S. 47 / Nr. 15 Kreditkassen mit Wartezeit (d)

BGE 63 III 47

15. Entscheid vom 1. März 1937 i. S. Eidgenössisches Aufsichtsamt für
Kreditkassen mit Wartezeit.

Regeste:
Konkurs über Kreditkassen mit Wartezeit (bundesrätliche Verordnung vom 5.
Februar 1935, Art. 54).
Das Eidgenössische Aufsichtsamt für Kreditkassen mit Wartezeit ist nicht zur
Beschwerde gegen die Konkursverwaltung legitimiert, wenn diese die ihr vom
Aufsichtsamt erteilten Weisungen oder die für Schuldenruf, Kollokation und
Verwertung aufgestellten, vom SchKG abweichenden (inwieweit der Rückwirkung
fähigen?) Vorschriften nicht befolgt.
Faillite des caisses de crédit à terme différé (ordonnance du Conseil fédéral
du 5 février 1935, art. 54).
Le service fédéral de surveillance des caisses de crédit à terme différé n'est
pas fondé à porter plainte lorsque l'administration de la faillite contrevient
aux instructions qu'elle a reçues du service de surveillance ou aux
prescriptions qui dérogent aux

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règles de la LP touchant l'appel aux créanciers, l'état de collocation ou la
réalisation. Effet rétroactif de ces prescriptions?
Fallimento delle casse di credito a termine differito (Ord. del Consiglio
federale del 5 febbraio 1935, art. 54).
Il servizio federale di sorveglianza delle Gasse di credito a termine
differito non ha veste per inoltrare reclamo qualora l'amministrazione del
fallimento trasgredisca istruzioni impartitele dal servizio dei sorveglianza o
norme (retroattive?) che deroghino alla LEF relativamente alla grida, alla
graduatoria o alla realizzazione dell'attivo.

Die Baukasse Bern A.-G., eine der Verordnung über die Kreditkassen mit
Wartezeit vom 5. Februar 1935 unterstehende Bausparkasse, beschloss am 29.
Juli 1935 die Liquidation, die vom eidgenössischen Aufsichtsamt für
Kreditkassen mit Wartezeit selbst übernommen wurde, das sich eine
Gehaltsforderung des W. Althaus von Fr. 1300.- gegen Vergütung dieses Betrages
abtreten liess.
Gegen Ende 1935 wurde, mit Zustimmung des eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartementes, der Konkurs über die Baukasse Bern A.-G. eröffnet, ohne
dass eine besondere Konkursverwaltung ernannt worden wäre. In dem vom 28. März
bis 7. April 1936 aufgelegten Kollokationsplan liess das Konkursamt Bern hie
angemeldeten Gehaltsforderungen nur für das letzte Halbjahr vor der
Konkurseröffnung in der ersten Klasse zu, was für die dem eidgenössischen
Aufsichtsamt abgetretene und von ihm angemeldete Forderung des Althaus nur Fr.
300.- ausmachte, während weitere Fr. 500.- in der 5. Klasse zugelassen und die
restlichen Fr. 500.- wegen Verrechnung mit einer Gegenforderung aus
Vertragsverletzung abgewiesen wurden.
Gegen die es betreffende Kollokationsverfügung über die Gehaltsforderung des
Althaus erhob das eidgenössische Aufsichtsamt Kollokationsklage, schrieb aber
gleichzeitig am 7. April 1936 an das Konkursamt Bern: «Der eidgenössische
Aufsichtsdienst für die Kreditkassen mit Wartezeit erteilt Ihnen hiemit
gestützt auf Art. 54 Abs. 2 der

