S. 239 / Nr. 44 Registersachen (d)

BGE 59 I 239

44. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. November 1933 S. Schoch u. Kons. gegen
Buff u. Kons. und Appenzell A. Rh., Regierungsrat.

Regeste:
Handelaregisterverordnung Art. 30 ist auch anwendbar, wenn die Streitigkeit
zwischen Privaten eine andere als die Eintragung einer Firma betrifft. OR Art.
876. (Erw. 1.) Der Handelsregisterführer hat einem formrichtig gestellten
Eintragungsgesuch zu entsprechen und ist nicht befugt, zu prüfen, ob die
nachgesuchte Eintragung die Rechte eines Einspruch erhebenden Dritten
verletzt, sondern er hat diesen vor den Richter zu weisen; der Dritte kann den
Richter um Erlass

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einer provisorischen Verfügung angehen, durch welche dem Registerführer die
Eintragung einstweilen untersagt wird (Erw. 2).
Immerhin kann der Registerführer dem Einsprechenden Frist zur Erlangung der
provisorischen Verfügung ansetzen und bis dahin die Eintragung aufschieben.
Fristansetzung durch das Bundesgericht im Beschwerdeverfahren. (Erw. 3.)
Formrichtigkeit des Eintragungsgesuches (Erw. 4).

A. - Am 2. Juli 1932 wurde im Handelsregister des Kantons Appenzell A. Rh. die
Aktiengesellschaft K. Kurz-Fisch eingetragen. Hans Buff, Kaufmann, von Wald,
in Rheineck, wurde einziger Verwaltungsrat und allein mit der
Unterschriftsberechtigung ausgestattet. Am 14. Juli 1933 berief Buff auf den
29. Juli 1933 nachmittags 3 Uhr in die Lokale der der Gesellschaft gehörenden
Fabrik in Bühler eine Generalversammlung der Aktionäre ein. Diese wurde dann
durch Buff eröffnet und geleitet. Ihm stand als Aktuar ein gewisser
Frischknecht bei. Ausserdem waren zugegen: Dr. Stampfli, als Vertreter der
Kontrollstelle, die Advokaten Dr. Ditscher, Dr. Paul Müller und Dr. Edwin
Müller, die Herren Sprenger-Bernet, Holderegger und Buff Sohn, alles Aktionäre
laut Aktienbuch der Gesellschaft oder Vertreter von solchen, sodann die Herren
Albert Schoch und F. Boari, Inhaber von Aktien, die ihnen abgetreten, deren
Abtretung im Aktienbuch aber nicht eingetragen worden war, und endlich Advokat
Ernst Zingg, den Dr. Paul Müller als Protokollführer hatte mitbringen wollen.
Buff bestritt gleich am Anfang der Versammlung das Recht der Herren Zingg,
Boari und Schoch, an derselben teilzunehmen. Es entstand schon über diesen
Punkt eine heftige Diskussion, in deren Verlauf Buff trotzt des Protestes der
Aktionäre Paul und Edwin Müller erklärte, er hebe die Generalversammlung in
Anbetracht des Tumultes auf und er werde eine neue Generalversammlung auf
später einberufen. Nach dieser Erklärung legte er den Vorsitz nieder, blieb
aber immerhin im Lokal, um die weitern Vorgänge zu beobachten. Das gleiche tat

