S. 172 / Nr. 27 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 68 I 172

27. Auszug aus dem Urteil vom 30. Oktober 1942 i. S. eidg. Steuerverwaltung
gegen Gemeinde-Sparkasse in Walzenhausen und Rekurskommission des Kantons
Appenzell A. Rh. für die eidgenössischen Steuern.


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Regeste:
Wehropfer: 1. Gemeindeanstalten ohne Rechtspersönlichkeit sind nicht
Steuersubjekt des eidgenössischen Wehropfers. Ihr Vermögen wird, soweit nicht
Anspruch auf Steuerbefreiung besteht, bei der Gemeinde besteuert.
2. Gemeindesparkassen geniessen die Steuerfreiheit nach Art. 12 Ziff. 2 WOB
nicht.
Sacrifice pour la défense nationale: 1. Les établissements communaux sans
personnalité morale ne sont pas contribuables astreints au sacrifie. Autant
que leur fortune n'est pas exempte d'impôts, elle est imposée en moins de la
commune.
2. Les caisses d'épargne cantonales ne sont pas exemptes d'impôts en vertu de
l'art. 12 ch. 2 ASN.
Sacrifico per la difesa nazionale: 1. Gli stabilimenti comunali senza
personalità morale non sono contribuenti assoggettati al sacrificio per la
difesa nazionale. In quanto non esente da imposte, la loro sostanza è colpita
come sostanza del comune.
2. Le casse di risparmio cantonali non sono esenti da imposta in virtù
dell'art. 12 cifra 2 DSDN.

A. ­ Das Reglement für die Gemeinde-Sparkasse in Walzenhausen lautet in Art. 1
und 19:
Art. 1. «Die Sparkasse der Gemeinde Walzenhausen hat den Zweck, einerseits den
Gemeindeeinwohnern Gelegenheit zu verschaffen, Ersparnisse sicher und
zinstragend anzulegen und

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anderseits, ihnen die Befriedigung ihrer Kredit- und Geldbedürfnisse zu
erleichtern.»
Art. 19. «Ein sich ergebender Gewinn wird zur weitern Äufnung des Reservefonds
benutzt.
Dieser dient in erster Linie zur Deckung allfällig entstandener Verluste und
im günstigen Fall für gemeinnützige Zwecke der Gemeinde. Über Verwendung im
letztern Sinne entscheidet die Urnenabstimmung.
Übersteigt der Reservefonds den Betrag von Fr. 160000.­, so ist der
Gemeinderat berechtigt, bis 60 % des jährlichen Reingewinnes zu Gunsten der
Realschule zu verwenden.
Diese Bestimmung kommt erstmals im Rechnungsabschluss 1934 in Anwendung.»
B. ­ Die Kasse hat in der Wehropfererklärung ihr Reinvermögen mit Fr. 163267.­
angegeben, dazu aber bemerkt, sie erwarte, vom Wehropfer gemäss Art. 12, Ziff.
2 WOB befreit zu werden. Die Einschätzungskommission hat die Befreiung
abgelehnt. Die kantonale Rekurskommission hat dem Begehren entsprochen, weil
nach Art. 19 des Reglements der Gewinn, soweit er nicht in den Reservefonds
fliesst, zur Verfügung der Gemeinde stehe, wobei der Gemeinderat ermächtigt
sei, bis zu 50 % des jährlichen Reingewinns zugunsten der Realschule zu
verwenden, der übrige Reingewinn könne durch Gemeindebeschluss «für
gemeinnützige Zwecke der Gemeinde» verwendet werden. Diese seien zweifellos
den in Art. 12, Ziff. 2 WOB genannten öffentlichen Zwecken gleichzustellen. In
den Jahren 1938, 1939 und 1940 sei der Reingewinn im Sinne des Reglementes zur
Speisung des Reservefonds und für die Realschule Walzenhausen verwendet
worden. Der Entscheid enthält auch noch Ausführungen darüber, dass die Kasse
ein «Verwaltungszweig» der Gemeinde ohne rechtliche Persönlichkeit, das
Kassenvermögen Gemeindevermögen sei.
C. ­ Die eidgenössische Steuerverwaltung erhebt die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, den Entscheid der kantonalen
Rekurskommission aufzuheben und die Kasse für ein Vermögen von Fr. 163267.­
wehropferpflichtig zu erklären. Sie macht geltend, das Vermögen der Kasse, der
Reservefonds, diene dem Sparkassenzweck. Die in Art. 19, Abs. 2 des
Reglementes für den «günstigen Fall»

