S. 35 / Nr. 10 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 60 III 35

10. Entscheid vom 17. März 1934 i. S. Fehrenbach & Geng und Genossen.

Regeste:
Gesamthafte Versteigerung von Grundstücken (Art. 108
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 108 - 1 Getrennt verpfändete Grundstücke dürfen nur dann gesamthaft oder gruppenweise versteigert werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die sich ohne starke Wertverminderung nicht auflösen lässt.176
1    Getrennt verpfändete Grundstücke dürfen nur dann gesamthaft oder gruppenweise versteigert werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die sich ohne starke Wertverminderung nicht auflösen lässt.176
1bis    Dem Gesamt- oder Gruppenruf muss stets ein Einzelruf vorausgehen. Die Meistbietenden beim Einzelruf bleiben an ihre Angebote gebunden, bis der Gesamt- oder Gruppenruf erfolgt ist. Der Zuschlag wird je nachdem, ob der Einzelruf oder der Gesamt- oder Gruppenruf den höheren Gesamtpreis ergibt, den Meistbietenden beim Einzelruf oder dem bzw. den Meistbietenden beim Gesamt- oder Gruppenruf erteilt.177
2    Dieses Verfahren ist, wenn immer möglich, in den Steigerungsbedingungen vorzusehen, jedenfalls aber bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben.
3    In den Steigerungsbedingungen ist ferner darauf hinzuweisen, dass der bei der gesamthaften Verwertung jedem einzelnen Grundstück zukommende Anteil am Erlös wenigstens so hoch sein muss wie das höchste Angebot, welches für das betreffende Grundstück bei der Einzelversteigerung gemacht worden ist.178
VZG). - Die richtig
durchgeführte Steigerung kann von einem Teilnehmer nicht deshalb angefochten
werden, weil er sich (angeblich) durch eine unrichtige Auskunft des
Steigerungsleiters über die Verlegung des Erlöses auf die einzelnen
Grundstücke von weiterem Bieten abhalten liess, mag er auch als Pfandgläubiger
ein Interesse gehabt haben, darüber unterrichtet zu werden. - Keine Pflicht
des Steigerungsleiters zur Auskunfterteilung über Verhältnisse, die erst nach
durchgeführter Verwertung zu ordnen sind.
Vente d'immeubles en bloc (art. 108 ORI). Lorsque les enchères ont été
régulièrement exécutées, un miseur n'est pas en droit de les attaquer par la
raison qu'il aurait été amené à cesser de surenchérir ensuite d'un
renseignement inexact qui lui a été donné par le directeur des enchères au
sujet de la répartition du produit de la réalisation, et ce quand bien même il
avait intérêt, en qualité de créancier hypothécaire, à avoir ce renseignement.
- Le directeur des enchères n'a pas l'obligation de donner de renseignements
sur des points qui doivent être réglés seulement après la vente.

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Vendita in blocco di fondi (art. 108 RFF). Allorchè l'incanto fu regolare, non
può essere impugnato da un oblatore per il motivo che sarebbe stato indotto a
rinunciare ad ulteriori offerte da una informazione inesatta datagli dal
dirigente l'incanto, circa la ripartizione del ricavo dell'asta sui singoli
fondi. Ciò è vero anche quando, nella sua veste di creditore pignoratizio,
l'oblatore aveva un interesse ad essere informato al riguardo. Il dirigente
l'incanto non ha l'obbligo di dare dei chiarimenti su delle questioni che
debbono essere regolate solo dopo la vendita.

A. - In dem vom Konkursamte Zürich-Altstadt verwalteten Konkurse über die
Genossenschaft Zellerhof hat das mit der Verwertung von vier Liegenschaften
der Gemeinschuldnerin beauftragte Konkursamt Enge-Zürich am 7. August 1933 die
Steigerung gemäss den Steigerungsbedingungen in der Weise durchgeführt, dass
es zuerst die Liegenschaften No. 233 und 234 an der Wettsteinstrasse (Gruppe
I) und die Liegenschaften No. 237 und 1661 an der Kilchberg- und Zellerstrasse
(Gruppe II) je einzeln und darauf alle vier Liegenschaften zusammen ausrief.
Für die Gruppe I wurden beim Einzelruf 100000 Fr. und für die Gruppe II 230000
Fr. geboten; beim Gesamtruf wurde aber ein die Einzelangebote übersteigendes
Angebot von 349000 Fr. erzielt und demgemäss der Zuschlag an die
Genossenschaft Neuhaus erteilt.
B. - Das Angebot von 230000 Fr. war von vier an der Gruppe II als
Pfandgläubiger interessierten Handwerkerfirmen gemacht worden, die sich weder
beim Einzelruf der Gruppe I beteiligt hatten noch dann beim Gesamtruf
mitwirkten. Ihre Stellungnahme war angeblich dadurch mitbestimmt, dass der
Konkursbeamte an der Steigerung auf eine an ihn gerichtete Frage über die
Verlegung des Verwertungserlöses erklärte, der beim Einzelruf für jede Gruppe
gebotene Betrag werde vom Gesamtsteigerungspreis abgezogen und vorweg der
betreffenden Gruppe zugeschieden werden. Als sie dann auf dem Konkursamte
Zürich-Altstadt, das die Verteilung

