S. 234 / Nr. 48 Familienrecht (d)

BGE 66 II 234

48. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Dezember 1940 i. S. Bosio gegen
Bosio.

Regeste:
Eheliches Güterrecht.
Verjährung der Frauenguts-Ersatzforderung nach dem Tode des Ehemannes.
· Anwendung der Grundsätze des internationalen und intertemporalen Rechtes,
NAG Art. 28, 31; SchlT ZGB Art. 3, 9, 49;
· Verjährungsfrist von 10 Jahren, OR Art. 127, ZGB Art. 7.
Régime matrimonial.
Prescription, après de décès du mari, de la créance que la femme possède pour
ses apports.
· Application du droit international et du droit transitoire art. 28 et 31 de
la loi du 25 juin 1891; art. 3, 9, 49 Tit. fin. CC.;
· Délai de prescription de dix ans; art. 127 CO; art. 7 CC.
Regime matrimoniale.
Prescrizione, dopo la morte del marito, del credito che la moglie possiede a
dipendenza dei suoi apporti.
· Applicazione del diritto internazionale e del diritto transitorio art. 28 e
31 della legge 25 giugno 1891; art. 3, 9, 49 tit. fin. CC.
· Termine di prescrizione di dieci anni; art. 127 CO; art. 7 CC.

Der Schweizerbürger Eduard Bosio, der in Turin seinen Wohnsitz hatte, starb am
31. Juli 1927 in Davos. Ausser seiner einzigen, am 27. November 1907 geborenen
Tochter Giovanna Bosio hinterblieb seine Witwe, Johanna Bosio geb. Nüssli, mit
der er im Jahre 1901 in Pfäffikon, Kt. Zürich, die Ehe geschlossen und am
gleichen Ort den ersten ehelichen Wohnsitz gegründet hatte. Durch eine

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letztwillige Verfügung war der Übergang seiner Erbschaft an die Tochter als
Universalerbin und das Nutzniessungsrecht der Witwe geregelt. Diese liess im
Februar 1938 ein bei einer Bank in Rapperswil-St. Gallen liegendes
Wertschriftendepot der Tochter mit Arrest belegen und hob gestützt hierauf am
21. Februar 1938 gegen die Tochter Betreibung an für eine Forderung von Fr.
130000.-, die sie, zufolge des Rechtsvorschlages der Betriebenen, mit der
vorliegenden Klage geltend macht. Zur Begründung führte sie an, es stehe ihr
für das in die Ehe eingebrachte Gut und aus der Tilgung von Schulden des
Erblassers eine weit über den eingeklagten Betrag hinausgehende
Ersatzforderung zu, für welche die Tochter als Alleinerbin hafte. Die Beklagte
bestritt den Bestand der Forderung und wandte ein, dass diese, falls sie
bestanden hätte, durch Auszahlungen getilgt wäre. Ferner erhob sie die
Einrede, dass ihre Haftung für die behauptete Forderung gemäss Art. 639
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 639 - 1 Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
1    Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
2    La solidarité cesse toutefois après cinq ans; le délai court dès le partage ou dès l'exigibilité des créances, si elle est postérieure au partage.
ZGB
verjährt wäre.
Die erste Instanz hiess die Klage in dem Sinne gut, dass sie die mit Arrest
belegten Wertschriften als Eigentum der Klägerin erklärte. Bezüglich der
Mehrforderung schützte sie die Verjährungseinrede der Beklagten mit dem
Hinweis, dass die Klägerin selber es unterlassen habe, die Erbschaft
rechtzeitig und ordnungsgemäss zu liquidieren. Das Kantonsgericht von St.
Gallen hingegen wies mit Urteil vom 16. April 1940 die Klage gänzlich ab. Es
fand die Verjährungseinrede begründet, stützte sich hiebei aber nicht auf den
von der Beklagten angerufenen Art. 639
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 639 - 1 Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
1    Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
2    La solidarité cesse toutefois après cinq ans; le délai court dès le partage ou dès l'exigibilité des créances, si elle est postérieure au partage.
ZGB, sondern auf die allgemeinen Normen
über die Verjährung und kam nach diesen zum Schlusse, dass die zehnjährige
Frist des Art. 127
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 127 - Toutes les actions se prescrivent par dix ans, lorsque le droit civil fédéral n'en dispose pas autrement.
OR, die am Todestag des Erblassers zu laufen begonnen habe,
erfüllt sei, da sie weder stillgestanden habe noch unterbrochen worden sei.
Mit ihrer gegen dieses Urteil an das Bundesgericht ergriffenen Berufung
wiederholt die Klägerin den Antrag auf Gutheissung der Klage.

