführung derselben überwies die
Staatsanwaltschaft Brugger dem Bezirksgericht wegen falscher Parteiaussage
gemäss Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
Geschlechtsverkehrs zwischen den Parteien des Vaterschaftsprozesses, mithin
der falschen Aussage im Hauptpunkte a) nicht als erbracht, erklärte den
Angeklagten aber der falschen Aussage in einzelnen der Nebenpunkte b) schuldig
und verurteilte ihn zu 81 Tagen Gefängnis, getilgt durch die
Untersuchungshaft.
Das Obergericht wies die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil
ab, hiess dagegen die Beschwerde des Angeklagten gut und sprach diesen von der
Anschuldigung der falschen Beweisaussage gänzlich frei.
Es geht davon aus, dass von Bundesrechts wegen
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(Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...432 |
3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
die Ermahnung zur Wahrheit und der Hinweis auf die Straffolgen der falschen
Beweisaussage sei, dass im übrigen aber die kantonale Gesetzgebung und
Rechtsprechung bestimme, welche weitern prozessrechtlichen Bedingungen erfüllt
sein müssen, damit überhaupt eine gültige und infolgedessen strafbare falsche
Beweisaussage vorliege. Das Obergericht verweist auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum entsprechenden Falle des Art. 307
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.435 |
Zeugnis. Gemäss §§ 223 und 227 aarg. ZPO und der Gerichtspraxis liege eine
gültige Beweisaussage nur vor, wenn ausser der Ermahnung zur Wahrheit und dem
Hinweis auf die Straffolgen noch folgende Formalitäten erfüllt seien: 1. die
Partei über alle in § 227 lit. a-c ZPO genannten Antwortverweigerungsgründe
belehrt worden sei; 2. die der Partei zu stellenden Fragen durch
Gerichtsbeschluss artikelweise gefasst, ins Protokoll eingetragen und durch
den Vorsitzenden der Partei vorgelegt worden seien, die sie mit «ja» oder
«nein» zu beantworten hatte. Die Unterlassung dieser Belehrung mache die
Beweisaussage dann ungültig, wenn tatsächlich Gründe zur Verweigerung der
Aussage bestanden haben. 3. Diese Fragen mit den Antworten der Parteien zwecks
Bestätigung vorgelesen worden seien. Zum Hauptpunkte a), in welchem der
Beklagte der formellen Parteibefragung unterstellt worden sei, fehle es an der
Belehrung über das Recht zur Verweigerung der Antwort, das ihm zugestanden
habe. Die Parteiaussage sei aus diesem Grunde ungültig. Übrigens sei in diesem
Punkte ihre Falschheit nicht bewiesen. Zu den Nebenpunkten b) sei das
Verfahren der formellen Parteibefragung nicht befolgt worden. Weder seien
formulierte Fragen gestellt worden, noch seien sie artikelweise gefasst ins
Protokoll eingetragen und dem Beklagten vom Vorsitzenden zur Beantwortung mit
«ja» oder «nein» vorgelegt, noch die Fragen und Antworten aus dem Protokoll
zur Bestätigung vorgelesen worden. Die Parteiaussage sei aus
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diesem Grunde ungültig, und der Angeklagte müsse freigesprochen werden,
obschon er in diesen Punkten der Unwahrheit überführt sei.
