BGE 71 I 60
12. Urteil vom 23. März 1945 i. S. Müller und Hofstetter ca. Luzern.
Regeste:
Anstände über die Befreiung von kantonalen Stempelabgaben fallen unter Art.
111 lit. a OG (Erw. 1).
Art. 16 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
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1 | Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
2 | Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei. |
das nicht Teil oder Zwischenverfahren der Betreibung ist, insbesondere
demjenigen nach Art. 79
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 79 - Ein Gläubiger, gegen dessen Betreibung Rechtsvorschlag erhoben worden ist, hat seinen Anspruch im Zivilprozess oder im Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Er kann die Fortsetzung der Betreibung nur aufgrund eines vollstreckbaren Entscheids erwirken, der den Rechtsvorschlag ausdrücklich beseitigt. |
Betreibung errichtet wurden, Stempelgebühren zu erheben (Erw. 3 und 4).
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L'art. 111 lit. a OJ est applicable aux contestations relatives à l'exemption
de droits de timbre cantonaux (consid. 1).
L'art. 16 al. 2 LP n'interdit pas aux cantons de prélever des droits de timbre
sur les documents établis au cours d'une poursuite antérieure et produits dans
une procédure qui n'est ni une partie, ni un incident de la poursuite,
notamment dans la procédure prévue par l'art. 79 LP (consid. 3 et 4).
L'art 111 lett. a OGF è applicabile alle contestazioni relative all'esenzione
dai diritti di bollo cantonali (consid. 1).
L'art. 16 cp. 2 LEF non vieta ai cantoni di prelevare dei diritti di bollo su
documenti allestiti in un procedimento esecutivo anteriore o prodotti in una
procedura che non fa parte, neppure quale incidente, dell'esecuzione. Ciò vale
segnatamente per la procedura contemplata dall'art. 79 LEF (consid. 3 e 4).
Niklaus Müller hat gegen Gebr. Müller bei den luzernischen Gerichten gestützt
auf Art. 79
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 79 - Ein Gläubiger, gegen dessen Betreibung Rechtsvorschlag erhoben worden ist, hat seinen Anspruch im Zivilprozess oder im Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Er kann die Fortsetzung der Betreibung nur aufgrund eines vollstreckbaren Entscheids erwirken, der den Rechtsvorschlag ausdrücklich beseitigt. |
auf § 3 lit. a und § 4 des kantonalen Stempelgesetzes, dass die vom Kläger
eingereichten 9 Zahlungsbefehle mit dem Formatstempel versehen würden
(Verfügungen vom 18. und 23. Januar 1945).
Hiegegen haben Niklaus Müller sowie sein Anwalt Dr. Fr. Hofstetter-Leu beim
Bundesgericht eine als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete Klage erhoben
mit dem Antrag, die angefochtene Auflage aufzuheben. Sie machen Verletzung des
Grundsatzes über die derogatorische Kraft des Bundesrechtes (Verstoss gegen
Art. 16 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
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1 | Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
2 | Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei. |
errichtete Urkunden seien die eingelegten Zahlungsbefehle nach Art. 16 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
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1 | Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
2 | Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei. |
SchKG stempelfrei und blieben dies auch für die Verwendung in irgendeinem
Prozessverfahren. Übrigens handle es sich bei der erhobenen Klage nicht um
eine solche, die dem Betreibungsverfahren fremd sei, sondern um dessen
Fortsetzung.
Der Regierungsrat des Kantons Luzern schliesst auf Nichteintreten, eventuell
auf Abweisung. Für eine staatsrechtliche Beschwerde fehle es am Erfordernis
der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, für eine Klage nach Art. 111
lit. a OG an einer Auflage mit Steuercharakter.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 111 lit. aOG beurteilt das Bundesgericht Anstände über eine
durch das Bundesrecht vorgesehene Befreiung von kantonalen Abgaben oder
Beschränkung kantonaler Abgaben. Nach Lehre und Praxis des Steuerrechts
umfasst die Abgabe nicht nur Steuern im engern Sinn, sondern auch andere
Geldleistungen, die das Gemeinwesen kraft seiner Gebietshoheit erhebt,
insbesondere auch Gebühren (BLUMENSTEIN, Steuerrecht Bd. 1 S. 4). Dass für
Art. 111 lit. a OG darunter nicht etwas anderes verstanden werden sollte,
ergibt sich schon aus der Botschaft des Bundesrates vom 27. März 1925 zum
Entwurf des VDG, dessen Art. 18 lit. a mit dem Wortlaut von Art. 111 lit. a
übereinstimmt, und wo (BBl 1925 II S. 237) als Anwendungsfälle der Vorschrift
auf die Art. 31 und 53 KWG und damit auf Bestimmungen verwiesen wird, die eine
Befreiung der Krankenkassen sowie der schweiz. Unfallversicherungsanstalt von
Gebühren vorsehen (Art. 31 Abs. 2 bzw. Art. 53 Abs. 2 des Gesetzes), wo ferner
ausgeführt ist, dass auch die Eidgenossenschaft keine kantonalen
Stempelabgaben zu entrichten habe. Stempelabgaben können aber sowohl in der
Form des Wertstempels (Steuer) wie des Formatstempels (Gebühr) erhoben werden.
