S. 65 / Nr. 16 Strafgesetzbuch (d)

BGE 71 IV 65

16. Urteil des Kassationshofes vom 1. Juni 1945 i.S. Birchler gegen Ebnöther.


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Regeste:
Art. 28 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
. StGB.
In einem der Strafverfolgung dienenden Zivilprozess ist erst die Klage, nicht
schon das Sühnebegehren Strafantrag, es sei denn, dass schon dieses den Streit
rechtshängig macht.
Art. 28 ss CP.
Lorsque la poursuite pénale a lieu dans les formes du procès civil, c'est
seulement la demande, non pas déjà la requête en conciliation, qui constitue
la plainte pénale, à moins que cette requête ne crée elle-même la
litispendance.
Art. 28 ss. CP.
Ove il procedimento penale abbia luogo nella forma del processo civile, va
considerata come querela la domanda giudiziale (petizione di causa), non già
la domanda di conciliazione, a meno che quest'ultima determini la
litispendenza.

A. ­ Emilie Birchler hat seit 11. Mai 1943 von der Ehrverletzung Kenntnis,
welche Pauline und Adeline Ebnöther ihr gegenüber begangen haben. Am 30. Juli
1943 verlangte sie die Abhaltung des Sühneversuchs, der am 28. August 1943
stattfand. Am 1. Oktober reichte sie die Strafklage ein. Das Kantonsgericht
Schwyz trat durch Urteil vom 24. Januar 1945 darauf nicht ein. Da nach dem
schweizerischen Prozessrecht das Verfahren mit der Einreichung des
Rechtsbegehrens beim Vermittler nicht von selbst seinen Fortgang nimmt,
sondern der Kläger immer noch frei ist, es durch Einreichung der Weisung samt
Klageschrift ­ wofür sechzig Tage offen stehen ­ fortzuführen oder nicht,
sieht das Kantonsgericht unter Verweisung auf BGE 69 IV 195 erst in der
letzteren Vorkehr den Strafantrag im Sinne des Art. 28
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
StGB, für den die
dreimonatige Frist vor dem 1. Oktober abgelaufen war.

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B. ­ Mit Nichtigkeitsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die erwähnte
Rechtsprechung des Kassationshofes sei auf Strafklagen, die im Wege des
Zivilprozesses behandelt werden, nicht anwendbar, denn im Zivilprozess müsse
sich der Kläger immer wieder aktiv betätigen, wenn das Verfahren weiter gehen
soll, dieses nehme, wenn einmal eingeleitet, nicht von selbst seinen Lauf. Im
Zivilprozess sei der Sühneversuch mit dem übrigen Verfahren organisch
verbunden, zumal wenn, wie im Kanton Schwyz, die Einreichung der Weisung mit
der Klage innert bestimmter Frist seit Abhaltung des Sühneversuchs
stattzufinden habe.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Gemäss Urteil des Kassationshofes in BGE 69 IV 195 gilt ein
Vermittlungsbegehren als Strafantrag im Sinne von Art. 28
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
StGB nur, wenn es
die Strafverfolgung in Gang bringt, ohne dass es einer weiteren Erklärung des
Antragstellers bedarf. Wie der Kassationshof bereits im Urteil Möslin gegen
Knöpfel vom 29. September 1944, wo es sich um das Vermittlungsbegehren im st.
gallischen Ehrverletzungsprozess handelte, erklärt hat, ist dieses Erfordernis
zugeschnitten auf den Strafprozess mit seinem Offizialbetrieb. Wenn die
Strafverfolgung im Zivilprozess stattfindet, wo die Fortführung des Verfahrens
weitgehend dem Kläger obliegt und die Unterlassung gewisser Prozesshandlungen
die diesem Verfahren eigentümlichen Säumnisfolgen hat, entspricht ihm die
Einreichung der Klage. Durch sie wird der Wille zur Strafverfolgung
vorbehaltlos geäussert. Bis dahin bleibt diese nicht bloss aufgeschoben,
sondern ungewiss, nicht anders als in dem im ersten Präjudiz behandelten Falle
aus dem Kanton Luzern. Erst mit dieser Vorkehr ist also der Wille zur
Strafverfolgung endgültig geäussert, somit der Strafantrag gestellt. Der
Sühneversuch ist lediglich vorbereitende Handlung, welche die Entschliessung
noch frei lässt. Die Nichteinreichung der Klage bleibt ohne prozessuale
Sanktion, während die

