S. 61 / Nr. 18 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Zivilabteilungen). (d)

BGE 65 III 61

18. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Juni 1939 i. S. Weibel gegen Wüest
und Gen.

Regeste:
Abtretung von Ansprüchen der Konkursmasse nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG mit allfälliger
Ansetzung einer Frist zur Klageanhebung (Formular Nr. 7, Ziff. 6):
Mit dem unbenutzten Ablauf dieser Frist fällt die Abtretung nicht ohne
weiteres dahin; sie kann jedoch nunmehr widerrufen werden, solange der
betreffende Gläubiger nicht nachträglich Klage angehoben hat. Liegt ein
solcher Widerruf

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nicht vor, so ist der durch die Abtretung ausgewiesene Gläubiger ungeachtet
des unbenutzten Ablaufes der Frist zur Prozessführung berechtigt.
Cession des droits de la masse conformément à l'art. 260 LP avec fixation d'un
délai pour les faire valoir en justice (formule no 7 ch 6):
Le cessionnaire qui n'agit pas dans le délai imparti n'est pas pour autant
forclos. L'administration de la faillite peut cependant, dès l'expiration du
délai et tant que le créancier n'a pas ultérieurement introduit son action,
révoquer la cession. Si la révocation n'est pas prononce, le créancier
autorisé par la cession est habile à mener le procès, sans égard au fait qu'il
n'a pas respecté le délai.
Cessione delle pretese della massa in base all'art. 260 LEF, con assegno di
termine per farle valere in giudizio (modulo no 7 cifra 6):
Il cessionario, che non agisce entro il termine assegnatogli, non perde
senz'altro il suo diritto. Tuttavia l'amministrazione del fallimento, una
volta spirato il termine ed in quanto il creditore non abbia ulteriormente
promosso causa, può revocare la cessione. Se la revoca non è pronunciata, il
cessionario può stare in causa, nulla importando ch'egli non abbia osservato
il termine.

Die vorliegende Klage eines Konkursgläubigers stützt sich auf eine gemäss Art.
260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG erhaltene Abtretung von Ansprüchen der Masse. Das Obergericht des
Kantons Luzern hat sie mit Urteil vom 24. Januar 1939 als verwirkt erklärt,
weil der Kläger die ihm von der Konkursverwaltung gesetzte und bis zum 11.
April 1937 verlängerte Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche
nicht gewahrt habe. Hiezu habe es nicht genügt, am 10. April 1937 die
Abhaltung des Aussöhnungsversuches anzubegehren; vielmehr hätte die Klage bis
zum 11. April, statt erst am 14. Juni nach fruchtlosem Aussöhnungsversuch vom
17. April, beim Amtsgericht eingereicht werden müssen. Am Hinfall der Rechte
des Klägers ändere es nichts, dass das Konkursamt seinem Vorgehen nicht
entgegengetreten sei.
Der Kläger zieht dieses Urteil an das Bundesgericht mit dem Antrag (die
Klageführung als wirksam anzuerkennen und) die Sache zu materieller
Beurteilung an das Obergericht zurückweisen, eventuell die Klagebegehren ohne
solche Rückweisung zuzusprechen.