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sein Sohn, während Ditscher, Sprenger-Bernet, Holderegger, Frischknecht und
Stampfli den Saal verliessen. Darauf übernahm Dr. Edwin Müller den Vorsitz.
Weitere Teilnehmer blieben Dr. Paul Müller, Schoch und Boari, während die
beiden Buff wie gesagt nur als Beobachter gelten wollten. Die Versammlung
stellte fest, dass Dr. Edwin Müller 20, Dr. Paul Müller 18, Schoch 2 und Boari
10 Aktien besassen. Ausserdem wurde konstatiert, dass das Aktienkapital wegen
Annullierung von Aktien herabgesetzt worden sei. Sodann wurden folgende
Beschlüsse unter Einstimmigkeit gefasst:
«1. Die Generalversammlung stellt fest, dass der Verwaltungsrat die Vorlage
des Jahresberichtes verweigert hat.
»2. Die Schlussbilanz vom 30. Juni 1933 ist vorgelegt worden, ebenso die
Verlust- und Gewinnrechnung, sowie der Revisorenbericht vom 26. Juli 1933 von
Dr. Franz Stampfli in St. Gallen.
»3. Auf Antrag von Dr. Edwin Müller wird die Genehmigung der Jahresrechnung
und der Gewinn- und Verlustrechnung wegen Bestreitung der Richtigkeit
verweigert.
»4. Die Genehmigung des Revisorenberichtes wird vorbehalten.
»5. Die Generalversammlung stellt auf Grund verschiedener Vorkommnisse fest,
dass sich Herr Buff als einziges Mitglied des Verwaltungsrates der
gleichzeitig für die Geschäftsführung verantwortlich ist, sich schwere
Verletzungen und Vernachlässigungen seiner Pflichten und andere Fehler hat zu
Schulden kommen lassen. Sie verweigert deshalb die Dechargeerteilung dem Herrn
Buff gegenüber. Er wird sofort als Verwaltungsmitglied entlassen und aller
seiner Befugnisse enthoben, insbesondere auch der Unterschriftenberechtigung.
»6. Die schweizerische Revisionsgesellschaft in Zürich wird beauftragt, eine
Revision durchzuführen.
»7. Der zukünftige Verwaltungsrat wird beauftragt, gegen den bisherigen
Verwaltungsrat eine Schadenersatzklage einzuleiten.

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»8. Es wird zum Beschluss erhoben, dass gegen den Verwaltungsratspräsidenten
H. Buff sofort eine Strafklage einzureichen sei.»
Als einziges Mitglied der Verwaltung wurde sodann Schoch ernannt. Er erhielt
die Unterschriftenberechtigung und wurde ermächtigt, einen Geschäftsführer zu
bestellen. Diesem Auftrag kam er sofort nach und ernannte als Geschäftsführer
Boari, dem die Versammlung zustimmte. Als Kontrollstelle wurde ein durch den
Verwaltungsrat noch zu bezeichnendes Mitglied der Schweizerischen
Revisionsgesellschaft in Zürich in Aussicht genommen.
Durch Schreiben vom 29. Juli 1933 gelangte sodann Schoch als einziges Mitglied
der Verwaltung im Namen der Gesellschaft an das Handelsregisteramt des Kantons
Appenzell A. Rh. und verlangte Eintragung und Publikation der Abberufung des
Buff, seiner eigenen Ernennung und der Erteilung der Prokura an Boari. Er
fügte dem Schreiben einen durch Dr. Edwin Müller als Präsident, Zingg als
Aktuar und Boari als Stimmenzähler unterzeichneten, nicht beglaubigten Auszug
aus dem Protokoll über die Generalversammlung vom 29. Juli bei.
Am 1. August 1933 stellte das Handelsregisteramt von Appenzell A. Rh. dem
Schoch ein Formular zu, damit er auf diesem sein Gesuch erneuere, und es fügte
bei, dass die Unterschriften beglaubigt sein müssten. Am 2. August 1933 sandte
dann Dr. Paul Müller im Namen des Schoch dem Handelsregisterbureau:
1. Eine Anzeige der Abberufung des Buff, der Ernennung des Schoch als einziges
Mitglied des Verwaltungsrates und der Bestellung des Boari als
Geschäftsführer, eines jeden mit Einzelunterschrift. Die Anzeige stand auf dem
zugestellten Formular und trug die Unterschriften des Schoch und des Boari,
sowie ihren Namenszug für die Gesellschaft; auch waren die beiden
Unterschriften beglaubigt,
2. ein Exemplar des Schreibens, mit dem Buff die Generalversammlung einberufen
hatte,