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Vorinstanz hat über die Verjährungseinrede der Beklagten ohne weiteres
nach schweizerischem Recht entschieden. Massgeblich ist für die Frage der
Verjährung nach den vom Bundesgericht entwickelten internationalrechtlichen
Grundsätzen das Recht, nach welchem sich das im Streit liegende
Schuldverhältnis beurteilt (BGE 38 II 359). Da dieses im vorliegenden Falle
das ehegüterrechtliche Verhältnis schweizerischer Ehegatten betrifft und der
italienisch-schweizerische Niederlassungsvertrag vom 22. Juli 1868 nicht zur
Anwendung kommt, ist das für den Streit massgebliche Recht nach den
allgemeinen bundesrechtlichen Normen über die örtliche Rechtsanwendung zu
bestimmen (NAG Art. 28 und 31). Schweizerische Ehegatten behalten gemäss NAG
Art. 31 Abs. 2 das in der Schweiz begründete Güterrechtsverhältnis auch im
Ausland unverändert bei, vorausgesetzt, dass das ausländische Recht dem nicht
entgegensteht. In Italien ist dies nicht der Fall; Art. 6 des codice civile
verweist diesbezüglich ausdrücklich auf das Heimatrecht der Ehegatten. Ist
somit schweizerisches Recht anwendbar, so stellt sich noch die
intertemporalrechtliche Frage, ob Bundesrecht oder altes kantonales Recht
massgeblich sei. Gemäss Art. 9
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 127 - Toutes les actions se prescrivent par dix ans, lorsque le droit civil fédéral n'en dispose pas autrement.
SchlT ZGB gelten, von hier nicht einschlägigen
Ausnahmen abgesehen, für die internen güterrechtlichen Wirkungen der vor 1912
geschlossenen Ehen auch nach dem Inkrafttreten des ZGB die Vorschriften des
bisherigen Familien- und Erbrechtes, die von den Kantonen als güterrechtlich
bezeichnet werden. Die Verjährung hingegen ist grundsätzlich nach Bundesrecht
zu beurteilen (SchlT ZGB Art. 49). Ob hieraus zu folgern wäre, dass eine
allfällige, für die güterrechtlichen Ansprüche im kantonalen Güterrecht
aufgestellte besondere Fälligkeits-, Verjährungs- oder
Unverjährbarkeitsvorschrift unbeachtlich, die Verjährungsfrage also in jedem
Falle nach Bundesrecht zu lösen und Art. 9 Abs. 2 SchlT als in diesem Sinne

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eingeschränkt zu betrachten sei (vgl. BGE 42 II 53), braucht hier aber nicht
untersucht zu werden. Die Gesetzgebung des Kantons Zürich, nach welcher sich
die Ersatzforderung der Klägerin für ihr eingebrachtes Frauengut beurteilt,
hat keine Verjährungsvorschrift als güterrechtliche Sonderregel bezeichnet.
Somit kann gemäss Art. 3, 9 und 49 SchlT die Anwendung von Bundesrecht für die
Entscheidung über die Verjährungseinrede der Beklagten nicht zweifelhaft sein.
Die Vorinstanz hat sich mit Recht nicht an die von der Beklagten gegebene
Begründung ihrer Verjährungseinrede gebunden erachtet und sich demgemäss nicht
mit der Ablehnung des von der Beklagten angerufenen Art. 639
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 639 - 1 Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
1    Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
2    La solidarité cesse toutefois après cinq ans; le délai court dès le partage ou dès l'exigibilité des créances, si elle est postérieure au partage.
ZGB begnügt,
sondern die Anwendbarkeit der allgemeinen Verjährungsnormen des OR geprüft,
die gemäss Art. 7
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 7 - Les dispositions générales du droit des obligations relatives à la conclusion, aux effets et à l'extinction des contrats sont aussi applicables aux autres matières du droit civil.
ZGB auch für güterrechtliche Ansprüche Geltung haben. Damit
hat die Vorinstanz nicht gegen Art. 142
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 142 - Le juge ne peut suppléer d'office le moyen résultant de la prescription.
OR verstossen, wonach der Richter die
Verjählung nicht von Amtes wegen berücksichtigen darf. Es genügt die Einrede
der Verjährung. Eine unrichtige rechtliche Begründung derselben kann der
Partei nicht schaden.
In Frage kommt einzig die zehnjährige Verjährungsfrist des Art. 127
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 127 - Toutes les actions se prescrivent par dix ans, lorsque le droit civil fédéral n'en dispose pas autrement.
OR. Diese
Frist muss im Februar 1938 abgelaufen sein, in welchem Zeitpunkt nach den für
das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz die Klägerin
durch die Arrestnahme die erste Massnahme zur Geltendmachung ihrer
Ersatzforderung traf. Damit sie erfüllt sei, ist somit nur notwendig, dass die
Verjährungswirkung spätestens im Februar 1928 begann und in ihrem Ablauf nicht
gehemmt wurde. Diese Voraussetzung ist auch unter der für die Klägerin
günstigsten Annahme gegeben. Im Februar 1928 war infolge der Auflösung der Ehe
durch den Tod des Ehemannes nach dem im Verhältnis unter den Ehegatten oder
deren Rechtsnachfolgern nach Art. 9
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 127 - Toutes les actions se prescrivent par dix ans, lorsque le droit civil fédéral n'en dispose pas autrement.
SchlT ZGB anwendbaren Privatrecht des
Kantons Zürich (§ 899 PGB) die Fälligkeit der Ersatzforderung eingetreten. Da
ausserdem die Beklagte am 27. November

