BGE 60 II 492
78. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Dezember 1934 i. S.
Allgemeine Finanzgesellschaft und Konsorten gegen «Elektra»,
Aktiengesellschaft für angewandte Elektrizität.
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Regeste:
Das «Handeln für denjenigen, den es angeht».
1. Wesen und Zulässigkeit dieser Rechtsform; Voraussetzungen der Zulässigkeit
(Erw. 1. u. 2).
2. Abschluss eines Darlehensvertrages «namens einer Bankengruppe». Indizien,
die dafür sprechen, dass in casu trotz dieser Formel ein Eigengeschäft des
angeblichen Vertreters beabsichtigt war (Erw. 3).
A. - Die Beklagte, «Elektra», Aktiengesellschaft für angewandte Elektrizität,
in Zürich, benötigte anfangs 1929 erhebliche Barmittel, um den Ausbau eines
Elektrizitätswerkes in Polnisch-Oberschlesien zu finanzieren. Sie wandte sich
an die Bank Brupbacher & Cie, in Zürich, und schloss mit ihr am 30. Januar
1929 einen «Kreditvertrag» ab, dessen Ingress lautete:
«Zwischen der Elektra, Aktiengesellschaft für angewandte Elektrizität, in
Zürich, nachfolgend «Elektra» genannt, einerseits und den Herren C. J.
Brupbacher & Cie, in Zürich, namens einer Bankengruppe, nachfolgend «Bank»
genannt, anderseits, ist folgender Vertrag abgeschlossen worden...»
Durch den Vertrag verpflichtete sich «die Bank», der Beklagten auf den 10.
April 1929 ein Darlehen von 5000000 Fr. zu gewähren, das zu 8% verzinslich und
am 31. März 1931 zur Rückzahlung fällig sein sollte.
Zur Beschaffung des für das Darlehen erforderlichen Geldes offerierte die
Firma Brupbacher & Cie nach
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Abschluss des Vertrages mit der Beklagten einer Reihe anderer Banken und
Finanzunternehmungen «Partizipationen». Die angefragten Firmen akzeptierten
die Offerten und beteiligten sich mit Beträgen von 50000 bis 1500000 Franken.
Der Beklagten gab die Firma Brupbacher & Cie von der Zusammensetzung des
Konsortiums und der Höhe der einzelnen Beteiligungen keine Kenntnis.
B. - In dem Begleitschreiben, mit welchem die Bank am 28. Januar 1929 der
Beklagten den Kreditvertrag zur Unterzeichnung übersandte, war noch Bezug
genommen auf mündliche Verhandlungen, denenzufolge der am 10. April seitens
der Bankengruppe fällige Kredit inzwischen von der Firma Brupbacher & Cie aus
eigenen Mitteln zur Verfügung gestellt werden sollte (zum Satze von 8½%).
Die Beklagte bestätigte in ihrem Antwortschreiben vom 30. Januar diese
Vereinbarung.
Darauf stellte die Firma Brupbacher & Cie der Beklagten am 12. Februar den
Betrag von 5000000 Fr. zur Verfügung und teilte ihr mit, dass sie ihr diesen
Betrag, der aus dem vom Bankenkonsortium zu gewährenden Kredite am 10. April
1929 zur Rückzahlung zu bringen sei, auf einem Vorschusskonto A belastet habe.
Auf den 10. April 1929, den Zeitpunkt, in welchem der ordentliche Kredit aus
dem Vertrag vom 30. Januar 1929 fällig wurde, hob die Firma Brupbacher & Cie
den Vorschusskonto A auf und belastete die Beklagte für den Betrag von 5000000
Fr. auf gewöhnlichem Vorschusskonto Nr. 1856.
C. - Da die Beklagte zur Rückzahlung des Darlehens auf den 31. März 1931 nicht
imstande war, suchte sie bei Brupbacher & Cie eine Verlängerung nach. Darauf
kam am 4. Juni 1931 zwischen der Beklagten einerseits und «den Herren C. J.
Brupbacher & Cie namens einer Bankengruppe» anderseits ein neuer Kreditvertrag
zustande, durch den «die Bank» das Darlehen von 5000000 Fr. bis 15. März 1933
verlängerte.
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Für diese Verlängerung hatten einzelne Konsortialfirmen eine weitere
Beteiligung abgelehnt. Dafür traten in der Folge neue Firmen ein, welche die
Anteile der ausgeschiedenen übernahmen.
