S. 131 / Nr. 21 Dienstverhältnis der Bundesbeamten (d)

BGE 54 I 131

21. Urteil vom 30. März 1928 i.S. Amstad gegen Pensions- und Hilfskasse für
das Personal der S.B.B.

Regeste:
Art. 12 Abs. 1 Statuten der Pensions- und Hilfskasse S.B.B.: Die SUVAL-Rente
und Zuschussrente S.B.B. sind zu ihrem Gesamtbetrag von der Pension
abzuziehen, auch soweit die Letztere von einem geringern Einkommen (ohne die
Nebenbezüge) berechnet wird.

A. - Nach Art. 76 -78 rev. KUVG haben die bei der SUVAL obligatorisch
Versicherten, zu denen nach Art. 60 Ziff. 1 KUVG das Personal der S.B.B.
gehört, bei bleibender gänzlicher oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit infolge
Betriebsunfall Anspruch auf eine Invalidenrente von 70% des Jahresverdienstes,
resp. bei bloss teilweiser Erwerbsunfähigkeit des entsprechenden Teils davon.
Im Jahresverdienst sind auch die Nebenbezüge inbegriffen; dagegen fällt der
6000 Fr. übersteigende Teil des Einkommens für die Rentenberechnung ausser
Betracht. ­ Als Zuschuss zu dieser Invalidenrente bezahlen die S.B.B. gemäss
Art. 3 des «Zuschussreglements» Nr. 48 vom 20. November 1917 ihren

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Beamten, Angestellten und Arbeitern bei Erwerbsunfähigkeit infolge
Betriebsunfall eine Rente aus, die 42,9% der Invalidenrente (30% des
Jahresverdienstes bis zu 6000 Fr., resp. der dem Grad der Erwerbsunfähigkeit
entsprechenden Quote davon) sowie für den 6000 Fr. übersteigenden Teil des
Jahresverdienstes einen der auf die 6000 Fr. entfallenden Gesamtrente
entsprechenden Betrag ausmacht. Der infolge Betriebsunfall dauernd
erwerbsunfähig gewordene Beamte, Angestellte oder Arbeiter der S.B.B. erhält
also von SUVAL und S.B.B. zusammen bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit den
vollen bisherigen Jahresverdienst und bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit den
entsprechenden Teil davon als Invaliden- und Zuschussrente ausbezahlt.
Andererseits richtet die Pensions- und Hilfskasse für das Personal der S.B.B.
nach Massgabe ihrer Statuten vom 31. August 1921 den dauernd invalid
gewordenen Beamten, Angestellten und Arbeitern der S.B.B. eine Pension aus,
welche einen den geleisteten Dienstjahren entsprechenden Teil, maximal 70% des
anrechenbaren Jahresverdienstes (ohne die Nebenbezüge) ausmacht, sofern
wenigstens der Versicherte nicht schon von der SUVAL (oder der
Militärversicherung) eine Invalidenrente bekommt. Für diesen Fall bestimmt
Art. 12 Abs. 1 der Statuten:
«Handelt es sich um einen Versicherungsfall, (für den die Militärversicherung
aufkommt oder) für den die schweizerische Unfallversicherungsanstalt in Luzern
auf Grund der von ihr gewährten obligatorischen Versicherung einzutreten hat,
so deckt die Kasse nur einen Ausfall der betreffenden um einen allfälligen
Zuschuss der Bundesbahnen erhöhten Leistung (Krankengeld, Invalidenpension,
Witwen- und Waisenpension zusammen) gegenüber ihrer gleichartigen
statutarischen Leistung.»
Der Kläger war Kondukteur der S.B.B. mit einer Besoldung, die sich im letzten
Dienstjahr 1923 auf

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6027 Fr. 50 Cts. belief. Infolge eines am 3. November 1923 erlittenen
Betriebsunfalls wurde er am 16. März 1926 - nach beendigter ärztlicher
Behandlung - von der SUVAL als zu 25% arbeitsunfähig erklärt und in den Genuss
einer Invalidenrente von 1050 Fr. (0,70 von 6000 = 4200; 0,25 von 4200 = 1050)
gesetzt. Am 9. Juli 1926 wurde ihm von der Kreisdirektion II S.B.B. eine
Zuschussrente von 457 Fr. 45 Cts. (42,9% von 1050 Fr. plus 25% von 28 Fr.)
zugesprochen. Die dem Kläger von SUVAL und S.B.B. zugesprochene Invaliden- und
Zuschussrente belief sich also auf 25% von 6028 Fr. (1050 Fr. plus 457 Fr. 45
Cts) = 1507 Fr. 45 Cts.
Am 31. Mai 1926 wurde der Kläger auf sein Gesuch von der Kreisdirektion II
S.B.B. auf Ende August 1926 in den Ruhestand versetzt und der Pensions- und
Hilfskasse zur Pensionierung überwiesen. Am 23. August 1926 erhielt er den
Bescheid, dass seine Pension auf 3992 Fr. 80 Cts. (70% des anrechenbaren
Jahresverdienstes von 5704 Fr.) abzüglich 1507 Fr. 45 Cts. Invaliden- und
Zuschussrente = 2485 Fr. 80 Cts. festgesetzt worden sei. Eine Einsprache gegen
diesen Bescheid blieb ohne Erfolg.
B. - Mit Eingabe vom 10. Januar und Nachtrag vom 14. März 1928 reichte Amstad
beim Bundesgericht gegen die Pensions- und Hilfskasse für das Personal der
schweizerischen Bundesbahnen Klage ein mit den Begehren: Die Beklagte habe dem
Kläger von seiner jährlichen Invalidenpension von 3992 Fr. 80 Cts. nur den
Betrag von 1426 Fr. in Abzug zu bringen und ihm soweit vom 1. September 1926
an eine Invalidenpension von 2566 Fr. 80 Cts., auszahlbar in monatlichen Raten
von 213 Fr. 90 Cts., je mit Zins zu 5% seit Fälligkeit zu bezahlen, ihm also
zu der bisherigen Invalidenpension von 2485 Fr. 80 Cts. noch den Betrag von 81
Fr. nachzubezahlen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Die von S.B.B. und SUVAL zusammen dem Kläger
zugesprochene