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1927 ihre Volljährigkeit erreicht hatte, war auch jedes Verjährungshindernis
entfallen, das aus der Rechtsstellung der Mutter zum minderjährigen Kind
allenfalls hätte abgeleitet werden können. Andere Hinderungsgründe gegen den
Ablauf der Verjährungsfrist bestanden nicht, insbesondere kann sich die
Klägerin nicht auf OR Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 berufen, wonach die Verjährung
stillsteht, solange die Forderung vor einem schweizerischen Gericht nicht
geltendgemacht werden kann. Stand ihr doch nach Art. 28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Ordonnance du 8 décembre 2017 sur l'établissement d'actes authentiques électroniques et la légalisation électronique (OAAE)
OAAE Art. 28 Entrée en vigueur - La présente ordonnance entre en vigueur le 1er février 2018.
NAG der
Gerichtsstand der Heimat zur Verfügung. Ein Tatbestand, der eine Unterbrechung
der Verjährung im Sinne von Art. 135
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 135 - La prescription est interrompue:
1  lorsque le débiteur reconnaît la dette, notamment en payant des intérêts ou des acomptes, en constituant un gage ou en fournissant une caution;
2  lorsque le créancier fait valoir ses droits par des poursuites, par une requête de conciliation, par une action ou une exception devant un tribunal ou un tribunal arbitral ou par une intervention dans une faillite.
OR bewirkt hätte, ist nach den
Feststellungen der Vorinstanz nicht erstellt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts von St. Gallen
vom 16. April 1940 bestätigt.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 66 II 234
Date : 01 janvier 1940
Publié : 04 décembre 1940
Source : Tribunal fédéral
Statut : 66 II 234
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Eheliches Güterrecht.Verjährung der Frauenguts-Ersatzforderung nach dem Tode des Ehemannes.·...


Répertoire des lois
CC: 7 
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 7 - Les dispositions générales du droit des obligations relatives à la conclusion, aux effets et à l'extinction des contrats sont aussi applicables aux autres matières du droit civil.
639
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 639 - 1 Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
1    Les héritiers sont tenus solidairement, même après le partage et sur tous leurs biens, des dettes de la succession, à moins que les créanciers de celles-ci n'aient consenti expressément ou tacitement à la division ou à la délégation de ces dettes.
2    La solidarité cesse toutefois après cinq ans; le délai court dès le partage ou dès l'exigibilité des créances, si elle est postérieure au partage.
CC tit fin: 9
CO: 127 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 127 - Toutes les actions se prescrivent par dix ans, lorsque le droit civil fédéral n'en dispose pas autrement.
135 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 135 - La prescription est interrompue:
1  lorsque le débiteur reconnaît la dette, notamment en payant des intérêts ou des acomptes, en constituant un gage ou en fournissant une caution;
2  lorsque le créancier fait valoir ses droits par des poursuites, par une requête de conciliation, par une action ou une exception devant un tribunal ou un tribunal arbitral ou par une intervention dans une faillite.
142
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 142 - Le juge ne peut suppléer d'office le moyen résultant de la prescription.
OAAE: 28
SR 211.435.1 Ordonnance du 8 décembre 2017 sur l'établissement d'actes authentiques électroniques et la légalisation électronique (OAAE)
OAAE Art. 28 Entrée en vigueur - La présente ordonnance entre en vigueur le 1er février 2018.
Répertoire ATF
38-II-359 • 42-II-49 • 66-II-234
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
application du droit • apport • autorité inférieure • autorité judiciaire • conjoint • créance • d'office • de cujus • dommage • droit cantonal • droit des successions • droit national • droit suisse • droit étranger • décision • défendeur • délai • enfant • entrée en vigueur • famille • italien • mariage • mort • motivation de la décision • mère • nationalité suisse • norme • opposition • première instance • propriété • pré • prétention de droit public • question • régime matrimonial • terme • tribunal cantonal • tribunal fédéral • veuve