Diese Veränderungen am Konsortium gab die Firma Brupbacher & Cie der Beklagten
ebensowenig wie die ursprüngliche Zusammensetzung bekannt. Sie zahlte die
Anteile der ausscheidenden Konsorten zurück, buchte sie aus und eröffnete den
neu eintretenden in gleicher Weise wie den bisherigen Beteiligten
Separatkonten, wiederum ohne im Vorschusskonto Nr. 1856 der Beklagten etwas
von den Beteiligungen vorzumerken.
In den Monats- und Jahresbilanzen der Firma Brupbacher & Cie figurierte das
Darlehen an die Beklagte als Aktivum; die Beteiligungen der Konsorten wurden
als Passiven aufgeführt.
D. - Die Beklagte hatte ihrerseits bei Brupbacher Kontokorrent-Guthaben, die
sich Ende 1931 auf ca. 1735000 Fr. beliefen.
E. - Am 26. September 1930 schloss die Bank Brupbacher & Cie ihre Schalter und
kam beim Bezirksgericht Zürich um eine Nachlasstundung ein. Von diesem
Zeitpunkt an weigerte sie sich, die auf dem Darlehen von 5000000 Fr. fälligen
Zinse aus dem Kontokorrent-Guthaben der Beklagten zu decken, mit der
Begründung, dass Gläubiger des Darlehens das in den Verträgen erwähnte
Bankenkonsortium sei und Zahlungen auf das Darlehen wegen «der bekannten
Tatsache» daher nicht mehr aus dem Kontokorrent geleistet werden können.
In der Folge gaben eine Reihe Konsortialfirmen der Beklagten erstmals ihre
Beteiligungen bekannt und teilten ihr mit, dass sie sich als ihre direkten
Gläubiger betrachten Diese direkten Ansprüche wurden von der Beklagten
bestritten.
Am 14. Oktober 1931 bewilligte das Bezirksgericht Zürich der Firma Brupbacher
& Cie die Nachlasstundung und ernannte einen Sachwalter.
Die Beklagte meldete beim Sachwalter Forderungen an
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im Gesamtbetrage von 1735392 Fr. 10 Cts. (nachträglich offenbar reduziert auf
1734085 Fr. 70 Cts.) und anerkannte anderseits ihre Darlehensschuld im Betrage
von 5000000 Fr., der gegenüber sie sich die Verrechnung mit ihren Forderungen
vorbehielt.
Am 23. Dezember 1931 teilte die Firma Brupbacher & Cie der Beklagten die Namen
der Konsorten und die Höhe ihrer Beteiligungen mit. Diese erschienen dann zum
ersten Mal auch auf dem Rechnungsauszug, welchen die Bank der Beklagten per
31. Dezember 1931 zustellte. In den von der Bank für die Beklagte geführten
Kontokarten (Konto Nr. 1856) wurden die Beteiligungen erstmals per 31. März
1932 aufgeführt.
Die Beklagte bezahlte die am 31. Dezember 1931, 31. März und 30. Juni 1932
fälligen Vierteljahreszinse im Betrage von je 100000 Fr. unter Vorbehalt der
Verrechnung ihrer weitern Verbindlichkeiten mit den Gegenforderungen gegen die
Firma Brupbacher & Cie.
Durch Entscheid vom 18. März bestätigte das Bezirksgericht Zürich den von
Brupbacher & Cie vorgeschlagenen Nachlassvertrag mit Abtretung aller Aktiven
an die Gläubiger und ernannte den bisherigen Sachwalter zum Liquidator.
Am 13. September 1932 teilte der Liquidator der Beklagten mit, dass der
Gläubigerausschuss auf Grund eines Gutachtens von Professor Leemann
beschlossen habe, die Forderung von 5000000 Fr. gegen die Beklagte nicht zu
admassieren, die spätere Admassierung aber vorzubehalten für den Fall, dass
als Gläubiger der Forderung gerichtlich die Firma Brupbacher & Cie
festgestellt werden sollte; das Kontokorrentguthaben der Beklagten werde mit
1734085 Fr. 70 Cts. kolloziert. Demgegenüber beharrte die Beklagte auf ihrem
Verrechnungsanspruche.
F. - Am 19. Januar 1933 haben die 14 Konsortialfirmen beim Bundesgericht
vorliegende Klage eingereicht, mit welcher sie nach Massgabe ihrer
Beteiligungen Bezahlung des am 30. September 1932 auf dem Darlehen fälligen
Vierteljahreszinses im Betrage von 100000 Fr., zuzüglich
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10% Verzugszins von diesem Betrage seit 30. September 1932, verlangen.
Die Klage erfolgte auf Grund einer zwischen den Parteien am 31. Oktober/8.
