S. 133 / Nr. 39 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 61 III 133

39. Entscheid vom 21. September 1935 i. S. Kantonalbank vom Born.


Seite: 133
Regeste:
War in den Steigerungsbedingungen vorgesehen, dass getrennt verpfändete
Grundstücke samthaft versteigert werden, so kann ein Pfandgläubiger nicht
nachträglich Beschwerde gegen den Zuschlag auf den Gesamtruf hin führen aus
dem Grunde, dass er vom Erlös weniger als die auf sein Pfand einzeln
angebotene Summe erhalte. Verordnung über die Zwangsverwertung von
Grundstücken Art. 108, 118.
Lorsque les conditions des enchères prévoyaient la possibilité de vendre en
bloc des immeubles formant des gages distincts, un créancier hypothécaire
n'est pas recevable à attaquer une adjudication prononcée pour la totalité des
immeubles, en. suite d'une offre globale, en invoquant comme motif que la
somme qui lui est revenue est inférieure à l'offre qui avait été faite pour
celui des immeubles qui était engagé en sa faveur. ORI art. 108 et 118.
Se le condizioni dell'incanto prevedevano la possibilità di vendere in blocco
dei fondi costituenti dei pegni distinti, un creditore ipotecario non ha
qualità per impugnare un'aggiudicazione della totalità dei fondi, in seguito
ad offerta globale, allogando che l'importo assegnatogli è inferiore
all'offerta che era stata fatta per il fondo costituitogli in pegno.
Regolamento sulla realizzazione di fondi (RRF) art. 108 e 118.

A - Im summarischen Konkursverfahren über K. Lütolf-Kohler in Reuti,
Hasliberg, brachte das Konkursamt Oberhasli gleichzeitig folgende
Liegenschaften auf die Steigerung:
Nr. 759 Hotel Viktoria mit Zugehör und Nr. 1617 Wasserkraft, im Schätzungswert
von 95000 Fr.; Nr. 761 Wohnhaus mit Postbureau, im Schätzungswert von 20000
Fr.; Nr. 760 Wiesenland, im Schätzungswert von 400 Fr.; Nr. 736
Verkaufsmagazin, im Schätzungswert von 5000 Fr. In den Steigerungsbedingungen
war vorgesehen: «Nr. 759 und 1617 werden gemeinsam ausgerufen, die andern
Grundstücke einzeln. Auf Wunsch folgt ein Gesamtausruf. Die Einzelangebote
haften bis zum Ergebnis des Gesamtausrufes.» In der Steigerungsverhandlung
stellte die

Seite: 134
Einwohnergemeinde Hasliberg das Begehren, alle Liegenschaften gemeinsam
auszurufen. Das Konkursamt erklärte, diesem Begehren werde entsprochen, und
ein Gesamterlös würde nach Verhältnis der amtlichen Schätzung verteilt. Auf
die Einzelausrufe wurden folgende Angebote gemacht: für Nr. 759 und 1617
keines, für Nr. 761 28000 Fr., für Nr. 760 570 Fr., für Nr. 736 5000 Fr.,
letzteres von der Rekurrentin, die einen auf Nr. 736 lastenden Schuldbrief im
gleichen Betrage besitzt, und auf den Gesamtausruf wurde (von der
Einwohnergemeinde Hasliberg) ein Angebot von 61000 Fr. gemacht, auf welches
hin der Zuschlag erteilt wurde.
B. - Mit der vorliegenden Beschwerde verlangt die Rekurrentin Aufhebung dieses
Zuschlages und Anweisung an das Konkursamt, das Grundstück Nr. 736 nur einzeln
zu versteigern.
C. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 19. Juli 1935 die Beschwerde
abgewiesen.
D. - Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Art. 108 der Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken lässt die
samthafte Versteigerung von nicht samthaft verpfändeten Grundstücken zu, wenn
bei dem den Einzelrufen nachfolgenden Gesamtrufen ein die Summe der Ergebnisse
der Einzelrufe übersteigendes Angebot gemacht wird. Hat eine solche samthafte
Versteigerung stattgefunden, so ist der Erlös gemäss Art. 118
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
VZG auf die
einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke
zu verlogen. Dies hat hier zur Folge, dass die Rekurrentin einen Pfandausfall
(für mehr als die Hälfte ihres Schuldbriefes) erleidet, gegen den sie sich
durch ihr eigenes Einzelangebot schützen wollte. Ähnliche Vorkommnisse haben
schon die Anregung gezeitigt, die samthafte Versteigerung sei

