S. 179 / Nr. 48 Strafgesetzbuch (d)

BGE 70 IV 179

48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. Oktober 1944 i.S. Frey
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.


Seite: 179
Regeste:
Der Schuldner, welcher einem Dritten gehörende Vermögensgegenstände bei der
Pfändung oder dem Vollzug eines Arrestes nicht angibt, ist nicht nach Art. 323
Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 323 - Mit Busse wird bestraft:
1    der Schuldner, der einer Pfändung oder der Aufnahme eines Güter-verzeichnisses, die ihm gemäss Gesetz angekündigt worden sind, weder selbst beiwohnt noch sich dabei vertreten lässt (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1, 163 Abs. 2 und 341 Abs. 1 SchKG475);476
2    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten nicht so weit angibt, als dies zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug eines Arrestes nötig ist (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 und 275 SchKG);
3    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten bei Aufnahme eines Güterverzeichnisses nicht vollständig angibt (Art. 163 Abs. 2, 341 Abs. 1 SchKG);477
4    der Schuldner, der dem Konkursamt nicht alle seine Vermögensgegenstände angibt und zur Verfügung stellt (Art. 222 Abs. 1 SchKG);
5    der Schuldner, der während des Konkursverfahrens nicht zur Verfügung der Konkursverwaltung steht, wenn er dieser Pflicht nicht durch besondere Erlaubnis enthoben wurde (Art. 229 Abs. 1 SchKG).
StGB strafbar; der Aufforderung des Beamten an den Schuldner, solche
Gegenstände vorzuweisen oder zu sagen, wo sie sich befinden, kann durch Art.
292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
StGB Nachachtung verschafft werden.
Le débiteur qui, lors d'une saisie ou de l'exécution d'un séquestre n'indique
pas les objets qui appartiennent à un tiers n'est pas punissable en vertu de
l'art. 323 ch. 2 CP; c'est par la voie de l'art. 292 qu'il est possible
d'assurer le respect de la sommation faite au débiteur d'avoir à produire ces
objets ou de dire où ils se trouvent.
Il debitore che, all'atto d'un pignoramento o d'un sequestro, non indica gli
oggetti appartenenti ad un terzo non è punibile in virtù dell'art. 323 cifra 2
CP, il rispetto della diffida fatta al debitore di produrre questi oggetti o
di dire ov'essi si trovano può essere ottenuto mediante l'applicazione
dell'art. 292 CP.

Aus den Erwägungen:
Art. 323 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 323 - Mit Busse wird bestraft:
1    der Schuldner, der einer Pfändung oder der Aufnahme eines Güter-verzeichnisses, die ihm gemäss Gesetz angekündigt worden sind, weder selbst beiwohnt noch sich dabei vertreten lässt (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1, 163 Abs. 2 und 341 Abs. 1 SchKG475);476
2    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten nicht so weit angibt, als dies zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug eines Arrestes nötig ist (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 und 275 SchKG);
3    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten bei Aufnahme eines Güterverzeichnisses nicht vollständig angibt (Art. 163 Abs. 2, 341 Abs. 1 SchKG);477
4    der Schuldner, der dem Konkursamt nicht alle seine Vermögensgegenstände angibt und zur Verfügung stellt (Art. 222 Abs. 1 SchKG);
5    der Schuldner, der während des Konkursverfahrens nicht zur Verfügung der Konkursverwaltung steht, wenn er dieser Pflicht nicht durch besondere Erlaubnis enthoben wurde (Art. 229 Abs. 1 SchKG).
StGB bedroht mit Strafe den Schuldner, der seine
Vermögensgegenstände..., sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten
nicht soweit angibt, als es zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug
eines Arrestes nötig ist. Der Wortlaut ist unmissverständlich, er ergreift nur
Vermögen, das dem Schuldner gehört («les biens qui lui appartiennent»). Das
bestätigt noch der Hinweis auf Art. 91
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 91 - 1 Der Schuldner ist bei Straffolge verpflichtet:
1    Der Schuldner ist bei Straffolge verpflichtet:
1  der Pfändung beizuwohnen oder sich dabei vertreten zu lassen (Art. 323 Ziff. 1 StGB179);
2  seine Vermögensgegenstände, einschliesslich derjenigen, welche sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten anzugeben, soweit dies zu einer genügenden Pfändung nötig ist (Art. 163 Ziff. 1 und 323 Ziff. 2 StGB)180.
2    Bleibt der Schuldner ohne genügende Entschuldigung der Pfändung fern und lässt er sich auch nicht vertreten, so kann ihn das Betreibungsamt durch die Polizei vorführen lassen.
3    Der Schuldner muss dem Beamten auf Verlangen Räumlichkeiten und Behältnisse öffnen. Der Beamte kann nötigenfalls die Polizeigewalt in Anspruch nehmen.
4    Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei denen dieser Guthaben hat, sind bei Straffolge (Art. 324 Ziff. 5 StGB) im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner.
5    Behörden sind im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner.
6    Das Betreibungsamt macht die Betroffenen auf ihre Pflichten und auf die Straffolgen ausdrücklich aufmerksam.
(und 275) SchKG, der den Schuldner nur
anweist, seine Vermögensgegenstände, Forderungen und Rechte gegenüber Dritten
dem Pfändungsbeamten anzugeben, worunter im dortigen Zusammenhang etwas
anderes als schuldnerisches Vermögen nicht verstanden werden kann. Der Grund
für diese Beschränkung ist einleuchtend; der Gläubiger hat kein Interesse,
dass der Schuldner auch fremde Vermögensgegenstände angebe, deren Beschlag ja
doch nicht wird aufrechterhalten werden können; und der Betreibungsbeamte hat
es erst recht nicht. Es ist auch nicht zutreffend, wenn die Vorinstanz sagt,
dass im Pfändungsverfahren als Gegenstände des Schuldners vorläufig alle die
gelten, welche sich in seinem

