S. 48 / Nr. 10 Urheberrecht (d)

BGE 65 II 48

10. Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. März 1939 i. S. Locher gegen
Häberli.


Seite: 49
Regeste:
Nottestament, Art. 506
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 506 - 1 Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
1    Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
2    Zu diesem Zwecke hat er seinen letzten Willen vor zwei Zeugen zu erklären und sie zu beauftragen, seiner Verfügung die nötige Beurkundung zu verschaffen.
3    Für die Zeugen gelten die gleichen Ausschliessungsvorschriften wie bei der öffentlichen Verfügung.
, 507
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 507 - 1 Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
1    Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
2    Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der gleichen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
3    Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Gerichtsbehörde ersetzen.
ZGB.
Die Frist für die Niederlegung der mündlichen Verfügung bei der
Gerichtsbehörde (Art. 507
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 507 - 1 Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
1    Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
2    Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der gleichen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
3    Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Gerichtsbehörde ersetzen.
ZGB) ist gewahrt, wenn die Zeugen die Beurkundung
veranlassen, sobald dies von ihnen unter den obwaltenden Umständen
vernünftigerweise erwartet werden darf. So kann auch die Beurkundung am
Nachmittag des auf die Testamentserrichtung folgenden Tages noch rechtzeitig
sein.
Testament oral, art. 506 et 507 CC.
Il suffit que les témoins fassent enregistrer les déclarations du testateur
dès que les circonstances où ils se trouvent permettent raisonnablement
d'attendre cette démarche de leur part. Ils peuvent encore être à temps
l'après-midi du jour qui suit les déclarations du testateur.
Testamento orale, art. 506 e 507 CC.
Il deposito delle dichiarazioni del testatore è tempestivo se è fatto entro un
termine che, secondo le circostanze, appare ragionevole
Un deposito effettuato nel pomeriggio del giorno successivo alle dichiarazioni
del testatore può essere ancora tempestivo.

Aus dem Talbestand:
A. - Alfred Häberli, der in seiner Wohnung in Luzern schwerkrank darniederlag,
gab am Dienstag, dem 18. Februar 1936, zwischen 16 h 30 und 16 h 45, dem ihn
behandelnden Arzt Dr. Kessler und dem Krankenwärter Wiprächtiger zu verstehen,
dass er letztwillig verfügen wolle. Dr. Kessler hielt seine Erklärungen in
Notizen fest. Am folgenden Morgen um 5 Uhr starb Häberli. Am Nachmittag, um
ca. 16 h 30, des gleichen Tages begaben sich der Arzt und der Krankenpfleger
zum zuständigen Gerichtsbeamten,

Seite: 50
um den letzten Willen des Verstorbenen zu Protokoll zu geben.
Der durch die Verfügung belastete Erbe, Alfred Häberli, weigerte sich, das im
Testament zu Gunsten der Klägerin ausgesetzte Vermächtnis auszurichten, mit
der Begründung, dass das Testament formnichtig sei.
B. - Das Amtsgericht Olten-Gösgen und das Obergericht des Kantons Solothurn
haben die Klage der Bedachten abgewiesen. Das Obergericht stellt fest, die
Voraussetzungen für das Nottestament seien erfüllt gewesen, da die nahe
Todesgefahr beim Testator nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv bestanden
habe; die Verfügung sei aber von den beiden Zeugen zu spät bei der
Gerichtsbehörde zu Protokoll gegeben worden und daher ungültig.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
erklärt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach den für das Bundesgericht verbindlichen tatbeständlichen
Feststellungen des kantonalen Richters sind die Voraussetzungen für die
Zulässigkeit des Nottestamentes im Sinne von Art. 506
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 506 - 1 Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
1    Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
2    Zu diesem Zwecke hat er seinen letzten Willen vor zwei Zeugen zu erklären und sie zu beauftragen, seiner Verfügung die nötige Beurkundung zu verschaffen.
3    Für die Zeugen gelten die gleichen Ausschliessungsvorschriften wie bei der öffentlichen Verfügung.
ZGB erfüllt und ist auch
den Vorschriften des Art. 507
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 507 - 1 Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
1    Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
2    Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der gleichen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
3    Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Gerichtsbehörde ersetzen.
ZGB über Form und Inhalt der Beurkundung Genüge
getan. Die Gültigkeit der Verfügung hängt nur davon ab, ob in Anbetracht des
Zeitraumes zwischen der Entgegennahme der Testamentserklärung durch die Zeugen
und der Beurkundung derselben bei der Gerichtsbehörde noch gesagt werden kann,
dass diese «ohne Verzug» im Sinne des Art. 507
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 507 - 1 Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
1    Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
2    Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der gleichen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
3    Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Gerichtsbehörde ersetzen.
ZGB vollzogen worden sei. Das
Gesetz macht die Innehaltung einer kurzen Frist zum Gültigkeitserfordernis, um
zu erreichen, dass die Erklärung in einem Zeitpunkt beurkundet wird, in
welchem sie den Zeugen noch in frischer Erinnerung steht und nicht durch das
Dazwischentreten beteiligter Personen beeinflusst worden ist (BGE 45 II 530,
48 II 36). Wäre der unter diesem Gesichtspunkt

