BGE 63 II 176
37. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Juli 1937 i. S. Looser
gegen Hänny.
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Regeste:
Der sog. Architektenvertrag, durch den der Bauherr dem Architekten die
Herstellung der Skizzen, der Pläne u. des Kostenvoranschlages, die Vergebung
der Arbeiten an die Unternehmer, die Aufsicht u. die Revision überträgt,
untersteht grundsätzlich den Regeln über den Auftrag, Art. 394 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 394 - 1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen. |
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1 | Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen. |
2 | Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auftrag. |
3 | Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist. |
Der Beklagte, Eigentümer des Hotels Sternen in Unterwasser, übertrug dem
klagenden Architekten entsprechend dem Formular Nr. 21 des schweizerischen
Ingenieur- und Architektenvereins für die Erweiterungsbauten am Hotel die
folgenden Leistungen: «Skizze, Bauprojekt, Ausführungs- und Detailpläne,
Kostenanschlag, Vergebung der Arbeiten und Oberaufsicht, Revision.» Damit
kontrahierte der Kläger nicht etwa als Unternehmer, d. h. er hatte die
Bauarbeiten nicht durch eigene Angestellte vorzunehmen oder mit andern
Personen Verträge im eigenen Namen abzuschliessen (in welchem Falle ohne
weiteres ein Werkvertrag anzunehmen gewesen wäre). Vielmehr handelte der
Kläger ausschliesslich als direkter Stellvertreter des Bauherrn, mit der
Massgabe, dass dieser dann auch die Gefahr zu tragen hatte (vgl. über diese
Verhältnisse RÜMELIN, Dienstvertrag, Werkvertrag, 1905, S. 154). Es erhebt
sich nun vorweg die Frage, wie ein solcher Vertrag rechtlich zu
charakterisieren sei.
Greift man einzelne der hiervor aufgezählten Obliegenheiten des Architekten
heraus, um sie gesondert zu behandeln, so kann man sie verschiedenen
Vertragsarten unterstellen. Die Herstellung von Skizzen und Bauprojekten,
sowie von Ausführungs- und Detailplänen, wird in der Regel der Anwendung der
Bestimmungen über den Werkvertrag rufen (vgl. auch FICK, Komm. zum OR, Art.
363 N 5; BECKER, Art. 363 N 4 f; OSER-SCHÖNENBERGER, Art. 363 N 19; GUHL, Das
schweizerische Obligationenrecht, 2. Aufl., S. 197, sowie Appellationshof
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des Kantons Bern in der Zeitschrift des Bernischen Juristenvereine 57, 91 =
Schweizerische Juristen Zeitung 17, 378 Nr. 285). Die Herstellung von
Kostenvoranschlägen, die Vergebung der Arbeiten und die Oberaufsicht, sowie
die Revision, bilden dagegen regelmässig wohl eher Gegenstand eines
gewöhnlichen Auftrages, es wäre denn, dass ausnahmsweise eine besonders eng
gestaltete persönliche Beziehung zwischen dem Bauherrn und Architekten im
Sinne eines ausgesprochenen Unterordnungsverhältnisses die Anwendung des
Dienstvertragsrechts nahelegen würde. Für einen Fall nun, wie den
vorliegenden, wo alle Funktionen miteinander e i n e m Architekten übertragen
werden, stellt sich die Frage, ob das ganze Rechtsverhältnis einheitlich zu
charakterisieren sei, und gegebenenfalls wie.
Praktische Erwägungen, insbesondere Zweckmässigkeitsgründe, sprechen zwingend
für eine grundsätzlich einheitliche Behandlung des ganzen
Vertragsverhältnisses. Denn die einzelnen, auf das nämliche Endziel
gerichteten und auch regelmässig gesamthaft honorierten Aufgaben des
Architekten hängen untereinander eng zusammen. Wollte man inbezug auf die
einzelnen Teilleistungen nebeneinander uneingeschränkt verschiedene
Vertragstypen zur Anwendung bringen, so würde das zu ganz unnatürlichen
Verhältnissen führen. Was die Parteien mit Wissen und Willen zu einer Einheit
zusammengeschlossen haben, dürfte der Richter höchstens dann
auseinandernehmen, wenn hiezu eine rechtliche Notwendigkeit vorläge. Das ist
indessen nicht der Fall. Die sämtlichen vertraglichen Obliegenheiten des
Architekten erschöpfen sich in Arbeitsleistungen, und diese können jedenfalls
dem Grundsatze nach ohne Beeinträchtigung der Rechtsstellung des einen oder
andern Beteiligten zwangslos demjenigen Vertragstypus über Arbeits- bezw.
Dienstleistungen unterworfen werden, der dem gesamten, zusammengefassten
Verhältnis am besten entspricht; dies immerhin mit der Einschränkung, dass
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wo die besondere Natur der einzelnen Arbeitsleistung zwingend der
Berücksichtigung bedarf, aushilfsweise die Vorschriften der speziell auf sie
zugeschnittenen Vertragsform heranzuziehen sind.