Seite: 135
nur zuzulassen, wenn das Gesamtangebot bei der gemäss Art. 118
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
VZG
vorzunehmenden Verteilung die Zuweisung eines mindestens dem Einzelangebot
entsprechenden Erlösanteiles auf jedes einzelne Grundstück erlaubt. Nichts
hindert die Steigerungsämter oder auf Beschwerde hin die Aufsichtsbehörden, in
den Steigerungsbedingungen auf diese Weise dem Grundsatz der Spezialität der
Pfandrechte Rechnung zu tragen, zumal als Voraussetzung für die samthafte
Versteigerung von wirtschaftlich nicht untrennbar zusammenhängenden
Liegenschaften. Allein im vorliegenden Fall hat das Konkursamt in den
Steigerungsbedingungen den Gesamtausruf ohne jede derartige Kautel in Aussicht
genommen - zwar nicht geradezu bereits angeordnet, aber doch einzig vom
«Wunsch» irgendeines Beteiligten abhängig gemacht, der dann auch nicht
ausblieb. Insbesondere liessen die Steigerungsbedingungen keinen Zweifel
darüber aufkommen, dass gegebenenfalls Nr. 736 samthaft mit Nr. 759/1617 werde
versteigert werden. Erachtete die Rekurrentin diese Art und Weise der
Versteigerung als Gefährdung für ihr Pfandrecht, so musste sie die
aufliegenden Steigerungsbedingungen anfechten und durfte mit ihrer Beschwerde
nicht zuwarten, bis sich die Schädigung verwirklichte, weil die nachträgliche
Aufhebung des Steigerungszuschlages als empfindlicher Eingriff in die
Interessensphäre des Ersteigerers nicht mehr aus einem Grunde zugestanden
werden darf, der schon vorher ersichtlich war und zur Beschwerdeführung Anlass
bot. In. der Tat richtet sich die Beschwerde ja eigentlich dagegen, dass der
Zuschlag wie in den Steigerungsbedingungen vorgesehen auf das Höchstangebot
erteilt worden ist; allein dies ist kein Mangel der Steigerung, sondern im
Gegenteil hatte der Höchstbieter darauf Anspruch, zumal da der Konkursbeamte
auch nicht etwa den Vorbehalt gemacht hatte, er werde den Zuschlag verweigern
für den Fall, dass das Höchstangebot nicht einen bestimmten Betrag erreiche
(z. B. das Total der Schätzungssummen oder doch dessen Bruchteil, der dem

Seite: 136
Verhältnis des höchsten Einzelangebotes zur bezüglichen Schätzungssumme
entspricht).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 61 III 133
Datum : 01. Januar 1935
Publiziert : 21. September 1935
Quelle : Bundesgericht
Status : 61 III 133
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : War in den Steigerungsbedingungen vorgesehen, dass getrennt verpfändete Grundstücke samthaft...


Gesetzesregister
VZG: 118
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
BGE Register
61-III-133
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
steigerungsbedingungen • versteigerung • konkursamt • gesamtruf • einzelruf • berechnung • pfand • ertrag • schätzungsverfahren • summarisches konkursverfahren • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bruchteil • wasserkraft • bundesgericht • pfandausfall • kantonalbank • zweifel • weiler • wohnhaus • konkursbeamter