November 1932 gemäss Art. 52 Ziff. 1 OG getroffenen Vereinbarung, ihren
Rechtsstreit vor Bundesgericht als einziger Instanz auszutragen. Sie treten
als Streitgenossen im Sinne von Art. 6 ff
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 6 - 1 Der Richter kann aus Gründen der Zweckmässigkeit das Verfahren aussetzen, insbesondere wenn das Urteil von der Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit beeinflusst werden kann. |
|
1 | Der Richter kann aus Gründen der Zweckmässigkeit das Verfahren aussetzen, insbesondere wenn das Urteil von der Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit beeinflusst werden kann. |
2 | Von Gesetzes wegen ruht das Verfahren in den besonders bestimmten Fällen und bei Tod einer Partei. |
3 | Im letzteren Falle ist die Fortsetzung zu verfügen, sobald die Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden kann oder die amtliche Liquidation angeordnet ist. Vorbehalten bleibt die vorherige Fortsetzung dringlicher Prozesse durch Erbschaftsvertreter. |
4 | Sind die für die Verfügung der Fortsetzung erforderlichen Angaben über die Rechtsnachfolge weder von der Erbengemeinschaft noch von der Gegenseite erhältlich, so wird der Prozess abgeschrieben. |
Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen geltend gemacht:
Kreditgeber bei dem der Beklagten gewährten Darlehen von 5000000 Fr. seien
nicht Brupbacher & Cie, sondern die Kläger. Das ergebe sich aus den Verträgen
selbst, in welchen die Firma Brupbacher & Cie handelnd «namens einer
Bankengruppe» aufgetreten sei, aus der Tatsache, dass sie der Beklagten
zunächst im eigenen Namen einen provisorischen Vorschuss gewährt habe, aus
verschiedenen spätern Äusserungen, insbesondere der stereotypen Wendung
«Beteiligung am Vorschusskonto Elektra», aus den Korrespondenzen und aus der
Notifikation der Zusammensetzung des Konsortiums im Schreiben der Firma
Brupbacher & Cie vom 23. Dezember 1931 an die Beklagte.
Es liege der typische Fall des «Handelns für denjenigen, den es angeht» vor,
bei dem das Rechtsgeschäft von einem Vertreter abgeschlossen werde, ohne dass
er den Vertretenen bekanntgebe, ja ohne dass der Vertretene im Moment des
Abschlusses überhaupt bestimmt sein müsse oder auch nur zu existieren brauche.
Dem Vertreter bleibe in einem solchen Falle regelmässig überlassen, den
Vertretenen nachträglich zu bestimmen. Auf diese Weise seien die Kläger
direkte Gläubiger der Beklagten geworden.
H. - Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt, in erster Linie deswegen,
weil die Firma Brupbacher & Cie Gläubiger der Forderung sei und den Klägern
daher die Aktivlegitimation fehle.
G. - Die bundesgerichtliche Instruktionskommission hat über die finanziellen
und banktechnischen Fragen gemäss dem Antrag der Parteien ein Gutachten
eingeholt.
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Aus den Erwägungen:
1.- Abgeschlossen hat die beiden Darlehensverträge vom 30. Januar 1929 und 4.
Juni 1931 unbestrittenermassen die Firma Brupbacher & Cie, wobei in den
Ingressen der Verträge lediglich gesagt wurde, dass sie «namens einer
Bankengruppe» handle. Was für Firmen dieser Bankengruppe angehören und mit
welchen Beträgen sie beteiligt seien, wurde der Beklagten nicht
bekanntgegeben; ja es stand beim Abschluss des ersten und zum Teil auch des
zweiten Vertrages nicht einmal fest, wer sich überhaupt beteiligen werde,
vielmehr erteilten die heute als Kläger auftretenden Firmen bezw. ihre
Rechtsvorgänger die Zusage zur Kreditgewährung erst nachträglich. Demgemäss
sind sie durch die beiden Verträge auf jeden Fall nicht schon nach den
gewöhnlichen Regeln der Stellvertretung Gläubiger der Beklagten geworden; denn
die direkte Stellvertretung (Art. 32 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
|
1 | Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
2 | Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse. |
3 | Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen. |
kann, setzt normalerweise voraus, dass die Person des Vertretenen beim
Geschäftsabschluss objektiv feststeht und auch subjektiv, d. h. dem
Gegenkontrahenten gegenüber, zum mindesten nicht gewolltermassen unbestimmt
gelassen wird.
Die Kläger berufen sich für ihre Gläubigeransprüche jedoch auf die Theorie des
sogenannten «Handelns für denjenigen, den es angeht».
