S. 17 / Nr. 7 Strafgesetzbuch (d)

BGE 72 IV 17

7. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Februar 1946 i.S. Meier
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus.

Regeste:
Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB. Objektiver und subjektiver Tatbestand der Unterlassung der
Buchführung.
Art. 166 CP. Conditions objectives et conditions subjectives de la violation
de l'obligation de tenir une comptabilité.

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Art. 166 CP. Condizioni oggettive e condizioni soggettive del reato
consistente nella violazione dell'obbligo di tenere una contabilità.

Das Obergericht des Kantons Glarus bestrafte Meier, der im Sommer 1941 mit
Geld des Kundert ein Geschäft eröffnet hatte und am 23. November 1942 in
Konkurs gekommen war, unter anderem wegen Unterlassung der Buchführung (Art.
166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB). Dieses Vergehen erblickte es darin, dass Meier vom 1. Januar 1942
an keine dem Umfange des Geschäftes auch nur einigermassen angepasste
Buchhaltung mehr gehabt habe. Er habe nur das Stunden- und Lohnbuch und ein
Kassabuch nachgeführt, ohne in letzterem jemals einen Saldo zu ziehen. Er sei
weder gegenüber Steffen, der bis Ende 1941 Buch geführt habe, noch gegenüber
Kundert, falls dieser wirklich darauf habe beharren wollen, dass die Bücher
durch Steffen weitergeführt würden, mit der nötigen Energie vorgegangen. Es
genüge nicht, dass er Kundert bloss einige Male mündlich mitgeteilt habe, die
Buchhaltung sei nicht mehr in Ordnung, ohne kategorisch Entschlüsse über die
Abänderung der im Vertrage zwischen ihm und Kundert enthaltenen Bestimmung,
wonach die Buchführung Steffen obliege, zu verlangen. Das habe zur Folge
gehabt, dass der Vermögensstand bei der Konkurseröffnung nicht buchmässig habe
festgestellt werden können.
Meier focht diese Verurteilung mit der Nichtigkeitsbeschwerde an.
Aus den Erwägungen:
Ein Schuldner, über den der Konkurs eröffnet worden ist, wird nach Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

StGB bestraft, wenn er die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur
ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur
Aufstellung einer Bilanz verletzt hat, so dass sein Vermögensstand nicht oder
nicht vollständig ersichtlich ist.
Objektiv ist der Tatbestand dieses Vergehens erfüllt. Nicht darauf kommt es
an, ob der Beschwerdeführer die

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Bücher so geführt hat, wie er es Kundert vertraglich versprochen hatte,
sondern darauf, ob er seine gesetzliche Pflicht zur ordnungsmässigen Führung
von Geschäftsbüchern verletzt hat. Dass er gesetzlich verpflichtet war,
ordnungsmässig Buch zu führen, ergibt sich aus Art. 957
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1    Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
2  juristische Personen.
2    Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr;
2  diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen;
3  Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB783 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
3    Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss.
OR. Dieser Pflicht kam
er ab l. Januar 1942 nicht mehr nach, da die beiden Bücher, welche von da an
seine einzigen Geschäftsbücher waren (Stunden- und Lohnbuch, Kassabuch), nicht
erlaubten, «die Vermögenslage des Geschäftes und die mit dem Geschäftsbetrieb
zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältnisse sowie die
Betriebsergebnisse der einzelnen Geschäftsjahre festzustellen» (Art. 957
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1    Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
2  juristische Personen.
2    Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr;
2  diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen;
3  Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB783 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
3    Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss.
OR).
Dagegen fehlen die subjektiven Voraussetzungen des Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
. Diese Bestimmung
bedroht nur die vorsätzliche Tat mit Strafe (Art. 18 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1    Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
2    War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft.
StGB). Zum Vorsatz
gehören aber nicht nur das Wissen und der Wille, die gesetzlich
vorgeschriebenen Bücher nicht oder mangelhaft zu führen, sondern der Täter
muss auch wissen und wollen, dass wegen seines Verhaltens sein Vermögensstand
nicht oder nicht vollständig ersehen werden kann. Wer, wenn auch bewusst und
gewollt, der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen,
nicht nachkommt, ohne den Vorsatz zu haben, dadurch seinen Vermögensstand zu
verschleiern, macht sich bloss der Übertretung des Art. 325
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 325 - Wer vorsätzlich oder fahrlässig der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher ordnungsmässig zu führen, nicht nachkommt,
StGB schuldig.
Wohl unterscheidet sich diese Bestimmung von Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB auch dadurch, dass
sie im Gegensatz zu der letzteren nicht die Eröffnung des Konkurses (in der
Betreibung auf Pfändung die Ausstellung eines Verlustscheins) voraussetzt.
Allein nicht die Eröffnung des Konkurses (bezw. die Ausstellung eines
Verlustscheins), die nach Art. 166 nicht Merkmal der Tat, sondern bloss
Strafbarkeitsbedingung ist, kann den Gesetzgeber veranlasst haben, für das
Vergehen des Art. 166 eine so bedeutend schwerere Strafe anzudrohen als für
die Übertretung des Art. 325; der Grand für die schwere Strafdrohung liegt
darin, dass der Täter, der sich gegen Art. 166 vergeht,

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bewusst und gewollt seinen Vermögensstand verschleiert. Das ist trotz des
missverständlichen Wortlautes des Gesetzes («so dass sein Vermögensstand nicht
oder nicht vollständig ersichtlich ist») objektives und subjektives
Tatbestandsmerkmal, nicht blosse Strafbarkeitsbedingung. Der Beschwerdeführer
hat es subjektiv nicht erfüllt. Die Vorinstanz stellt nicht fest, dass es ihm
darum zu tun gewesen sei, seinen Vermögensstand nicht oder nicht vollständig
ersehen zu lassen. Aus der Tatsache allein, dass er sich seiner Unterlassung
bewusst war, kann auf diesen Willen nicht geschlossen werden. Die Erwägungen
des angefochtenen Urteils lassen schliessen, dass es dem Beschwerdeführer
lediglich an der nötigen Energie gefehlt hat, sich gegenüber Kundert
durchzusetzen, damit, nachdem Steffen die Bücher nicht mehr führte, ein
anderer Sachkundiger mit dieser Aufgabe betraut werde.
Das Obergericht hat den Beschwerdeführer daher vom Vergehen des Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889223 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

freizusprechen.
Die Bestrafung nach Art. 325
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 325 - Wer vorsätzlich oder fahrlässig der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher ordnungsmässig zu führen, nicht nachkommt,
StGB ist nicht mehr zulässig, da die Verfolgung
dieser Übertretung mit Ablauf eines Jahres seit der Tat absolut verjährt ist
(Art. 109
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren.
, 72 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 72 IV 17
Date : 01. Januar 1946
Published : 01. Februar 1946
Source : Bundesgericht
Status : 72 IV 17
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 166 StGB. Objektiver und subjektiver Tatbestand der Unterlassung der Buchführung.Art. 166 CP...


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StGB: 18  72  109  166  325
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72-IV-17
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