S. 161 / Nr. 28 Zollsachen (d)

BGE 65 I 161

28. Urteil vom 10. November 1939 i. S. Walther gegen eidg. Oberzolldirektion.


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Regeste:
Zoll. Beschwerden über die Ausnahmen vom Zolltarif (zollfreier Warenverkehr
und Zollbegünstigung, Art. 14-18 ZollG) und über die Zollzahlungspflicht (Art.
13 ZollG) fallen in den Geschäftskreis der Zollrekurskommission, nicht des
Bundesgerichts als Verwaltungsgerichtshof.
Douanes: Les recours relatifs aux exceptions au tarif douanier (trafic en
franchise et marchandises bénéficiant de facilités art. 14-18 LD) et à
l'obligation de payer les droits de douane (art. 13 LD) ressortissent à la
Commission des recours en matière de douane et non pas à la Chambre de droit
administratif du Tribunal fédéral.
Dazio. Reclami circa le eccezioni della tariffa doganale (merci in franchigia
e agevolezze del traffico, art. 14-18 LDog) e circa l'obbligo di pagamento del
dazio (art. 13 LDog) entrano nella competenza della Commissione di ricorso in
materia doganale, non del Tribunale federale quale Camera di diritto
amministrativo

1.- Frau Margrit Walther-Zenger in St. Louis (Frankreich) hat gegen einen
Beschwerdeentscheid der Oberzolldirektion vom 24. Oktober 1939, durch den sie
für einen gegenüber ihrem Ehemann Ernst Walther festgesetzten Zollbetrag von
Fr. 6069.37 zahlungspflichtig erklärt worden ist, gleichzeitig die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und die Tarifbeschwerde bei
der Zollrekurskommission ergriffen. Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde das zutreffende Rechtsmittel sei. Es wird
hauptsächlich darauf abgestellt, dass der Zollbetrag an sich nicht streitig
ist und die Beschwerde sich nur auf die Frage der Zollzahlungspflicht bezieht.
2.- Nach Art. 32 VDG entscheidet die Zollrekurskommission Beschwerden gegen
Entscheide der Oberzolldirektion, «wenn es sich um Festsetzung eines
Zollbetrages handelt». Dann ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig
(Art. 7, lit. b VDG).

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Der Wortlaut des Art. 32 weist allerdings zunächst hin auf Streitigkeiten über
richtige Anwendung des Zolltarifs. Doch auch die Beschwerden darüber, ob
überhaupt im einzelnen Fall ein Zollbetrag festzusetzen ist, müssen in die
Geschäfte nach Art. 32 VDG einbezogen werden. Für die Ausnahmen vom Zolltarif
(zollfreier Warenverkehr und Zollbegünstigung, Art. 14-18 ZollG) hat das
Bundesgericht von jeher seine Kompetenz verneint zugunsten derjenigen der
Zollrekurskommission (Meinungsaustausch mit der Zollrekurskommission vom 29.
Oktober 1929 in Sachen Thiele, VSA X S. 366 ff).
Anderseits hat die Zollrekurskommission ihre Zuständigkeit stets in Anspruch
genommen in Fällen, wo die Zollzahlungspflicht (Art. 13 ZollG), also die
Zollpflicht des in Anspruch genommenen Subjekts, bestritten war (Archiv f.
Schweiz. Abgaberecht 2 S. 146 f. Erw. 3). Die Frage der subjektiven
Zollpflicht stellt sich in der Regel als Vorfrage für die Anwendung des
Zolltarifs, zusammen mit oder neben dem Streite über die Zollberechnung und
ist jedenfalls in diesen Fällen von der Zollrekurskommission zu behandeln nach
dem allgemeinen Grundsatze des Bundesprozessrechts, wonach die Behörde, welche
in der Hauptsache kompetent ist, auch alle Vorfragen zu erledigen hat (vgl.
Art. 194 , Abs. 2 OG).
Ist aber die Frage der subjektiven Zollzahlungspflicht hier von der
Zollrekurskommission zu beurteilen, so müsste es zu einer durch nichts
gerechtfertigten Zersplitterung der Kompetenzen führen, wenn in den
vereinzelten Fällen, wo sich die Anfechtung zufällig auf die subjektive Seite
der Zollpflicht allein bezieht, der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung zu
übernehmen hätte. Es wäre nicht nur mit der Möglichkeit abweichender
Beurteilung einer Rechtsfrage in den vereinzelten, zufällig in dieses
Verfahren fallenden Beschwerden zu rechnen, sondern auch mit den
Unzukömmlichkeiten, die sich allein schon aus der Unsicherheit des Rechtsweges
ergeben. Es ist sachlich richtig, dass alle Beschwerden,

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bei denen die Zollzahlung in Frage steht, von der nämlichen Rekursinstanz
behandelt werden. Diese Instanz ist nach seit Jahren feststehender Praxis die
Zollrekurskommission (VSA. 10, S. 281 f; 360 f; Archiv 2, 44; 3, 92, 365; 4,
91; 6, 61).
Allerdings wäre es an sich denkbar gewesen, dass die Beurteilung der
subjektiven Voraussetzungen einerseits und der objektiven Seite der
Zollpflicht anderseits in verschiedene Verfahren gewiesen worden wären
(ähnlich wie gelegentlich bei kantonalen Einkommens und Vermögenssteuern
subjektive Steuerpflicht und Steuereinschätzung verfahrensrechtlich getrennt
werden). Eine solche Trennung der Kompetenzen ist aber, schon wegen der damit
verbundenen Komplikationen, nicht zu vermuten und darf jedenfalls nur dort
gelten, wo sie sich aus dem Wortlaute der Verfahrensordnung unzweifelhaft
ergibt. Bei Art. 32 VDG trifft dies aber nicht zu.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 65 I 161
Datum : 01. Januar 1938
Publiziert : 10. November 1939
Quelle : Bundesgericht
Status : 65 I 161
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Zoll. Beschwerden über die Ausnahmen vom Zolltarif (zollfreier Warenverkehr und Zollbegünstigung...


Gesetzesregister
OG: 194
BGE Register
65-I-161
Stichwortregister
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