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Ob ein bestrittener Rechtsanspruch der Konkursmasse von ihr selbst oder einem
einzelnen Gläubiger, auf Grund einer Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG, zu
verfolgen sei, ist eine Frage, die das Konkursverfahren beschlägt, den Dritten
dagegen nicht berührt. Dieser hat weder Anspruch darauf, dass sich die
Konkursmasse möglichst rasch entschliesse, noch darauf, dass im Falle der
Abtretung binnen bestimmter Frist geklagt oder aber verzichtet werde. Die
Vollstreckungsbehörden haben dies schon wiederholt ausgesprochen und darauf
hingewiesen, dass der Konkursmasse selbst nicht unbedingt an solcher Strenge
zu liegen braucht (BGE 65 III 1 ff.). Dem entspricht es, dass das Gesetz in
Art. 260 eine bestimmte Frist zur Geltendmachung abgetretener Ansprüche der
Masse gar nicht vorsieht und Ziff. 6 der im vorgeschriebenen Formular Nr. 7
aufgestellten Abtretungsbedingungen lediglich der Konkursverwaltung das Recht
vorbehält, die Abtretung zu annullieren, falls der abgetretene Anspruch nicht
binnen einer von ihr anzusetzenden Frist gerichtlich geltend gemacht wird. Es
steht also im Ermessen der Konkursverwaltung, eine Frist anzusetzen und zu
bemessen oder, vorläufig wenigstens, davon abzusehen. Und wenn sie eine Frist
bestimmt hat, ist sie nicht darauf angewiesen, Fristerstreckungen und
Wiedereinsetzungen zu verfügen, um die Abtretung nicht wirkungslos werden zu
lassen. Sie kann einfach zuwarten, auch über die Frist hinaus, und anderseits
ist der im Besitze der Abtretung befindliche Konkursgläubiger in seinem
Prozessführungsrechte geschützt, solange ein Widerruf nicht vorliegt; er kann
wirksam Klage erheben und damit einem Widerruf zuvorkommen. Demgemäss steht es
im Prozesse des durch Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG ausgewiesenen
Konkursgläubigers weder dem beklagten Anspruchsgegner noch dem Richter zu,
jenem die Legitimation zur Klage wegen unbenutzten Ablaufes einer von der
Konkursverwaltung

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gesetzten Frist abzusprechen, es wäre denn eben ein Widerruf der Abtretung
ausgesprochen und in einem allfälligen Beschwerde- und Rekursverfahren vor den
Aufsichtsbehörden bestätigt worden. Hier fehlt es nicht nur an einem (der
Klaganhebung vorausgegangenen) Widerruf, sondern die Konkursverwaltung hat die
Berichte des Klägers über den Stand seiner Vorkehren jeweilen ohne Einspruch
entgegengenommen und damit die Abtretung eindeutig als nach wie vor in Kraft
stehend gelten lassen.
Das Obergericht stellt mit Unrecht darauf ab, dass das Konkursamt mit der
Fristansetzung vom 11. Januar 1937 die Androhung verbunden hatte, beim
Unterbleiben einer Klageführung binnen der gesetzten Frist werde Verzicht auf
die abgetretenen Ansprüche angenommen. Damit wollte, wie das spätere Verhalten
des Konkursamtes dartut, nur der Vorbehalt der Annullierung hervorgehoben
werden, den das Konkursamt im vorgeschriebenen Abtretungsformular unverändert
stehen liess und stehen lassen musste, indem eine Abweichung von dieser
Bedingung gar nicht zulässig war.
Wird endlich der Begriff der gerichtlichen Geltendmachung dem bei gesetzlichen
Klagefristen des Bundesrechts anerkannten Begriff der Klageanhebung angepasst,
wie es sich aufdrängt (vgl. den erwähnten Entscheid der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer), so war die verlängerte Frist ohnehin durch Einleitung des
Sühneverfahrens am 10. (oder 11.) April 1937 gewahrt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des
Kantons Luzern vom 24. Januar 1939 aufgehoben und die Sache zu neuer
Beurteilung an das Obergericht zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 65 III 61
Datum : 01. Januar 1938
Publiziert : 02. Juni 1939
Quelle : Bundesgericht
Status : 65 III 61
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Abtretung von Ansprüchen der Konkursmasse nach Art. 260 SchKG mit allfälliger Ansetzung einer Frist...


Gesetzesregister
SchKG: 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
BGE Register
65-III-1 • 65-III-61
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
angewiesener • bedingung • beklagter • bundesgericht • einigungsverfahren • entscheid • ermessen • frage • frist • fristerstreckung • klagefrist • konkursamt • konkursmasse • konkursverfahren • konkursverwaltung • legitimation • mass • rechtsbegehren • richterliche behörde • schuldbetreibungs- und konkursrecht • termin • verhalten • weibel • weiler