S. 157 / Nr. 45 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 61 III 157

45. Entscheid vom 9. November 1935 i. S. Scotoni.


Seite: 157
Regeste:
Zustellung von Betreibungsurkunden zu Handen des Schuldners an eine hiefür vom
Gesetze nicht vorgesehene Person: Dieser Fehler ist unbeachtlich, wenn die
Urkunde an den Schuldner weitergeleitet wurde und er in der Wahrung seiner
Rechte nicht behindert war.
Gleich wie einem Angestellten des Schuldners selbst können Betreibungsurkunden
einem ihm untergeordneten Angestellten eines von ihm als Geschäftsführer
geleiteten Unternehmens übergeben werden.
Art. 64
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 64 - 1 Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
1    Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
2    Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben.
SchKG.
Notification d'un acte de poursuite (destiné au débiteur) à une personne non
prévue à cet effet dans la loi: Cette faute est sans pertinence, lorsque
l'acte on question a quand même été communiqué au débiteur et quand celui-ci
n'a pas été empêché de sauvegarder ses droits.
De même que les actes de poursuite peuvent être remis à un employé du
débiteur, de même ils peuvent être remis à un de ses subordonnés, employé dans
une entreprise gérée par lui.
Art. 64 LP.
Notifica di un atto esecutivo (destinato al debitore) ad una persona non
indicata dalla legge: Quest'errore è privo d'importanza se l'atto in questione
fu trasmesso al debitore e se questi non ne ebbe nocumento nella tutela dei
suoi interessi.

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Gli atti esecutivi possono essere consegnati all'impiegato, subordinato al
debitore, di un impresa diretta da questi cosi come possono essere consegnati
ad un ano impiegato personale.
Art 64 LEF.

Der Rekurrent ficht mit Beschwerde vom 9. Juli 1935 die am 29. Juni 1935
erfolgte Zustellung eines Zahlungsbefehls an, der in seiner Abwesenheit in den
Geschäftsräumen der Aktiengesellschaft, deren Geschäftsführer er ist, zu
seinen Handen einer Schalterbeamtin abgegeben wurde. Er sieht in dieser Art
der Zustellung einen Verstoss gegen Art. 64
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 64 - 1 Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
1    Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
2    Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben.
SchKG, der zwar eine Übergabe der
Betreibungsurkunden bei Abwesenheit des Schuldners an einen Angestellten
gestatte, aber eben nur an einen eigenen Angestellten des Schuldners und nicht
an einen Angestellten einer dritten (Einzel- oder Verbands-) Person, deren
Angestellter auch der Schuldner selbst ist.
Von der kantonalen Aufsichtsbehörde am 10. Oktober 1935 abgewiesen, hat er die
Sache an das Bundesgericht weitergezogen, unter Erneuerung des
Beschwerdeantrages auf Aufhebung des Zahlungsbefehls, eventuell Anweisung des
Betreibungsamtes zur erneuten Zustellung in seiner Privatwohnung.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Die Bestimmungen des Art. 64
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 64 - 1 Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
1    Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
2    Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben.
SchKG darüber, an welche Personen
Betreibungsurkunden zu Handen eines abwesenden Schuldners zugestellt werden
können, sind nicht Formvorschriften in dem Sinne, dass die Zustellung an eine
andere Person unter keinen Umständen wirksam sein könnte. Eine solche
fehlerhafte Zustellung ist freilich zunächst wirkungslos, und sie bleibt es
auch, wenn nicht dargetan wird, dass der Schuldner die Urkunde tatsächlich
erhalten und somit von der Zustellung Kenntnis bekommen hat (BGE 1930 III 20
ff.). Trifft dies aber zu und hat die Übergabe an ihn so zeitig stattgefunden,
dass er, wie hier, in der Wahrung seiner Rechte nicht behindert war, so kann

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ihm kein rechtlich beachtliches Interesse an der Anfechtung der Zustellung
zugestanden werden.
2.- Die vom Rekurrenten angefochtene Zustellung war übrigens nicht fehlerhaft.
Dass die Zustellung an einen Mitangestellten, der dadurch von der Betreibung
Kenntnis erhält, gewissermassen Persönlichkeitsrechte des Schuldners verletze,
wie der Rekurrent geltend macht, ist von vornherein unzutreffend; denn wenn
nach gesetzlicher Bestimmung sogar ein Dienstherr es sich gefallen lassen
muss, dass ein von ihm Angestellter Betreibungsurkunden zu seinen Handen
entgegennimmt, so kann sich ein blosser Angestellter ebensowenig dadurch
verletzt fühlen, dass ein Mitangestellter in gleicher Weise von einer gegen
ihn angehobenen Betreibung erfährt. Eine andere Frage ist, ob das Gesetz,
indem es als Ersatz-Zustellungsempfänger einerseits die zur Haushaltung des
Schuldners gehörenden erwachsenen Personen und anderseits die Angestellten
bezeichnet, ein Unterordnungs-, jedenfalls Bindungsverhältnis voraussetze, das
eine besondere Gewähr für richtige Übermittlung an den Schuldner bieten soll.
Das mag dahingestellt bleiben, denn auch auf dieser Grundlage muss die hier in
Frage stehende Zustellung als gesetzmässig erscheinen. In der Tat steht nichts
entgegen, die Räume eines Geschäfts, das der Schuldner als Geschäftsführer
leitet, ebenso als Ort der Berufsausübung gelten zu lassen wie die Räume eines
Betriebes, dessen Inhaber er ist, und es ist auch gerechtfertigt, das ihm als
dem Geschäftsleiter unterstellte Personal als Ersatz-Zustellungsempfänger für
ihn anzuerkennen, da eben das zwischen dem Geschäftsführer und dem Personal
begründete Unterordnungsverhältnis die gleiche Gewähr bietet, indem jener von
diesem ohne weiteres verlangen und erwarten kann, dass es für ihn
entgegengenommene Urkunden an ihn weiterleite. Angestellter im Sinne des Art.
64
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 64 - 1 Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
1    Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
2    Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben.
SchKG ist also auch ein Geschäftsangestellter, dem der Schuldner als
blosser Geschäftsleiter vorgesetzt ist, und es kann demgemäss der
Zustellungsbeamte die Betreibungsurkunde einem solchen

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Angestellten zu Handen des abwesenden Schuldners aushändigen gleich wie einem
Privatangestellten des Schuldners selbst.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 61 III 157
Datum : 01. Januar 1935
Publiziert : 09. November 1935
Quelle : Bundesgericht
Status : 61 III 157
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Zustellung von Betreibungsurkunden zu Handen des Schuldners an eine hiefür vom Gesetze nicht...


Gesetzesregister
SchKG: 64
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 64 - 1 Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
1    Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen.
2    Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben.
BGE Register
61-III-157
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • betreibungsurkunde • kenntnis • zahlungsbefehl • frage • unternehmung • subordinationsverhältnis • aktiengesellschaft • schuldbetreibungs- und konkursrecht • erwachsener • richtigkeit • haushalt • betreibungsamt • bundesgericht