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bundesrätlichen Verordnung über die Kreditkassen mit Wartezeit vom 5. Februar
1935 die verbindliche Weisung, im Sinne von Art. 3 des Bundesratsbeschlusses
betreffend vom Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz abweichende Vorschriften
für den Fall der Liquidation von Kreditkassen mit Wartezeit vom 5. November
1935 für die Privilegierung der eingegangenen Forderungen, insbesondere in der
1. Klasse, das Datum des Liquidationsbeschlusses vom 29. Juli 1935 und nicht
dasjenige der Konkurseröffnung für massgebend zu betrachten».
Das Konkursamt antwortete, im Konkurs über die Baukasse Bern A.-G. stehe ihm
keine Befugnis mehr zu, dieser Weisung Nachachtung zu verschaffen.
Die Kollokationsklage des Aufsichtsamtes wurde vom Appellationshof des Kantons
Bern am 27. Oktober 1936 zurückgewiesen.
Am gleichen Tag erliess der Bundesrat in Anwendung von Art. 54 Abs. 3 der
Verordnung vom 5. Februar 1935 über die Kreditkassen mit Wartezeit und in
Auslegung des Bundesratsbeschlusses vom 5. November 1935 betreffend vom
Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz abweichende Vorschriften bei der
Liquidation von Kreditkassen mit Wartezeit einen Beschluss betreffend
Vorschriften für Konkurs- und anderweitige Liquidation von Kreditkassen mit
Wartezeit, der lautet:
Art. 1. Für alle Liquidationen von Kreditkassen mit Wartezeit, also auch im
Falle nachträglicher Konkurseröffnung (Art. 53
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
der Verordnung über die
Kreditkassen mit Wartezeit) werden für die Rangordnung der nicht
pfandgesicherten Forderungen die in Art. 219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.391
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946399 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959400 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952401 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982402.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934405.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.407
SchKG festgesetzten Fristen vom
Datum des Liquidationsbeschlusses an gerechnet.
Art. 2....
Art. 3. Dieser Beschluss tritt rückwirkend auf den 15. Oktober 1935 in Kraft.
Ebenfalls am gleichen Tage schrieb das Aufsichtsamt an das Konkursamt Bern:
«Gestützt auf den hievor

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erwähnten Bundesratsbeschluss vom 27. Oktober 1936 müssen wir hiermit die
sofortige Aufhebung und Neuauflage des Kollokationsplanes der Baukasse Bern
A.-G. verlangen, wobei für sämtliche Angestelltenforderungen die Fristen des
Art. 219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.391
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946399 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959400 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952401 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982402.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934405.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.407
SchKG vom Datum des Liquidationsbeschlusses, d. h. vom 29. Juli 1935,
rückwärts zu rechnen sind. Weiter ordnen wir hiermit auf Grund von Art. 54
Abs. 2 der Verordnung über Kreditkassen mit Wartezeit an, dass uns der neue
Kollokationsplan vor der Auflage vorzulegen ist.»
Das Konkursamt Bern antwortete am 10. November 1936: «Anlässlich der
Rechtskraft des Kollokationsplanes der Baukasse Bern A.-G. war obiger
Bundesratsbeschluss noch nicht rechtskräftig und hätte u. E. auch die von uns
vorgenommene Kollokation nicht verhüten können... Ist der Kollokationsplan
rechtskräftig, so kann er von einer Verwaltungsbehörde nicht mehr umgestossen
werden... Wir vertreten die Auffassung, dass der Bundesrat einen
rechtskräftigen Kollokationsplan nicht aufheben kann... Aus diesen Erwägungen
können wir Ihrem Ansuchen nicht entsprechen.»
Am 20. November 1936 führte das Aufsichtsamt gegen das Konkursamt Bern bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde mit
dem Antrag: «Es sei das Konkursamt Bern anzuweisen, den Kollokationsplan der
Bankasse Bern A.-G. aufzuheben und entsprechend den Vorschriften des
Bundesratsbeschlusses vom 5. November 1935, des Bundesratsbeschlusses vom 27.
Oktober 1936 und den verbindlichen Weisungen des eidgenössischen
Aufsichtsamtes für Kreditkassen mit Wartezeit vom 7. April und 27. Oktober
1936 neu aufzustellen und nach Vorlage an das eidgenössische Aufsichtsamt für
Kreditkassen mit Wartezeit neu aufzulegen.»
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 3. Februar 1937 die Beschwerde
abgewiesen.
Diesen Entscheid hat das Aufsichtsamt an das Bundesgericht weitergezogen mit
dem Antrag, er sei wegen

