S. 6 / Nr. 2 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 67 III 6

2. Entscheid vom 9. Januar 1941 i. S. Pellegrinon.

Regeste:
Pfändungsbetreibung, Verwertung von Fahrnis: Der Zuschlag bei der zweiten
bezw. einzigen Steigerung (Art. 127
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 127 - Ist von vorneherein anzunehmen, dass der Zuschlag gemäss Artikel 126 nicht möglich sein wird, so kann der Betreibungsbeamte auf Antrag des betreibenden Gläubigers von der Verwertung absehen und einen Verlustschein ausstellen.
SchKG und Art. 20 Abs. 2 der Vo. vom 17.
Oktober 1939 [Vgl. Art. 26 der Vo. vom 24. Januar 1941]) kann erteilt werden,
wenn die vorgehenden Pfandforderungen überboten sind,
­ auch wenn dem Gläubiger, der das Verwertungsbegehren gestellt hat, andere
Pfändungsgläubiger wegen Gruppenvorranges oder Privilegs vorgehen (Art. 110
Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
und Art. 146 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 146 - 1 Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste.
1    Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste.
2    Die Gläubiger erhalten den Rang, den sie nach Artikel 219 im Konkurs des Schuldners einnehmen würden. Anstelle der Konkurseröffnung ist der Zeitpunkt des Fortsetzungsbegehrens massgebend.
SchKG) und er selbst nichts vom Erlös erhalten
wird.
Letzteres ist daher auch kein Grund, die Verwertung gemäss Art. 20 Abs. 3 der
erwähnten Vo. als undurchführbar zu erklären.
Poursuite par voie de saisie, réalisation de meubles.
L'adjudication peut être prononcée à la seconde enchère, soit actuellement à
la seule enchère (art. 127 LP et art. 20 al. 2 de l'ord. du 17 octobre 1939
[Cf. l'art. 26 de l'ord. du 24 janvier 1941]) dès que l'offre est supérieure
aux créances garanties par gage préférables à celle du poursuivant,

Seite: 7
­ même si le créancier qui a requis la vente est primé par d'autres créanciers
saisissants au bénéfice d'une série antérieure ou d'un privilège (art. 110 al.
3 et art. 146 al. 2 LP) et que lui-même ne doive rien recevoir du produit de
la réalisation.
Cette dernière circonstance n'est donc pas non plus un motif de renoncer à la
vente conformément à l'art. 20 al. 3 de l'ord. précitée.
Esecuzione in via di pignoramento, realizzazione di mobili.
L'aggiudicazione può essere fatta al secondo incanto o, presentemente, al
primo incanto (art. 127 LEF e art. 20 cp. 2 dell'Ordinanza 17 ottobre 1939
[Cfr. l'art. 26 dell'ordinanza 24 gennaio 1941]), tosto che l'offerta maggiore
superi l'importo dei crediti garantiti da pegni poziori a quello del creditore
procedente,
­ anche se il creditore, che ha chiesto la vendita, sia posposto ad altri
creditori procedenti al beneficio di un gruppo anteriore o di un privilegio
(art. 110 cp. 3 e art. 146 cp. 2 LEF) e non debba ricevere nulla dal ricavo
della realizzazione.
Quest'ultima circostanza non è quindi un motivo per dichiarare ineseguibile la
vendita ai sensi dell'art. 20 cp. 3 dell'ordinanza precitata.

