S. 89 / Nr. 27 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 63 III 89

27. Entscheid vom 25. September 1937 i. S. Egger.

Regeste:
Die Kosten des Sachwalters im (vorangegangenen) Nachlassverfahren werden vom
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung nicht betroffen, sind
Masseverbindlichkeiten (Erw. 1).

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Gebührentarif Art. 13: Die Reiseentschädigung beträgt nicht mehr als 25
Rappen, auch wenn wegen schlechter Eisenbahnverbindungen das Automobil benützt
wird (Erw. 2).
Geb.Tar. Art. 30: Setzt die kantonale Aufsichtsbehörde für sämtliche mit der
Verwaltung eines Grundstückes verbundenen Vorrichtungen eine einheitliche
Gebühr in Prozenten der eingezogenen Erträgnisse oder in anderer Weise fest,
so kann für Versteigerung oder Freihandverkauf doch eine besondere Gebühr
bezogen werden (Erw. 3).
Les frais du commissaire dans la procédure qui a précédé l'adoption d'un
concordat par abandon d'actif ne sont pas compris dans celui-ci, mais
constituent des dettes de la masse (consid. 1).
Tarif des frais art. 13: L'indemnité de déplacement n'est pas supérieure à 25
centimes, même si, par suite de la mauvaise correspondance des trains, il a
fallu recourir à l'automobile (consid. 2).
Tar. fr. art. 30: Lorsque l'autorité cantonale de surveillance fixe, pour
l'ensemble des opérations relatives à une gérance, un émolument unique calculé
en pour cent des revenus de l'immeuble ou d'une autre manière, la vente aux
enchères ou de gré à gré donne cependant droit à la perception d'un émolument
spécial (consid. 3).
Le spese del commissario nella procedura antecedente all'accettazione di un
concordato mediante abbandono degli attivi non sono comprese in quest'ultimo,
ma costituiscono debiti della massa (consid. 1).
Tariffa delle spese, art. 13: L'indennità di trasferta non è superiore a 25
centesimi anche quando, in seguito a cattiva coincidenza dei treni, si dovette
utilizzare l'automobile (consid. 2).
Tar.sp. art. 30: Quando l'autorità cantonale di vigilanza stabilisce pel
complesso delle prestazioni riferentisi all'amministrazione di un immobile un
tunica indennità da computarsi un tanto per cento sui redditi riscossi o in
altro modo, si può tuttavia percepire una tassa speciale por la vendita ai
pubblici incanti o a trattative private (consid. 3.)

Der Rekurrent war Sachwalter im gerichtlichen Nachlassverfahren über G. Reist,
das zur Annahme und Bestätigung eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung
an die Gläubiger (Liquidationsvergleich) und Liquidationsauftrag an den
Rekurrenten führte. Die vom Nachlassverfahren her noch ausstehenden
Sachwalterkosten, die von der zweitinstanzlichen Nachlass- bezw.

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Aufsichtsbehörde auf Fr. 855.05 bestimmt worden sind, will der Rekurrent aus
dem Liquidationserlös vorab voll decken. Ferner beansprucht er für seine
Reisen von Langnau nach Grünen, Trachselwald und Wasen, die er wegen
übermässigen Zeitverlustes infolge der schlechten Eisenbahnverbindungen nicht
mit der Eisenbahn machte, 40 Rappen Kilometervergütung, sowie Fr. 100.- für
freihändigen Liegenschaftsverkauf.
Auf vom Schuldner und Gläubigern geführte Beschwerden hin hat die kantonale
Aufsichtsbehörde am 6. August 1937 die Sachwalterkosten (restanz) in die
fünfte Klasse verwiesen, die Kilometervergütung für Reisen längs der Eisenbahn
auf 25 Rappen herabgesetzt und im weiteren erwogen: «Fr. 100.- betreffen die
Liegenschaften, wofür, wie bereits ausgeführt, eine einheitliche Gebühr durch
die Aufsichtsbehörde bestimmt werden wird: Zwecks einheitlicher Berechnung der
Gebühren für die Liegenschaftsverwaltungen erliess die kantonale
Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Justizdirektion des Kantons Bern in
Anwendung von Art. 30 Abs. 3 und 48 Geb. Tar. am 29. März 1933 ein
Kreisschreiben folgenden Wortlautes: Für sämtliche mit der Verwaltung eines
Grundstückes verbundenen Verrichtungen ist eine einheitliche Gebühr zu
beziehen, welche je nach der Art des Objektes, der Dauer der Verwaltung und
der entstandenen Arbeit auf 1-5% der Erträgnisse oder 1/2-2% der
Grundsteuerschatzung festzusetzen ist.»
Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen mit dem
Antrag auf Abweisung der Beschwerden betreffend 1. Sachwalterkosten, 2.
Kilometergeld und 3. Verwertungsgebühr.
Weitere, teils zu gunsten, teils zu ungunsten des Rekurrenten erledigte
Beschwerdepunkte sind nicht mehr streitig.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Ständiger Rechtsprechung gemäss wurden die im Nachlassverfahren
erwachsenen Sachwalterkosten im