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Gesetzesverletzung und Rechtsverweigerung (willkürlicher Nichtbeachtung der
verbindlichen Weisungen des Aufsichtsamtes für Kreditkassen mit Wartezeit vom
7. April und 27. Oktober 1936) aufzuheben, und die kantonale Aufsichtsbehörde
sei anzuweisen, den Beschwerdeantrag vom 20. November 1936 zu schützen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Art. 21
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 21 - Die Behörde, welche eine Beschwerde begründet erklärt, verfügt die Aufhebung oder die Berichtigung der angefochtenen Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, deren Vornahme der Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert.
SchKG bestimmt: «Die Behörde, welche eine Beschwerde begründet
erklärt, verfügt die Aufhebung oder die Berichtigung der angefochtenen
Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, deren Vornahme der
Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert.» Hieraus folgt
zweierlei: Die Weiterziehung der Beschwerdeentscheidungen kann regelmässig
nicht zur Weisung an die Vorinstanz führen, sie habe eine andere
(gegenteilige) Beschwerdeentscheidung zu fällen, worauf hier angetragen wird,
sondern vielmehr zur direkten Entscheidung der Beschwerde durch die
Oberinstanz. Eine Rechtsverweigerung (bezw. Rechtsverzögerung) kann nur darin
bestehen, dass die Vornahme einer Handlung unbegründetermassen verweigert
(bezw. verzögert) wird, also einfach unterbleibt, nicht darin, dass eine
Verfügung oder Entscheidung entgegen einem gestellten Antrag getroffen wird
und die hiefür massgebenden Gründe angegeben werden, wie es hier geschehen
ist.
2.- Das rekurrierende Aufsichtsamt erklärt, es führe einzig als Organ des
Aufsichtsamtes für Kreditkassen mit Wartezeit Beschwerde, nicht auch als
Konkursgläubiger. Indessen wird die Beschwerdelegitimation grundsätzlich nur
zum Schutze gegen die Beeinträchtigung von rechtlich geschützten Interessen
gegen Beschwer durch eine Verfügung von Betreibungs- oder Konkursämtern
eingeräumt. Interessiert an der Beseitigung des Kollokationsplanes mit den
streitigen Kollokationsverfügungen sind aber einzig Konkursgläubiger, und zwar
im besondern diejenigen,

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deren Gehaltsforderungen nur für einen um ein paar Monate vor der
Konkurseröffnung zurückliegenden Zeitraum privilegiert zugelassen worden sind;
doch hat keiner dieser Konkursgläubiger Beschwerde geführt und will es nach
dem Gesagten insbesondere der Bund nicht als solcher Konkursgläubiger tun. Ein
Interesse an der Beschwerdeführung (oder doch an der Weiterziehung eines
Beschwerdeentscheides) könnte gegebenenfalls die zur Konkursmasse vereinigte
Gesamtheit der Konkursgläubiger haben, die jedoch beim Fehlen einer ernannten
besonderen Konkursverwaltung durch das Konkursamt vertreten wird und nicht
durch das eidgenössische Aufsichtsamt. Dagegen kann kein zur Beschwerde
legitimierendes Interesse dieses Aufsichtsamtes als solchen anerkannt werden.
Insbesondere folgt; dessen Beschwerdelegitimation nicht aus dem
Bundesratsbeschluss vom 13. Oktober 1936 betreffend Vertretungsbefugnis des
eidgenössischen Aufsichtsdienstes für Kreditkassen mit Wartezeit, durch
welchen dieser Aufsichtsdienst bevollmächtigt wird, die Eidgenossenschaft für
alle die Kreditkassen mit Wartezeit betreffenden Rechtsgeschäfte bei den
betreibungs- und konkursrechtlichen Vorkehren (sowie in Verwaltungsgerichts-,
Zivil- und Strafprozessen) rechtsverbindlich zu verpflichten und zu vertreten.
Die Auslegung dieser wenig durchsichtigen Vorschrift nach herkömmlichen
Grundsätzen ergibt nichts für ein Recht des Aufsichtsamtes zur Beschwerde
gegen den im Konkurs einer Kreditkasse aufgestellten Kollokationsplan, soweit
nicht dem Bund (als Konkursgläubiger oder durch das Verfahren in
Mitleidenschaft gezogenem Dritten) ohnehin ein solches Beschwerderecht zusteht
oder aber allfällig einer Kreditkasse, deren Liquidation sich gemäss Art. 48
der Verordnung über die Kreditkassen mit Wartezeit unter der Kontrolle des
Aufsichtsamtes abwickelt.
Aber auch abgesehen hievon fehlt es an besondern Vorschriften, welche dem
Aufsichtsamt bei der konkursrechtlichen Liquidation von Kreditkassen eine
Stellung einräumten, die es zu allen möglichen Beschwerden gegen die

