S. 374 / Nr. 56 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 61 I 374

56. Urteil vom 19. Dezember 1935 i. S. M. gegen Zürich
Krisenabgabe-Rekurskommission.

Regeste:
Krisenabgabe. Ist nur ein Teil des Einkommens eines Steuerpflichtigen in der
Schweiz steuerbar, so wird die Abgabe auf dem Betrage dieses Einkommens, nicht
auf dem Mindestbetrage der entsprechenden Steuerklasse berechnet. Der
Steuersatz richtet sich nach dem Gesamteinkommen.

Die Rekurrentin ist für die I. Periode der eidgenössischen Krisenabgabe
eingeschätzt worden für ein Gesamteinkommen von 168000 Fr., wovon 119500 Fr.
abgabepflichtig. Der Steuersatz wurde festgesetzt auf 10% (Klasse 80;
richtiger wäre 90 für 165000 Fr. bis 170000), die Steuer auf 11950 Fr. Aus der
Steuererklärung geht hervor, dass vom Gesamteinkommen von 168000 Fr. 95000 Fr.
auf das Inland und 73000 Fr. auf das Ausland entfallen. Vom Auslanderwerb
fällt ein Drittel (rund 24000 Fr.) unter die Krisenabgabe (Art. 19, Abs. 2
KrisAB).
Die Rekurrentin verlangte, dass die Krisenabgabe nicht auf dem Betrage des
abgabepflichtigen Einkommens (119500 Fr.) berechnet werde, sondern auf dem
Minimalbetrage der diesem Einkommen entsprechenden

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Steuerklasse nach Tabelle I zum KrisAB (115000 Fr.). Die kantonale
Krisenabgabe-Rekurskommission hat das Begehren unter Berufung auf den Wortlaut
von Art. 60, Abs. 1 KrisAB abgewiesen.
Hierüber beschwert sich die Rekurrentin rechtzeitig. Sie beantragt Festsetzung
des Abgabebetrages auf 11500 Franken (statt 11950 Fr.). Sie macht geltend,
Art. 60 KrisAB müsse im Zusammenhang mit Art. 57 und Tabelle I, besonders
deren Fussnote, dahin verstanden werden, dass auch für Steuerpflichtige, die
nur von einem Teil ihres Einkommens die Krisenabgabe entrichten, der
Abgabebetrag (zu dem nach dem Gesamteinkommen bestimmten Abgabesatz) auf dem
untern Grenzbetrag der Klasse zu berechnen sei, die dem in der Schweiz
steuerbaren Einkommen entspricht. Es sei unzulässig, den Steuerpflichtigen,
der, ausser der schweizerischen, noch der Steuerhoheit eines andern Staates
unterstehe, abweichend von der allgemeinen Regel zu behandeln, die
grundsätzlich für die Besteuerung aller Pflichtigen gelte. Die Praxis der
Steuerbehörden führe dazu, dass unter Umständen ein Steuerpflichtiger, der
einen Teil seines Einkommens aus dem Ausland bezieht und für dieses Einkommen
im Ausland steuerpflichtig ist, in der Schweiz allein eine höhere Steuer zu
entrichten habe, als ein Pflichtiger mit gleich hohem, aber ausschliesslich
aus dem Inland stammendem Einkommen; dies könne nicht richtig sein.
Die Krisenabgabe-Rekurskommission hat auf eine Äusserung verzichtet. Die
eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung des Rekurses unter
Berufung auf den Wortlaut des Gesetzes in Art. 60, Abs. 1 und auf die in Art.
60, Abs. 2 KrisAB getroffene Regelung, die die Richtigkeit der angefochtenen
Interpretation bestätige.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Es muss ohne weiteres anerkannt werden, dass der Wortlaut der Ordnung in
Art. 57 und 60 KrisAB, wie die kantonale Rekurskommission zutreffend
ausgeführt hat,