C. Die Staatsanwaltschaft greift dieses Urteil, soweit es den Angeklagten
von der falschen Beweisaussage zu den Nebenpunkten b) freispricht, mit
Nichtigkeitsbeschwerde an und beantragt, es sei aufzuheben und die Sache zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Sie macht geltend, Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
Strafbarkeit der falschen Beweisaussage einer Partei. Zur Abgrenzung gegenüber
formlos vorgebrachten Parteibehauptungen, die nicht Gegenstand eines
Strafverfahrens bilden sollen, sei das Erfordernis der Ermahnung zur Wahrheit
und des Hinweises auf die Straffolgen aufgenommen worden. Damit sei den
Kantonen die Befugnis entzogen, ihrerseits noch weitere Bestimmungen
aufzustellen. Der aargauische Prozess kenne nicht bloss die sogenannte
«formelle Parteibefragung» mit artikelweise gefassten Fragen, sondern die
Parteien erhielten regelmässig Gelegenheit, den Tatbestand in
zusammenhängender freier Rede darzustellen. Auch dieser Teil der
Parteiaussagen sei Beweismittel, sie beziehen sich ja auch nur auf die im
Beweisbeschluss unter Beweis gestellten Behauptungen. Deshalb verlange ein
Kreisschreiben des Obergerichts auch, dass die Parteien zur Wahrheit ermahnt
und über das Recht der Antwortverweigerung belehrt werden. Dass auch auf die
Straffolgen hingewiesen werden müsse, stehe dort zwar nicht, es geschehe aber
sehr oft. Wenn es geschehe, so seien die Voraussetzungen der Strafbarkeit nach
Art. 306 alle erfüllt. Wollte man hingegen davon ausgehen, dass den Kantonen
anheimgestellt sei, weitere Formvorschriften aufzustellen, deren
Nichtbeachtung die Ungültigkeit einer Beweisaussage zur Folge hätte, so müsste
auch vom zutreffenden bundesrechtlichen Begriff der ungültigen Beweisaussage
ausgegangen werden. Entsprechend den Ausführungen des
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Kassationshofes in BGE 71 IV 43 müsste dann gesagt werden, dass eine ungültige
und damit überhaupt keine Beweisaussage im Sinne von Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
vorliege, wenn der Richter sie bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen
dürfe. Dazu gehöre, dass das Urteil einer untern Instanz, welche
vorschriftswidrig auf ungültige Aussagen abstelle, auf dem Rechtsmittelwege
bei einer obern kantonalen Instanz angefochten werden könne. Das sei im Kanton
Aargau nicht der Fall.
D. Brugger beantragt Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Die Einvernahme der Partei im Zivilprozessverfahren hat verschiedene
Funktionen. Entweder ist sie Mittel zur Instruktion, zur Verdeutlichung,
Ergänzung oder Vereinfachung des Prozessstoffes, oder sie ist Beweismittel, d.
i. Zeugnis der Partei in eigener Sache. Auch in der ersteren Funktion kann sie
indirekt dem Beweise dienen, indem der Eindruck, den sie gemacht hat, bei der
richterlichen Würdigung der Beweise nachklingt. Zum Beweismittel wird sie
deswegen nicht. Nur von der Aussage der Partei als Beweismittel handelt Art.
306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
Systemen: als Parteiverhör ohne kriminelle Sanktion für falsche Aussage und
als Parteiverhör mit solcher Sanktion. Das erste System stellt mehr auf den
Eindruck ab, den der forschende Richter von der möglichst unbefangenen, nicht
durch Strafdrohung gehemmten Aussage erhalten kann, das andere auf den Zwang
zur Wahrheit, der vermöge der Strafdrohung bei der Partei vorliegen mag.