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selber besorgt, erfuhren, dass entgegen den Angaben des Steigerungsbeamten der
Steigerungspreis einfach nach dem Verhältnis der Schätzungswerte der einzelnen
Stücke zu verteilen sei (gemäss Art. 118
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
VZG), führten sie gegen das
Konkursamt Enge-Zürich Beschwerde mit dem Antrag, die Steigerung sei nichtig
zu erklären und der an die Genossenschaft Neuhaus erteilte Zuschlag
aufzuheben. Sie bringen vor, bei Kenntnis der nun tatsächlich zur Anwendung
gelangenden Art der Verteilung hätten sie beim Gesamtruf höher geboten; der
Steigerungsbeamte habe mit seinen bezüglichen unrichtigen Erklärungen die
Steigerungsbedingungen in einer das Ergebnis beeinflussenden Art und Weise
modifiziert.
Das beschwerdebeklagte Konkursamt hat in erster Linie an seiner Auffassung,
dass bei der Verteilung der Betrag des Einzelangebotes der Beschwerdeführer
vorweg auf die Gruppe II zu verlegen sei, festgehalten, für den Fall aber,
dass diese Auffassung von den Aufsichtsbehörden nicht geteilt werde, die
Gutheissung der Beschwerde beantragt in dem Sinne, dass die neue Steigerung
ohne Gesamtruf durchzuführen wäre.
C. - Die Beschwerde ist von der untern Aufsichtsbehörde gutgeheissen, von der
kantonalen Aufsichtsbehörde aber mit Entscheid vom 17. Februar 1934 abgewiesen
worden. Diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer rechtzeitig an das
Bundesgericht weitergezogen unter Erneuerung ihres Beschwerdeantrages.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Ob es richtig war, die Liegenschaften nicht nur einzeln, sondern auch noch
gesamthaft auszurufen und bei einem die Summe der Einzelangebote
übersteigenden Gesamtangebote gesamthaft zu versteigern, ist nicht zu
entscheiden; denn die Steigerungsbedingungen, die dieses - zweifellos
zulässige und gegen keine zwingende Vorschrift verstossende - Verfahren
vorsahen. sind nicht binnen

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nützlicher Frist angefochten worden und somit in Rechtskraft erwachsen.
Vielmehr fragt es sich nur, ob den Beschwerdeführern daraus ein
Anfechtungsrecht erwachsen ist, dass sie sich auf die Angaben des
Konkursbeamten über die Verwendung des Steigerungserlöses verliessen und
daher, wie sie vorbringen, davon absahen, das von anderer Seite gemachte
Gesamtangebot zu überbieten. Sie berufen sich zur Stützung der Beschwerde auf
den Entscheid des Bundesgerichtes in Sachen Mauser vom 10. Juni 1931 (BGE 57
III No. 24), wo am Schlusse ausgeführt wird, die Möglichkeit eines andern
Steigerungsergebnisses genüge, um die Wiederholung des Steigerungsaktes zu
rechtfertigen. Allein jene Entscheidung betraf den Fall eines festgestellten
Mangels des Steigerungsverfahrens, der die Aufhebung der Steigerung ohne
weiteres rechtfertigte, wenn nicht - dies ist augenscheinlich der Sinn der
angeführten Stelle - die Möglichkeit eines Einflusses des Mangels auf den
Verlauf der Steigerung geradezu ausgeschlossen war. Wenn dagegen, wie hier,
das Steigerungsverfahren an und für sich richtig durchgeführt worden ist, so
kann keine Rede davon sein, dass ein Gantteilnehmer bloss deshalb, weil er
sich in seinem Verhalten von unrichtigen Annahmen bestimmen liess, berechtigt
wäre, die Aufhebung der Steigerung zu verlangen. Allerdings heben die
Beschwerdeführer hervor, dass ihre Annahme, vom Verwertungserlös werde ein
Betrag von 230000 Fr., entsprechend ihrem Angebot für die Liegenschaften der
Gruppe II, vorweg dieser Gruppe zugeschieden werden, sich auf eine bestimmte
Erklärung des Konkursbeamten gegründet habe, der die Bedeutung einer
eigentlichen Steigerungsbedingung zukomme. Das trifft jedoch nicht zu; denn
die Angaben des Konkursbeamten bezogen sich gar nicht auf das
Steigerungsverfahren, die vom Ersteigerer zu erfüllenden Zahlungsbedingungen
u.s.w., sondern es handelte sich um die Frage, was nach erfolgter Verwertung,
bei der Verteilung, zu geschehen habe. Somit standen nicht die