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Nichtvornahme weiterer Prozesshandlungen nach Einreichung der Klage die
prozessualen Säumnisfolgen zeitigt. Das zeigt, wie sehr Sühneversuch und
Klageeinreichung auf verschiedener Linie stehen. Richtig ist, dass die
Rechtsprechung des Bundesgerichts in Zivil- und Betreibungssachen den
Aussöhnungsversuch als Klageanhebung gelten lässt. Aber nicht im Sinne der
Begründung der Rechtshängigkeit, sondern nur mit Bedeutung für die Wahrung
einer Klagefrist, ohne solche für die übrigen Wirkungen der Rechtshängigkeit,
wie insbesondere Einlassungspflicht und Festlegung des Gerichtsstandes; das
ist also nicht im Sinne der Kundgabe des endgültigen Willens zur Verfolgung
des Anspruchs. Das Bundesgericht sagt es deutlich, dass als (fristwahrende)
Klageanhebung auch eine bloss vorbereitende Handlung genüge, mit welcher der
Kläger zum erstenmal in bestimmter Form den Schutz des Richters anrufe (BGE 42
II 103
). Für den Strafantrag bedarf es nach dessen ganzem Sinn und Zweck mehr
als eine erstmalige, vorläufige Anrufung der Strafverfolgungsbehörde. Sie muss
endgültig, unbedingt sein. Diesem Erfordernis lässt sich auch im Zivilprozess
Rechnung tragen, sei es, dass der Gesetzgeber die Rechtshängigkeit mit der
Einreichung des Begehrens um den Aussöhnungsversuch verbindet, sei es, dass
er, wie beispielsweise § 203 der schwyzerischen ZPO bei drohendem Ablauf der
Frist, die Klage schon gleichzeitig mit dem Sühnebegehren einzureichen
gestattet, sei es endlich, dass der Strafantragsteller den bloss
vorbereitenden Aussöhnungsversuch BO frühzeitig anbegehrt, dass die Klage noch
in der dreimonatigen Frist des Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB eingereicht werden kann. Die
gesetzliche Antragsfrist wird durch das dem Strafantrag obligatorisch
vorausgehende Sühnebegehren auch in letzterem Falle nicht gekürzt. Nur ist der
Antragsteller gehalten, den Antrag vor Ablauf der drei Monate vorzubereiten.
Sollte sich dies mit dem Wesen der Antragsfrist nicht vertragen, so konnte es
höchstens dazu führen, dass von Bundesrechts wegen die Einreichung der
Privatklage auch ohne Weisungsschein,

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vor Abschluss des Sühneverfahrens, entgegengenommen werden müsste, nicht
könnte es umgekehrt bewirken, das Weisungsbegehren als Strafantrag zu
behandeln und so die bundesrechtliche Antragsfrist von drei Monaten um die zur
Einreichung des Weisungsscheins samt Klageschrift gesetzte Frist zu
verlängern, zumal alles dafür spricht, dass die Entscheidung, ob
Strafverfolgung eintrete oder nicht, möglichst rasch falle. Wenn vor dem
Inkrafttreten des Strafgesetzbuches dem lediglich vorbereitenden
Aussöhnungsversuch in mehreren Kantonen die Wirkung des Strafantrages zukam,
so lag darin die Anerkennung bedingter Antragstellung durch das kantonale
Strafrecht. Das eidgenössische Strafrecht kennt eine solche nicht. Dass es
damit ins kantonale Prozessrecht eingreife (vgl. SJZ 40 357), ist eine
verkehrte Betrachtung.
Im Kanton Schwyz begründet das Vermittlungsbegehren nicht die Rechtshängigkeit
der Klage. Nicht dieses ist also Strafantrag, sondern erst die Einreichung der
Weisung mit der Klageschrift. Im vorliegenden Falle erfolgte sie nach Ablauf
der Antragsfrist.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 IV 65
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 31. Mai 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 IV 65
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 28 ff. StGB.In einem der Strafverfolgung dienenden Zivilprozess ist erst die Klage, nicht...


Gesetzesregister
StGB: 28 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
BGE Register
42-II-98 • 69-IV-195 • 71-IV-65
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
begründung des entscheids • bundesgericht • einigungsverfahren • entscheid • frist • fristwahrung • inkrafttreten • kantonsgericht • kassationshof • kenntnis • klagefrist • klageschrift • monat • prozesshandlung • rechtsbegehren • richtigkeit • sanktion • strafantrag • strafantragsteller • strafgesetzbuch • strafprozess • strafverfolgung • tag • vermittler • vorbereitende handlung • weisung • wille • zivilprozess
SJZ
40 S.357