S. 168 / Nr. 42 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 60 III 168

42. Entscheid vom 11. Oktober 1934 i. S. Strittmatter.

Regeste:
Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes. Verordnung vom 19. Dezember 1910,
Ziffer 4.
Die Eintragung ist bei einseitiger Anmeldung durch eine Partei (abgesehen vom
Falle einer blossen Neuanmeldung zufolge Wohnsitzwechsels) abzulehnen, wenn
kein Veräusserungsvertrag mit Eigentumsvorbehalt vorgewiesen wird. Es steht
den Registerbehörden nicht zu, einen Mietvertrag als rechtsgeschäftlichen
Schleichweg zu erklären und gestützt darauf einen Eigentumsvorbehalt
einzutragen.
Inscription d'un pacte de réserve de propriété. Art. 4 de l'Ordonnance du 19
décembre 1910.
Sauf le cas de transcription par suite de changement de domicile, l'office
doit refuser l'inscription requise par une seule des deux parties, si celle-ci
ne produit pas une convention d'aliénation avec réserve de propriété. Il
n'appartient pas à l'office, ni à l'autorité de surveillance de procéder à
l'inscription sur la base d'un contrat de bail, en considérant celui-ci comme
un acte simulé, cachant une véritable aliénation.
Iscrizione d'un patto di riservata proprietà. Art. 4 del regolamento, del 19
dicembre, 1910.
Salvo il caso di trascrizione per cambiamento di domicilio, l'ufficio
rifiuterà l'iscrizione richiesta da soltanto una delle parti, se questa non
esibisce una convenzione di alienazione con riserva

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di proprietà. Non spetta nè all'ufficio ne all'autorità di vigilanza di
procedere all'iscrizione sulla base di un contratto di affitto considerandolo
come atto fittazio che celi un'alienazione.

A. - Der Rekurrent hat den Eheleuten Karl und Mathilde Schröder gemäss
Mietverträgen vom 20. September 1930, 15. März und 30. November 1931
verschiedene Mobilien zur mietweisen Benützung gegen Entrichtung eines
Monatszinses übergeben. Die Verträge bestimmen, dass die Mietgegenstände in
entsprechendem Zustande zurückzugeben seien, dass sie nicht veräussert werden
dürfen, dass bei allfälliger Pfändung die Vertragsurkunde dem Pfändungsbeamten
vorzuweisen sei, dass der Vermieter das Recht habe, jederzeit eine Kontrolle
vorzunehmen und sich über den Zustand und den Verbleib der Gegenstände zu
vergewissern, dass die Objekte gegen Feuerschaden zu versichern seien und der
Hin- und Hertransport zu Lasten des Mieters gehe; beim dritten Vertrag ist
noch beigefügt, Nichtbezahlung der Miete löse das Mietverhältnis auf. Jeder
dieser Verträge findet sich durch einen Revers ergänzt, der bei den ersten
zwei Verträgen dahin lautet, es stehe dem Mieter frei, die Objekte später zum
Preise von 1640 Fr., bezw. 100 Fr. zu kaufen unter Anrechnung der bezahlten
Miete, beim letzten Vertrage dahin, der Vermieter sei damit einverstanden,
dass die Sachen nach Bezahlung der Miete bis zum Betrage von 300 Fr. nebst 5%
ohne weiteres in das Eigentum des Mieters übergehen.
B. - Unter Vorweisung dieser Verträge mit den zugehörigen Reversen verlangte
der Rekurrent beim Betreibungsamt Zürich 2 die Eintragung eines
Eigentumsvorbehaltes an den Mietgegenständen zu seinen Gunsten. Er wies auf
die Gerichtspraxis hin, die solche Verträge als Abzahlungsgeschäfte behandle.
Die Eintragung wurde jedoch abgelehnt, weil auf Grund von Mietverträgen kein
Eigentumsvorbehalt eingetragen werden könne.
Die gegen die Verweigerung angehobene Beschwerde, sowie der Rekurs an die
obere kantonale Aufsichtsbehörde

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hatten keinen Erfolg. Die erste Instanz nimmt an, Art. 4 der Verordnung
betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19. Dezember 1910 setze
einen Eintrag voraus, in dem ein «Veräusserer» und ein «Erwerber» mit diesen
oder gleichbedeutenden Worten genannt ist. Die obere Instanz glaubt
demgegenüber in ihrem Entscheide vom 12. September 1934 den Registerbehörden
immerhin die Aufgabe einer summarischen Prüfung der wirklichen Willensmeinung
der Parteien zuweisen zu sollen, gelangt dann aber doch zur Ablehnung, weil
vorliegend nach den Verträgen wenigstens vorläufig ein wirkliches
Mietverhältnis begründet worden sei.
Diesen Entscheid hat der Rekurrent unter Erneuerung seines Beschwerdebegehrens
an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, dass ein Eigentumsvorbehalt nur bei
Veräusserungsgeschäften, nicht auch bei Verträgen auf blosse
Gebrauchsüberlassung eingetragen werden kann (BGE 43 III Nr. 34). Dabei ist in
Übereinstimmung mit den Ausführungen der ersten Instanz zu verlangen, dass
sich dieser Charakter des Rechtsgeschäftes und der Eigentumsvorbehalt aus den
Bestimmungen des vom Gesuchsteller vorgelegten Vertrages selbst ergebe (Art. 4
Ziffer 2 a der Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte).
Der Rekurrent geht fehl, wenn er annimmt, diese Art der Rechtsanwendung
verstosse gegen das Recht der Parteien, ihrer Abmachung eine beliebige Fassung
zu geben, und bedeute eine Überschreitung der den Registerbehörden zustehenden
Überprüfungsbefugnis. Wenn die Parteien darüber einig sind, dass ein als
Mietvertrag bezeichnetes Rechtsgeschäft in Wirklichkeit einen Kauf mit
Eigentumsvorbehalt darstellt, so brauchen sie ja nur den Vertrag entsprechend
zu ändern oder eine gemeinsame Erklärung

