S. 398 / Nr. 71 Doppelbesteuerung (d)

BGE 64 I 398

71. Urteil vom 18. November 1938 i. S. Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk
Luzern-Engelberg gegen Nidwalden.


Seite: 398
Regeste:
Nach Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV darf ein Kanton bei der Steuereinschätzung eine in
richtiger zivilrechtlicher Form begründete juristische Person ausserachtlassen
und ihr Vermögen und Einkommen als einem andern Steuersubjekt zugehörig
behandeln, wenn nachgewiesen ist, dass sie wirtschaftlich völlig von diesem
abhängt und lediglich aus steuerlichen Gründen mit selbständiger
Rechtspersönlichkeit ausgestattet worden ist.
Bei einer Aktiengesellschaft, die wirtschaftlich von einer andern
Rechtspersönlichkeit abhängig ist, aber aus Rücksicht auf die sachlichen
Grunde ihrer Entstehung oder Aufrechterhaltung als selbständiges Steuersubjekt
behandelt werden muss, lässt Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV den kantonalen Steuerbehörden
die Möglichkeit, die von der A.-G. mit der beherrsehenden Person vorgenommenen
Abrechnungen zu überprüfen und die verbuchten Ansätze zu berichtigen, wenn die
gegenseitigen Leistungen der beiden aus steuerlichen Gründen unangemessen
bewertet worden sind.

A. - Im Jahr 1903 gründeten die Stadt Luzern und Eugen Hess-Waser in Engelberg
die Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Luzern-Engelberg (EWLE) mit dem
Zweck, Wasserkräfte des Engelberger Gebietes für die Herstellung elektrischer
Energie zu verwenden. Vom Aktienkapital der Gesellschaft übernahm die Stadt
Luzern 90% als Stammaktien, während Hess-Waser, von dem die Gesellschaft
Grundstücke und Wasserrechte erwarb, die verbleibenden 10% als
Prioritätsaktienkapital erhielt. Hauptsächlicher Strombezüger des EWLE war und
ist heute noch die Stadt Luzern, bezw. das als kommunales Unternehmen
ausgestaltete Elektrizitätswerk dieser Gemeinde (EWL), welchem auch die
Betriebsführung für die Aktiengesellschaft übertragen wurde.

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Das EWLE hat seinen Sitz in Luzern und besitzt für die Besteuerung in Betracht
kommende Betriebsanlagen ausser in diesem Kanton auch in Obwalden und
Nidwalden (vgl. BGE 49 I S. 555 ff.).
B. - Als der Kanton Obwalden bei seiner Steuereinschätzung für 1921/24 den
Ertrag der Elektrizitätswerk Luzern-Engelberg A.-G. ermitteln wollte, um davon
die im dortigen Kanton steuerpflichtige Quote zu berechnen, begnügte er sich
nicht damit, den von der Gesellschaft ausgewiesenen Gewinn in Rechnung zu
stellen, sondern fügte zu diesem die Hälfte des Gewinnes hinzu, den das
Elektrizitätswerk der Stadt Luzern erzielte. Eine von der Gesellschaft
hiegegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht am
17. Dezember 1926 ab (Abweisung eines Revisionsgesuches der Rekurrentin am 9.
Dezember 1927). Der Entscheid beruht auf der Überlegung, dass das EWLE
tatsächlich einen Betrieb der Stadt Luzern darstelle und mit dem städtischen
Elektrizitätswerk eine Einheit bilde. Die Form einer besondern
Aktiengesellschaft sei nur gewählt worden, um damit eine für Luzern günstigere
interkantonale Steuerausscheidung zu bewirken. Dem Kanton Obwalden könne daher
nicht verwehrt werden, den Gesamtgewinn des EWLE und des EWL zu berechnen und
davon die Quote zu besteuern, die ihm zukomme, wenn nach den massgebenden
Faktoren beider Werke ausgeschieden werde. Da der Ertrag des EWL
wirtschaftlich zum Teil als das Ergebnis einer indirekten Besteuerung der
Luzerner Strombezüger erscheine, habe ihn Obwalden mit Recht nur zur Hälfte
dem Gesamtgewinn der Werke zugezählt.
C. - Am 13. Juni 1936 wurde die Elektrizitätswerk Luzern-Engelberg A.-G. von
der Steuerverwaltung des Kantons Nidwalden für die Periode 1935/36 mit Fr.
82695 Ertrag eingeschätzt. Die Begründung hiefür lautete: «Für 1935/36 gehen
wir davon aus, dass das EWLE und das EWL wirtschaftlich und steuerrechtlich
eine Einheit darstellen und dass daher dessen Gesamterwerb der