2.- Ein «Handeln für denjenigen, den es angeht», liegt nach der Theorie dann
vor, wenn beim Vertragsabschluss auf der einen Seite ein Mittelsmann auftritt,
und die Person, für die er handelt, entweder objektiv noch nicht bestimmt ist
oder wenigstens dem Gegenkontrahenten noch nicht bekanntgegeben wird. Das
hauptsächlichste Beispiel dafür ist der Fall, wo der Mittelsmann eine Sache
kauft und sich «die Aufgabe des Käufers» vorbehält. Es handelt sich also, da
die Mittelsperson dem Gegenkontrahenten zu erkennen gibt, dass sie nicht für
sich selbst abschliessen will, um eine besondere Art der direkten
Stellvertretung
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(die Frage, ob ein Handeln für denjenigen, den es angeht, auch im
Botenverhältnis möglich ist, braucht hier nicht untersucht zu werden). Sie
unterscheidet sich von der gewöhnlichen Form dadurch, dass die Person des
Vertretenen, des Geschäftsherrn, vorläufig offengehalten wird. Lässt die
Rechtsordnung das zu, so ist damit gegeben, dass aus dem Geschäft unmittelbar
der Vertretene berechtigt und verpflichtet wird.
Im deutschen Recht ist das Handeln für denjenigen, den es angeht, durchwegs
anerkannt, vgl. u. a. RÜMELIN, Das Handeln im fremden Namen, im Archiv für
zivilistische Praxis, Bd. 93, S. 199, 221 ff.; VON TUHR, Allg. Teil des BGB,
Bd. II 2 S. 343 f.; RIEZLER, in Staudinger, 9. Aufl. Anm. 3 c zu § 164;
OERTMANN, 3. Aufl. Anm. 1, lit. b, b, bb, zu § 164; COHN, Das
rechtsgeschäftliche Handeln für denjenigen, den es angeht, S. 34 ff. Ein in
der Wirkung ähnliches Institut ist die déclaration de commande oder élection
d'ami des französischen Rechtes; vgl. ESMEIN in Planiol et Ripert Bd. VI N.
61; BAUDRY-LACANTINERIE, Précis, 12. Aufl. N. 884, ebenso die vendita per
persona da nominarsi im italienischen Recht, vgl. PACIFICI-MAZZONI, Diritto
civile, Bd. II 1 S. 465, zitiert bei Cohn a.a.O., S. 295. Für das englische
Recht siehe CURTI, Englands Privat- und Handelsrecht Bd. II S. 36.
Im schweizerischen Recht steht der Anerkennung jedenfalls keine ausdrückliche
Vorschrift entgegen. Für den Fall, dass die Person des Vertretenen beim
Vertragsschluss objektiv bestimmt und nur subjektiv unbestimmt ist, d. h. dem
Gegenkontrahenten vorläufig nicht bekanntgegeben wird, kann die Zulässigkeit
des Geschäftes sogar ohne weiteres aus Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
|
1 | Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet. |
2 | Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse. |
3 | Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen. |
Nach dieser Bestimmung wird der Vertretene, sofern seinem Gegenkontrahenten
gleichgültig ist, mit wem er den Vertrag schliesst, selbst dann unmittelbar
berechtigt und verpflichtet, wenn er vom Vertretungsverhältnis keine Kenntnis
hat. Umso näher liegt es, dass direkte Rechtsbeziehungen Platz greifen, wenn
der Vertreter offen
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gehandelt, d. h. zu erkennen gegeben hat, dass er nicht für sich selbst,
sondern für einen Dritten abschliessen wolle. In diesem Sinne hat das
Bundesgericht bereits in einem frühern Falle entschieden; s. BGE 28 II 520
Erw. 4.
