S. 40 / Nr. 10 Beamtenrecht (d)

BGE 62 I 40

10. Urteil vom 13. Februar 1936 i. S. Arnold gegen SBB Generaldirektion.

Regeste:
Beamtenrecht.
1. Bezieht ein eidg. Beamter Leistungen der eidg. Unfallversicherung, so wird
der Betrag dieser Leistungen auf seine Besoldung angerechnet. Ist seine
Besoldung gekürzt, so hat er Anspruch auf den Betrag der höheren der
konkurrierenden Leistungen.
2. Der pensionierte Beamte bezieht, wenn Pension und Unfallentschädigung
zusammentreffen, den Betrag der höheren Leistung. Eine Kumulation der beiden
Leistungen findet nicht statt.
3. Wird der Beamte in ein Amt versetzt, dessen Höchstbesoldung niedriger ist
als seine frühere Besoldung, so kann der Gesamtbezug an Besoldung, Teilpension
und Unfallrente den Betrag

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3. der früheren Besoldung nicht übersteigen. Die Tatsache, dass der Beamte bei
Verbleiben in seinem früheren Amte Besoldungserhöhungen hätte erwarten dürfen,
fällt für die Bemessung des zulässigen Gesamtbezuges ausser Betracht.

Aus dem Tatbestand:
A. - Der Kläger war bis zum Jahre 1931 Rangierarbeiter I. Klasse der SBB in
Erstfeld. 1926 erlitt er einen Nichtbetriebsunfall (Verletzung am linken
Auge). 1928 verletzte sich der Rekurrent an der rechten Hand (Betriebsunfall).
B. - Der Rekurrent blieb nach den beiden Unfällen im Dienste der SBB in seiner
bisherigen Stellung als Rangierarbeiter I. Klasse (24. Besoldungsklasse,
2900-4500 Fr.); seine Besoldung stieg bis 1931 zufolge der periodischen
Besoldungserhöhungen auf 4045 Fr. (Die Unfallrente der Suva wurde auf die
Besoldung angerechnet gemäss Art. 11 des Zuschussreglementes vom 20. November
1917.) Auf den 1. August 1931 wurde Arnold nach Basel versetzt als
Güterarbeiter (26. Besoldungsklasse 2700-3900 Fr.), weil er wegen der Folgen
des Nichtbetriebsunfalles für seine bisherige Stellung untauglich geworden
war. Dabei wurde ihm die bisherige Besoldung von 4045 Fr. für die Dauer der
Amtsperiode belassen (Art. 45 , Abs. 5 BtG) und die Herabsetzung auf das
Maximum der neuen Einteilung (3900 Fr.) auf den Beginn der neuen Amtsperiode
(1. Januar 1933) angeordnet. Daneben wurden ihm von diesem Zeitpunkt an von
der Unfallrente 145 Fr. überlassen, sodass er auf einen Gesamtbezug von 4045
Fr. kommt, wie in seiner früheren Stellung. Die Erhöhung der Leistungen über
diesen Betrag hinaus hat die Generaldirektion der SBB abgelehnt.
a. - Mit Klage vom 24. April 1934 erhebt Arnold Anspruch auf Auszahlung der
ganzen Besoldung als Güterarbeiter von 3900 Fr. rückwirkend auf den 1. Januar
1933, unter der Feststellung, dass die SBB nicht berechtigt seien, von dieser
Besoldung die Unfallrente des Klägers (395 Fr. 40 Cts.) ganz oder zum Teil
abzuziehen.