Das Betreibungsamt Lommis hat die Verwertung der für die Rekurrenten
gepfändeten beweglichen Sachen mit Berufung auf Art. 20 Abs. 3 der Verordnung
des Bundesrates vom 17. Oktober 1939 über vorübergehende Milderungen der
Zwangsvollstreckung abgelehnt, weil von vornherein anzunehmen sei, die
Verwertung würde keinen den Rekurrenten auszurichtenden Überschuss über die
Pfand- und die andern ihnen gegenüber privilegierten bezw. ihnen vorgehenden
Forderungen ergeben. Die Beschwerde der Rekurrenten ist von beiden kantonalen
Instanzen, der obern am 17. Dezember 1940, abgewiesen worden, aus folgenden
Gründen: Der Erlös aus den auf Fr. 7292.­ geschätzten Fahrnissen wäre auf eine
Pfandforderung von Fr. 600.­, eine Forderung mit vorgehender Pfändung von Fr.
563.­ und die privilegierte Hälfte von Fr. 7000.­ der angeschlossenen und von
den Rekurrenten anerkannten Frauengutsforderung im Gesamtbetrag von Fr.
14000.­ anzuweisen, so dass nichts für die Rekurrenten übrigbliebe. Die
erwähnte Bestimmung erwähne allerdings nur den Fall, dass einzig wegen
Pfandforderungen keine Aussicht auf die Möglichkeit einer Verwertung besteht;
doch treffe der Grund der

Seite: 8
Bestimmung, «die Verwertung nicht durchzuführen, wenn dabei für den
betreibenden Gläubiger nichts herausschauen würde», in gleicher Weise zu,
wenn, wie hier, «das Steigerungsergebnis von der privilegierten
Frauengutsforderung konsumiert würde».
Mit dem vorliegenden Rekurs halten die Rekurrenten daran fest, dass ihrem
Verwertungsbegehren entsprochen werden müsse.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Wie nach Art. 127
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 127 - Ist von vorneherein anzunehmen, dass der Zuschlag gemäss Artikel 126 nicht möglich sein wird, so kann der Betreibungsbeamte auf Antrag des betreibenden Gläubigers von der Verwertung absehen und einen Verlustschein ausstellen.
SchKG bei der zweiten, so ist nach Art. 20 Abs. 2 der
Kriegsverordnung vom 17. Oktober 1939 bei der nunmehr einzigen Steigerung
hinsichtlich gepfändeter Fahrnis der Zuschlag an den Meistbietenden möglich,
wenn das Angebot die auf dem Gegenstand lastenden, den Pfändungsrechten
vorgehenden Pfandforderungen übersteigt, sich also ein Überschuss für die
Pfändungsgläubiger ergibt, gleichgültig ob gerade derjenige, der das
Verwertungsbegehren gestellt hatte, eine Zuteilung an seine Forderung erwarten
kann oder nicht. Nach Art. 117
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 117 - 1 Das Recht, die Verwertung zu verlangen, steht in einer Gläubigergruppe jedem einzelnen Teilnehmer zu.
1    Das Recht, die Verwertung zu verlangen, steht in einer Gläubigergruppe jedem einzelnen Teilnehmer zu.
2    Gläubiger, welche Vermögensstücke gemäss Artikel 110 Absatz 3 nur für den Mehrerlös gepfändet haben, können gleichfalls deren Verwertung verlangen.
SchKG ist ja in einer Gläubigergruppe jeder
Teilnehmer berechtigt, die Verwertung zu verlangen, und bei mehreren Gruppen
auch ein an der zweiten oder einer folgenden Gruppe im Sinn von Art. 110 Abs.
3 Beteiligter, und zwar ist die Verwertung unter denselben Bedingungen
durchführbar, ob nun der eine oder der andere der hiezu Berechtigten sie
verlangt hat. Ein Interesse an der Durchführung der Verwertung haben denn auch
nicht nur diejenigen, die einen Erlösanteil für sich selbst bekommen, sondern
auch die andern, insofern eben die Verwertung zur ganzen oder teilweisen
Tilgung anderer an der Pfändung beteiligter Forderungen führt und damit deren
Konkurrenz beseitigt, sowohl für die hängige wie auch allenfalls für eine
spätere Betreibung. Und das Interesse an der Ausnützung gerade der
gegenwärtigen Pfändungsrechte ist namentlich im Hinblick auf die Gefahr
gegeben, dass die gepfändeten

