S. 129 / Nr. 41 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 67 III 129

41. Entscheid vom 1. September 1941 i. S. Nefzger.

Regeste:
Auskündung fruchtlos ausgepfändeter Schuldner und Anlegung von Listen solcher
Schuldner zu jedermanns freier Einsicht, unabhängig vom Nachweis eines
Interesses im Sinne von Art. 8 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 8 - 1 Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
1    Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
2    Die Protokolle und Register sind bis zum Beweis des Gegenteils für ihren Inhalt beweiskräftig.
3    Das Betreibungsamt berichtigt einen fehlerhaften Eintrag von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person.
SchKG, kann vom kantonalen Recht
vorgeschrieben werden.
Bundesgesetz vom 29. April 1920 betreffend die öffentlichrechtlichen Folgen
der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses, Art. 1 und 2.
Il est loisible aux Cantons de prescrire la publication des noms des débiteurs
ayant fait l'objet d'une saisie infructueuse et d'ordonner qu'il en sera
dressé une liste que quiconque pourra consulter sans avoir à justifier d'un
intérêt dans le sens de l'art. 8 LP.
Art. 1 et 2 de la loi fédérale sur les conséquences de droit public de la
saisie infructueuse et de la faillite, du 29 avril 1920.
È permesso ai Cantoni di ordinare la pubblicazione dei nomi dei debitori, che
sono stati oggetto di un pignoramento infruttuoso, e di far compilare una
lista che potrà essere consultata da chiunque, senza dover giustificare un
interesse ai sensi dell'art. 8 LEF.
Art. 1 e 2 della legge federale 29 aprile 1920 sugli effetti di diritto
pubblico del pignoramento infruttuoso e del fallimento.

§ 3 des solothurnischen Gesetzes vom 28. November 1937 betreffend die
öffentlichrechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Koukurses
bestimmt
«Die während der Volljährigkeit fruchtlos gepfändeten Schuldner sind binnen
Monatsfrist seit

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Ausstellung des Verlustscheines im Amtsblatt auszukünden. Das Betreibungsamt
gibt ihnen bei Ausstellung des Verlustscheins hievon Kenntnis und macht sie
auf die Möglichkeit der Befreiung von der Publikation nach Abs. 2 und 3
aufmerksam.
Die Publikation unterbleibt, wenn die zu Verlust gekommenen Gläubiger während
der in Abs. 1 genannten Frist befriedigt werden.
Der Betreibungsbeamte kann ferner auf schriftliches, innerhalb der in Abs. 1
genannten Frist eingereichtes Gesuch hin von der Publikation absehen, wenn der
Schuldner nachweist, dass seine Zahlungsunfähigkeit durch Umstände
herbeigeführt wurde, an deren Eintritt ihn kein Verschulden trifft, wie z. B.
Krankheit, Arbeitslosigkeit, ungenügendes Einkommen, Bürgschaften,
Krisenfolgen und dergleichen...».
Nach diesen Vorschriften ging das Betreibungsamt Dorneck bei Ausstellung eines
Verlustscheins in der gegen die Rekurrentin durchgeführten Betreibung Nr. 4500
vor. Anstelle eines vom Sohn der Schuldnerin gesandten Schreibens von sechs
Seiten verlangte das Amt ein Gesuch mit kurzer Begründung, und als dann am 3.
Juni 1941 ein solches einging, dem die Gläubigerin zustimmte, sah das Amt von
der in Aussicht gestellten Publikation ab.
Trotzdem beschwerte sich der Sohn der Schuldnerin in deren Namen nachträglich
wegen der Art der Behandlung des Gesuches. Er verlangte ausserdem Aufhebung
der Betreibung Nr. 4500 und Anordnung einer neuen Steigerung. Nach Abweisung
durch Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 24. Juli 1941 hält er mit
dem vorliegenden Rekurs an der Beschwerde fest.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Da die Auskündung der Rekurrentin als fruchtlos ausgepfändeter Schuldnerin
unterblieben ist und nach Verfügung des Betreibungsamtes nicht stattfinden
wird, besteht in dieser Hinsicht keine Veranlassung zur vorliegenden
Beschwerde und Weiterziehung. Die Sache ist in

