S. 106 / Nr. 19 Obligationenrecht (d)
BGE 69 II 106
19. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. April 1943 i. S. Papierfabrik
Biberist A.-G. gegen Pesch.
Regeste:
Maklervertrag; Zuführungsmäkelei.
Der Maklerlohn ist verdient, wenn ein psychologischer Zusammenhang zwischen
den Bemühungen des Maklers und dem Entschluss des Dritten gegeben ist.
Courtage. Indication d'une occasion de conclure une convention.
Le salaire est dû au courtier lorsqu'il y a un lien psychologique entre son
activité et la décision du tiers.
Contratto di mediazione; indicazione d'un'occasione di concludere un affare.
La mercede è dovuta al mediatore, quando esista un nesso psicologico tra la
sua attività e la decisione del terzo.
A. Am 3. Februar 1939 schrieb der Liegenschaftsvermittler Mosimann in Bern
der Beklagten, der Papierfabrik Biberist A.-G. in Biberist, er vernehme, dass
sie daran denke, das Fabrikgebäude ihrer Filiale in Worblaufen bei Bern zu
verkaufen. Er fügte bei: «Für diesen Fall wüsste ich Ihnen eventuell einen
interessanten Käufer ... zuzuführen ... Sie hätten mir einen entsprechenden
Auftrag zu erteilen, mit Zusicherung einer angemessenen Verkaufsprovision».
Die Beklagte antwortete Mosimann, wenn es ihm möglich sein sollte einen neuen
Interessenten zu vermitteln, mit dem sie zu einem Abschluss käme, so sei sie
selbstverständlich bereit eine angemessene Provision auszurichten.
Mosimann bemühte sich in der Folge einen Käufer zu finden. Im spätern
Briefwechsel zwischen ihm und der Beklagten wurde die Provision auf 2 % des
Verkaufserlöses festgesetzt. Bis Oktober 1940 zahlte die Beklagte an Mosimann
insgesamt Fr. 500. als Spesenvergütung aus.
Im Dezember 1941 verkaufte die Beklagte das Fabrikgebäude in Worblaufen für
Fr. 800000. an die Eidgenossenschaft, die es für Zwecke der Eidg.
Waffenfabrik erwarb. Mosimann verlangte am 21. Januar 1942 von der
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Beklagten seine 2 % Provision. Die Beklagte lehnte ab. Am 30. März 1942 trat
Mosimann seine Forderung gegen die Beklagte an den Kläger Pesch ab.
B. Am 8. Juli 1942 klagte Pesch die Papierfabrik Biberist A.-G. ein auf
Bezahlung von Fr. 15500. nebst Zins zu 5 % seit 21. Januar 1942 (2 % von Fr.
800000. abzüglich der von Mosimann bezogenen Fr. 500.).
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
Das Handelsgericht des Kantons Bern hiess die Klage mit Urteil vom 18.
Dezember 1942 im vollen Umfang gut.
C. Hiegegen hat die Beklagte beim Bundesgericht Berufung eingereicht mit dem
Antrag, die Klage sei gänzlich abzuweisen.
Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Beklagte bestreitet nicht, mit Mosimann einen Mäklervertrag
abgeschlossen zu haben. Streitig ist der Inhalt dieses Vertrages und seine
rechtliche Würdigung. Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, der gegenseitige
übereinstimmende Wille der Parteien sei dahin gegangen, dass die Provision
schon dann verdient sein solle, wenn der Mäkler der Beklagten einen
Interessenten auch nur «zuführe» und sie mit diesem dann zum Abschluss komme.
Diese auf der Beweiswürdigung beruhende Feststellung des Parteiwillens ist
tatsächlicher Art und daher für das Bundesgericht verbindlich (Art. 81 OG; BGE
66 II 61). Aus ihr ergibt sich ohne weiteres der von der Vorinstanz gezogene
rechtliche Schluss, dass es sich beim streitigen Vertrag nicht um eine
Vermittlungsmäkelei handelt.
2. Die weitere Frage, ob die Beklagte einen Zuführungs- oder bloss einen
Nachweisauftrag erteilt habe, liess die Vorinstanz offen. Sie nahm an,
Mosimann habe durch seine Tätigkeit die Provision selbst dann verdient, wenn
das Zuführen eines Käufers vereinbart worden sei.