Auch der Stempel gemäss § 3 lit. a des luzernischen Stempelgesetzes hat diesen
letztern Charakter (Urteil vom 31. März 1944 i. S. Auto A.-G. Rothenburg). In
diesem Urteil ist denn auch das Bundesgericht davon ausgegangen, dass der
Streit darüber, ob auf einer dem luzernischen Amt für Automobilwesen
einzureichenden Versicherungsbestätigung der Formatstempel des § 3 lit. a des
luz. Stempelgesetzes erhoben werden dürfe, als Anstand im Sinne von Art. 18
lit. a VDG zu gelten hat.
Für derartige Streitgkeiten braucht der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft
zu werden (BGE 67 I 49 Erw. 1 und dortige Verweisungen). Die Klage konnte
daher an die Verfügung des Obergerichts angeknüpft
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werden, mit der dieses die vom Kläger beanspruchte Befreiung von der
Stempelabgabe abgelehnt hat. Darauf, dass die Eingabe nicht als
verwaltungsrechtliche Klage, sondern als staatsrechtliche Beschwerde benannt
und gegen das Obergericht gerichtet ist, kommt nichts an (das erw. Urteil i.
S. Auto A.-G. Erw. 1).
2. .....
3. Art. 16 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
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1 | Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
2 | Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei. |
errichteten Schriftstücke von kantonalen Stempelabgaben aus. Schon aus der
Anordnung der Vorschrift im Gesetz, d. h. dem Umstand, dass sie anschliesst an
die andere, wonach die Festsetzung des Gebührentarifs dem Bundesrat zusteht,
muss entnommen werden, dass sie auf die Kosten der Betreibung Bezug hat, deren
Höhe zu bestimmen der Bundesgesetzgeber sich vorbehalten wollte. Den Kantonen
sollte die Möglichkeit genommen werden, die im Betreibungs- und
Konkursverfahren zulässigen Gebühren mit zusätzlichen Abgaben zu belasten.
Gegenüber der ursprünglich vorgeschlagenen Fassung «Sämtliche Aktenstücke des
Betreibungs- und Konkursverfahrens sind von jeder Stempelgebühr befreit»
(Beschluss der eidg. Räte vom 29. Juni 1888) war eingewendet worden, sie
unterscheide nicht deutlich genug zwischen Aktenstücken, die das Verfahren
selbst betreffen (Zahlungsbefehl, Pfändungsurkunde usw.) und solchen, die
anlässlich und auf Grund des Verfahrens errichtet würden (Eigentums- und
Forderungstitel, Prozessakten, die sich auf eine in Betreibung liegende
Forderung bezögen usw.; vgl. BRÜSTLEIN und WEBER zu Art. 16 Note 2). Mit der
neuen Fassung, ist daraus zu schliessen, sollte der Forderung Rechnung
getragen werden, dass die Tragweite der Befreiung zu beschränken, d. h. diese
nur insoweit zuzulassen sei, als das eigentliche Betreibungsverfahren in Frage
steht. Dem entspricht denn auch die Auslegung, die der Bundesrat als
Aufsichtsbehörde der Vorschrift gegeben hat, wenn er im Entscheid vom 31.
Januar 1893 i. S. Ruutz (Archiv für SchKG Bd. II Nr. 16) auf den
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Zusammenhang der beiden Absätze des Art. 16 hinwies und ausführte, der
Gesetzgeber habe beabsichtigt, die im Betreibungsverfahren entstehenden Kosten
für die ganze Schweiz einheitlich zu ordnen. Dieser Zweck würde aber nicht
erreicht, wenn es den Kantonen freistünde, die im Betreibungsverfahren
errichteten, oder die darin verwendeten Urkunden mit zusätzlichen kantonalen
Abgaben zu belasten. Das Bundesgericht hat als Oberaufsichtsbehörde diese
Auffassung zur seinigen gemacht, indem es entschied (BGE 42 III S. 90), dass
eine Urkunde bloss deswegen, weil sie in einem Betreibungs- oder
Konkursverfahren verwendet würde, nicht mit kantonalen Stempelabgaben belastet
werden könne. Hieran wurde auch in spätern Entscheiden festgehalten (BGE 50 I
55; Urteil vom 14. Juli 1923 i. S. Rohner, nicht publ.).