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dem von der Rekurrentin selbst gewünschten Sinne erledigt. Die vom
Betreibungsamt erlassene Einladung, allfällige Befreiungsgründe in einem
Gesuche darzulegen, ansonst die Veröffentlichung im Amtsblatte stattfinden
müsse, verstiess nicht gegen Bundesrecht. Sie stützte sich auf das eingangs
erwähnte kantonale Gesetz, das seinerseits auf Art. 2 des Bundesgesetzes vom
29. April 1920 betreffend die nämliche Materie beruht. Darnach können die
Kantone, «unter Vorbehalt von Art. 1 und soweit nicht andere bundesrechtliche
Vorschriften entgegenstehen, an die fruchtlose Pfändung und den Konkurs
öffentlichrechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
Ämter, zur Ausübung patentierter Berufsarten usw.) knüpfen». Als derartige
Folge ist gerade auch die Veröffentlichung der Verlustscheine oder die
Anlegung von Listen solcher Schuldner zu jedermanns Einsicht, ohne dass ein
Interesse nach Art. 8 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 8 - 1 Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
1    Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
2    Die Protokolle und Register sind bis zum Beweis des Gegenteils für ihren Inhalt beweiskräftig.
3    Das Betreibungsamt berichtigt einen fehlerhaften Eintrag von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person.
SchKG nachgewiesen werden müsste, zulässig. Vor
Inkrafttreten des erwähnten Bundesgesetzes stand den Kantonen nach dem damals
geltenden Art. 26
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 26 - 1 Die Kantone können, soweit nicht Bundesrecht anwendbar ist, an die fruchtlose Pfändung und die Konkurseröffnung öffentlich-rechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung bewilligungspflichtiger Berufe und Tätigkeiten) knüpfen. Ausgeschlossen sind die Einstellung im Stimmrecht und im aktiven Wahlrecht sowie die Publikation der Verlustscheine.
1    Die Kantone können, soweit nicht Bundesrecht anwendbar ist, an die fruchtlose Pfändung und die Konkurseröffnung öffentlich-rechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung bewilligungspflichtiger Berufe und Tätigkeiten) knüpfen. Ausgeschlossen sind die Einstellung im Stimmrecht und im aktiven Wahlrecht sowie die Publikation der Verlustscheine.
2    Die Rechtsfolgen sind aufzuheben, wenn der Konkurs widerrufen wird, wenn sämtliche Verlustscheingläubiger befriedigt oder ihre Forderungen verjährt sind.
3    Kommt als einziger Gläubiger der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners zu Verlust, so dürfen keine öffentlich-rechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung oder des Konkurses ausgesprochen werden.40
SchKG «unter Vorbehalt bundesgesetzlicher Bestimmungen über
die politischen Rechte der Schweizerbürger» allgemein zu, die
öffentlichrechtlichen Folgen der Pfändung und des Konkurses festzustellen.
Bereits damals war als zulässige Massregel die Auskündung der
Verlustsoheinsschuldner anerkannt und wurde ausgesprochen, sie stelle,
abgesehen von dem auf den Schuldner indirekt ausgeübten Zwang, das Mittel dar,
ihn der Öffentlichkeit als ökonomisch nicht vertrauenswürdig zu verzeigen, und
bezwecke eine Minderung seines öffentlichen Ansehens als ökonomische
Persönlichkeit; insofern habe die Publikation den repressiven Charakter einer
öffentlichrechtlichen Folge des amtlich festgestellten Zustandes der Insolvenz
(BGE 26 I 220 = Sept.-Ausgabe 3 S. 153). Daran hat das Bundesgesetz von 1920
nichts geändert, indem es eben, abgesehen von dem in Art. 1 besondern
Vorschriften unterworfenen Entzug des Stimmrechts, den Eintritt anderer
öffentlichrechtlicher Folgen der