Allgemeine, rechtsdogmatische Bedenken können sich indessen erheben gegen die
Zulassung von Geschäften, wo der eine Partner bei Vertragsschluss auch
objektiv noch unbestimmt ist. A priori unmöglich sind jedoch auch solche
Verträge nicht, was sich schon aus der Stellungnahme der zitierten
ausländischen Rechte ergibt. Als Voraussetzung muss nur gefordert werden, dass
der Vertretene im konkreten Falle bestimmbar ist, möge nun die Bestimmung dem
Vertreter, einer Drittperson oder irgendwelchen äussern Ereignissen überlassen
sein. Da grundsätzlich Vertragsfreiheit besteht und die Geschäfte
offensichtlich einem Bedürfnis des Verkehrs entsprechen, erscheint demnach
ihre Zulassung auch in der Schweiz gerechtfertigt. Das gilt umsomehr, als
unser Recht noch andere Verträge kennt, bei denen wesentliche Elemente
späterer Bestimmung vorbehalten bleiben. Das ist z. B. der Fall bei der
Wahlobligation nach Art. 72
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 72 - Ist die Schuldpflicht in der Weise auf mehrere Leistungen gerichtet, dass nur die eine oder die andere erfolgen soll, so steht die Wahl dem Schuldner zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 720 |
kann u. a. auch zutreffen beim Vertrag zu Gunsten Dritter nach Art. 112
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
|
1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
Unbestimmt ist in diesen Fällen allerdings nicht eines der Vertragssubjekte,
sondern ein Teil des Vertragsinhaltes, so bei der Wahlobligation der
endgültige Leistungsgegenstand, beim Blankoindossament und beim Vertrag zu
Gunsten Dritter die daraus berechtigte Person. Die Schwierigkeiten, die sich
für die Abwicklung des Geschäftes ergeben können, dürften indessen bei
Unbestimmtheit eines Vertragspartners kaum grösser sein, als wenn etwa bei
Verträgen nach Art. 112
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
|
1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
wird im schweizerischen Schrifttum die Zulässigkeit des Handelns für
denjenigen, den es angeht, denn auch allgemein bejaht; vgl.
OSER-SCHÖNENBERGER, N. 9 zu Art. 32; BECKER, N. 8 zu Art. 32; VON TUHR, OR Bd.
I S. 311, spez. N. 10. COHN, der a.a.O., S. 249 ff., die Verhältnisse
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im schweizerischen Recht einer besonderen Betrachtung unterzieht, gelangt zu
dem gleichen Ergebnis.
Allein rechtswirksam kann für denjenigen, den es angeht, in jedem Falle nur
gehandelt werden, wenn der Vertretene lediglich vorläufig unbestimmt bleiben
soll. Das folgt bei objektiver Unbestimmtheit des Vertretenen schon aus dem
Wesen der Einrichtung, da hier die Bestimmung des Geschäftsherrn für die
Erfüllung unerlässlich ist. Aber auch bei bloss subjektiver Unbestimmtheit, wo
der Gegenkontrahent beim Vertragsschluss über die Person des objektiv bereits
bestimmten Geschäftsherrn in Unkenntnis gelassen wird, kann es sich nicht
anders verhalten, Das Handeln für denjenigen, den es angeht, ist in diesen
Fällen dazu bestimmt, über die Schwierigkeit hinwegzuhelfen, dass auf der
einen Seite ein Interesse daran besteht, den Namen des Geschäftsherrn beim
Abschluss noch nicht bekannt zu geben. Es kann sich also auch bei dieser
subjektiven Unbestimmtheit grundsätzlich nur um einen vorübergehenden
Schwebezustand handeln; diesen dauernd aufrechterhalten zu wollen, würde dem
ganzen Wesen der Einrichtung widersprechen. Vor allem aber wäre ein solcher
Dauerzustand mit der Rechtssicherheit, die für den Gegenkontrahenten gefordert
werden muss, unvereinbar. Soll dieser nicht aller Willkür ausgeliefert sein,
so darf dem Vertretenen nicht ermöglicht werden, bei der ganzen Abwicklung des
Geschäftes im Hintergrund zu bleiben und nur hervorzutreten, sofern und wann
es seinem Bedürfnis entspricht. Damit würde dem Missbrauche Tür und Tor
geöffnet. Ein Vertrag, der auf dauernde Unbestimmtheit des Vertretenen
berechnet wäre, müsste daher unter Umständen als unsittlich behandelt werden
(Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
|
1 | Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
2 | Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre. |
angeht, aus den angeführten vertretungsrechtlichen Gründen unzulässig.
Im vorliegenden Falle ist unbestritten, dass die Beklagte nach den Verträgen
vom 30. Januar 1929 und 4. Juni 1931 und entsprechend den von den Klägern
angerufenen
Seite: 501
Bankusancen keinen Anspruch auf Bekanntgabe der hinter Brupbacher & Cie
stehenden Kreditgeber hatte; sie sollte deren Namen und die Höhe der
Beteiligungen nicht erfahren, sofern die Konsortialfirmen es nicht selbst für
tunlich erachteten, sich als Gläubiger zu erkennen zu geben. So ist denn
tatsächlich der Beklagten die Zusammensetzung des Konsortiums während der
ganzen Dauer des ersten Vertrages nicht bekanntgegeben worden, und auch beim
zweiten erst, als die Firma Brupbacher & Cie zusammengebrochen war, die Kläger
also ein Interesse daran erhielten, sich direkt an die Beklagte zu halten.
