S. 102 / Nr. 20 Strafgesetzbuch (d)

BGE 68 IV 102

20. Urteil des Kassationshofes vom 30. Oktober 1942 i.S. Dr. H. gegen Bern,
Staatsanwaltschaft.

Regeste:
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1    Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
a  eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder
b  eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann.
2    Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen.
3    Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36).
StGB: Massgebend ist, ob die ausgesprochene
Gefängnisstrafe nicht mehr als ein Jahr beträgt.
Art. 41, ch. 1, al. 1 CP: Le sursis ne peut être accordé que si la peine
d'emprisonnement prononcée n'excède pas un an.
Art. 41, cifra 1, cp. 1 CPS: La sospensione condizionale può essere accordata
soltanto se la pena della detenzione inflitta non è superiore ad un anno.

1.- Durch Urteil der ersten Strafkammer des bernischen Obergerichts vom 14.
August 1942 ist der Beschwerdeführer wegen gewerbsmässiger Beihilfe zur
Abtreibung und fahrlässiger Tötung, begangen vor dem 1. Januar 1942, gestützt
auf das bernische Strafgesetz zu 13 Monaten Korrektionshaus abzüglich 2 Monate
Untersuchungshaft verurteilt worden, unter Verweigerung des bedingten
Strafvollzuges. Bei Anwendung des neuen Rechtes hätte die Vorinstanz, wie sie
ausführt, keine mildere Strafe ausgesprochen. Der Beschwerdeführer rügt, dass
das Urteil die Frage des bedingten Strafvollzuges nach neuem Recht nicht
untersucht habe. Nach dessen Vorschriften hätte er gewährt werden müssen, und
mit Rücksicht darauf wäre

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gemäss BE 68 IV 34 das neue Recht als das mildere im Sinne von Art. 2 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.

StGB anwendbar gewesen.
2.- Es ist davon auszugehen, dass die Vorinstanz bei Anwendung des neuen
Rechtes keine mildere Strafe ausgesprochen hätte als 13 Monate
Korrektionshaus, abzüglich 2 Monate Untersuchungshaft, also auf keinen Fall
eine Gefängnisstrafe von weniger als 13 Monaten unter Anrechnung von 2 Monaten
Untersuchungshaft. Für eine solche Strafe aber wäre der bedingte Straferlass
nach neuem Recht schlechtweg ausgeschlossen gewesen. Denn gemäss Art. 41 Ziff.
1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1    Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
a  eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder
b  eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann.
2    Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen.
3    Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36).
StGB kann der Richter nur den Vollzug einer Gefängnisstrafe von nicht
mehr als einem Jahr aufschieben. Der Beschwerdeführer legt diese Bestimmung
offenbar dahin aus, dass die Gefängnisstrafe immer dann aufgeschoben werden
könne, wenn deren Vollzug nicht mehr als ein Jahr erfordere, sodass auch eine
Gefängnisstrafe von mehr als einem Jahr aufgeschoben werden könne, wenn sie,
wie hier, infolge Anrechnung der Untersuchungshaft nicht mehr als 1 Jahr
dauere. Eine solche Ordnung liefe auf eine Privilegierung des Verurteilten,
der Untersuchungshaft erstanden, vor demjenigen, der hierzu keinen Grund
gegeben hat, hinaus und kann vernünftigerweise schon darum nicht der Sinn der
Bestimmung sein. Vielmehr ist massgebend, ob die ausgesprochene
Gefängnisstrafe nicht mehr als ein Jahr beträgt, wie es der französische und
der italienische Text deutlich sagen: En cas de condamnation à une peine
d'emprisonnement n'excédant pas un an, le juge pourra..., Il giudice può
sospendere l'esecuzione di una condanna alla pena della detenzione non
superiore a un anno... Der Gesetzgeber wollte für Taten von nicht übermässiger
Schwere den bedingten Strafvollzug gewähren. Und weil die Schwere der Tat in
der ausgesprochenen Strafe zum Ausdruck kommt, unterscheidet das Gesetz nach
dieser.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 68 IV 102
Date : 31. Dezember 1942
Published : 29. Oktober 1942
Source : Bundesgericht
Status : 68 IV 102
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB: Massgebend ist, ob die ausgesprochene Gefängnisstrafe nicht mehr als...


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StGB: 2  41
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