S. 58 / Nr. 17 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 58

17. Entscheid vom 15. Mai 1936 i. S. Robert Bosch A.-G.

Regeste:
Arrestierung von Schweizerpatenten, deren Inhaber im Auslande wohnt: Zuständig
sind die Behörden am Sitze des eidgenössischen Patentamtes, gleichgültig ob
anderswo in der Schweiz

Seite: 59
ein Patentvertreter gemäss Art. 24
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 24 - Die Kantone bezeichnen die Anstalten, welche gehalten sind, in den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen Depositen anzunehmen (Depositenanstalten). Sie haften für die von diesen Anstalten verwahrten Depositen.
des Patentgesetzes bestellt worden ist.
Art. 272
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 272 - 1 Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1    Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1  seine Forderung besteht;
2  ein Arrestgrund vorliegt;
3  Vermögensgegenstände vorhanden sind, die dem Schuldner gehören.
2    Wohnt der Gläubiger im Ausland und bezeichnet er keinen Zustellungsort in der Schweiz, so ist das Betreibungsamt Zustellungsort.
SchKG, 9 und 24 PatG.
Séquestre de brevets d'invention dont le titulaire habite à l'étranger:
Compétence des autorités au siège du Bureau fédéral de la propriété
intellectuelle, même si un mandataire a été commis ailleurs en Suisse,
conformément à l'art. 24 de la loi sur les brevets d'invention. (Art. 272 LP,
9 et 24 LBI).
Sequestro di brevetti d'invenzione svizzeri il cui titolare abita all'estero:
sono competenti le autorità della sede dell'ufficio federale della proprietà
intellettuale anche se un mandatario è stato designato in conformità dell'art.
24 della legge sui brevetti d'invenzione, in un'altra località della Svizzera.
(Art. 272 LEF e 24 LBI).

Die Robert Bosch A.-G. in Stuttgart, deren Schweizerpatente in Bern als dem
Sitze des eidgenössischen Patentamtes arrestiert worden sind, beschwert sich
über diese Massnahme, weil als Arrestort nicht Bern, sondern Genf, der Wohnort
ihres für die Schweiz bestellten Patentvertreters, anzuerkennen sei. Von der
kantonalen Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 27. April 1936 abgewiesen, hat
sie Rekurs an das Bundesgericht eingelegt.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Schweizerpatente eines im Auslande wohnenden Inhabers gelten, wie bereits
entschieden worden ist, als am Sitze des eidgenössischen Patentamtes gelegen
und sind daher an diesem Orte zu arrestieren (BGE 1912 I 702 ff. = Sep.-Ausg.
282 ff.). Die Beschwerdeführerin hält eine Abweichung von diesem Grundsatze
für geboten, wenn der Patentinhaber, wie es hier zutrifft, einen anderswo in
der Schweiz wohnenden Vertreter im Sinne von Art. 24 des schweizerischen
Patentgesetzes vom 21. Juni 1907 bestellt hat. Die angerufene Bestimmung
bietet jedoch hierfür keine Handhabe, im Unterschied zu § 12 des deutschen
Patentgesetzes vom 7. April 1891/12. Dezember 1923, der ausdrücklich bestimmt,
der Wohnsitz des Patentvertreters habe als der Ort, wo sich der
Vermögensgegenstand befindet,

Seite: 60
zu gelten, womit dann auch nach § 23 der deutschen Zivilprozessordnung ein
Gerichtsstand für vermögensrechtliche Ansprüche irgendwelcher Art begründet
ist, gleichgültig ob sie überhaupt mit Patenten zusammenhängen und in den
Tätigkeitsbereich des Patentvertreters fallen (vgl. dazu PIETZKER, Kommentar,
1929, zu § 12 PatG Anm. 7). Eine solche Regel ist im schweizerischen Gesetze
nicht aufgestellt, und es rechtfertigt sich auch nicht, sie für das
schweizerische Vollstreckungsrecht, das über den «Ort» von Patentrechten
nichts bestimmt, zu übernehmen. Hat der Patentinhaber selber keinen Wohnsitz
in der Schweiz - wie hier, denn die Bestellung eines Patentvertreters schafft
entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht keinen
Geschäftssitz am Wohnorte des Vertreters -, so liegt es näher, auf den Sitz
des eidgenössischen Patentamtes als auf den Wohnort eines allfälligen
Patentvertreters abzustellen. Denn während das Patentamt in allen Fällen von
der Arrestierung benachrichtigt werden muss und davon Vormerk zu nehmen hat zu
Handen des Patentregisters (dessen Einträge gemäss Art. 9
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 9 - 1 Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf:
1    Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf:
a  Handlungen, die im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken vorgenommen werden;
b  Handlungen zu Forschungs- und Versuchszwecken, die der Gewinnung von Erkenntnissen über den Gegenstand der Erfindung einschliesslich seiner Verwendungen dienen; insbesondere ist jede wissenschaftliche Forschung am Gegenstand der Erfindung frei;
c  Handlungen, die für die Zulassung eines Arzneimittels im Inland oder in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle vorausgesetzt sind;
d  die Benützung der Erfindung zu Unterrichtszwecken an Lehrstätten;
e  die Benützung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung oder der Entdeckung und Entwicklung einer Pflanzensorte;
f  biologisches Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar gewonnen wird;
g  Handlungen im Rahmen einer medizinischen Tätigkeit, die sich auf eine einzelne Person oder ein einzelnes Tier bezieht und Arzneimittel betrifft, insbesondere die Verschreibung, Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln durch gesetzlich dazu berechtigte Personen;
h  die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken in Ausführung einer ärztlichen Verschreibung sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen.
2    Abreden, welche die Befugnisse nach Absatz 1 einschränken oder aufheben, sind nichtig.
PatG gutgläubigen
Dritten gegenüber die Verfügungsberechtigung verbindlich ausweisen; Art. 9
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 9 - 1 Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf:
1    Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf:
a  Handlungen, die im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken vorgenommen werden;
b  Handlungen zu Forschungs- und Versuchszwecken, die der Gewinnung von Erkenntnissen über den Gegenstand der Erfindung einschliesslich seiner Verwendungen dienen; insbesondere ist jede wissenschaftliche Forschung am Gegenstand der Erfindung frei;
c  Handlungen, die für die Zulassung eines Arzneimittels im Inland oder in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle vorausgesetzt sind;
d  die Benützung der Erfindung zu Unterrichtszwecken an Lehrstätten;
e  die Benützung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung oder der Entdeckung und Entwicklung einer Pflanzensorte;
f  biologisches Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar gewonnen wird;
g  Handlungen im Rahmen einer medizinischen Tätigkeit, die sich auf eine einzelne Person oder ein einzelnes Tier bezieht und Arzneimittel betrifft, insbesondere die Verschreibung, Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln durch gesetzlich dazu berechtigte Personen;
h  die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken in Ausführung einer ärztlichen Verschreibung sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen.
2    Abreden, welche die Befugnisse nach Absatz 1 einschränken oder aufheben, sind nichtig.