Unter diesen Umständen kann nach den oben dargelegten Grundsätzen von einem
rechtswirksamen Handeln für denjenigen, den es angeht, und damit von direkten
Gläubigerrechten der Kläger nicht die Rede sein. Daran ändern
selbstverständlich die von den Klägern angerufenen Bankusancen nichts.
Abgesehen davon, dass sie keinem schutzwürdigen Interesse entsprechen,
vermögen sie nicht Recht zu schaffen und insbesondere nicht, zwingende
Vorschriften des Gesetzes ausser Kraft zu setzen.
3.- Die Klage müsste somit mangels Aktivlegitimation der Kläger abgewiesen
werden, selbst wenn, was diese behaupten, beim Abschluss der Verträge vom 30.
Januar 1929 und 4. Juni 1931 ein direktes Handeln für die Bankengruppe
beabsichtigt gewesen wäre. In Wirklichkeit hat diese Absicht aber nicht einmal
bestanden.
Die Kläger stützen sich auf den Ingress der Verträge, wo die Firma Brupbacher
& Cie «namens einer Bankengruppe» zu handeln erklärte. Diese Formulierung
lässt in der Tat nach dem gewöhnlichen rechtlichen Sprachgebrauch auf direkte
Stellvertretung schliessen. Unwiderleglich ist aber der Schluss nicht, sondern
es muss der Gegenpartei der Beweis dafür offengehalten werden, dass in casu
die Formel etwas anderes bedeutete und die Rechte und Pflichten aus dem
Vertrage in der Person des angeblichen Vertreters selber begründet werden
wollten.
In dieser Beziehung weist die Beklagte mit ihrem
Seite: 502
Privatgutachter Professor Götzinger vorab mit Recht darauf hin, dass aus dem
weitern Text der Verträge die Kläger nicht als Vertragspartei ersichtlich
sind. Als Darlehensgeber wird dort «die Bank» bezeichnet, ohne dass sich aus
der im Ingress gegebenen Erläuterung klar ergäbe, ob das eine Abkürzung für
die Firma Brupbacher & Cie oder für die Bankengruppe sein solle. Auch ist bei
der Unterschrift der Firma Brupbacher & Cie auf das Vertretungsverhältnis in
keiner Weise Bezug genommen. Es kann freilich eingewendet werden, der Hinweis
habe nicht wiederholt werden müssen, nachdem im Ingress endgültig gesagt
worden sei, dass die Firma Brupbacher & Cie für die Bankengruppe handle.
Allein wenn die Vertragschliessenden wirklich der Meinung gewesen wären, die
Bankengruppe solle gegenüber der Beklagten direkt in der Rechtsstellung der
Darlehensgeberin stehen, so hätte es bei der grossen Tragweite, welche der
Frage zukommt, doch nahe gelegen, das im Vertragstexte in unmissverständlicher
Weise zum Ausdruck zu bringen, statt es nur mit einer aus drei Worten
bestehenden Formel im Ingress anzudeuten.
Dazu hätte hier, wo das Bankenkonsortium erst noch gebildet werden musste,
besonderer Anlass bestanden. Will das Handeln für denjenigen, den es angeht,
als zulässig erkannt werden, so muss im konkreten Falle wenigstens soviel
feststehen, dass es tatsächlich beabsichtigt war. Es darf zu der unter
Umständen bestehenden Schwierigkeit, die als Geschäftsherr eintretende
Drittperson festzustellen, nicht noch die andere kommen, dass zweifelhaft
erscheinen kann, ob der angebliche Vertreter nicht überhaupt im eigenen Namen
gehandelt hat. Lässt schon der Wortlaut des Vertrages solche Zweifel
aufkommen, so muss daher die Annahme, es habe für einen noch unbestimmten
Geschäftsherrn gehandelt werden wollen, durch weitere gegenteilige Indizien
umso rascher entkräftet werden. Solche Indizien liegen hier eine Reihe vor.
a) Nach der Feststellung der Experten und entgegen der Behauptung der Kläger
ist es in der Schweiz nicht
Seite: 503
üblich, dass Finanzierungsgeschäfte, bei denen hinter der vertragschliessenden
Bank ein Syndikat steht, «namens einer Bankengruppe» und mit unmittelbarer
Wirkung für diese Gruppe abgeschlossen werden. Dass aber im vorliegenden Falle
ein besonderes Interesse bestanden hätte, durch jene Formel die Syndikanten
direkt zu Gläubigern der Beklagten zu machen, haben die Kläger nicht darzutun
vermocht.