Es ist unbestritten, dass Mosimann im Frühjahr 1939 als erster verschiedene
Dienststellen des Eidg. Militärdepartementes auf die Kaufgelegenheit hinwies,
so die
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Kriegstechnische Abteilung, die dieser unterstellte eidg. Waffenfabrik und die
Kriegsmaterialverwaltung. Vertreter der letztern Dienstabteilung haben sogar
im März 1939 die Fabrikliegenschaft auf Veranlassung des Mosimann und in
seiner Anwesenheit besichtigt. Damals kam es zwar nicht zu einem Kauf. Aber
nicht allzulange nachher, in der zweiten Hälfte des Jahres 1941, mietete die
Waffenfabrik einige Räume des verkäuflichen Gebäudes. Diese Miete gab dann den
unmittelbaren Anlass zum Kauf.
Als sich die Leiter der Waffenfabrik nach vermietbaren Räumen umsahen,
erinnerten sie sich allerdings nicht mehr daran, dass ihnen Mosimann
seinerzeit die Fabrik in Worblaufen zum Kauf angeboten hatte; sie wussten
überhaupt nicht mehr, dass diese Fabrik zur Verfügung stand. Sie erkundigten
sich beim damaligen Major Brandt, einem Sektionschef der
Kriegsmaterialverwaltung, nach Mietgelegenheiten. Dieser war es, der die
Waffenfabrik auf das Gebäude in Worblaufen hinwies. Major Brandt war aber
seinerseits durch Mosimann und nur durch diesen auf die Anlage in
Worblaufen aufmerksam gemacht worden. Mosimann hatte im Jahre 1939 mehrmals
bei ihm vorgesprochen. Major Brandt hatte auch im März 1939 an der
Besichtigung der Anlage durch die Kriegsmaterialverwaltung teilgenommen.
Zwischen den Bemühungen des Mosimann bei den verschiedenen Dienststellen des
Eidg. Militärdepartementes und der spätern Miete durch die Waffenfabrik
besteht somit ein unbestreitbarer Kausalzusammenhang. Da diese Miete zum Kaufe
führte, ist aber auch ein hinreichender Kausalzusammenhang zwischen der
Tätigkeit des Mosimann und dem Kauf durch die Eidgenossenschaft gegeben. Die
Pflicht zur Zahlung des Mäklerlohnes setzt nicht einen unmittelbaren
Kausalzusammenhang voraus. Es genügt, wenn der psychologische Zusammenhang
zwischen den Bemühungen des Mäklers und dem Entschluss des Dritten gegeben ist
(BGE 62 II 344). Der Kausalzusammenhang ist nicht unterbrochen, wenn dieser
Entschluss nicht ausschliesslich auf die Vorkehren des Mäklers zurückzuführen
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ist (BGE 57 II 194). Daher ist es unerheblich, dass die Beklagte, nachdem sie
einmal Räume des verkäuflichen Gebäudes an die Waffenfabrik vermietet hatte,
mit dieser selbständig über den Kauf verhandelte und den Abschluss mit der
Eidgenossenschaft ohne jedes Zutun des Mosimann vollzog. Ein Unterbruch der
vom Mäkler angebahnten Verhandlungen bedeutet nicht notwendig eine
Unterbrechung des Kausalzusammenhanges. Nach den für das Bundesgericht
verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz waren übrigens die Verhandlungen
des Mosimann mit der Kriegsmaterialverwaltung, von der aus der Anstoss zur
Miete und damit zum Kaufe kam, nie vollständig abgebrochen, sondern nur
aufgeschoben worden. Von einer den Anspruch des Mäklers ausschliessenden
Unterbrechung des Kausalzusammenhanges könnte nur dann gesprochen werden, wenn
die Tätigkeit des Mäklers ergebnislos gewesen und das Geschäft auf einer ganz
neuen Grundlage abgeschlossen worden wäre (BGE 62 II 344). Es würde nicht nur
natürlicher Betrachtungsweise, sondern auch Treu und Glauben im Verkehr
widersprechen, wollte man dies im vorliegenden Fall annehmen. Miete und Kauf
sind letzten Endes doch unzweifelhaft nur dank der Tätigkeit des Mosimann bei
den Verwaltungsabteilungen der Käuferin zustandegekommen. Wie sich aus den
Akten und dem Zeugnis der beteiligten Beamten ergibt, war diese Tätigkeit eine
äusserst rege. Insbesondere war die Besichtigung der Fabrik durch die
Kriegsmaterialverwaltung, die wohl für die spätere Entwicklung entscheidend
war, weil sie einen nachhaltigen Eindruck hinterliess, ausschliesslich durch
Mosimann veranlasst worden. Mit Recht nahm daher die Vorinstanz an, Mosimann
habe der Beklagten die Eidgenossenschaft als Käuferin zugeführt.
Demgemäss erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons
Bern vom 18. Dezember 1942 bestätigt.