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nachfolgenden Konkurs bisher als gewöhnliche Konkursforderungen behandelt,
wenn sich also das Nachlassverfahren als zwecklos herausgestellt hatte.
Gegenwärtig steht jedoch zur Entscheidung, wie diese Kosten zu behandeln seien
in der Liquidation zufolge Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung, der ohne
Tätigkeit des Sachwalters gar nicht (oder kaum, nämlich als
aussergerichtlicher) hätte zustande kommen können. Hierüber hat nun für das
Nachlassverfahren von Banken die einschlägige Verordnung des Bundesgerichtes
vom 11. April 1935 in Art. 25 bestimmt: «Von einem Vertrage mit
Vermögensabtretung werden alle vor der Bekanntmachung der Nachlasstundung
sowie die nachher bis zur rechtskräftigen Bestätigung ohne Zustimmung des
Sachwalters entstandenen Forderungen betroffen. Die während der
Nachlasstundung mit Zustimmung des Sachwalters eingegangenen Verbindlichkeiten
sind Masseverbindlichkeiten, auch in einem nachfolgenden Konkurs». Im
vorliegenden Fall braucht nicht allgemein Stellung genommen werden zur Frage,
inwiefern diese Vorschrift (sowie Art. 22) analog auf jedes Nachlassverfahren
bezw. jeden Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung angewendet zu werden
verdiene (vgl. darüber HAAB, die Bedeutung der Verordnung über das
Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen vom 11. April 1935 für die Praxis,
in der Festgabe für Götzinger S. 136 ff., 140). Nicht nur entstehen die
Sachwalterkosten während der Nachlasstundung zwangsläufig und können daher
schlechterdings nicht den vom Nachlasschuldner ohne Zustimmung des Sachwalters
eingegangenen und daher disqualifizierten Verbindlichkeiten gleichgestellt
werden, sondern sie werden insofern zur Aufrechterhaltung des Betriebes oder
zur Erhaltung des Massevermögens aufgewendet, als ohne die Durchführung des
Nachlassverfahrens der Konkurs über den Schuldner eröffnet und ihm, wie auch
seinen Gläubigern, die Verfügung über das Vermögen und den Geschäftsbetrieb
zur Durchführung des gesetzlich geordneten Konkursverfahrens entzogen würde.
Daher ist die analoge Anwendung jedenfalls in der hier streitigen

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Beziehung gerechtfertigt und kann dem Sachwalter die nachträgliche Vollzahlung
seiner Kosten in dem behördlich festgesetzten Umfang aus dem Massevermögen
nicht verweigert werden.
2.- Bezüglich des Kilometergeldes ist der angefochtene Entscheid ohne weiteres
zu bestätigen. Beigefügt werden mag, dass es sich nicht in der Vergütung der
Fahrkosten erschöpft, sondern ausserdem eine Vergütung für allfällige weitere
Reiseauslagen und für versäumte Zeit enthält, die einem gewissen Durchschnitt
entspricht und daher in gleicher Weise ohne Rücksicht darauf gerechtfertigt
ist, ob die Vergütung im einzelnen Fall angemessen oder aber zu gross oder zu
klein sei.
3.- Die Gebührenforderung des Rekurrenten für freihändigen
Liegenschaftsverkauf, also Verwertungshandlungen, vermag sich auf Art. 49, 34
und 32 Abs. 1 Geb.Tar. zu stützen und wird in keiner Weise berührt durch die
einheitliche Gebühr, welche die Vorinstanz gestützt auf Art. 30 (recte) Abs. 4
und 48 Geb.Tar. an Stelle der in diesem Art. 30 bezw. 48 vorgesehenen Gebühren
für sämtliche mit der Verwaltung von Grundstücken verbundenen Verrichtungen
festgesetzt hat. Indessen ist die Sache zu der noch nicht getroffenen
Entscheidung über die Höhe der geforderten Gebühr an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Die Rekursanträge 1 und 3 werden begründet erklärt, letzterer bloss im Sinne
der Rückweisung an die Vorinstanz. Der Rekursantrag 2 wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 63 III 89
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 25. September 1937
Quelle : Bundesgericht
Status : 63 III 89
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Die Kosten des Sachwalters im (vorangegangenen) Nachlassverfahren werden vom Nachlassvertrag mit...


BGE Register
63-III-89
Stichwortregister
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