S. 44 / Nr. 10 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 71 I 44

10. Urteil vom 2. März 1945 i. S. Sutter gegen Bern, Militärdirektion.

Regeste:
Militärpflichtersatz:
1. Auf rechtskräftigen Veranlagungen der zuständigen Behörden beruhende
Militärsteuerleistungen können nur zurückgefordert werden, wenn ein
Revisionsgrund nachgewiesen wird und das Rückforderungsbegehren innerhalb der
in Art. 11
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStG gesetzten Frist gestellt worden ist.
2. Die Verjährungsfrist beginnt in der Regel (ausgenommen die Rückerstattung
bei Nachholung versäumten Dienstes) mit Ablauf des Jahres, in welchem der
Ersatz fällig geworden ist.
Taxe d'exemption du service militaire:
1. Les taxes payées en vertu de décisions passées en force et prises par les
autorités compétentes ne peuvent être répétées que lorsqu'il existe un motif
de revision et que la demande de remboursement est formée dans le délai prévu
par l'art. 11 LTM.

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2. Excepté le cas de remboursement de la taxe pour remplacement de service
manque, le délai de prescription commence en principe à courir dès
l'écoulement de l'année au cours de laquelle la taxe est échue.
Tassa d'esenzione dal servizio militare:
1. Le tasse d esenzione dal servizio militare corrisposte in seguito a delle
tassazioni dell'autorità competente divenute definitive non possono essere
ripetute, eccetto il caso in cui esista un motivo di revisione e la domanda di
restituzione sia formulata nel termine contemplato dall'art. 11 LF 28 giugno
1878
2. Salvo il caso di rimborso della tassa a causa di ricupero di servizio non
prestato, il termine di prescrizione comincia a decorrere, per principio, allo
spirare dell'anno nel corso del quale la tassa è diventata esigibile.

A. ­ Der Beschwerdeführer wurde am 10. April 1901 in Zürich geboren als
ausserehelicher Sohn der Emma Sutter, Bürgerin der Gemeinde Büren an der Aare.
Im Jahre 1902 zog seine Mutter mit ihm nach Dortmund und verehelichte sich
daselbst mit dem deutschen Staatsangehörigen Wilhelm Busch. Bei diesem Anlass
wurde das Kind durch Busch legitimiert und erhielt die deutsche
Staatsangehörigkeit und den Familiennamen Busch. Die zuständigen Amtsstellen
am Geburtsorte Zürich erhielten von dieser Änderung des Zivilstandes Kenntnis,
doch unterblieb aus heute nicht mehr feststellbaren Gründen eine entsprechende
Eintragung im Bürgerrechtsregister der bisherigen Heimatgemeinde Büren.
Das Kind soll von dieser Legitimation nicht Kenntnis erhalten haben. Es führte
weiter den Familiennamen Sutter und besuchte unter diesem Namen die Schulen
und die Berufslehre.
Im Jahre 1919 kehrte Frau Busch-Sutter mit ihrem Sohn in die Schweiz zurück.
Der Sohn meldete sich in Burgdorf an unter dem Namen Sutter, Bürger der
bernischen Gemeinde Büren und figurierte in den Kontrollen der Wohngemeinde
Burgdorf als Schweizerbürger. Demgemäss erhielt er bei der Rekrutenaushebung
im Jahre 1921 ein Dienstbüchlein. Er wurde den Hilfsdiensten zugeteilt und
entrichtete in der Folge die Militärsteuer bis zum Jahre 1939. Bei der
Nachmusterung 1939/40 wurde er diensttauglich