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im Sinne von Art. 4 Ziffer 1 der Verordnung abzugeben, worauf der Eintragung
des Eigentumsvorbehaltes nichts im Wege steht. Dagegen kann aus dem Umstande,
dass Kaufverträge mit Eigentumsvorbehalt keinem Formularzwang unterliegen,
nicht abgeleitet werden, dass die Registerbehörden einen Vertrag, der gar
nicht diesen Inhalt verurkundet, auf das einseitige Vorbringen der einen
Partei, die den Eintrag wünscht, als Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt zu
betrachten und zu behandeln haben. Gerade weil es den Registerbehörden nicht
zusteht, materiellrechtliche Streitpunkte zu beurteilen, haben sie sich an den
Wortlaut der ihnen unterbreiteten Ausweise zu halten und sich nicht in eine
Untersuchung darüber einzulassen, ob nicht vielleicht entgegen dem
Vertragstext doch ein eintragungsfähiges Geschäft vorliegen möchte. Wenn der
Ausweis nicht genügt, ist die Eintragung also ohne weiteres abzulehnen.
Solchenfalls muss es dem Gesuchsteller überlassen bleiben, ein Urteil zu
erstreiten, das dann natürlich - entgegen der vom Rekurrenten geäusserten
Befürchtung - für die Registerbehörden verbindlich sein muss. Ob der
Gesuchsteller ein Interesse an der Eintragung glaubhaft zu machen vermag, ist
nicht entscheidend; denn ein Recht darauf hat er nur, wenn wirklich ein
Veräusserungsgeschäft mit Eigentumsvorbehalt vorliegt, und anderseits kann der
Gegenkontrahent beanspruchen, dass die Eintragung unterbleibe, wenn die
erwähnte Voraussetzung nicht zutrifft. Es mag sein, dass ein Mietvertrag unter
Umständen vom Richter als rechtsgeschäftlicher Schleichweg erklärt und nach
den für Abzahlungsgeschäfte geltenden Grundsätzen beurteilt wird; die
Registerbehörden sind aber nicht zuständig, darüber zu befinden. Mit Unrecht
beruft sich der Gesuchsteller speziell noch auf die Rechtsprechung in
Handelsregistersachen, wo ausgesprochen wurde, dass «der Umstand, dass ein
Rechtsakt geeignet ist, hinsichtlich seiner rechtlichen Wirkungen
verschiedenen Interpretationen Raum zu geben, niemals dazu führen kann, ihn
als dem öffentlichen

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Interesse zuwiderlaufend und damit als unstatthaft zu behandeln und dessen
Vornahme von Amtes wegen zu verhindern» (BGE 60 I Nr. 9 Erw. 2). Denn diese
Ausführungen beziehen sich (abgesehen von anderem) auf Rechtsakte, die als
solche in das Handelsregister einzutragen sind (es handelte sich um die
Zeichnungsberechtigung bei einer Aktiengesellschaft), während hier die Frage
gerade dahin geht, ob ein eintragungsfähiger Vertragstypus vorliege.
Das ist nun nicht der Fall. Dass die vom Gesuchsteller vorgelegten
Mietverträge nicht als Ausweis über Kaufgeschäfte mit Eigentumsvorbehalt
gelten können, liegt auf der Hand. Auch die Reverse ändern daran nichts. Darin
wird (in den ersten beiden Fällen) nur dem Mieter das Recht eingeräumt,
«später» die Mietsachen käuflich zu erwerben unter Anrechnung der bezahlten
Miete; es ist aber weder dargetan, dass der Mieter sich bereits dafür erklärt
hat, von diesem Recht Gebrauch zu machen, noch ist abgeklärt, unter welchen
Voraussetzungen und mit welcher Wirkung hinsichtlich des Eigentumsrechtes dies
soll geschehen können. Beim letzten Vertrag scheint ein Eigentumsvorbehalt
überhaupt nicht in Frage zu kommen; denn wenn der dort genannte Betrag, bei
dessen Bezahlung das Eigentum erst übergehen soll, den ganzen Kaufpreis
darstellt, besteht hiefür keine Veranlassung.
Dass der Rekurrent bei Ablehnung seines Begehrens rechtlos werde, kann ihm
nicht zugegeben werden. Sollten die zuständigen Gerichte die Verträge als
Kaufgeschäfte mit Eigentumsvorbehaltklausel auslegen, so kann der Eintrag
seinerzeit immer noch bewirkt werden. Bis dahin trägt der Rekurrent, der eben
blosse Mietverträge hat abschliessen wollen, das Risiko, dass die Verträge vom
Richter nach andern Grundsätzen beurteilt werden. Es besteht zur Zeit aber
nicht etwa schon Gewissheit, dass der gerichtliche Entscheid in diesem Sinne
lauten müsse; vielmehr ist es durchaus möglich, dass die Mietverträge als
solche geschützt werden, oder dass darauf nur zum

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Teil, z.B. hinsichtlich des Rücktrittsrechtes des Vermieters bei
Zahlungsverzug des Mieters, die für Abzahlungsgeschäfte geltenden Grundsätze
angewendet werden (vgl. GUHL, OR S. 153).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 60 III 168
Datum : 01. Januar 1934
Publiziert : 11. Oktober 1934
Quelle : Bundesgericht
Status : 60 III 168
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes. Verordnung vom 19. Dezember 1910, Ziffer 4.Die Eintragung...


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60-III-168
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