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Gesamtrente werde auf einem Jahresgehalt von 6027 Fr. 50 Cts. berechnet, die
Pension dagegen nur auf einem Gehalt von 5704 Fr. Die Gesamtrente dürfe
deshalb auch nur zu dem einem Einkommen von 5704 Fr. entsprechenden Teil von
der Pension abgezogen werden. Diejenige von der Differenz zwischen 6028 Fr.
und 5704 (25 % von 324 Fr. = 81 Fr.) dagegen sei zuviel in Abzug gebracht
worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Es handelt sich um einen Streit über Ansprüche aus Dienstverhältnis auf
Leistungen einer Versicherungskasse des Bundes, zu dessen Beurteilung nach
Art. 60 und 61 Abs. 2 des eidg. Beamtengesetzes das Bundesgericht als
Staatsgerichtshof zuständig ist
2.- Der Kläger bestreitet nicht, dass Art. 12 der Pensions- und
Hilfskassestatuten der S.B.B. auf seinen Fall anwendbar sei und dass demnach
die Pensionskasse S.B.B. nur den Ausfall der Invaliden- und Zuschussrente
gegenüber ihrer «gleichartigen» Leistung zu decken habe. Er behauptet aber,
diese Renten dürften bloss zu dem dem pensionsberechtigenden Einkommen von
5704 Fr. entsprechenden Betrag von der Pension abgezogen werden, nicht aber
für den Mehrbetrag, da dieser der Pension nicht gleichartig sei. Demgegenüber
ist vorerst zu bemerken, dass der Wortlaut von Art. 12 der S.B.B. Statuten zu
einer solchen Auslegung keinen Anlass gibt. «Gleichartig» sind die
Versicherungsleistungen schon, wenn sie rechtlich gleichartig und den
wirtschaftlichen Folgen des gleichen Erwerbsunfähigkeitsgrundes zu begegnen
bestimmt sind, ohne dass deswegen auch der zu ersetzende Verdienstausfall auf
der gleichen Grundlage berechnet werden müsste. In diesem Sinne der Pension
gleichartig ist aber die gesamte Invaliden- und Zuschussrente der SUVAL und
der S.B.B., die, wie jene, auf dem Gedanken der Sozialversicherung beruht und
eine Entschädigung für die

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gleiche Erwerbsunfähigkeit darstellt. Der ungekürzte Abzug dieser Rente von
der Pension entspricht zudem auch der Absicht, die Art. 12 der
Pensionskassestatuten S.B.B. verfolgt, dass nämlich da, wo Pensionskasse
S.B.B. einerseits und SUVAL und S.B.B. andererseits nach den für sie geltenden
Bestimmungen für die Folgen der gleichen Erwerbsunfähigkeit einzutreten haben,
der Versicherte wohl ­ primär gegenüber SUVAL und S.B.B. und für den
allfälligen Rest gegenüber der Pensionskasse-Anspruch auf die grössere der
beiden Leistungen hat, aber nicht auf mehr. Im Falle des Klägers beträgt die
Pension 3992 Fr. 80 Cts., die Invaliden- und Zuschussrente nur 1507 Fr. 45
Cts. Der Kläger hat also Anspruch auf 3992 Fr. 80 Cts., wovon 1507 Fr. 45 Cts.
von SUVAL und S.B.B., die Differenz von der Pensionskasse auszurichten ist.
Würde aber entsprechend seinem Klagsbegehren die Invaliden- und Zuschussrente
nicht vollumfänglich von der Pension abgezogen, so würde der Kläger mehr als
die höhere der beiden Leistungen erhalten, also aus dem Zusammentreffen zweier
eidgenössischer Versicherungen einen Vorteil ziehen, was durch Art. 12 der
Pensionskassestatuten S.B.B. eben vermieden werden wollte.
Dass die von der Pensions- und Hilfskasse S.B.B. dem Art. 12 ihrer Statuten
gegebene Auslegung die richtige ist, folgt auch aus Art. 13 der Statuten der
Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter,
wonach in einem Versicherungsfall, für den die Militärversicherung oder die
SUVAL auf Grund der obligatorischen Versicherung aufkommt, die Kasse «nur
einen allfälligen Ausfall dieser Gesamtleistung gegenüber der statutarischen
Gesamtleistung» zu decken hat. Der Ausdruck «gleichartig», der dem Kläger
Anlass zu seiner Auslegung der Pensionskassestatuten S.B.B. gegeben hat, ist
hier weggelassen, obschon ausser Zweifel steht, dass die Beamten der

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eidgenössischen Zentralverwaltung hierin nicht schlechter behandelt werden
wollten als die S.B.B. Beamten.
3.- Dem Armenrechtsgesuch des Klägers wird insofern entsprochen, als von einer
Kostenauflage an ihn Umgang genommen wird. Dagegen rechtfertigt sich die
Übernahme seiner Anwaltskosten durch die Bundesgerichtskasse nicht, da der
Prozess zum vorneherein aussichtslos war.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 I 131
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 30. März 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 I 131
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Art. 12 Abs. 1 Statuten der Pensions- und Hilfskasse S.B.B.: Die SUVAL-Rente und Zuschussrente...


Gesetzesregister
KUVG: 60  76  78
BGE Register
54-I-131
Stichwortregister
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