Häufig finden sie sich in der Weise vereinigt, dass dem Parteiverhör ohne
Strafsanktion jenes mit Strafsanktion folgen kann (vgl. öster. CPO §§ 396 und
397, bern. ZPO Art. 273-278 und 279, VE BZPr Art. 62
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 62 - 1 Der Täter wird aus dem stationären Vollzug der Massnahme bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. |
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1 | Der Täter wird aus dem stationären Vollzug der Massnahme bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. |
2 | Bei der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach Artikel 59 beträgt die Probezeit ein bis fünf Jahre, bei der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach den Artikeln 60 und 61 ein bis drei Jahre. |
3 | Der bedingt Entlassene kann verpflichtet werden, sich während der Probezeit ambulant behandeln zu lassen. Die Vollzugsbehörde kann für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. |
4 | Erscheint bei Ablauf der Probezeit eine Fortführung der ambulanten Behandlung, der Bewährungshilfe oder der Weisungen notwendig, um der Gefahr weiterer mit dem Zustand des bedingt Entlassenen in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Probezeit wie folgt verlängern: |
a | bei der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach Artikel 59 jeweils um ein bis fünf Jahre; |
b | bei der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach den Artikeln 60 und 61 um ein bis drei Jahre. |
5 | Die Probezeit nach der bedingten Entlassung aus einer Massnahme nach den Artikeln 60 und 61 darf insgesamt höchstens sechs Jahre dauern. |
6 | Hat der Täter eine Straftat im Sinne von Artikel 64 Absatz 1 begangen, so kann die Probezeit so oft verlängert werden, als dies notwendig erscheint, um weitere Straftaten dieser Art zu verhindern. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 64 - 1 Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59 |
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1 | Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59 |
a | auf Grund der Persönlichkeitsmerkmale des Täters, der Tatumstände und seiner gesamten Lebensumstände ernsthaft zu erwarten ist, dass er weitere Taten dieser Art begeht; oder |
b | auf Grund einer anhaltenden oder langdauernden psychischen Störung von erheblicher Schwere, mit der die Tat in Zusammenhang stand, ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten dieser Art begeht und die Anordnung einer Massnahme nach Artikel 59 keinen Erfolg verspricht. |
1bis | Das Gericht ordnet die lebenslängliche Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, einen Raub, eine Vergewaltigung, eine sexuelle Nötigung, eine Freiheitsberaubung oder Entführung, eine Geiselnahme, ein Verschwindenlassen, Menschenhandel, Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen (Zwölfter Titelter) begangen hat und wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:60 |
a | Der Täter hat mit dem Verbrechen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person besonders schwer beeinträchtigt oder beeinträchtigen wollen. |
b | Beim Täter besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass er erneut eines dieser Verbrechen begeht. |
c | Der Täter wird als dauerhaft nicht therapierbar eingestuft, weil die Behandlung langfristig keinen Erfolg verspricht.61 |
2 | Der Vollzug der Freiheitsstrafe geht der Verwahrung voraus. Die Bestimmungen über die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe (Art. 86-88) sind nicht anwendbar.62 |
3 | Ist schon während des Vollzugs der Freiheitsstrafe zu erwarten, dass der Täter sich in Freiheit bewährt, so verfügt das Gericht die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe frühestens auf den Zeitpunkt hin, an welchem der Täter zwei Drittel der Freiheitsstrafe oder 15 Jahre der lebenslänglichen Freiheitsstrafe verbüsst hat. Zuständig ist das Gericht, das die Verwahrung angeordnet hat. Im Übrigen ist Artikel 64a anwendbar.63 |
4 | Die Verwahrung wird in einer Massnahmevollzugseinrichtung oder in einer Strafanstalt nach Artikel 76 Absatz 2 vollzogen. Die öffentliche Sicherheit ist zu gewährleisten. Der Täter wird psychiatrisch betreut, wenn dies notwendig ist. |
Der Entwurf des Bundesrates zum StGB stellte noch
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jede falsche Beweisaussage unter Strafe (Art. 270
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 270 - Wer ein von einer Behörde angebrachtes schweizerisches Hoheitszeichen, insbesondere das Wappen oder die Fahne der Eidgenossenschaft oder eines Kantons, böswillig wegnimmt, beschädigt oder beleidigende Handlungen daran verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
Prozessgesetzen, welche die Beweisaussage ohne kriminelle Sanktion vorsahen,
nicht Rechnung trug. Das StGB vermeidet diesen Übergriff und lässt dem
Prozessgesetzgeber freie Hand, die falsche Beweisaussage der Partei mit oder
ohne kriminelle Strafsanktion auszustatten, indem es für die Strafbarkeit die
Bedingung aufstellt, dass die Partei vor der Aussage zur Wahrheit ermahnt und
auf die Straffolgen der falschen Aussage hingewiesen werden müsse. Die
Aufnahme dieser Bedingung erfolgte zugleich im Bestreben, der Partei die
Rechtswidrigkeit der falschen Aussage deutlich zum Bewusstsein zu bringen.