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vorgesehene Verwendung für gemeinnützige Zwecke der Gemeinde trete hinter
jenen Hauptzweck zurück und sei zu unbestimmt, um die Steuerbefreiung zu
rechtfertigen. Auch die Verwendung eines Teils des Reingewinnes für die
Realschule genüge dazu nicht.
D. ­ Die kantonale Rekurskommission beantragt Abweisung der Beschwerde. Es
wird geltend gemacht, das Vermögen der Kasse gehöre der Gemeinde, über die
Verwendung des Vermögensertrages entscheiden die Gemeindebehörden
(Gemeindeversammlung und Gemeinderat). Es sei ganz ausgeschlossen, dass eine
solche Verwendung nicht im öffentlichen Interesse liege. Wesentlich sei, dass
die Organe einer politischen Gemeinde die Erträgnisse niemals einem
privatwirtschaftlichen Zweck zuführen werden. Eine andere als öffentliche oder
gemeinnützige Verwendung komme überhaupt nicht in Frage. Richtig sei, dass der
Reingewinn der Sparkasse nicht Vermögens-, sondern Geschäftsertrag darstelle.
Indessen entstehe er doch nur dank den vorhandenen Reserven. Er habe das
Vermögen zur Voraussetzung, weshalb ohne weiteres gesagt werden könne, das
Vermögen diene zu einem wesentlichen Teil auch öffentlichen Zwecken. ­ Weitere
Ausführungen beziehen sich auf die Frage, ob der Kasse juristische
Persönlichkeit zukomme.
Das Bundesgericht hat den Entscheid der kantonalen Rekurskommission aufgehoben
und die Gemeindesparkasse in Walzenhausen für wehropferpflichtig erklärt
in Erwägung:
1. ­ Die Gemeindesparkasse in Walzenhausen ist nach ihrer Entstehung und nach
ihrer Organisation laut Reglement eine Gemeindeanstalt (Urteil vom 24. Oktober
1935 in Sachen der Rekursbeklagten, Erw. 2 a, nicht publiziert). Ob sie eine
selbständige, mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Anstalt ist, oder eine
unselbständige Anstalt, ein der Gemeindeverwaltung eingegliederter
Verwaltungszweig, ist unerheblich für die hier zu entscheidende Frage.

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Denn die Kasse ist auf jeden Fall öffentlichrechtlich organisiert und daher
nach Art. 12, Ziff. 2 WOB zu behandeln, nicht nach den für die nicht
öffentlichrechtlichen Körperschaften und Anstalten geltenden Vorschriften in
Art. 12, Ziff. 3. Ihr Anspruch auf Steuerbefreiung deckt sich mit demjenigen,
der der Gemeinde Walzenhausen selbst für das Vermögen der Sparkasse zustehen
würde, wenn diese organisatorisch eine unselbständige Gemeindeanstalt wäre.
Dagegen ist der Unterschied erheblich für die Frage, wer als Steuersubjekt in
Betracht kommt. Denn wehropferpflichtig ist grundsätzlich nur, wer
Rechtspersönlichkeit besitzt (natürliche und juristische Personen, Art. 4
WOB); die einzige Ausnahme, die gemacht wird, betrifft ausländische
Handelsgesellschaften (Art. 4, Ziff. 3), kommt also hier nicht in Betracht.
Die hievon abweichenden Ausführungen in der Vernehmlassung der
Rekurskommission mögen für kantonale Steuern zutreffen, aber nicht für das
Wehropfer. Wäre die Beschwerdegegnerin eine unselbständige Gemeindeanstalt, so
wäre ­ unter Vorbehalt der Frage der Steuerbefreiung nach Art. 12, Ziff. 2 ­
die Gemeinde wehropferpflichtig. Die Sparkassenverwaltung hat aber die
subjektive Steuerpflicht nicht bestritten. Sie hat, wie schon für die
Krisenabgabe, wo die subjektive Steuerpflicht ähnlich geordnet war, auch für
das Wehropfer die Steuererklärung abgegeben und sich gegen die Besteuerung
lediglich unter dem Gesichtspunkt eines objektiven Befreiungsgrundes zur Wehr
gesetzt. Die Rekurskommission sodann hat die Veranlagung nicht mangels
subjektiver Steuerpflicht aufgehoben, sondern in der Annahme, das Steuerobjekt
rechtfertige die Ausnahme von der Besteuerung.....
2. ­ Gemeinden und deren Anstalten sind vom Wehropfer befreit für das
Vermögen, das als solches oder mit seinem Ertrage öffentlichen Zwecken dient.
Der Wehropferbeschluss geht von der Annahme aus, dass nicht jede Tätigkeit
einer Gemeinde und nicht jede Verwendung des Gemeindevermögens und seines
Ertrages eine Befreiung rechtfertige. Er nimmt eine Abgrenzung vor. Es soll