Seite: 9
Gegenstände beim Hinfall des Beschlags dem Zugriff der Gläubiger entfremdet
werden könnten. Somit liesse sich nicht rechtfertigen, die den Pfandgläubigern
zukommende Sonderstellung in dem von der Vorinstanz angenommenen Sinn auf
Pfändungsgläubiger mit vorgehendem Gruppenrang oder Privileg gegenüber
demjenigen, der das Verwertungsbegehren gestellt hat, auszudehnen, und die
Kriegsverordnung vom 17. Oktober 1939 tut es auch nicht, indem sie vielmehr in
Abs. 3 ebenso wie in Abs. 2 des Art. 20 nur den Fall in Betracht zieht, dass
sich ein Überschuss über die den Mindestpreis bestimmenden Pfandforderungen
nicht erzielen, also ein Zuschlag gar nicht vornehmen lässt. Nur wenn diese
Sachlage von vornherein gegeben erscheint, kann darnach eine
Steigerungsverhandlung unterbleiben und die Verwertung des betreffenden
Gegenstandes, als ob sie versucht worden und tatsächlich gescheitert wäre, als
undurchführbar erachtet werden. Angesichts der Pfandforderung von bloss Fr.
600.­, die übrigens nur einzelne der gepfändeten Gegenstände belastet, die
bereits höher geschätzt sind, kann jedoch im vorliegenden Falle nicht von
voraussichtlicher Unmöglichkeit der Verwertung gesprochen werden.
Die verlangte Verwertung ist somit durchzuführen. Will die Ehefrau des
Schuldners die für den Landwirtschaftsbetrieb wichtigen Aktiven der Familie
erhalten, so muss sie selbst an der Steigerung teilnehmen. Dabei mag sie eine
Verständigung anstreben in dem Sinne, dass sie von der Barzahlung des
Steigerungspreises im Umfange des ihr selbst mutmasslich zuzuteilenden
Erlösbetrages entbunden würde (gegen Verrechnung mit ihrer Forderung),
insbesondere im Umfang des mutmasslich nach Art. 211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB privilegierten
Forderungsbetrages.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen und das Betreibungsamt Lommis angewiesen, die
Fahrnisverwertung durchzuführen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 67 III 6
Datum : 31. Dezember 1941
Publiziert : 08. Januar 1941
Quelle : Bundesgericht
Status : 67 III 6
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Pfändungsbetreibung, Verwertung von Fahrnis: Der Zuschlag bei der zweiten bezw. einzigen Steigerung...


Gesetzesregister
SchKG: 110 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
117 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 117 - 1 Das Recht, die Verwertung zu verlangen, steht in einer Gläubigergruppe jedem einzelnen Teilnehmer zu.
1    Das Recht, die Verwertung zu verlangen, steht in einer Gläubigergruppe jedem einzelnen Teilnehmer zu.
2    Gläubiger, welche Vermögensstücke gemäss Artikel 110 Absatz 3 nur für den Mehrerlös gepfändet haben, können gleichfalls deren Verwertung verlangen.
127 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 127 - Ist von vorneherein anzunehmen, dass der Zuschlag gemäss Artikel 126 nicht möglich sein wird, so kann der Betreibungsbeamte auf Antrag des betreibenden Gläubigers von der Verwertung absehen und einen Verlustschein ausstellen.
146
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 146 - 1 Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste.
1    Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste.
2    Die Gläubiger erhalten den Rang, den sie nach Artikel 219 im Konkurs des Schuldners einnehmen würden. Anstelle der Konkurseröffnung ist der Zeitpunkt des Fortsetzungsbegehrens massgebend.
ZGB: 211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
BGE Register
67-III-6
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
verwertungsbegehren • orden • betreibungsamt • bewegliche sache • kantonales rechtsmittel • wille • landwirtschaftsbetrieb • familie • treffen • angewiesener • bedingung • barzahlung • vorinstanz • weiler • zwangsvollstreckung • bundesrat • serie • schuldner • schuldbetreibungs- und konkursrecht • pfand