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Besteuerung durch die Kantone Luzern, Obwalden und Nidwalden unterliegt. Das
Mittel der Prozentsätze des Buchwertes der baulichen Anlagen und der
ausbezahlten Löhne beträgt nach unserer Berechnung für Luzern 57,45%, für
Obwalden 28,45% und für Nidwalden 14,10%. Um den Steuerfall zu vereinfachen
und eine einheitliche Lösung zu erzielen, beschränken wir uns für 1935/36
darauf .... Fr. 82695.- als steuerpflichtigen Erwerb anzusetzen.»
Einen Rekurs, den die Pflichtige hiegegen einreichte, wies der nidwaldnische
Regierungsrat am 21. September 1936 ab. Seine Erwägungen lassen sich wie folgt
zusammenfassen: Dass die Rekurrentin und das EWL steuerrechtlich als Einheit
behandelt werden dürften, ergebe sich aus dem bundesgerichtlichen Entscheid
vom 17. Dezember 1926. Auch wenn etwa bei der Gründung des EWLE die Absicht
der Steuerverschiebung nicht massgebend gewesen sein sollte, so lasse sich
doch der Fortbestand der Aktiengesellschaft nicht anders erklären. Rechne man
demnach zum buchmässig ausgewiesenen Gewinn des EWLE den Ertrag des EWL zur
Hälfte hinzu (in der Meinung, dass es sich bei der andern Hälfte
wirtschaftlich um indirekte Steuern der Luzerner Strombezüger handle) und
verteile man den so berechneten Gesamtertrag auf die beteiligten Kantone nach
dem Verhältnis, in dem die Anlagen und Löhne der beiden Werke auf diese
Kantone entfielen, so ergebe sich für Nidwalden ein steuerbarer Ertragsanteil
von mehr als Fr. 82695.-. Dabei werde nicht einmal berücksichtigt, dass die
Rekurrentin zum Zwecke der Steuerumgehung übermässig hohe Abschreibungen
vorgenommen habe.
Die Obergerichtskommission Nidwalden wies den hiegegen erhobenen Rekurs des
EWLE am 23. Dezember 1936 ab.
D. - Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die
Elektrizitätswerk Luzern-Engelberg A.-G., die Entscheide der
Obergerichtskommission vom 23. Dezember 1936, des Regierungsrates vom 21.
September 1936

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und die Einschätzung der Steuerverwaltung vom 13. Juni 1936 seien wegen
Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
und 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV aufzuheben. Die nidwaldnischen Behörden
nähmen zu Unrecht an, dass für das EWLE die Form der Aktiengesellschaft aus
steuerlichen Überlegungen gewählt worden sei. Die Gründung einer selbständigen
Aktiengesellschaft sei schon deshalb nicht zu umgehen gewesen, weil Eugen
Hess-Waser die ihm gehörenden Wasserrechte nur abtreten wollte, wenn er am
Unternehmen beteiligt bleibe (Bericht und Antrag des Luzerner Stadtrates vom
5. Juli 1902 an die Einwohnergemeindeversammlung betreffend Bau eines
Elektrizitätswerkes, S. 37; Protokoll der hiefür bestellten Kommission des
Grossen Stadtrates vom 1. August 1902, Voten Dr. Bucher, Bolli und Schnyder;
Verwaltungsbericht des Stadtrates von Luzern für 1921/22 S. 84). Auch in der
Folge hätten sowohl Hess, als nachher seine Erben an der betreffenden
Beteiligung festgehalten, weshalb die Aktiengesellschaft heute so wenig wie
früher entbehrt werden könne (Briefwechsel zwischen dem EWLE und Eugen
Hess-Waser vom 4./5. März 1925; Zuschrift der Erben Hess an das EWLE vom 10.
Februar 1937). Zudem habe der Betrieb des EWLE in Form einer
Aktiengesellschaft praktische Vorzüge gegenüber der Ausgestaltung als
Gemeindewerk, indem sich die Verwaltung so rascher und einfacher durchführen
lasse. Eine Vereinigung des EWLE mit dem EWL würde übrigens die Steuerlast der
Stadt Luzern eher erleichtern als vermehren. Bestünden aber für die rechtliche
Selbständigkeit des EWLE sachliche Gründe, so sei Nidwalden nicht befugt, die
beiden Werke als eine Einheit zu behandeln.
E. - In der gemeinsamen Beschwerdeantwort des Regierungsrates und der
Obergerichtskommission wird auf den bundesgerichtlichen Entscheid vom 17.
Dezember 1936 verwiesen. Die Ausführungen der Beschwerde vermöchten dagegen
nicht aufzukommen. Das EWLE sei trotz der Beteiligung des Hess-Waser mit 10%
des Aktienkapitals in völliger Abhängigkeit von der Stadt Luzern.