b) Schon die Natur des Geschäftes lässt vielmehr eher die Firma Brupbacher &
Cie als Gläubigerin vermuten. Bei Kreditgeschäften, zumal wenn es sich dabei
um Millionenbeträge handelt, hat nicht nur der Gläubiger, sondern in
beschränktem Masse auch der Schuldner von Anfang an ein Interesse daran zu
wissen, wer auf der andern Seite Vertragspartei ist. Er wird durch das
Kreditverhältnis vom Gläubiger finanziell abhängig, weshalb ihm dessen Person
nicht gleichgültig sein kann. Man denke nur an die Möglichkeit, dass der
Schuldner später in Zahlungsschwierigkeiten gerät und dann auf Stundung oder
auf andere Erleichterungen angewiesen sein wird. Aus diesen Gründen ist es von
allem Anfang an mehr als unwahrscheinlich, dass eine kreditsuchende Firma sich
für so hohe Beträge ohne Not auf einen Vertrag mit unbestimmten Dritten
einlässt.
c) Die Beklagte sollte zudem selbst nach Abschluss der Verträge keinen
Anspruch haben, die Zusammensetzung des Konsortiums zu erfahren; und
tatsächlich sind die einzelnen Beteiligten im Verborgenen geblieben, bis ihnen
der Zusammenbruch der Firma Brupbacher & Cie Veranlassung gab, von sich aus
hervorzutreten. Das benimmt dem Handeln für denjenigen, den es angeht, wie
oben auseinandergesetzt wurde, zum vorneherein die Rechtswirksamkeit.
Abgesehen hievon, lassen diese Umstände aber erkennen, dass der Wille dazu gar
nicht vorhanden war. Es widerspricht der natürlichen Auffassung und allen
Gepflogenheiten des Verkehrs, dass bei der Abwicklung eines so bedeutenden
Geschäftes sich die eine Partei
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unerkannt und unerkennbar im Hintergrund halte und der Gegenkontrahent darauf
verzichte, je zu erfahren, mit wem er es auf der andern Seite als
Vertragspartei zu tun habe.
Die Kläger machen demgegenüber geltend, einzelne Mitglieder des
Verwaltungsrates der Beklagten, die gleichzeitig bei Konsortialfirmen in
leitender Stellung gewesen seien, hätten von der Zusammensetzung des
Konsortiums Kenntnis gehabt. Das trifft allgemein zu für Direktor Brupbacher,
dagegen nur beschränkt für Niesz, Dr. Boveri und Lemaître, da diese nach den
Zeugenaussagen lediglich um die Beteiligungen derjenigen Firmen wussten, denen
sie in der andern Stellung angehörten. Alle aber hatten ihre Kenntnis von der
Klägerseite her, durften sie also nicht gegen den Willen der Kläger für die
Beklagte verwenden und haben denn auch im Verwaltungsrat nicht davon
gesprochen. Insoweit eine solche Kenntnis bei einzelnen
Verwaltungsratsmitgliedern überhaupt bestanden hat, kann sie daher der
Beklagten nicht angerechnet werden.
d) Die Firma Brupbacher & Cie hat auf dem der Beklagten eröffneten
Vorschusskonto Nr. 1856 die Beteiligungen der Kläger (bis zum 31. März 1932)
nicht vermerkt, sondern das Darlehen wie ein eigenes behandelt; sie hat die
Kontoauszüge im eigenen Namen ausgestellt, die Zahlungen der Beklagten im
eigenen Namen quittiert und, was vor allem schwer ins Gewicht fällt, die
Darlehensforderung in ihren Bilanzen als Aktivum, die Beteiligungen der Kläger
als Passiven aufgeführt. Darnach ist die Firma unverkennbar selber der
Auffassung gewesen, sie und nicht die Bankengruppe sei Gläubigerin der
Forderung. Die Kläger wenden ein, es wäre zu umständlich gewesen, wenn jeder
der Konsorten persönlich mit der Beklagten hätte verkehren müssen, und aus der
Art der Verbuchung, die nach Bankplätzen und Herkommen verschieden sei, lassen
sich keine juristischen Besonderheiten ableiten. Weder der eine, noch der
andere Einwand ist stichhaltig.