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fruchtlosen Pfändung und des Konkurses nach kantonalem Recht vorbehält.
Vorausgesetzt ist dabei, dass nicht bloss ein provisorischer Verlustschein
vorliegt; denn er könnte, wie schon im erwähnten Urteil ausgeführt wurde,
nicht als endgültiger Ausweis über eine fruchtlose Pfändung gelten. Anderseits
unterliegen die Folgen, die nach kantonalem Recht eingetreten sind, der
Aufhebung nach Art. 2 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 2 - 1 In jedem Betreibungskreis besteht ein Betreibungsamt, das vom Betreibungsbeamten geleitet wird.
1    In jedem Betreibungskreis besteht ein Betreibungsamt, das vom Betreibungsbeamten geleitet wird.
2    In jedem Konkurskreis besteht ein Konkursamt, das vom Konkursbeamten geleitet wird.
3    Jeder Betreibungs- und Konkursbeamte hat einen Stellvertreter, der ihn ersetzt, wenn er in Ausstand tritt oder an der Leitung des Amtes verhindert ist.
4    Das Betreibungs- und das Konkursamt können zusammengelegt und vom gleichen Beamten geleitet werden.
5    Die Kantone bestimmen im Übrigen die Organisation der Betreibungs- und der Konkursämter.
des Bundesgesetzes wie schon früher nach der
übereinstimmenden Vorschrift von Art. 26 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 26 - 1 Die Kantone können, soweit nicht Bundesrecht anwendbar ist, an die fruchtlose Pfändung und die Konkurseröffnung öffentlich-rechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung bewilligungspflichtiger Berufe und Tätigkeiten) knüpfen. Ausgeschlossen sind die Einstellung im Stimmrecht und im aktiven Wahlrecht sowie die Publikation der Verlustscheine.
1    Die Kantone können, soweit nicht Bundesrecht anwendbar ist, an die fruchtlose Pfändung und die Konkurseröffnung öffentlich-rechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung bewilligungspflichtiger Berufe und Tätigkeiten) knüpfen. Ausgeschlossen sind die Einstellung im Stimmrecht und im aktiven Wahlrecht sowie die Publikation der Verlustscheine.
2    Die Rechtsfolgen sind aufzuheben, wenn der Konkurs widerrufen wird, wenn sämtliche Verlustscheingläubiger befriedigt oder ihre Forderungen verjährt sind.
3    Kommt als einziger Gläubiger der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners zu Verlust, so dürfen keine öffentlich-rechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung oder des Konkurses ausgesprochen werden.40
SchKG. Wenn die
Veröffentlichung der Verlustscheine und die in kantonalen Gesetzen auch
vorgesehene Anlegung von Listen solcher Schuldner zu jedermanns freier
Einsicht in Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes von 1920 nicht ausdrücklich als
zulässige Massregel vorgesehen ist, so fällt sie doch unter die mit den Worten
«u.s.w.» vorbehaltenen weitern Rechtsfolgen. Das kam denn auch bei der
Beratung des Gesetzes klar zum Ausdruck. Schon die Botschaft des Bundesrates
sprach es aus in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtes
(Bundesblatt 1916 IV 299/326), und auf Grund entsprechender Ausführungen des
Kommissionsreferenten Keller und von Bundesrat Müller lehnte der Ständerat
einen vom Nationalrat beschlossenen, die Einsichtnahme in Listen von
Verlustscheinsschuldnern im Sinne von Art. 8 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 8 - 1 Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
1    Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
2    Die Protokolle und Register sind bis zum Beweis des Gegenteils für ihren Inhalt beweiskräftig.
3    Das Betreibungsamt berichtigt einen fehlerhaften Eintrag von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person.
SchKG einschränkenden
Zusatz ab (Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung, Ständerat, 1917 S.
203, 211/2, 216), wobei es dann blieb. Damit stimmt überein, was das
eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement seit Inkrafttreten des neuen
Gesetzes zwei Kantonsregierungen geantwortet hat (Schweizerische
Bundesrechtspraxis seit 1903, Band II Nr. 401 II). Es erweckt kein Bedenken,
dass das solothurnische Gesetz die Veröffentlichung nur im Fall der
Ausstellung von Verlustscheinen in der Pfändungsbetreibung vorsieht. Selbst
wenn man als Regel annimmt, die öffentlichrechtlichen Folgen nach kantonalem
Gesetz dürfen von Bundesrechts wegen nicht entweder auf den Fall der
fruchtlosen Pfändung oder denjenigen des Konkurses

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beschränkt werden, so müsste für die Veröffentlichung eine Ausnahme zulässig
sein, da die Konkurseröffnung ohnehin zur Konkurspublikation führt und
überdies eine Reihe von Bekanntmachungen im weitern Verlauf des Verfahrens
nach sich zieht, so dass sich die Schuldner in der Pfändungsbetreibung nicht
über eine ihnen nachteilige ungleiche Behandlung beklagen können.
2.- Der Antrag auf Aufhebung der Betreibung Nr. 4500 stützt sich auf keinen
gesetzlichen Grund.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Document : 67 III 129
Date : 31. Dezember 1941
Published : 01. September 1941
Source : Bundesgericht
Status : 67 III 129
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Auskündung fruchtlos ausgepfändeter Schuldner und Anlegung von Listen solcher Schuldner zu...


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SchKG: 2  8  26
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