BGE 61 II 314
71. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Dezember 1935 i. S. Grau gegen
Schnyder.
Regeste:
ZGB Art. 188 findet keine Anwendung auf Schenkungen unter Ehegatten,
ebensowenig auf den Wechsel vom Güterstand der Güterverbindung zu demjenigen
der Gütertrennung (ausgenommen auf bares Geld, andere vertretbare Sachen und
nur der Gattung nach bestimmte Inhaberpapiere der Ehefrau) (Erw. 1).
Behauptet beim Güterstand der Gütertrennung ein Ehegatte: gegenüber der
Pfändung des anderen), ein (gepfändetes)
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Vermögensstück gehöre ihm, so ist er hiefür beweispflichtig, und zwar auch als
Beklagter im Widerspruchsprozess (Erw. 2).
A. - Der Kläger betreibt den Beklagten aus Rückbürgschaft, welche dieser am
19. Februar 1932 eingegangen war. Von den hiebei gepfändeten Sachen
beansprucht des Beklagten Ehefrau eine Anzahl als ihr Eigentum.
Mit der vorliegenden, gegen beide Ehegatten (den Ehemann «gemäss ZGB Art. 168
Abs. 2 und SchKG Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499 |
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1 | Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499 |
2 | Zur Anfechtung sind berechtigt:500 |
1 | jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat; |
2 | die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger. |
3 | Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503 |
4 | Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504 |
Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
Gunsten der Pfändung und Verwertung unterliegen. Die seit 1903 verheirateten
Beklagten schützen folgende Rechtsgeschäfte vor:
einen am 23. November 1920 am damaligen ehelichen Domizil in Zug geschlossenen
Ehevertrag auf Gütertrennung, der ins dortige Güterrechtsregister eingetragen,
jedoch bei der späteren Verlegung des Wohnsitzes nach Luzern nicht in das
luzernische Güterrechtsregister übertragen wurde,
eine in gleicher Weise eingetragene, ebenfalls nicht übertragene Vereinbarung
vom 15. Dezember 1920, wonach der Ehemann «das von seiner Ehefrau in die Ehe
gebrachte Frauengut wie folgt anerkennt»: (folgt ein Verzeichnis von Möbeln,
Wäsche, Haus- und Küchengeräten im angegebenen Werte von 11000 Fr.),
einen am 10. Februar 1933 in Luzern geschlossenen und ins dortige
Güterrechtsregister eingetragenen Ehevertrag auf Gütertrennung «in Abänderung
ihres in letzten Jahren gehabten Güterstandes der Güterverbindung» mit der
Klausel: «Die Ehefrau hält aufrecht und der Ehemann anerkennt das
unbeschränkte Eigentum der ersteren an folgenden Vermögenswerten: 1. Nicht in
Geld bestehende Vermögenswerte (folgt ein Verzeichnis von Fahrnissachen aller
Art im angegebenen Werte von 40100 Fr.), 2. Barvermögen bezw. Vermögen in
Wertpapieren: 50 Stück Aktien zu 500 Fr. nom. der Hch. Grau A.-G. = 25000 Fr.»
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B. - Das Obergericht des Kantons Luzern hat am 26. Juli 1935 erkannt, die
gepfändeten, von der Beklagten angesprochenen Gegenstände «unterliegen im
Sinne der Erwägungen der Pfändung und Verwertung zu Gunsten des
Betreibungsführers».
C. - Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht
erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die Eigentumsansprachen der Beklagten abgewiesen in
Anwendung von Art. 188
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 188 - Wird über einen Ehegatten, der in Gütergemeinschaft lebt, der Konkurs eröffnet, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein. |
oder durch Wechsel des Güterstandes ein Vermögen, aus dem bis dahin die
Gläubiger eines Ehegatten... Befriedigung verlangen konnten, dieser Haftung
nicht entzogen werden kann. Indessen hat der Wechsel der beiden Beklagten vom
Güterstand der Güterverbindung zu demjenigen der Gütertrennung der Haftung
zugunsten der Gläubiger des Ehemannes und speziell des Klägers kein Vermögen
entzogen, aus dem sie bis dahin Befriedigung verlangen konnten. Schon während
der Geltung des Güterstandes der Güterverbindung haftete das Frauenvermögen
nicht für die Mannesschulden, ebensowenig wie seit der Annahme der
Gütertrennung. Eine Ausnahme gilt gemäss Art. 201 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 201 - 1 Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber. |
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1 | Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber. |
2 | Steht ein Vermögenswert im Miteigentum beider Ehegatten, so kann kein Ehegatte ohne Zustimmung des andern über seinen Anteil verfügen, sofern nichts anderes vereinbart ist. |
bares Geld, andere vertretbare Sachen und Inhaberpapiere, die nur der Gattung
nach bestimmt worden sind, weil alle diese Vermögensgegenstände bei der
Güterverbindung in das Eigentum des Ehemannes übergehen; allein unter den
gepfändeten befinden sich keine solchen, sondern lauter individualisierte
Sachen. Haben nach dem Wortlaut der Verträge vom 15. Dezember 1920 und 10.
