S. 37 / Nr. 9 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 69 I 37

9. Urteil vom 12. April 1943 i. S. Gesellschaft der Ludw. von Roll'schen
Eisenwerke A.-G. gegen eidg. Steuerverwaltung.


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Regeste:
Erhöhungen des Nennwertes von Aktien unter Verwendung von Mitteln der
Gesellschaft unterliegen der eidg. Couponabgabe und der Wehrsteuer an der
Quelle.
L'augmentation de la valeur nominale d'actions opérée par l'affectation
d'actifs de la société est soumise au droit fédéral de timbre sur les coupons
et à l'impôt pour la défense nationale (impôt prélevé à la source).
L'aumento del valore nominale d'azioni operato mediante attività della società
soggiace alla tassa federale di bollo sulle cedole ed all'imposta (riscossa
alla fonte) per la difesa nazionale.

A. ­ Die Gesellschaft der Ludw. von Roll'schen Eisenwerke A.-G. in Gerlafingen
hat in ihrer Generalversammlung vom 29. November 1941 ihr Aktienkapital von
Fr. 24000000.- erhöht auf Fr. 36000000.-, indem sie den Nennwert ihrer 4800
Namenaktien von Fr. 5000.- auf Fr. 7500.- heraufsetzte. Der Betrag der
Kapitalerhöhung wurde aus den Reserven der Gesellschaft liberiert. (SHAB Nr.
21 vom 28. Januar 1942, S. 215.) Die Gesellschaft hat die eidgenössische
Couponabgabe und die Wehrsteuer an der Quelle im Betrage von Fr. 1483152.- am
17. Dezember 1941 entrichtet, stellte aber am 9. Mai 1942 ein Gesuch um
Rückerstattung dieser Abgaben, weil sie nicht geschuldet seien. Die
eidgenössische Steuerverwaltung hat das Gesuch abgewiesen und ihre
Stellungnahme mit Einspracheentscheid vom 31. Oktober 1942 bestätigt.
B. ­ Die Gesellschaft der Ludw. von Roll'schen Eisenwerke erhebt die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, den Einspracheentscheid
aufzuheben und die eidgenössische Steuerverwaltung anzuhalten, die ihr am 17.
Dezember 1941 überwiesene Couponabgabe und die Wehrsteuer im Gesamtbetrage von
Fr. 1483152.- zurückzuerstatten. Zur Begründung wird ausgeführt, es liege
keine «geldwerte Leistung der Aktiengesellschaft» an die Aktionäre im Sinne
von Art. 5, Abs. 2 CG vor. Die Gesellschaft habe durch eine blosse
Buchungsoperation für die rein buchmässige Deckung der Kapitalerhöhung gesorgt

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und die Erhöhung des Nennwertes durch einen Stempelaufdruck auf den Aktien
kenntlich gemacht. Einen Vermögenszuwachs hätten die Aktionäre damit nicht
erhalten. Bei den in Art. 5, Abs. 2 CG erwähnten Beispielen (Bonus
Gratisaktien und Liquidationsüberschüssen) sei es anders. Mit der Gratisaktie
erhalte der Aktionär einen Titel, den er weiterveräussern könne. Von einer
blossen Erhöhung des Nominalwertes dagegen könne gleiches nicht behauptet
werden. Hier erhalte der Aktionär keine konkrete Leistung. Weder am Bestand,
noch an der Zusammensetzung seines Vermögens werde etwas geändert. Er erhalte
auch keinen neuen Titel, über den er verfügen könne. Die Erhöhung des
Nominalwertes von Aktien dürfe der Aushändigung von Gratisaktien nicht
gleichgestellt werden.
Zu berücksichtigen sei aber auch, dass neben der Couponabgabe noch die
Wehrsteuer bezogen werde; diese sei eine ausgesprochene Ertragssteuer, der nur
Einkommen unterliege. Die statutarische Erhöhung des Nominalwertes einer Aktie
stelle aber auch dann kein Einkommen dar, wenn der Aktionär dafür keine
Leistung zu machen hat.
Die Erfassung der Kapitalerhöhung bei der Wehrsteuer an der Quelle würde
sodann zu einer doppelten Belastung des nämlichen Einkommens führen, da nach
Art. 21 , Abs. 1 lit. c WStB die Rückzahlung des Aktienbetrages bei Liquidation
der Gesellschaft von der allgemeinen Wehrsteuer für Einkommen getroffen werde.
Übrigens wäre auch die Überwälzung der Steuer nach Art. 11 CG und 146 WStB
unmöglich. Art. 11 CG schreibe die Kürzung des Steuerbetrages als einzige Art
zulässiger Steuerüberwälzung vor.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. ­ Nach Art. 5, Abs. 2 CG sind Gegenstand der Couponsabgabe u. a. Urkunden
zum Bezuge und zur Gutschrift solcher geldwerter Leistungen der
Aktiengesellschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte,