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Konkursverwaltung legitimieren würde, was natürlich nicht ohne Einfluss wäre
auf die Stellung der kantonalen Aufsichtsbehörde und des Bundesgerichtes als
eidgenössischer Oberaufsichtsbehörde gegenüber der Konkursverwaltung (dem
Konkursamt). Freilich bestimmt Art. 54 Abs. 2 der Verordnung über die
Kreditkassen mit Wartezeit, der Aufsichtsdienst könne jederzeit der
Konkursverwaltung verbindliche Weisungen erteilen, und Absatz 3, für den
Schuldenruf, die Kollokation der Gläubiger und die Verwertung der Aktiven
könne der Bundesrat vom SchKG abweichende Vorschriften aufstellen. Allein
unter solchen Weisungen können nur Anordnungen im Rahmen der Autonomie der
Konkursverwaltung gemeint sein oder solche, die sich durch die Besonderheit
des Geschäftsbetriebes der Kreditkassen mit Wartezeit rechtfertigen, eine
angemessene Anwendung der darauf zugeschnittenen besonderen Vorschriften zu
sichern bestimmt und mit dem allgemein geltenden Konkursrecht verträglich
sind. Andernfalls könnten die Weisungen ja darauf hinauslaufen, dass die
Aufsicht über die Konkursverwaltung durch die im SchKG vorgesehenen
Aufsichtsbehörden mehr oder weniger weitgehend ausgeschaltet würde. So hat
denn auch das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement im gegenwärtigen
Beschwerdeverfahren ausdrücklich erklärt, die besonderen Weisungen im Sinne
von Art. 54 Abs. 2 der Verordnung unterliegen im Streitfalle der Beurteilung
der ordentlichen Instanzen. Daher kann dem Aufsichtsamt auch nicht zugestanden
werden, gegen eine Konkursverwaltung, die ihre Weisungen als mit dem
Konkursrecht unverträglich nicht befolgt, Beschwerde zu führen, wenn
diejenigen am Verfahren Beteiligten, in deren Interesse eine Weisung erlassen
worden ist und die daraus Vorteile herleiten könnten, ihrerseits sich dabei
beruhigen, dass die Konkursverwaltung sich über die Weisung hinwegsetzen zu
dürfen glaubt, und selbst nicht Beschwerde führen. Es lässt sich kein
zureichender Grund dafür ersehen, das Aufsichtsamt als gesetzlichen