PatG), hat der Patentvertreter als solcher mit dem Patentarrestierungs- und
dem darauffolgenden Betreibungsverfahren nichts zu tun. Ihm liegt nach Art. 24
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 24 - 1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt:
1    Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt:
a  einen Patentanspruch (Art. 51 und 55) aufzuheben; oder
b  einen unabhängigen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren von ihm abhängigen Patentansprüchen einzuschränken; oder
c  einen unabhängigen Patentanspruch auf anderem Weg einzuschränken; in diesem Fall muss der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung beziehen und eine Ausführungsart definieren, die in der veröffentlichten Patentschrift und in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung des Patentgesuches vorgesehen ist.
2    ...67

PatG nur ob die «Vertretung in dem nach Massgabe dieses Gesetzes
stattfindenden Verfahren, sowie in den das Patent betreffenden
Streitigkeiten», und demgemäss ist ein Gerichtsstand an seinem Wohnort nur
vorgesehen für «die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Patentinhaber
anzustellenden Klagen». Erstreckt sich also die Handlungsbefugnis des
Patentvertreters nicht auf ein Arrest-, Betreibungs- und Zivilstreitverfahren
betreffend irgendwelche Forderungen, wofür Patente nur als
Vollstreckungssubstrat in Anspruch genommen werden, so stehen die Patentrechte
augenscheinlich in näherer, für das Vollstreckungsverfahren wesentlicherer
Beziehung zum Sitze des Amtes, wo auch das

Seite: 61
Patentregister geführt wird. Daher ist die Arrestierung von Schweizerpatenten
eines im Auslande wohnenden Inhabers ohne Rücksicht darauf, ob er irgendwo in
der Schweiz einen Patentvertreter hat, in Bern vorzunehmen. Diese Lösung hat,
abgesehen von ihrer Einfachheit, den Vorzug, das Vorgehen zu erleichtern,
indem Nachforschungen nach einer Patentvertretung und deren Wohnsitz
unterbleiben können. Dem Interesse des Patentinhabers, dass sein allfälliger
Patentvertreter möglichst bald von einer Arrestierung Kenntnis erhalte, wird
durch die Mitteilung des Patentamtes ohnehin Rechnung getragen; übrigens wäre
das Betreibungsamt des Wohnbezirks des Vertreters gleichfalls nicht
verpflichtet, sich mit diesem in Verbindung zu setzen, da er, wie dargetan, in
diesem Verfahren keine gesetzliche Handlungsvollmacht hat. Endlich sieht die
Beschwerdeführerin in der angefochtenen Entscheidung mit Unrecht eine
ungleiche Behandlung von Ausländern und damit eine Verletzung des mit
Deutschland am 31. Oktober 1910 abgeschlossenen Staatsvertrages
(eidgenössische Gesetzessammlung 1911 692); denn es wird nur der
schweizerische oder ausländische Wohnsitz und nicht die Staatsangehörigkeit in
Betracht gezogen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 62 III 58
Date : 01. Januar 1936
Published : 15. Mai 1936
Source : Bundesgericht
Status : 62 III 58
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Arrestierung von Schweizerpatenten, deren Inhaber im Auslande wohnt: Zuständig sind die Behörden am...


Legislation register
PatG: 9  24
SchKG: 24  272
BGE-register
62-III-58
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
[noenglish] • appearance • corpus juris • debt enforcement • debt enforcement and bankruptcy law • enforcement proceeding • federal court • germany • hamlet • holder of a patent • knowledge • orderer • patent of invention • place of distraint • priority notice • prosecution office • register of patents • residence abroad • residence in switzerland • treaty