Seite: 51
zulässige Endtermin danach zu bestimmen, innerhalb welcher denkbar kürzesten
Zeitspanne in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel die Zeugen
sich bei der Gerichtsbehörde hätten einfinden können, so wäre die Annahme der
Verspätung im vorliegenden Fall allerdings unabweislich, da ausser Zweifel
steht, dass den Zeugen objektiv noch am Tage der Testamentserrichtung während
der üblichen Geschäftsstunden genügend Zeit für einen Gang zur Gerichtsstelle
zur Verfügung gestanden hätte. Ein derart strenger Massstab darf an die
zeitliche Erfüllung der Obliegenheiten der Zeugen aber nicht angelegt werden.
Sie übernehmen den Auftrag des Testierenden nur unter dem Zwang der
ausserordentlichen Umstände, die zum Nottestament Anlass geben und laden sich
damit die Verpflichtung auf, ohne Aussicht auf Lohn für fremde Interessen
tätig zu sein. Dass sie der Erfüllung dieser Aufgabe alle ihre eigenen
dringendsten Besorgungen hintanzustellen hätten, kann nicht die Meinung des
Gesetzes sein. Dieses will den Notwendigkeiten des praktischen Lebens Rechnung
tragen und verlangt daher nur, dass die Zeugen die Beurkundung des mündlichen
Testamentes veranlassen, sobald dies von ihnen unter den obwaltenden Umständen
vernünftigerweise erwartet werden darf. Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet
kann im vorliegenden Falle die Beurkundung am Nachmittag des auf die
Testamentserklärung folgenden Tages nicht als verspätet bezeichnet werden, da
den Zeugen schon wegen der Erfüllung ihrer Berufspflichten nicht zumutbar war,
noch am Abend des gleichen Tages vor Bureauschluss oder am Vormittag des
folgenden Tages sich gemeinsam beim Gericht einzufinden. Krankenpfleger
Wiprächtiger durfte den Kranken im Zustand der schweren Krise, die er an jenem
Abend durchmachte, nicht verlassen. Und wenn am folgenden Tage der Arzt sich
noch berechtigt hielt, vorerst noch seine Sprechstunde durchzuführen, bevor er
sich der Testamentssache annahm. so kann ihm daraus nicht der Vorwurf
erwachsen,

Seite: 52
dass er sich dieser Angelegenheit nicht mit dem nötigen Ernst gewidmet habe.
Eine Verschiebung der Beurkundung um einige Stunden durfte er umsoeher
verantworten, als er die Willenserklärung des Kranken sofort durch seine
Notizen festgehalten hatte und kein Ereignis zu erwarten war, das ihm oder dem
andern Zeugen den Erinnerungsinhalt hätte beeinflussen können.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Solothurn vom 25. Oktober 1938 aufgehoben und die Klage im Sinne der
Erwägungen insoweit geschützt, als die Gültigkeit des Testamentes festgestellt
wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 65 II 48
Datum : 01. Januar 1938
Publiziert : 31. März 1939
Quelle : Bundesgericht
Status : 65 II 48
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Nottestament, Art. 506, 507 ZGB.Die Frist für die Niederlegung der mündlichen Verfügung bei der...


Gesetzesregister
ZGB: 506 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 506 - 1 Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
1    Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
2    Zu diesem Zwecke hat er seinen letzten Willen vor zwei Zeugen zu erklären und sie zu beauftragen, seiner Verfügung die nötige Beurkundung zu verschaffen.
3    Für die Zeugen gelten die gleichen Ausschliessungsvorschriften wie bei der öffentlichen Verfügung.
507
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 507 - 1 Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
1    Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu verfassen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklärung, dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehörde niederzulegen.
2    Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der gleichen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
3    Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Gerichtsbehörde ersetzen.
BGE Register
45-II-527 • 48-II-31 • 65-II-48
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
zeuge • tag • testament • bundesgericht • arzt • wille • frist • richterliche behörde • mündliches testament • druck • nichtigkeit • solothurn • entscheid • begründung des entscheids • erbe • krise • berufspflicht • form und inhalt • termin • olten
... Alle anzeigen