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Steigerungsbedingungen in Diskussion, man hat es vielmehr nur mit einer
Rechtsauskunft über die Verwendung des Erlöses zu tun, worüber erst später und
zudem nicht durch das bloss mit der Verwertung beauftragte Konkursamt
Enge-Zürich, sondern durch das Konkursamt Zürich-Altstadt, das die Verteilung
besorgt, zu entscheiden ist. Da denn auch der Konkursbeamte von Enge-Zürich
darüber keine Verfügung getroffen, sondern nur eine Auskunft erteilt hat (wozu
er natürlich nicht verpflichtet gewesen wäre), läuft die Beschwerde auf die
Geltendmachung eines Irrtums im Beweggrund hinaus, für dessen Folgen die
Beschwerdeführer allenfalls ihre Auskunftsperson verantwortlich machen, aber
nicht die Aufhebung der Steigerung verlangen können. Übrigens dürfte die
Berufung auf Willensmängel im Sinne von Art. 23 ff
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
. OR auch gegenüber einem
Steigerungskauf nur einem Kontrahenten und nicht einem Dritten zustehen, der
kein Angebot gemacht hat oder dessen Angebot dahingefallen ist. Endlich steht
hier auch der in Art. 230
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
OR vorgesehene Anfechtungsgrund ausser Betracht.
Das Beschwerdebegehren erweist sich um so mehr als unbegründet, als nach den
Feststellungen der Vorinstanz die Auskunft des Konkursbeamten nicht
kategorisch lautete, sondern «unter allem Vorbehalt» erfolgte und der von ihm
geäusserten Ansicht von anderer Seite widersprochen wurde.
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 60 III 35
Datum : 01. Januar 1934
Publiziert : 17. März 1934
Quelle : Bundesgericht
Status : 60 III 35
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Gesamthafte Versteigerung von Grundstücken (Art. 108 VZG). - Die richtig durchgeführte Steigerung...


Gesetzesregister
OR: 23  230
VZG: 108 
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 108 - 1 Getrennt verpfändete Grundstücke dürfen nur dann gesamthaft oder gruppenweise versteigert werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die sich ohne starke Wertverminderung nicht auflösen lässt.176
1    Getrennt verpfändete Grundstücke dürfen nur dann gesamthaft oder gruppenweise versteigert werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die sich ohne starke Wertverminderung nicht auflösen lässt.176
1bis    Dem Gesamt- oder Gruppenruf muss stets ein Einzelruf vorausgehen. Die Meistbietenden beim Einzelruf bleiben an ihre Angebote gebunden, bis der Gesamt- oder Gruppenruf erfolgt ist. Der Zuschlag wird je nachdem, ob der Einzelruf oder der Gesamt- oder Gruppenruf den höheren Gesamtpreis ergibt, den Meistbietenden beim Einzelruf oder dem bzw. den Meistbietenden beim Gesamt- oder Gruppenruf erteilt.177
2    Dieses Verfahren ist, wenn immer möglich, in den Steigerungsbedingungen vorzusehen, jedenfalls aber bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben.
3    In den Steigerungsbedingungen ist ferner darauf hinzuweisen, dass der bei der gesamthaften Verwertung jedem einzelnen Grundstück zukommende Anteil am Erlös wenigstens so hoch sein muss wie das höchste Angebot, welches für das betreffende Grundstück bei der Einzelversteigerung gemacht worden ist.178
118
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 118 - Sind getrennt verpfändete Grundstücke nach Artikel 108 hiervor gesamthaft versteigert worden, so ist der im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen.
BGE Register
60-III-35
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkursamt • konkursbeamter • steigerungsbedingungen • gesamtruf • richtigkeit • genossenschaft • einzelruf • wirkung • frage • weiler • bundesgericht • erwachsener • antrag zu vertragsabschluss • unrichtige auskunft • versteigerung • entscheid • kantonales rechtsmittel • frist • bezogener • irrtum
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