Seite: 180
Gewahrsam befinden. Richtig ist nur, dass alle in seinem Gewahrsam
befindlichen Gegenstände, ja sogar ohne Rücksicht auf den Gewahrsam auch die
vom Gläubiger als dem Schuldner gehörend bezeichneten Gegenstände (BGE 59 III
91
), der Pfändung unterliegen, wie wenn sie ihm gehörten, wobei die Abklärung,
ob es wirklich der Fall ist, dem Widerspruchsverfahren überlassen bleibt. Aber
die Pfändbarkeit besagt nichts über das Eigentum; sie beruht nicht einmal auf
der zivilrechtlichen Vermutung des Eigentums, die ja Besitz, nicht bloss
Gewahrsam voraussetzt, der übrigens im zweitgenannten Falle ebenfalls fehlen
kann. Darum kann unter seinen Vermögensgegenständen nicht alles Pfändbare
verstanden werden.
Eine Lücke im Gesetz entsteht bei solch wortgemässer Anwendung der Bestimmung
nicht. In Betracht kommen nur Fälle der vorliegenden Art, wo der
Betreibungsbeamte dem Schuldner einen bestimmten Gegenstand für die Pfändung
bezeichnet. Der erwähnten von der Rechtsprechung anerkannten Aufgabe des
Betreibungsbeamten, nötigenfalls die Gegenstände zu pfänden, von denen er
vermutet, sie gehörten dem Schuldner, oder die der Gläubiger als dem Schuldner
gehörend bezeichnet, entspricht die Verpflichtung des letztern, sie auf die
Aufforderung hin vorzuweisen. Tut er das nicht, so darf ihn der
Betreibungsbeamte unter Hinweis auf die Strafen des Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
StGB zur
wahrheitsgemässen Angabe über den Verbleib der Gegenstände auffordern. Es ist
gerade der Zweck dieser Bestimmung, amtliche Verfügungen, deren Befolgung
mangels Bestehens einer besonderen Strafdrohung vom guten Willen des
Betroffenen abhängen würde, durch die ergänzende Strafdrohung wirksam zu
gestalten. Es besteht kein stichhaltiger Grund, sie aus dem Gebiet des
Betreibungsverfahrens auszuschalten, wenn dessen besondere Strafbestimmungen
den Ungehorsam nicht lückenlos erfassen.
Vgl. auch Nr. 49. - Voir aussi no 49.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 70 IV 179
Datum : 01. Januar 1943
Publiziert : 27. Oktober 1944
Quelle : Bundesgericht
Status : 70 IV 179
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Der Schuldner, welcher einem Dritten gehörende Vermögensgegenstände bei der Pfändung oder dem...


Gesetzesregister
SchKG: 91
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 91 - 1 Der Schuldner ist bei Straffolge verpflichtet:
1    Der Schuldner ist bei Straffolge verpflichtet:
1  der Pfändung beizuwohnen oder sich dabei vertreten zu lassen (Art. 323 Ziff. 1 StGB179);
2  seine Vermögensgegenstände, einschliesslich derjenigen, welche sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten anzugeben, soweit dies zu einer genügenden Pfändung nötig ist (Art. 163 Ziff. 1 und 323 Ziff. 2 StGB)180.
2    Bleibt der Schuldner ohne genügende Entschuldigung der Pfändung fern und lässt er sich auch nicht vertreten, so kann ihn das Betreibungsamt durch die Polizei vorführen lassen.
3    Der Schuldner muss dem Beamten auf Verlangen Räumlichkeiten und Behältnisse öffnen. Der Beamte kann nötigenfalls die Polizeigewalt in Anspruch nehmen.
4    Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei denen dieser Guthaben hat, sind bei Straffolge (Art. 324 Ziff. 5 StGB) im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner.
5    Behörden sind im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner.
6    Das Betreibungsamt macht die Betroffenen auf ihre Pflichten und auf die Straffolgen ausdrücklich aufmerksam.
StGB: 292 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
323
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 323 - Mit Busse wird bestraft:
1    der Schuldner, der einer Pfändung oder der Aufnahme eines Güter-verzeichnisses, die ihm gemäss Gesetz angekündigt worden sind, weder selbst beiwohnt noch sich dabei vertreten lässt (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1, 163 Abs. 2 und 341 Abs. 1 SchKG475);476
2    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten nicht so weit angibt, als dies zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug eines Arrestes nötig ist (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 und 275 SchKG);
3    der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten bei Aufnahme eines Güterverzeichnisses nicht vollständig angibt (Art. 163 Abs. 2, 341 Abs. 1 SchKG);477
4    der Schuldner, der dem Konkursamt nicht alle seine Vermögensgegenstände angibt und zur Verfügung stellt (Art. 222 Abs. 1 SchKG);
5    der Schuldner, der während des Konkursverfahrens nicht zur Verfügung der Konkursverwaltung steht, wenn er dieser Pflicht nicht durch besondere Erlaubnis enthoben wurde (Art. 229 Abs. 1 SchKG).
BGE Register
59-III-91 • 70-IV-179
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsbeamter • biene • eigentum • einladung • entscheid • kassationshof • richtigkeit • schuldner • strafgesetzbuch • vermutung • vorinstanz • wille