Unter der Herrschaft des OR von 1881 hatte das Bundesgericht entgeltliche
Verträge zwischen einem Bauherrn und einem Architekten über die Entwerfung von
Bauplänen, den Abschluss der Verträge mit den Baunnternehmern (als Vertreter
der Bauherren), die Bauleitung und die Baubeaufsichtigung als Dienstverträge
charakterisiert (vgl. statt vieler: Revue der Gerichtspraxis 16, 129 Nr. 88).
Es befand sich damit im Einklang mit der noch heute in Deutschland
herrschenden Auffassung (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichtes in
Zivilsachen 137, 84 und dortige Verweisungen), inbezug auf die allerdings zu
bemerken ist, dass für sie Auftrag von vorneherein deshalb nicht in Betracht
fällt, weil nach § 662 BGB nur ein unentgeltlicher Auftrag möglich ist. Nun
hat aber Art. 319
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 319 - 1 Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird. |
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1 | Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird. |
2 | Als Einzelarbeitsvertrag gilt auch der Vertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer zur regelmässigen Leistung von stunden-, halbtage- oder tageweiser Arbeit (Teilzeitarbeit) im Dienst des Arbeitgebers verpflichtet. |
zum alten OR (Art. 338), wie auch zu § 611 des noch geltenden deutschen BGB,
das Anwendungsgebiet des Dienstvertrages nicht unerheblich eingeengt. Es wurde
nämlich an die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung persönlicher
Dienste die Einschränkung geknüpft, dass sie auf bestimmte oder unbestimmte
Zeit zu erfolgen habe. Somit ist heute das charakteristische
Unterscheidungsmerkmal des Dienstvertrages gegenüber andern Verträgen auf
Arbeits- bezw. Dienstleistung das Zeitmoment. Dieses spielt jedoch gerade in
Verhältnis zwischen dem Architekten und dem Bauherrn keine entscheidende
Rolle. Allerdings kommt ja natürlicherweise dem Zeitmoment auch hier insofern
eine gewisse Bedeutung zu, als die Dienste bis zur Beendigung einer bestimmten
Arbeit zu leisten sind. Im Vordergrund steht indessen nicht dieses - sekundäre
- Zeitmoment, sondern gegenteils der schliessliche Arbeitserfolg, das
Arbeitsergebnis. Im Gegensatz zu der ferner
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den Dienstvertrag charakterisierenden weitgehenden, bis in Einzelheiten
reichenden Unterordnung des Dienstleistenden unter den Dienstherren ist bei
diesen Bauverträgen der Architekt jedenfalls in der Gestaltung der äussern
Verumständungen, unter denen er seine Obliegenheiten zu erfüllen hat (wie
namentlich in der Wahl von Arbeitszeit und Arbeitsort), bedeutend freier. Auf
Grund des heute geltenden Rechts könnte daher ein Dienstvertrag nur noch beim
Vorliegen ganz besonderer Verhältnisse, insbesondere bei einem ausgeprägten,
dienstvertragsähnlich gestalteten Unterordnungsverhältnis des Architekten
unter den Bauherrn, angenommen werden.
Abgesehen von solchen - im vorliegenden Falle nicht verwirklichten -
Ausnahmeverhältnissen bleibt daher nur noch zu prüfen, ob der Bauvertrag, als
Einheit genommen, sich als Werkvertrag oder als Auftrag darstelle. Dabei ist,
wie dies das Bundesgericht schon in einer ganzen Reihe von nicht publizierten
Urteilen getan hat (vgl. aus der neuern Zeit etwa Urteil vom 30. November 1932
i. S. Roch c. Martinet, vom 26. Mai 1935 i. S. Arnold und Gribi c. Vogel und
vom 17. Dezember 1935 i. S. Gfeller-Rindlisbacher c. Trachsel), für Auftrag zu
entscheiden. Nach der Honorarordnung der Norm des schweizerischen Ingenieur-
und Architektenvereins entfällt zwar wohl auf die Ausarbeitung der Skizzen,
des Bauprojekts, sowie der Ausführungs- und Detailpläne mehr als 50% des
Honorars des Architekten, und da diese Tätigkeiten, für sich allein genommen,
Gegenstand von Werkverträgen bilden würden, könnte man vielleicht versucht
sein, auf den wertmässigen Hauptteil abzustellen und das Ganze als Werkvertrag
zu charakterisieren. Allein damit würde man den Verhältnissen nicht gerecht.
Denn auf diese Weise würde ein nicht unwesentlicher Teil der Tätigkeit des
Architekten, vorab die Vergebung der Bauarbeiten, die Oberleitung der
Bauausführung die Prüfung der Bauarbeiten, sowie die Aufstellung der
Schlussrechnung, in eine Vertragsform gezwungen, mit
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der sie nichts verbindet. Unterstellt man gegenteils das Ganze den Regeln über
den die allgemeinste und damit weiteste Form des Arbeitsvertrages
darstellenden Auftrag, mit der Massgabe, dass nötigenfalls die
Spezialvorschriften des Werkvertrages aushilfsweise herangezogen werden
dürfen, so wird den Verhältnissen nach keiner Richtung hin Zwang angetan (vgl.
auch OSER-SCHÖNENBERGER, a.a.O. Art. 363, N 19).