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Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe einen Rechtsanspruch auf
Gehalt und Rente, jedenfalls solange als beide zusammen den Betrag von 4500
Fr. nicht überschreiten. Ein Rechtssatz, mit dem sich die Stellungnahme der
SBB begründen liesse, bestehe nicht, besonders könne die Gehaltskürzung nicht
auf Art. 45 , Abs. 5 BtG gestützt werden, der sich nur auf die laufende
Amtsperiode beziehe. Während dieser Zeit dürfe die Rente auf die Besoldung
angerechnet werden, weil der Beamte die volle Besoldung bezieht. Wenn aber die
bisherige Besoldung wegfalle, so habe auch die Anrechnung keine Berechtigung
mehr.
Die Generaldirektion der SBB beantragt Abweisung der Klage.
Das Bundesgericht hat die Klage abgewiesen
in Erwägung:
1.- Die eidgenössische Beamtengesetzgebung steht grundsätzlich auf dem Boden,
dass sich der Beamte Leistungen der eidgenössischen Sozialversicherungen,
insbesondere der Militärversicherung und der Unfallversicherungsanstalt, auf
seine Besoldung anrechnen lassen muss, der Besoldungsbezug also um den Betrag
dieser Leistungen gekürzt wird. Das Beamtengesetz selbst hat diesen Grundsatz
allerdings nur an einer Stelle zum Ausdruck gebracht. Es ordnet in Art. 45,
Abs. 5 an, dass der Beamte, welchem wegen körperlicher oder geistiger
Gebrechen eine andere Tätigkeit zugewiesen werden muss, bis zum Ablauf der
Amtsperiode Anspruch hat auf seine bisherige Besoldung unter Anrechnung
allfälliger Leistungen der Militärversicherung und der
Unfallversicherungsanstalt. Dass es sich dabei um die Anwendung eines
allgemeinen Grundsatzes handelt, nicht um eine vereinzelte Anordnung für den
speziellen Fall, ergibt sich aus der Regelung, die die Beamtenordnungen für
andere Fälle getroffen haben, wo Beamte Leistungen von Fürsorgeeinrichtungen
des Bundes geniessen. Die Anrechnung solcher Leistungen auf die Besoldung
findet nicht nur statt, wenn der Beamte

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im vollen Genuss seiner Besoldung steht, sondern auch bei Besoldungen, die
Kürzungen unterliegen, z. B. bei lange dauernden Dienstaussetzungen wegen
Krankheit und Unfall (Art. 53 BO I, Art. 46 BO II). Das Krankengeld der Suva
wird auf die Besoldung angerechnet. Übersteigt es die (gekürzte) Besoldung, so
bleibt der Überschuss dem Beamten (Abs. 3 l.c.). Eine Herabsetzung des
Besoldungsbezuges ist auch vorgesehen im Hinblick auf Naturalleistungen,
nämlich wenn der Beamte auf Kosten der Verwaltung, der Suva oder der
Militärversicherung Spitalpflege geniesst (Abs. 2 l.c.).
Diese Anordnungen beruhen auf dem allgemeinen Gedanken, dass der Beamte nicht
Anspruch erheben kann auf mehr als den Betrag, der seiner gesetzlichen
Besoldung gleichkommt, und dass es nicht darauf ankommt, ob ihm dieser Betrag
als Besoldung oder unter einem andern Titel - von einer Fürsorgeeinrichtung
des Bundes - ausgerichtet wird. Ist die Besoldung gekürzt, so hat der Beamte
Anspruch auf den Betrag der höheren der konkurrierenden Leistungen. Analog
verhält es sich bei den Bezügen pensionierter Beamter hinsichtlich Pension und
Unfallentschädigung. Der Beamte bezieht hier ebenfalls den Betrag, der der
höheren Leistung entspricht, auf die er Anspruch hat (Art. 12 Stat.
Pensionskasse SBB, Art. 13 Stat. eidg. Versicherungskasse; BGE 54 I S. 134
ff.; 57 I S. 252 ff.). Die Kumulation der Leistungen ist ausgeschlossen.
Die Anrechnung der Leistungen der Suva auf die Bezüge der Beamten der SBB ist
sodann für die Nichtbetriebs-Unfallversicherung ausdrücklich angeordnet durch
das Zuschussreglement vom 20. November 1917, Art. 11 . Danach übernehmen die
Bundesbahnen die Prämien, die nach Art. 109 KUVG vom Beamten zu tragen wären,
richten aber anderseits an Besoldung und Pension nur den Mehrwert aus, also
den Betrag, der die Leistungen der Suva überschreitet. Der «Zuschuss», die
besondere Zuwendung der SBB über die gesetzliche und reglementarische Leistung