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für die Richtigkeit der angefochtenen Taxation spricht. Während Art. 57 für
die Berechnung der Krisenabgabe auf dem Einkommen die in Tabelle I des
Beschlusses festgesetzten «Klassen, Sätze und Beträge» massgebend erklärt,
schreibt Art. 60 nur die «Klasseneinteilung» nach Massgabe des
Gesamteinkommens vor, womit für die Feststellung des Steuersatzes auf Tabelle
I verwiesen wird, nicht aber für die Berechnung des Steuerbetrages; dieser ist
«von dem in der Schweiz abgabepflichtigen Einkommen» zu entrichten. Es wird
also hier nicht mehr auf die Klasseneinteilung in Tabelle I Bezug genommen. Es
kann sich deshalb nur fragen, ob Art. 60 entgegen seinem Wortlaut dahin zu
verstehen sei, dass nicht nur bei der Bestimmung des Abgabesatzes auf Tabelle
I abgestellt wird, sondern auch bei Berechnung des Steuerbetrages die
Gesichtspunkte herangezogen werden dürfen, nach denen Tabelle I aufgestellt
ist.
2.- Diese Tabelle dient der Bestimmung des Steuersatzes einer - und des
Steuerbetrages anderseits, beides auf Grund der nämlichen Einteilung in
Steuerklassen nach der Höhe des Einkommens (Staffeltarif). Der Steuersatz ist
ein progressiver, ansteigend von 0,5% bei Klasse 1 (für 4000 Fr. bis 4500
Einkommen) bis zu 10% (Maximum) von Klasse 72 (d. h. von 88000 Fr.) an. Für
jede Klasse ist sodann ein einheitlicher Steuerbetrag vorgesehen, der
berechnet ist auf dem niedrigsten Einkommensbetrag der betreffenden Klasse.
Die Einteilung des Einkommens in Steuerklassen für die Bestimmung eines
progressiven Steuersatzes hat den Zweck, die Höhe der Steuer der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjektes anzupassen. Der
wirtschaftlich Starke wird verhältnismässig mehr belastet als der weniger
Leistungsfähige.
Einheitliche Steuerbeträge im Rahmen einer Steuerklasse dagegen haben mit der
wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen nichts zu tun. Sie sind ein
technisches Hilfsmittel, mit dem eine Vereinfachung der Veranlagung

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angestrebt wird. Es werden (in einem beschränkten Umfange) Werte, die an sich
bei der Besteuerung zu berücksichtigen wären, vernachlässigt, um die Behörden
von der Notwendigkeit genauerer Feststellungen zu entheben.
Hat nun aber die Verwendung der Klasseneinteilung beim Steuersatz und beim
Steuerbetrag eine derart verschiedene Funktion, so rechtfertigt sich die
Annahme, dass in Art. 60 KrisAB die Verwendung der Steuerklassen bei
Bestimmung des Steuerbetrages bewusst ausgeschlossen ist, wenn auf sie
ausdrücklich nur für den Steuersatz, nicht aber für den Steuerbetrag Bezug
genommen ist.
Es darf auch in Betracht gezogen werden, dass die Vorschriften in Art. 57 und
60 KrisAB in ihrem wesentlichen Teil aus der Regelung übernommen wurden, die
für die II. ausserordentliche Kriegssteuer galt (Art. 58 und 60, vgl. Art. 53
und 55 KStB) und die dort in gleicher Weise gehandhabt wurde, wie es hier im
Entscheide der kantonalen Rekurskommission geschehen ist (Entscheide Nr. 89
und 90 der eidgenössischen Kriegssteuer-Rekurskommission vom 24. September
1923 (Tatbestand), nicht publiziert). Es ist nicht anzunehmen, dass der
Gesetzgeber bei der Krisenabgabe eine andere Ordnung im Auge hatte, als
diejenige, die schon vor Erlass des Krisenabgabe-Beschlusses bei der
Kriegssteuer feststehende Praxis gewesen war.
3.- Keine ausschlaggebende Bedeutung kann den Argumenten beigemessen werden,
die die Rekurrentin und die eidgenössische Steuerverwaltung aus einzelnen
Anordnungen des KrisAB der Tabelle I herleiten.
a) Die Bemerkung am Fusse der Tabelle I, wonach die Steuerbeträge auf dem
Mindestbetrag weiterer von 5000 Fr. zu 5000 ansteigender Klassen zu berechnen
sind, hat keinen selbständigen Charakter. Sie ist lediglich die Formel, die an
Stelle einer ziffermässigen Fortführung der Tabelle tritt. Für die Frage, ob
der darin ausgesprochene Grundsatz ein allgemeiner sei, oder nur für die Fälle
gelte, für die der Beschluss dies vorschreibt, ist ihr nichts zu entnehmen.

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b) Art. 60, Abs. 2 KrisAB sodann enthält keine Ausnahme von Tabelle I, sondern
von Art. 26. Die Bestimmung spricht weder für noch gegen die Anwendung der
Klasseneinteilung bei der Berechnung des Steuerbetrages.
4.- Zu dem in der Rekursschrift aufgestellten Zahlenbeispiel mag bemerkt
werden, dass die scheinbare Unbilligkeit, die damit dargetan werden soll, auf
der Auswahl der zufällig eingesetzten Ziffern beruht. Unausgeglichenheiten in
Grenzfällen lassen sich bei gestaffelten Tarifen stets konstruieren. Es
besteht kein Grund, ihretwegen vom Wortlaut des Gesetzes abzuweichen, wo
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die getroffenen Anordnungen wirklich so zu
verstehen sind, wie sie lauten.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 61 I 374
Datum : 01. Januar 1935
Publiziert : 19. Dezember 1935
Quelle : Bundesgericht
Status : 61 I 374
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Krisenabgabe. Ist nur ein Teil des Einkommens eines Steuerpflichtigen in der Schweiz steuerbar, so...


BGE Register
61-I-374
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