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«Daher, sowie im Interesse der Gewinnverschleierung gegenüber Obwalden und
Nidwalden wird auch der Strom von der Rekurrentin der Stadt Luzern zu denkbar
billigem Preis abgegeben».
F. - Im bundesgerichtlichen Verfahren ist über die Geschäftsgrundsätze der
Rekurrentin ein Gutachten von Regierungsrat Robert Grimm in Bern, dem
ehemaligen Direktor der stadtbernischen industriellen Betriebe, eingeholt
worden. Davon wird in den Erwägungen zu reden sein.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach der neuern bundesgerichtlichen Doppelbesteuerungspraxis könnte der Kanton
Nidwalden die Rekurrentin nur dann für einen Anteil am Gewinn besteuern, den
sie und das Elektrizitätswerk der Stadt Luzern zusammen erzielt haben, wenn
das EWL wirtschaftlich völlig von ihr abhängen würde und lediglich aus
steuerlichen Gründen mit selbständiger Rechtspersönlichkeit ausgestattet
worden wäre (BGE 59 I S. 278 ff. Erw. 5-7). Das fällt hier von vornherein
ausser Betracht, weil nicht die Rekurrentin das EWL beherrscht, sondern
umgekehrt das letztere Werk, bezw. die Stadt Luzern das EWLE in Abhängigkeit
hält. Die Folgerung aus den Ausführungen Nidwaldens über die wirtschaftliche
Einheit beider Werke und über die mangelnde Ernstlichkeit der formellen
Trennung müsste daher allenfalls dahingehen, dass die Stadt Luzern in
Nidwalden für eine Quote des Gesamtertrages der Werke steuerpflichtig sei. Es
kann dahingestellt bleiben, ob es prozessual zulässig wäre, die angefochtenen
nidwaldnischen Entscheidungen nachträglich derart umzudeuten; denn dieses
Vorgehen erweist sich auf jeden Fall materiell als ausgeschlossen. Nidwalden
müsste zu dessen Rechtfertigung den Nachweis erbringen, dass die formelle
Selbständigkeit der Rekurrentin nicht anders als aus steuerlichen Gründen zu
erklären sei. Die nidwaldnischen Behörden wollen neben der ursprünglichen
Bildung der Aktiengesellschaft

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EWLE besonders auch deren heutigen Fortbestand in diesem Sinn als sachlich
nicht gerechtfertigt hinstellen. In der einen wie in der andern Richtung wird
indessen ihre Annahme durch die Akten widerlegt. Die Rekurrentin hat
einwandfrei dargetan, dass die Form der Aktiengesellschaft 1903 gewählt wurde,
weil nur so eine Verständigung mit dem damaligen Inhaber der für die
Ausnutzung in Betracht kommenden Wasserrechte möglich war; ebenso dass auch
heute noch die den Erben Hess zustehende Prioritätsaktienbeteiligung einer
Liquidation der Gesellschaft im Wege steht. Dazu kommt, dass die Form der
Aktiengesellschaft gegenüber dem rein kommunalen Betrieb den in der Beschwerde
angeführten Vorzug rascherer und einfacherer Verwaltung aufweist, der
möglicherweise allein schon die entsprechende Ausgestaltung der Rekurrentin
als verständlich erscheinen liesse. Ob daneben in Verhandlungen des Luzerner
Grossen Stadtrates für die Aufrechterhaltung der Aktiengesellschaft
gelegentlich auch Gründe genannt wurden, die im Sinn einer
Steuerverschiebungsabsicht gedeutet werden konnten, spielt demgegenüber keine
entscheidende Rolle.
Darf somit Nidwalden nach Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV Steueransprüche nur gegen die
Rekurrentin erheben und muss dabei diese als eine vom städtischen
Elektrizitätswerk getrennte Unternehmung behandelt werden, so könnte Einkommen
des letztern allein noch in der Weise zum Ertrag des EWLE gezählt werden, dass
bei der nidwaldnischen Taxation die zwischen den beiden Werken vorgenommenen
Verrechnungen zugunsten des EWLE berichtigt würden (BGE 59 I S. 286 ff. Erw.
9). Ein solches Vorgehen erschiene vor Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV insoweit als
zulässig, als die Stadt Luzern ihre tatsächliche Herrschaft über das EWLE dazu
verwendet haben sollte, um durch unangemessene Bewertung der gegenseitigen
Leistungen der Werke den Ertrag des EWLE zum Nachteil des nidwaldnischen
Steuerfiskus künstlich niedrig zu halten und das Einkommen des EWL zu erhöben.