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aus dem Dienstrecht, besteht in der Übernahme des Prämienanteils des
Arbeitnehmers für die Versicherung der Nichtbetriebsunfälle.
2.- Der Kläger ist 1931 in ein Amt versetzt worden mit niedrigerem Gehalt. Er
hatte daher Anspruch auf die Besoldung im neuen Amt und - der Regel nach -
Anspruch auf die Teilpension, berechnet auf dem Unterschied zwischen seiner
neuen und der letzten Besoldung im frühern Amte (Stat. Pensk. SBB Art. 28; BGE
57 I No. 39).
Dass die Unfallrente der Suva auf Besoldung und Teilpension anzurechnen ist,
ergibt sich nicht nur aus der allgemeinen Regelung des Verhältnisses dieser
Bezüge, sondern auch, da es sich um Teilinvalidität infolge eines
Nichtbetriebsunfalles handelt, aus der besondern Anordnung des
Zuschussreglementes, Art. 11. Es kann sich höchstens fragen, bis zu welchem
Betrage die Anrechnung stattzufinden hat, ob der ganze Betrag dieser Rente
über Teilpension und Besoldung auszugleichen ist, welchen Standpunkt die
Verwaltung heute wenigstens grundsätzlich als den richtigen bezeichnet, oder
ob der Kläger beanspruchen kann, dass nicht soweit gegangen und dass ihm ein
die Teilpension übersteigender Teil der Unfallrente neben der Besoldung
gelassen werde (vgl. Art. 12 Stat. Pensk. SBB).
Dabei kann allerdings nur ein Betrag in Frage kommen, der sich zusammen mit
den übrigen Bezügen im Rahmen der früheren Besoldung des Klägers bewegt. Denn
wenn Art. 45 , Abs. 5 BtG den Höchstbezug des Beamten an Besoldung und
Suvarente auf diesen Betrag festsetzt bei der Rückversetzung im Amte während
der Amtsdauer, so kann der Gesamtbezug nicht höher sein in einer Amtsdauer,
für die jene Garantie der bisherigen Besoldung nicht mehr gilt. Dass der
Beamte bei Verbleiben im Amte Besoldungserhöhungen hätte erwarten dürfen, hat
keinen Einfluss auf die Bemessung des Gesamtbezuges. Aus der Versicherung des
Klägers bei der Suva könnte etwas anderes schon deshalb nicht abgeleitet
werden, weil sich jene Versicherung nur auf die Besoldung erstreckte, die der
Kläger als Beamter

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bezog, nicht auf die künftige Erhöhung, die ihm bei einem (nicht
verwirklichten) Verbleiben im Amte möglicherweise zugekommen wäre.
Die Frage, ob in einem Falle wie dem vorliegenden grundsätzlich die frühere
Besoldung als der Betrag anzusehen ist, nach dem sich der Gesamtbezug an
Besoldung und Suvarente bestimmt, oder ob es sich nur um einen niedrigeren
Betrag handeln könnte, etwa denjenigen, der der Summe von neuer Besoldung und
Teilpension entsprechen würde, braucht nicht erörtert zu werden. Da dem Kläger
bei der Versetzung in das niedrigere Amt der bisherige Gesamtbezug zugesichert
wurde (Verfügung der Betriebsabteilung II vom 2. Dezember 1930), hat er
Anspruch auf 4045 Fr., 3900 Fr. Besoldung + 145 Fr. Anteil an der Suvarente,
wobei die Teilpension wegfällt. Er erhält damit den Höchstbetrag, der nach der
Sachlage in Frage kommen kann. Die Verwaltung hat mit Recht nicht Anspruch
darauf erhoben, dass dieser Bezug herabgesetzt werde. Die Mehrforderung des
Klägers dagegen ist nicht begründet.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 I 40
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 13. Februar 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 I 40
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Beamtenrecht.1. Bezieht ein eidg. Beamter Leistungen der eidg. Unfallversicherung, so wird der...


Gesetzesregister
BtG: 45
KUVG: 11  109
BGE Register
54-I-131 • 62-I-40
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
abweisung • amtsdauer • arbeitnehmer • beamtengesetz • beginn • begründung des entscheids • begünstigung • betriebsabteilung • bezogener • bruchteil • bundesgericht • dauer • entscheid • frage • konkursdividende • lohn • lohnklasse • maximum • mehrwert • pensionierter • richtigkeit • sbb • sozialversicherung • stelle • strafweise versetzung im dienste • weiler • wirkung • öffentliches personalrecht