Seite: 505
Dass der Verkehr über die führende Bank ging, ist selbstverständlich; das wäre
aber für die Firma Brupbacher & Cie kein Grund gewesen, das Darlehen als
eigenes zu behandeln, wenn sie sich nur als Syndikatsleiterin und nicht als
Gläubigerin betrachtet hätte. Was die Kontoauszüge und Quittungen betrifft, so
bezeichnen die Experten es als üblich, dass darin die Konsorten und ihre
Anteile nicht substanziiert genannt werden. Allein das heisst nicht, dass die
Syndikatsleitung, wie es hier geschehen ist, die Schriftstücke schlechtweg im
eigenen Namen ausstelle, ohne auf das Syndikatsverhältnis mit irgendeinem
Worte Bezug zu nehmen. Und schlüssig ist auf jeden Fall, auch nach Ansicht der
Experten, die Behandlung der Forderung in den eigenen Büchern der Firma
Brupbacher & Cie. So verschieden die Buchhaltungsformen nach den einzelnen
Bankplätzen und bei den einzelnen Bankhäusern sein mögen, so werden doch
nirgends fremde Forderungen, welche die betreffende Bank nur zu verwalten hat,
als eigene eingetragen, und vor allen Dingen werden sie nicht, nach der einen
Seite als Aktivum, nach der andern als Passivum, in die Bilanzen aufgenommen.
e) Als die Kläger endlich, nach dem Zusammenbruch der Firma Brupbacher & Cie,
sich persönlich an die Beklagte heranmachten, taten sie das unter rechtlich
verschiedenen Gesichtspunkten und, wenigstens zum Teil, durchaus nicht mit der
Prätention, von Anfang an ihre Gläubiger gewesen zu sein. Einzelne behaupteten
lediglich, ihre Partizipation von Brupbacher & Cie zediert erhalten zu haben;
eine andere berief sich für ihre direkte Forderung auf «die jetzige Situation
von Brupbacher & Cie», und zwei weitere bezeichneten sich überhaupt nur als
Unterbeteiligte.
f) Die Firma Brupbacher & Cie selber stellte sich in einem vom Liquidator
visierten Brief vom 31. Dezember 1931 auf den Standpunkt, dass für den
Vorschuss «nicht mehr» sie, sondern die einzelnen Konsorten als Gläubiger zu
betrachten seien. Darin liegt deutlich
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ausgesprochen, dass jedenfalls vorher die Firma Brupbacher & Cie Gläubigerin
gewesen ist.
Als Ergebnis dieser Indizienbeweise ist also festzustellen, dass die Firma
Brupbacher & Cie bei Abschluss der beiden Darlehensverträge mit der Beklagten,
trotz der anders lautenden Ingressformel, im eigenen Namen gehandelt hat. Die
Formel «namens einer Bankengruppe» konnte nach allen Umständen höchstens
bedeutet haben: «für Rechnung einer Bankengruppe», Die Firma Brupbacher & Cie
war von sich aus nicht in der Lage, der Beklagten einen Kredit von 5 Millionen
Franken langfristig zur Verfügung zu stellen, sondern musste sich die Mittel
dazu in der Weise verschaffen, dass sie andern Banken und Finanzunternehmungen
«Partizipationen» einräumte. Dabei handelte es sich aber nicht um direkte
Beteiligungen am Darlehen, sondern um Unterbeteiligungen, welche die
Gläubigerstellung der Firma Brupbacher & Cie gegenüber der Beklagten nicht
berührten. Auf diese Beziehungen ist in der erwähnten Ingressformel
hingewiesen. Das entspricht wohl einer mehr wirtschaftlich als rechtlich
orientierten Betrachtungsweise der beteiligten Kreise, die beim ganzen
Geschäft vor allem die Tatsache, dass die Firma Brupbacher 8c Cie das Darlehen
nicht aus eigenen, sondern aus fremden Mitteln gewährte, als das Wichtige
angesehen haben, ohne indessen die hinter der Bank stehenden Geldgeber als
Gläubiger der Beklagten einsetzen zu wollen.
In diesem Sinne ist es auch zu verstehen, wenn sonst noch gelegentlich auf
dieser oder jener Seite, so u. a. in einem Geschäftsbericht der Beklagten vom
«Vorschuss der Bankengruppe» die Rede war.
Aus der gleichen Anschauung erklärt sich ferner zwangslos, dass der definitive
Kredit, der am 10. April 1929 zur Auszahlung fällig wurde, und der
provisorische, der zur Überbrückung für die Zwischenzeit dienen sollte,
auseinander gehalten wurden. Den provisorischen Kredit konnte die Firma
Brupbacher & Cie aus ihren eigenen Mitteln
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bestreiten, während sie für den definitiven, langfristigen auf die Hilfe der
Bankengruppe angewiesen war. Dazu kommt, dass sich die beiden Kredite insofern
unterschieden, als der provisorische zu 8½% und der definitive nur zu 8%
verzinslich war. Das mag mit ein Grund gewesen sein, sie getrennt zu behandeln
und für den definitiven Kredit einen neuen Konto zu eröffnen.
Erkenntnis:
Die Klage wird abgewiesen.