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massgebend sein der öffentliche Zweck. Öffentliche Zwecke sind bei Gemeinden
diejenigen, die in den Kreis der ordentlichen Gemeindeverwaltung fallen. Was
hiezu gehört, bestimmt sich in erster Linie nach dem kantonalen
Verfassungsrecht und der Gemeindegesetzgebung, weiterhin aber auch nach den
jeweiligen geltenden Auffassungen über die öffentlichen Aufgaben
schweizerischer Gemeinden.
Abgabefrei ist zunächst das Vermögen, das dem öffentlichen Zwecke unmittelbar
«als solches» dient, also mit seiner Substanz bestimmungsgemäss zu
öffentlichen Zwecken im umschriebenen Sinne verwendet wird (z. B.
Gemeindehäuser, Schulhäuser, Spitäler und andere Einrichtungen der Gemeinde).
Weiterhin besteht der Anspruch auf Befreiung für das Vermögen, das nur mit
seinem Ertrage öffentlichen Zwecken dient, die Gemeindefonds, die «als solche»
zwar nicht angetastet werden dürfen, deren Ertrag aber einem öffentlichen
Zwecke dient, ihm ausschliesslich reserviert ist. Der Sinn dieser Ordnung ist
der, dass das Gemeindeverwaltungsvermögen von der Besteuerung mit dem
Wehropfer ausgeschlossen sein soll. Der Bund will also die eigentliche
Gemeindeverwaltung nicht besteuern; im übrigen aber unterliegen die Gemeinden
und ihre Anstalten der Wehropferpflicht. Diese besteht demnach für das
Vermögen, das andern als Zwecken der (öffentlichen) Gemeindeverwaltung
gewidmet ist.
3. ­ Der Betrieb einer Sparkasse und dessen Sicherung ist eine
privatwirtschaftliche Aufgabe, kein öffentlicher administrativer Zweck. Er ist
es auch dann, wenn er im Interesse einer bestimmten Gegend liegt, ein gewisses
allgemeines Interesse dafür also besteht. Eine Befreiung nach Art. 12, Ziff. 2
WOB vermag er nicht zu begründen (vgl. das zitierte Urteil vom 24. Oktober
1935, Erw. 2, lit. a).
Das Vermögen der Gemeindesparkasse in Walzenhausen dient nach Art. 19, Abs. 2
des Reglements zur Deckung entstandener Verluste, also der Sicherung des
Kassenzweckes, nicht einer öffentlichen Gemeindeaufgabe.

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In Art. 19, Abs. 2 heisst es allerdings weiter: «und im günstigen Fall für
gemeinnützige Zwecke der Gemeinde», worüber eine Urnenabstimmung entscheiden
soll. Darin liegt aber keine Zweckwidmung des Vermögens, sondern eher eine
Vorschrift über die Verwendung des nach Auflösung der Kasse verbleibenden
Vermögensüberschusses. Die Bestimmung kann nicht bedeuten, dass die
Gemeindeversammlung auf den Reservefonds greifen könne, solange die Kasse
betrieben wird und daher den Reservefonds zur Sicherung des Kassenzweckes
braucht. Dafür spricht, dass die Höhe des notwendigen Reservefonds
reglementarisch bestimmt ist (Art. 19, Abs. 3 des Reglements).
Das Bundesgericht hat denn auch schon bei der Krisenabgabe ausgesprochen, dass
dieser Nebenzweck die Befreiung nicht zu begründen vermag, dass es auf den
Hauptzweck ankommt (vgl. auch Entscheid vom 4. Dezember 1930 in Sachen
Ersparniskasse Speicher, Erw. 3, nicht publiziert). Offen bleiben mag, ob
unter «gemeinnützigen Zwecken der Gemeinde» überhaupt öffentliche Zwecke im
Sinne von Art. 12, Ziff. 2 WOB verstanden werden könnten.
Die privatwirtschaftliche Zweckwidmung des Reservefonds der Kasse wird aber
auch dadurch nicht berührt, dass der Gemeinderat seit 1934 ermächtigt ist,
einen Teil des jährlichen Reingewinns zu Gunsten der Realschule zu verwenden,
und seither jedes Jahr einen Betrag erhoben hat. Damit werden
Betriebsüberschüsse in einem gewissen, beschränkten Umfange der Kasse und
ihrem Zwecke entfremdet (vgl. dazu Art. 1 des Reglementes). Die
Betriebsüberschüsse sind aber nicht Kapitalertrag, sondern Unternehmergewinn,
und zwar Gewinn einer privatwirtschaftlichen Unternehmung der Gemeinde,
weshalb eine Steuerbefreiung bei der Vermögensabgabe nicht in Frage kommen
kann. Die Aufgabe des als Reservefonds zurückbehaltenen Vermögens bleibt die
Sicherung des Kassenzweckes nach Art. 19, Abs. 2 des Reglements, auch wenn ein
Teil des Betriebsüberschusses für die Realschule verwendet

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wird. Im übrigen verbleibt der nicht zu Realschulzwecken erhobene
Betriebsüberschuss der Kasse und wird zur Äufnung des Reservefonds verwendet,
also wiederum zu Kassenzwecken.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 68 I 172
Data : 31. dicembre 1942
Pubblicato : 29. ottobre 1942
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 68 I 172
Ramo giuridico : DTF - Diritto amministrativo e diritto internazionale pubblico
Oggetto : Wehropfer: 1. Gemeindeanstalten ohne Rechtspersönlichkeit sind nicht Steuersubjekt des...


Registro DTF
68-I-172
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
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