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Kollektivvertreter aller dieser Gläubiger anzuerkennen. Anderseits müssen
freilich auch die Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs
regelmässig diejenigen vom SchKG abweichenden Vorschriften anerkennen und
anwenden, welche der Bundesrat für den Schuldenruf, die Kollokation der
Gläubiger und die Verwertung der Aktiven aufstellt. Allein wenn sich eine
Konkursverwaltung über solche an sich verbindliche Vorschriften hinwegsetzt,
so gilt für die Legitimation zur Beschwerde doch wiederum das eben
Ausgeführte.
Übrigens ist die vorliegende Beschwerde auch sachlich durchaus unbegründet.
Voraussetzung der Anwendung solcher besonderer Vorschriften ist, dass nicht
ein Stadium des Konkursverfahrens bereits in Anwendung der allgemeinen
einschlägigen Vorschriften durchgeführt worden ist, bevor die abweichenden
Vorschriften aufgestellt worden sind. Andernfalls sind eben durch die
Durchführung des Verfahrens (-Stadiums) nach den allgemeinen Vorschriften
subjektive Rechte begründet worden, die durch die nachträgliche Aufstellung
abweichender Vorschriften nicht mehr beeinträchtigt werden können, selbst wenn
ihnen rückwirkende Kraft beigelegt wird. Derartige Rechte sind aber durch die
Aufstellung des Kollokationsplanes im Konkurs der Baukasse Bern A.-G.
begründet worden, und zwar nicht nur insoweit, als er unangefochten geblieben
ist und daher Rechtskraft beschritten hat; denn Kollokationsverfügungen dürfen
gemäss Art. 65 der Konkursverordnung schon dann nicht mehr von der
Konkursverwaltung abgeändert werden, sobald deswegen Kollokationsklagen gegen
sie erhoben worden sind, sondern nur noch von den zu deren Beurteilung
berufenen Konkursgerichten. Daher folgt aus der weit ausgreifenden
Verwirkungsklausel des Bundesratsbeschlusses vom 27. Oktober 1936 weder die
Pflicht noch die Befugnis der Konkursverwaltungen oder ihrer
Aufsichtsbehörden, Kollokationspläne aufzuheben, die vor diesem Zeitpunkt und
daher ohne Beobachtung seines Art. 1 aufgestellt und, sei es endgültig, sei es

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unter Vorbehalt anderweitiger Entscheidung über eine Kollokationsklage,
rechtskräftig geworden sind. Als ganz besonders stossend aber müsste es
empfunden werden, wenn auf diese Weise auch eine Kollokationsverfügung
nachträglich wieder beseitigt würde, die ohne Erfolg zum Gegenstand einer
gerichtlichen Klage gemacht worden ist.
Unerfindlich ist endlich, woraus das Aufsichtsamt ein Recht auf Genehmigung
des Kollokationsplanes herleiten zu können glaubt. Nicht nur würde dadurch
Stoff zu Konflikten mit den Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs
geschaffen, sondern es ist im besondern auch nicht zu vergessen, dass der
Kollokationsplan ungeachtet solcher Genehmigung der gerichtlichen Klage auf
Abänderung zugänglich wäre, die das Aufsichtsamt auf keinen Fall durch seine
«verbindlichen Weisungen» ausschliessen könnte.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und auf die Beschwerde nicht
eingetreten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 63 III 47
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 01. März 1937
Quelle : Bundesgericht
Status : 63 III 47
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Konkurs über Kreditkassen mit Wartezeit (bundesrätliche Verordnung vom 5. Februar 1935, Art...


Gesetzesregister
SchKG: 21 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 21 - Die Behörde, welche eine Beschwerde begründet erklärt, verfügt die Aufhebung oder die Berichtigung der angefochtenen Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, deren Vornahme der Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert.
53 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.391
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946399 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959400 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952401 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982402.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934405.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.407
BGE Register
63-III-47
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
wartezeit • weisung • konkursverwaltung • kollokationsplan • konkursamt • verordnung über die kreditkassen mit wartezeit • kollokationsklage • bundesrat • schuldenruf • beschwerdelegitimation • termin • tag • bundesgericht • frist • rechtlich geschütztes interesse • entscheid • eidgenossenschaft • stichtag • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bewilligung oder genehmigung
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