4. Nach diesen beiden Entscheiden bezieht sich die Stempelfreiheit auch auf
die im Rechtsöffnungsverfahren errichteten und verwendeten Schriftstücke. Die
Kläger glauben zu Unrecht, sich darauf für ihre Auffassung berufen zu können,
dass auf den von ihnen im Prozess eingelegten Zahlungsbefehlen keine
Stempelgebühren erhoben werden dürfen. Denn zwischen dem Rechtsöffnungs-und
einem Prozessverfahren besteht bezüglich der hier streitigen Frage ein
wesentlicher Unterschied. Der Zweck des ersten ist die Beseitigung des
Rechtsvorschlages auf Grand einer Prüfung des Forderungstitels, und die
Rechtswirkung des Entscheides geht nicht über die Betreibung hinaus, in der
Rechtsöffnung verlangt wird. Für die Kosten gilt der Gebührentarif (Art. 65).
Die Rechtsbeständigkeit des Tarifes ist zwar seinerzeit insoweit angefochten
worden. U. a. vertrat die bernische Justizdirektion die Auffassung, der
Bundesrat sei nicht zuständig gewesen, den Gebührentarif auch auf das
Rechtsöffnungsverfahren auszudehnen, da dieses einen Teil des kantonalen
Zivilprozesses bilde. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement hielt aber in
einer Meinungsäusserung an der Kompetenz des Bundesrates fest und erklärte,
dass neben den
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Gebühren dieses Tarifs keine andern Kosten, auch keine Stempelgebühren bezogen
werden dürften (Archiv Bd. IV Nr. 100). Die Justizdirektion bestand auf ihrer
Auffassung (ZbJV Bd. 38 S. 135), insbesondere auf der Stempelpflicht für alle
im Laufe eines Rechtsöffnungsverfahrens erstellten Aktenstücke, und berief
sich dafür auf BRÜSTLEIN und WEBER (Kommentar 2. Aufl. zu Art. 16 Note 4).
Doch hat sich in der Folge nicht bloss die Rechtsprechung des Bundesgerichts,
sondern auch die Lehre der vom eidg. Justiz- und Polizeidepartement
vertretenen Meinung angeschlossen (JAEGER zu Art. 16 S. 28; BLUMENSTEIN,
Handbuch S. 126 f.).
Diesem rein betreibungsrechtlichen Verfahren lässt sich ein eigentliches
Prozessverfahren, auch ein solches nach Art. 79
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 79 - Ein Gläubiger, gegen dessen Betreibung Rechtsvorschlag erhoben worden ist, hat seinen Anspruch im Zivilprozess oder im Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Er kann die Fortsetzung der Betreibung nur aufgrund eines vollstreckbaren Entscheids erwirken, der den Rechtsvorschlag ausdrücklich beseitigt. |
wird damit über den Anspruch selbst, seinen Bestand und Umfang entschieden,
nicht bloss über die Vollstreckbarkeit. Freilich schliesst das Urteil für den
zugesprochenen Betrag die definitive Rechtsöffnung in sich, bildet also den
Ausweis über die Beseitigung des Rechtsvorschlages, ohne dass es noch eines
besondern auf Grund des Urteils nachzusuchenden Rechtsöffnungsentscheides
bedürfte; es ist auch gleichgültig, ob der Richter den Rechtsvorschlag
ausdrücklich aufhebt und ob er überhaupt auf die Betreibung Bezug nimmt (BGE
67 III 117). Doch ist das bloss eine Folge der formellen Rechtskraftwirkung,
der Vollstreckbarkeit des Entscheides. Die Klage leitet demnach den
Forderungsprozess vor dem ordentlichen Richter ein und ist kein Teil oder
Zwischenverfahren der Betreibung (BGE 64 III 76). Für die Klageanhebung setzt
das SchKG auch keine Fristen an, noch stünde es den Kantonen frei, dies zu tun
(BGE 25 I 178). Das Verfahren wickelt sich in den Formen des kantonalen
Prozesses ab, nicht nach Grundsätzen, die das SchKG dafür vorsieht, wie bei
der Rechtsöffnung. Es können darin insbesondere nicht nur die in den Art.