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Die beschwerdebeklagten Behörden scheinen der Stadt Luzern einen solchen
Vorwurf machen zu wollen, indem sie auf die angeblich abnormal niedrigen
Strompreise des EWLE für Lieferungen an das EWL verweisen. Wenn auch diese
Behauptung von Anfang an nicht wahrscheinlich war, da das EWLE bei
verhältnismässig grossem Eigenkapital seit 1927 6% Dividende zahlt und nach
der Annahme der nidwaldnischen Regierung sogar zu hohe Abschreibungen
vorgenommen hätte (vgl. BGE 59 I S. 288), so wollte doch das Bundesgericht
hierüber durch eine Expertise Klarheit schaffen, zumal der 1926 durchgeführte
Steuerprozess zwischen dem EWLE und dem Kanton Obwalden gewisse Anhaltspunkte
für die Behauptung Nidwaldens enthalten mag. Der Experte hat sich mit
einlässlicher Begründung bestimmt dahin ausgesprochen, dass die
Strompreisberechnung des EWLE im Verhältnis zum EWL durchaus normal sei.
Weiterhin hat er festgestellt, dass das EWLE auch nicht in anderer Weise, etwa
durch übermässige Vergütung für die vom EWL besorgte Betriebsführung, den
Ertrag zugunsten des letztern verschoben habe. Der Regierungsrat von Nidwalden
hat zwar die Feststellungen des Experten beanstandet, doch nichts Schlüssiges
dagegen vorgebracht und im besondern auch kein Obergutachten verlangt, weshalb
ohne weiteres auf die Expertise abzustellen ist.
Demnach verstösst es gegen Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV, dass Nidwalden in die
Ertragstaxation der Rekurrentin für 1935 und 1936 Einkommen des EWL einbezogen
hat. Der Kanton wird diese Einschätzung neu vorzunehmen und dabei die
Einnahmen und Ausgaben der Rekurrentin, die durch Abmachungen zwischen ihr und
dem EWL bestimmt werden, in ihrer tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen haben.
Die Frage der Abschreibungen, die der Regierungsrat beiläufig aufgeworfen hat,
bleibt von den Ausführungen über mögliche Gewinnverschiebungen zwischen EWLE
und EWL unberührt; denn durch allfällige zu hohe

Seite: 405
Abschreibungen auf den Gesellschaftsaktiven hätte das EWLE zwar seinen Ertrag
geschmälert, nicht aber denjenigen des EWL vergrössert. Das Bundesgericht
braucht heute auf die hierauf sich beziehenden Bemerkungen des Regierungsrates
nicht einzugehen, da aus ihnen bisher keine Folgerungen für die Taxation des
EWLE gezogen worden sind.
Für die Berechnung des in Nidwalden steuerpflichtigen Anteils am Ertrag der
Rekurrentin ist auf das Verhältnis der Kapitalwerte der in den einzelnen
Kantonen gelegenen produktiven Anlagen und beschäftigten Arbeitskräfte (sog.
Produktionsfaktoren) abzustellen (vgl. den erwähnten BGE vom 17. Dezember 1926
i. S. der heutigen Rekurrentin gegen Obwalden, S. 26, mit Hinweisen auf
frühere nicht veröffentlichte Entscheide; ferner die seitherigen nicht
veröffentlichten BGE vom 15. Juli 1932 i. S. Centralschweizerische Kraftwerke
A.-G. S. 15 ff., vom 15. Mai 1936 i. S. Elektrizitätswerk Olten-Aarburg A.-G.
S. 10 ff., und vom 10. Juni 1938 i. S. Aare-Tessin A.-G.)....
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Ertragstaxation der Rekurrentin für
1935 und 1936 aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 64 I 398
Datum : 01. Januar 1937
Publiziert : 18. November 1938
Quelle : Bundesgericht
Status : 64 I 398
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Nach Art. 46 Abs. 2 BV darf ein Kanton bei der Steuereinschätzung eine in richtiger...


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
46
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BGE Register
49-I-555 • 59-I-272 • 64-I-398
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
nidwalden • aktiengesellschaft • obwalden • bundesgericht • regierungsrat • wiese • erbe • weiler • staatsrechtliche beschwerde • aktienkapital • bruchteil • juristische person • autonomie • entscheid • ertrag • unternehmung • beginn • begründung des entscheids • sachverständiger • kernkraftwerk
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