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erklärt und leistete in den Jahren 1940 und 1941 Aktivdienst. 1942 hatte er
die Militärsteuer zu entrichten.
Als er sich im Jahre 1942 vom Zivilstandsamt Zürich einen Geburtsschein
ausstellen liess, ergab sich, dass er in Zürich als deutscher
Staatsangehöriger eingetragen war. Er bewarb sich sofort um das
Schweizerbürgerrecht. Dieses wurde ihm am 10. November 1943 erteilt, wobei ihm
eine Einbürgerungsgebühr von Fr. 700.­ auferlegt wurde.
B. ­ Der Rekurrent hat um Rückerstattung der 1922 bis 1939 und 1942 bezahlten
Militärsteuer nachgesucht. Die Militärdirektion des Kantons Bern als kantonale
Rekursinstanz in Militärsteuersachen hat die Rückerstattung der für die Jahre
1939 und 1942 erbrachten Leistungen angeordnet. Für die Jahre vor 1939 wurde
die Rückerstattung wegen Verjährung abgelehnt (Entscheid vom 10. August 1944).
C. ­ Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, den Entscheid der
Militärdirektion aufzuheben und dem Beschwerdeführer auch die Militärsteuer
für die Jahre 1922 bis 1938 zurückzuerstatten. Zur Begründung wird im
wesentlichen ausgeführt, da der Beschwerdeführer in der Zeit von 1902 bis zu
seiner Einbürgerung im Jahre 1943 deutscher Staatsangehöriger war, seien die
Steuern für die Jahre 1921 bis 1939 und 1942 ZU Unrecht gefordert und
irrtümlicherweise bezahlt worden. Der Staat sei um sie bereichert und habe sie
zurückzuerstatten. Eine Verjährung sei nur vorgesehen für die Rückforderung
der Militärsteuer bei Nachholung versäumten Dienstes (Art. 110
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStV), dagegen
nicht für den Fall, wo die Voraussetzungen für die Belastung überhaupt nicht
vorhanden waren. Hier sei es selbstverständlich, dass die bezahlte
Militärsteuer jederzeit zurückgefordert werden könne, wenn der Irrtum
nachträglich zum Vorschein kommt. Das folge aus dem allgemeinen
Rechtsgrundsatz, wonach die Korrektur eines derart elementaren Irrtums
jederzeit möglich sei. Eventuell müsste der Beginn der Verjährung auf den
Zeitpunkt angesetzt werden, in welchem der Beschwerdeführer

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davon Kenntnis erhielt, dass er nicht Schweizer war. Danach habe die
Verjährungsfrist erst im Jahre 1942 begonnen, weshalb Verjährung nicht
anzunehmen sei.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
Die Militärsteuerleistungen, die der Beschwerdeführer für die Jahre 1922 bis
1938 erbracht hat, beruhen auf rechtskräftigen Veranlagungen der zuständigen
Behörde und waren daher geschuldet (BGE 70 I S. 169 f.). Sie können nur
zurückerstattet werden, sofern jene Veranlagungen zurückgenommen, widerrufen
werden können. Voraussetzung ist, neben dem Vorliegen eines Revisionsgrundes,
dass eine nachträgliche Abänderung der Entscheide zulässig ist, die Behörde
auf ihre Entscheide überhaupt noch zurückkommen darf.
Das Gesetz begrenzt aber die Durchführung der Militärsteuer dadurch, dass es
sie einer Verjährungsfrist unterwirft (Art. 11
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStG). Diese muss, wie in der
Praxis stets angenommen wurde, sowohl für die Erhebung der Militärsteuer, wie
auch für die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen gelten (BGE 56 I S.
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, Erw. 3; 61 I S. 201, Erw. 1 und viele nicht publizierte Entscheide):
Danach können Militärsteuerforderungen und Ansprüche auf Rückerstattung
bezahlter Militärsteuern nur in dem in Art. il vorgesehenen Zeitraum von 5
Jahren, wenn es sich um landesanwesende Wehrmänner handelt, und von 10 Jahren
bei Landesabwesenheit, erhoben werden. Das Gesetz bestimmt den Beginn der
Frist auf den Ablauf des Jahres, in welchem der Ersatz fällig geworden ist
(Art. 11
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
, Abs. 2 MStG). Damit wird die Durchführung des Militärpflichtersatzes
zeitlich begrenzt; zurückliegende, längst erledigte Steuerfälle sollen nicht
aufgegriffen werden können. Eine abweichende Regelung ist nur vorgesehen für
Rückerstattungsansprüche bei Nachholung versäumten Dienstes. Hier kommt es
nicht auf den Verfall der Abgabe an, was es ermöglicht, auch weiter
zurückliegende

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Besteuerungen rückgängig zu machen. Doch kann diese, dem besondern Sachverhalt
entsprechende Lösung nicht auf andere Tatbestände übertragen werden.
Im vorliegenden Falle ist die Rückerstattung angeordnet worden, soweit ihr
nicht die Verjährung entgegenstand. Dass die Mehrforderung abgelehnt wurde,
entspricht der Ordnung in Art. 11
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStG. Art. 110
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStV, dessen Anwendbarkeit in
der Beschwerde bestritten wird, ist von der kantonalen Rekursinstanz nicht
angerufen worden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 I 44
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 02. März 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 I 44
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Militärpflichtersatz:1. Auf rechtskräftigen Veranlagungen der zuständigen Behörden beruhende...


Gesetzesregister
MStG: 11
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
MStV: 110
BGE Register
56-I-37 • 70-I-167 • 71-I-44
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
1919 • beginn • begründung des entscheids • berufslehre • bundesgericht • dauer • diensttauglichkeit • entscheid • familienname • frist • geburtsschein • gemeinde • innerhalb • irrtum • kenntnis • legitimation • mutter • revisionsgrund • sachverhalt • schweizer bürgerrecht • termin • zivilstand • änderung