80
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 80 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149 |
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1 | Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149 |
2 | Gerichtlichen Entscheiden gleichgestellt sind:150 |
1 | gerichtliche Vergleiche und gerichtliche Schuldanerkennungen; |
2bis | Verfügungen schweizerischer Verwaltungsbehörden; |
3 | ... |
4 | die endgültigen Entscheide der Kontrollorgane, die in Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005156 gegen die Schwarzarbeit getroffen werden und die Kontrollkosten zum Inhalt haben; |
5 | im Bereich der Mehrwertsteuer: Steuerabrechnungen und Einschätzungsmitteilungen, die durch Eintritt der Festsetzungsverjährung rechtskräftig wurden, sowie Einschätzungsmitteilungen, die durch schriftliche Anerkennung der steuerpflichtigen Person rechtskräftig wurden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen. |
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1 | Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen. |
2 | Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht. |
Endlich bestimmen
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sich auch die Verfahrenskosten nicht nach dem Gebührentarif für Betreibungen,
sondern nach kantonalem Recht, und sind daher nach der Natur der Sache für die
einzelnen Kantone verschieden. Das Bundesrecht hat darauf keinen Einfluss.
Damit entfallen aber für das Prozessverfahren gerade die Gründe, die zum
Erlass von Art. 16 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
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1 | Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest. |
2 | Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei. |
durch die Rechtsprechung bestimmt haben, nämlich zu verhindern, dass die
Kosten, die der eidg. Gebührentarif vorsieht, durch zusätzliche kantonale
Abgaben erhöht und damit das Betreibungsverfahren verteuert und erschwert
werde. Gleiches gilt übrigens auch von den andern nicht rein
betreibungsrechtlichen Anständen, d. h. von den materiellrechtlichen
Streitigkeiten, zu denen ein Betreibungs- oder Konkursverfahren Anlass geben
kann, und von den betreibungsrechtlichen Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf
das materielle Recht (JAEGER zu Art. 16 Note 3; BLUMENSTEIN S. 127). Wie die
Kosten dieser Prozesse nicht Gegenstand des eidg. Gebührentarifs für das SchKG
bilden könnten, so kann auch keine Rede davon sein, dass die Akten dieser
Prozesse und die darin verwendeten Urkunden, selbst wenn sie in einem
Betreibungs- oder Konkursverfahren errichtet wurden, von den Kantonen
stempelfrei gelassen werden müssten. Die gegenteilige Auffassung Jaegers, nach
dem die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke auch
nicht gestempelt zu werden brauchen, wenn sie später als Beweismittel in einem
gewöhnlichen Zivilprozess benützt werden (Note 6 zu Art. 16), ist unvereinbar
mit der ratio legis, die Rechtsprechung und Lehre (mit Einschluss des
genannten Autors) dazu geführt hat, die Befreiung von Abgaben auch anzunehmen
für die im Betreibungsverfahren verwendeten, nicht bloss für die darin
errichteten Schriftstücke. Denn damit ist anerkannt, dass für die Befreiung
nicht abzustellen ist auf die Natur, den Charakter und Ursprung der Urkunde,
sondern einzig auf ihre Verwendung. Es sollte nur verhindert werden. dass die
Kantone Stempelabgaben
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einzig aus dem Grunde erheben können, weil ein Aktenstück in einem
Betreibungsverfahren verwendet oder errichtet wurde. Das berechtigt aber nicht
zum Schlusse, der kantonale Steuergesetzgeber habe in einem weitern Umfang
eingeschränkt und daran verhindert werden sollen, auf diesen Urkunden bei
Anlass anderweitiger Verwendung eine Stempelgebühr zu erheben. Vielmehr ist
davon auszugehen, dass überall dort, wo das SchKG auf ein Verfahren verweist,
das dem kantonalen Recht untersteht, dieses grundsätzlich ohne Einschränkung
Anwendung findet, und dass Betreibungsakten, die zum Beweise eingelegt werden,
wie irgendwelche andern Eingaben oder Beweismittel der Stempelpflicht
unterliegen, soweit das kantonale Recht dies vorschreibt. Gilt das aber für
Verfahren, die durch ein Betreibungs- oder Konkursverfahren angeordnet werden,
so muss es noch mehr für solche Prozesse gelten, die zum
Vollstreckungsverfahren keine direkten Beziehungen aufweisen, und wo
Betreibungsakten möglicherweise zur Stütze von Behauptungen eingelegt werden,
die mit dem Gegenstand der Betreibung nichts zu tun haben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.