S. 91 / Nr. 27 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 91

27. Entscheid vom 7. Juli 1936 i. S. Gross.

Regeste:
Art. 149 Abs. 3 SchKG. Die «Fortsetzung» der Betreibung auf Grund eines
Verlustscheins ist am Wohnsitz des Schuldners zur Zeit der Stellung des
Begehrens zu verlangen, also, wenn er nicht mehr am Orte der früheren
Betreibung wohnt, an seinem neuen Wohnsitze.
Art. 149, al. 3 LP. La continuation de la poursuite en vertu d'un acte de
défaut de biens doit être requise au domicile actuel du débiteur.
Art. 149, cp. 3 LEF. La continuazione dell'esecuzione in virtù di un attestato
di carenza di beni dev'essere domandata al domicilio attuale del debitore.

A. - In der Betreibung Nr. 156 des Rekurrenten gegen R. Keller, damals in St.
Erhard, pfändete das Betreibungsamt Knutwil laut Pfändungsurkunde vom 2. März
1935 von dessen Lohne monatlich Fr. 185.- mit der Bemerkung, «... der
gepfändete Lohn wird der Ehefrau des Schuldners überlassen. Es gilt somit
diese Urkunde im Sinne des

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Art. 115 bezw. 149 dem Gläubiger als Verlustschein». Im Mai 1936 verlangte der
Gläubiger in Knutwil Fortsetzung der Betreibung gemäss Art. 149 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
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SchKG.
Das Betreibungsamt lehnte die Ausführung ab, da inzwischen der Schuldner nach
Luzern übergesiedelt sei. Hiegegen beschwerte sich der Gläubiger mit dem
Antrag, das Betreibungsamt Knutwil sei zum Vollzug der Fortsetzung der
Betreibung Nr. 156 im Sinne des Art. 149 anzuhalten, mit der Begründung, der
Wohnsitzwechsel des Schuldners spiele keine Rolle, denn es werde keine neue
Betreibung angehoben, sondern Fortsetzung der Betreibung 156/Knutwil verlangt.
Die Pfändungsurkunde sei übrigens im Juni 1935 vollzogen und unzulässigerweise
auf den 2. März zurückdatiert worden. Unzulässig sei ferner die Bezeichnung
der Pfändungsurkunde als Verlustschein, ein solcher habe erst nach Ablauf des
Lohnpfändungsjahres ausgestellt werden dürfen, nachdem das Betreibungsamt habe
feststellen können, welchen Lohnbetrag es an die Ehefrau abliefern konnte.
B. - Die Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde abgewiesen, weil ein Begehren um
Fortsetzung ohne neuen Zahlungsbefehl im Sinne des Art. 149 am Wohnsitze des
Schuldners zur Zeit des Begehrens anzubringen sei.
C. - Hiegegen rekurriert der Gläubiger ans Bundesgericht unter
Aufrechterhaltung seines Antrages samt Begründung.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Bei der Betreibung auf Grund eines Verlustscheins gemäss Art. 149 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
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SchKG
handelt es sich, trotzdem das Gesetz von «Fortsetzung» spricht, formell um
eine neue Betreibung, nur ohne neuen Zahlungsbefehl. Beim analogen Vorgang auf
Grund des Pfandausfallscheins (Art. 158 Abs. 2), wo ebenfalls ein neuer
Zahlungsbefehl nicht erforderlich ist, sagt denn auch das Gesetz nicht «die
Betreibung fortsetzen», sondern einfach «führen».

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Daher muss die «Fortsetzung» bezw. die neue Betreibung, wenn der Schuldner
seither seinen Wohnsitz gewechselt hat, am neuen Wohnort verlangt und
durchgeführt werden, damit dort auch Anschluss verlangt werden und die neue
Gruppe sich bilden kann (JAEGER, zu Art. 149
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
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, N. 7). Etwas anderes ergibt sich
nicht etwa aus Art. 53
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
SchKG, wonach die Betreibung, wenn der Schuldner nach
Zustellung der Pfändungsankündigung den Wohnsitz ändert, am bisherigen Orte
fortgesetzt wird. Der Wohnungswechsel hat allerdings hier nach der
Pfändungsankündigung in der Betreibung 156 stattgefunden. Aber diese
Betreibung ist eben durch Ausstellung des Verlustscheins abgeschlossen worden,
und die «Fortsetzung» auf Grund desselben bezweckt nicht deren Neuaufnahme in
einem Stadium nach Pfändungsankündigung, sondern führt zu einer neuen
Pfändungsankündigung; der Wohnsitzwechsel hat also vor dieser letztern
stattgefunden, sodass Art. 53 nicht spielt. Der vom Rekurrenten zitierte
Entscheid (JAEGER, Prax. II Art. 93 N. 5) erklärt als unzulässig, dass das
Betreibungsamt wegen eines Wohnsitzwechsels des Schuldners nach erfolgter
Lohnpfändung die Betreibung als erledigt erkläre und einen Verlustschein
ausstelle; während ja hier in Betreibung 156 der Verlustschein vor dem
Wohnsitzwechsel, mangels (für den Rekurrenten) pfändbaren Vermögens
ausgestellt worden ist. Ebenso fehl geht die Berufung auf Prax. IV Art. 53 N.
6 (BGE 56 III 1); die «Fortsetzung» der Betreibung im Sinne des Art. 149 Abs.
3 ist nicht eine Betreibungshandlung zum Abschluss derjenigen Betreibung und
führt nicht zu einer Nach- oder Ergänzungspfändung derjenigen Pfändung, die
mit dem Verlustschein geendet haben.
Das lediglich auf Anhandnahme des Fortsetzungsbegehrens durch das
Betreibungsamt Knutwil gerichtete Beschwerdebegehren ist daher mit Recht
abgewiesen worden. Es braucht somit nicht erörtert zu werden, ob das
Betreibungsamt den Verlustschein vor Ablauf des

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Lohnpfändungsjahres ausstellen konnte, ob eine diesbezügliche Beschwerde nicht
innert Frist gegen den zugestellten Verlustschein hätte erhoben werden müssen,
und ob dieser, so wie er vorliegt, überhaupt im Mai 1936 noch im Sinne des
Art. 149 Abs. 3 verwendet werden konnte.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 III 91
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 07. Juli 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 III 91
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Art. 149 Abs. 3 SchKG. Die «Fortsetzung» der Betreibung auf Grund eines Verlustscheins ist am...


Gesetzesregister
SchKG: 53 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
149
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
5    ...291
BGE Register
56-III-1 • 62-III-91
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
verlustschein • schuldner • betreibungsamt • wohnsitzwechsel • zahlungsbefehl • lohn • fortsetzungsbegehren • begründung des entscheids • kantonales rechtsmittel • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bundesgericht • pfandausfallschein • weiler • biene • betreibungshandlung • monat • frist