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die sich nicht als Rückzahlung der dividendenberechtigten Anteile am
einbezahlten Grund- und Stammkapital darstellen.
2. ­ Den Aktionären der Ludw. von Roll'schen Eisenwerke wurde durch Beschluss
der Generalversammlung vom 29. November 1941 eine Erhöhung ihrer Beteiligung
am Grundkapital der Gesellschaft im Betrage von 50% des Nennwertes ihrer
bisherigen Beteiligung eingeräumt. Die Erhöhung wurde vorgenommen ohne
Einzahlung von Seiten der Aktionäre aus Mitteln der Gesellschaft. Die
Aktionäre haben damit kraft ihrer Mitgliedschaft und nach Massgabe ihrer
bisherigen Beteiligung eine Leistung erhalten, die nicht Rückzahlung auf ihren
Anteil ist. Sie besteht in der Gutschrift einer weiteren Beteiligung am
Grundkapital. Da diese Gutschrift aus Mitteln der Gesellschaft erfolgt, stellt
sie sich als Leistung der Gesellschaft dar. Darüber, dass auf dem Betrage
dieser Gutschrift die Couponabgabe gemäss Art. 5, Abs. 2 CG und, nach Art.
141 , lit. a WStB, auch die Wehrsteuer an der Quelle zu entrichten ist, kann
kein Zweifel bestehen. Die Einwendungen, die in der Beschwerde erhoben werden,
sind unbegründet.
a) Die Rekurrentin anerkannt zwar, dass die Ausgabe von Gratisaktien eine
geldwerte Leistung der Aktiengesellschaft an den Aktionär darstellt, nimmt
aber den Standpunkt ein, der hier streitigen Leistung fehle der Geldwert. Nun
ist aber die neue, auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom 29.
November 1941 abgestempelte Aktie der Ludw. von Roll'schen Eisenwerke
Gratisaktie in dem Betrage, mit welchem sie aus Mitteln der Gesellschaft
liberiert wurde. Die Liberierung, Einzahlung des entsprechenden Betrages auf
das Aktienkapital, ist die Leistung der Aktiengesellschaft. Einer Zahlung kann
aber Geldwert mit Grund nicht abgesprochen werden, auch dann nicht, wenn sie,
wie hier, in Form einer Gutschrift erfolgt. Übrigens führt das
Couponstempelgesetz, Art. 5, Abs. 2, Gutschriften ausdrücklich als Formen
geldwerter Leistungen auf.

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Haltlos ist die Behauptung, es fehle an einem verfügbaren Titel. Wer eine
Aktie von Fr. 7500.- anstelle einer solchen von Fr. 5000.- erhalten hat,
besitzt einen verfügbaren Titel auch im Umfange der Differenz.
b) Nach Art. 10, lit. b CG verfällt die Abgabe bei Verfall des Gewinnanteiles.
Eine Kapitalerhöhung aus Mitteln der Gesellschaft verfällt in dem Zeitpunkt,
auf den die Generalversammlung die Kapitalerhöhung beschliesst. Im Zweifel
wird, wenn nichts gesagt wird, die Erhöhung mit sofortiger Wirkung
beabsichtigt sein, die Gesellschaft die Einzahlung auf das Grundkapital sofort
durchzuführen haben, wodurch auch der Verfall der Couponabgabe bestimmt wird.
c) Nach Art. 11, Abs. 1 CG hat der Couponschuldner den Couponbetrag nur dann
um den Betrag der Abgabe zu kürzen, wenn er den Coupon einlöst. Wo keine
Einlösung, Auszahlung in bar stattfindet, wird die Abgabe auch nicht durch
Kürzung des Couponbetrages überwälzt. Für die den Coupons gleichgestellten
Urkunden ist lediglich die sinngemässe Anwendung von Art. 11, Abs. 1 CG
vorgeschrieben (Art. 11 , Abs. 4). Art. 146 WStB schreibt die Kürzung der
steuerbaren Betreffnisse ebenfalls nicht vorbehaltlos vor. Er lässt andere
Lösungen zu und beauftragt die eidgenössische Steuerverwaltung, sie
anzuordnen, wo es angezeigt erscheint. Übrigens hat die Rekurrentin von sich
aus Mittel und Wege gefunden, um die Überwälzung der beiden Abgaben auf die
Steuerträger durchzuführen, ohne die Einlage auf das Grundkapital dafür in
Anspruch zu nehmen.
d) Bei der Erhöhung des Aktienkapitals hat die Gesellschaft der Ludw. von
Roll'schen Eisenwerke über ihre Reserven zu Gunsten der Aktionäre verfügt,
diesen einen neuen Anteil am Grundkapital unter Übernahme der erforderlichen
Kapitaleinzahlung verschafft. Es handelt sich um eine Verteilung von Mitteln
aus den angesammelten Gewinnen. Sie erfolgt auf Grund und im Verhältnis der
bisherigen Beteiligung der Aktionäre und kann deshalb

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nicht anders denn als Ertrag dieser Beteiligung angesehen werden (Entscheid
vom 28. November 1941 i. S. Union Suisse gegen eidgenössische
Steuerverwaltung, nicht publiziert). Die Einwendungen, die die Rekurrentin
unter Berufung auf Vorschriften des Wehrsteuerbeschlusses herleiten möchte,
sind daher unbegründet. Im übrigen unterliegen gemäss ausdrücklicher
Vorschrift in Art. 141 , lit. a WStB alle nach Art. 5 CG
couponabgabepflichtigen Leistungen der Wehrsteuer an der Quelle, womit sie von
gesetzeswegen als Bestandteile des wehrsteuerpflichtigen Einkommens bezeichnet
sind und nicht weiter zu untersuchen ist, was unter «Ertrag» im Sinne von Art.
2 , Ziff. 2 WStB zu verstehen ist. Das Gesetz hat das Erforderliche durch die
Verweisung auf die Stempelgesetzgebung geordnet. Gegenstandslos ist der
Hinweis auf eine zweimalige Erhebung der nämlichen Wehrsteuer. Art. 21 , Abs. 6
WStB schliesst diese Möglichkeit ausdrücklich aus.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 69 I 37
Datum : 01. Januar 1942
Publiziert : 11. April 1943
Quelle : Bundesgericht
Status : 69 I 37
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Erhöhungen des Nennwertes von Aktien unter Verwendung von Mitteln der Gesellschaft unterliegen der...


Gesetzesregister
WStB: 2  11  21  141  146
BGE Register
69-I-37
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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