Insofern gehörte sie zur Regelung des Straftatbestandes. Sich der
Beweisaussage im übrigen zu bemächtigen, war dagegen nicht Sache des
Strafgesetzgebers. Für ihn hat Beweisaussage zu sein, was das Prozessgesetz
als solche ordnet. Dieses bestimmt also, welche Formvorschriften bei der
Abhörung der Partei zu beachten sind, damit eine gültige Beweisaussage
vorliegt, wie es dies im entsprechenden Falle für das Zeugnis als
Voraussetzung der Anwendbarkeit des Art. 307
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...434 |
3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.435 |
43 f.).
Die gegenteilige Auffassung der Staatsanwaltschaft, dass jede zum Beweise
gemachte Aussage einer Partei unter der einzigen Bedingung, dass die Partei
zur Wahrheit ermahnt und auf die Straffolgen falscher Aussage hingewiesen
worden sei, unter Art. 306
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 306 - 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...432 |
3 | Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.433 |
Beweisaussage unterstellen, die dem Prozessgesetz zuwider durchgeführt worden
ist, sei es, dass es die Beweisaussage der Partei gar nicht kennt, sei es,
dass es sie mit ganz bestimmten Formen umgibt, die unbeachtet geblieben sind.
Ein solch tiefer Eingriff ins Prozessrecht kann vom Strafgesetzgeber nicht
gewollt sein, war doch seine Aufgabe nur, die prozessuale Einrichtung der
Beweisaussage an Stelle des bisherigen Prozess- oder Strafgesetzgebers durch
Strafsanktion wirksam zu gestalten. Auf das Votum Roth bei der
Gesetzesberatung
Seite: 38
im Nationalrat (Verhandlungen des NR S. 497) kann der Staatsanwalt seine
Auffassung nicht stützen. Denn wenn der Votant ausführte, dass Art. 270 (heute
306) sowohl für die gewöhnliche richterliche Befragung der Partei als auch für
die feierliche förmliche Beweisaussage der Partei gelten werde, so darf
vermutet werden, dass er an eine nach dem massgeblichen Prozessgesetz gültige
Parteiaussage dachte.
2. Im vorliegenden Falle erklärt nun die Vorinstanz, dass die
Parteibefragung zu den Nebenpunkten nicht in der vom aargauischen
Prozessgesetz vorgeschriebenen Form durchgeführt worden und infolgedessen
ungültig sei. Diese Auffassung verstösst nicht gegen Bundesrecht. Wenn der
Staatsanwalt zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf die
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum analogen Fall der falschen Zeugenaussage
verweist, wonach von Ungültigkeit des Zeugnisses nicht gesprochen werden
könne, wenn ein auf die fehlerhaft zustande gekommene Aussage gegründetes
Urteil der untern Instanz nicht deswegen bei einer obern kantonalen Instanz
angefochten werden kann (BGE 69 IV 223, 71 IV 45), so verkennt er, dass es im
Kanton Aargau zwar kein besonderes Rechtsmittel zur Anfechtung
vorschriftswidriger Zeugenaussagen oder Beweisaussagen der Partei gibt, dass
diese Anfechtung aber, wie das Obergericht einleuchtend dartut, im Rahmen der
ordentlichen Beschwerde zulässig ist. Ob und inwieweit sich die erwähnte
Rechtsprechung aufrecht halten und auf den Fall der falschen Beweisaussage der
Partei ausdehnen lässt, kann deshalb dahingestellt bleiben.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Vgl. auch Nr. 14 und 15. Voir aussi nos 14 et 15.