Februar 1933 die dort verzeichneten Sachen schon vorher der Ehefrau gehört, so
ist daher durch die Annahme der Gütertrennung keine Veränderung zuungunsten
der Gläubiger des Ehemannes eingetreten. Sind jene Sachen dagegen durch die
Verträge vom Ehemann
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an die Ehefrau «verschoben» worden, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint, so
wäre dies nichts anderes als eine Schenkung unter den Ehegatten, eine
Liberalität des Ehemannes zugunsten der Ehefrau, aber nicht eine
güterrechtliche Auseinandersetzung im Sinne des Art. 188
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 188 - Wird über einen Ehegatten, der in Gütergemeinschaft lebt, der Konkurs eröffnet, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein. |
jede (noch so geringfügige) Schenkung unter Ehegatten nichts daran ändern,
dass der geschenkte Vermögensgegenstand nach wie vor und auf unbeschränkte
Zeit noch den damaligen Gläubigern des schenkenden Ehegatten haftet - wofür
das geltende schweizerische Recht keinen Anhaltspunkt abgibt. Sobald aber die
Schenkung nicht grundsätzlich als güterrechtliche Auseinandersetzung im Sinne
des Art. 188
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 188 - Wird über einen Ehegatten, der in Gütergemeinschaft lebt, der Konkurs eröffnet, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein. |
eines Güterstandswechsels ausgerichtet wird. Somit ist Art. 188
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 188 - Wird über einen Ehegatten, der in Gütergemeinschaft lebt, der Konkurs eröffnet, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein. |
vorliegenden Tatbestand nicht anwendbar.
2.- Nichtsdestoweniger ist die Klage abzuweisen, weil es an jeglichem Nachweis
von Eigentumserwerbsgründen durch die Ehefrau fehlt, der ihr ungeachtet der
Parteirollenverteilung im Widerspruchsverfahren obliegt, bei Geltung der
Güterverbindung gemäss Art. 196
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
Gütertrennung gemäss der allgemeinen Regel des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
andernfalls regelmässig ein Beweisnotstand für den betreibenden Gläubiger
vorläge, was gerade bei der Güterverbindung zur Aufstellung der erwähnten
Vermutung des Art. 196
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
jedoch fehlt, sodass bei der Pfändung des gütergetrennten Ehemannes die
Ehefrau und bei der Pfändung der gütergetrennten Ehefrau der Ehemann die
Begründetheit ihrer resp. Eigentumsansprachen dartun müssen. Im vorliegenden
Fall ist ersteres einzig durch den Hinweis auf die Verträge vom 15. Dezember
1920 und 10. Februar 1933 versucht worden. Allein die Vorinstanz hat in
einlässlicher, für das Bundesgericht gemäss Art. 81
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
Beweiswürdigung ausgesprochen, dass dem Vertrag von 1933 keinerlei Beweiswert
und dem bloss
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einen kleinen Teil der gepfändeten Sachen betreffenden Vertrag vom 15.
Dezember 1920 nicht volle Beweiskraft zukomme. In Wahrheit hat also die
Vorinstanz doch nicht etwa Schenkungen unter dem Schein von Frauenguts- bezw.
Eigentumsanerkennungen als nachgewiesen erachtet. Andernfalls hätte sie nicht
im Gegensatz zur ersten Instanz die Gegenstände des Vertrages vom 15. Dezember
1920, wie diejenigen des Vertrages von 1933, der Haftung zugunsten des Klägers
unterwerfen können, dessen Forderung gegen den Ehemann frühestens im Jahre
1932 entstanden ist, weshalb er keinesfalls Befriedigung aus schon mehr als
ein Jahrzehnt früher an die Ehefrau verschenkten Sachen verlangen könnte. Ein
anderer Nachweis sonstigen Einbringens der gepfändeten Gegenstände aber ist
überhaupt nicht versucht worden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Luzern vom 26. Juli 1935 bestätigt.