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3. einen Brief Schoch's an das Handelsregisteramt vom 31. Juli 1933.
Am 3. August 1933 eröffnete der Handelsregisterführer dem Schoch, dass er die
verlangten Änderungen im Handelsregister nicht vornehmen könne, da die
Beschlussfassung der Minderheit der Aktionäre nicht als ordnungsgemäss
einberufene Generalversammlung gelten könne und ausserdem die Geschäftsführung
der Aktiengesellschaft, Verwaltungsrat Hans Buff, gegen die Eintragung der
angemeldeten Tatsachen Einspruch erhoben habe. «Wir haben es daher mit einer
Streitigkeit zwischen Privaten über die Änderung des Handelsregistereintrages
zu tun, über welche laut Art. 30 der Handelsregisterverordnung die Gerichte zu
entscheiden haben.»
B. - Am 7. August 1933 hat Dr. Paul Müller im Namen der K. Kurz-Fisch A.-G.
Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Appenzell A. Rh. eingelegt und
verlangt, dass der Handelsregisterführer veranlasst werde, die Änderung der
Eintragung vorzunehmen.
C. - Entsprechend dem Antrag des Handelsregisterführers hat der Regierungsrat
des Kantons Appenzell A. Rh. den Rekurs am 25. August 1933 abgewiesen.
D. - Gegen diese Verfügung hat Dr. Paul Müller in eigenem Namen und als
Vertreter der Aktiengesellschaft, des Dr. Edwin Müller und des Boari
rechtzeitig die verwaltungsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht
ergriffen und den Antrag gestellt, es sei anzuordnen, dass die dem
Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A. Rh. mit Schreiben vom 29. Juli
1933 seitens des Verwaltungsrates der K. Kurz-Fisch A.-G. (Direktor Albert
Schoch in Wald) zur Eintragung ins Handelsregister mitgeteilten Tatsachen
eingetragen und publiziert werden.
E. - . .
F. - Der Regierungsrat des Kantons Appenzell A. Rh. hat Abweisung der
Beschwerde beantragt, ebenso die Beschwerdegegner.

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G. - Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat in seiner
Vernehmlassung vom 13. Oktober 1933 beantragt, das Rekursbegehren 2 sei
abzuweisen, das Rekurebegehren 1 dagegen in dem Sinne gutzuheissen, dass der
Registerführer von Appenzell A. Rh. anzuweisen sei, den Beschwerdegegnern eine
angemessene Frist von 10 Tagen anzusetzen, um beim zuständigen Gericht im
Sinne von Art. 30 der Handelsregisterverordnung ein Urteil oder eine
vorsorgliche Verfügung dahingehend zu erwirken, dass dem Handelsregisterbureau
von Appenzell A. Rh. die Eintragung der an der ordentlichen Generalversammlung
vom 29. Juli 1933 gefassten Beschlüsse untersagt wird. Mit dieser
Fristansetzung habe der Registerführer die Androhung zu verbinden, dass bei
unbenutztem Ablauf der Frist die angemeldete Eintragung vollzogen werde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 30 der Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vom
6. Mai 1890 entscheiden die Gerichte auf dem Wege des Prozesses über
Streitigkeiten zwischen Privaten betreffend Löschungen und Änderungen im
Handelsregister (OR Art. 876); sie sind befugt, vorsorgliche Verfügungen zu
treffen. Art. 876
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 876 - 1 Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät.
1    Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät.
2    Unter den gleichen Voraussetzungen und für die gleichen Fristen besteht auch die Nachschusspflicht fort.
3    Wird eine Genossenschaft aufgelöst, so bleiben die Mitglieder in gleicher Weise haftbar oder zu Nachschüssen verpflichtet, falls innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längere Frist seit der Eintragung der Auflösung in das Handelsregister der Konkurs über die Genossenschaft eröffnet wird.
OR, auf den in Art. 30 der Handeleregisterverordnung
verwiesen wird. enthält allerdings nur die Bestimmungen über das Firmenrecht
und über die Unterlassungs und Schadenersatzklage bei unbefugtem Gebrauch
einer Firma. Allein wenn auch der Verordnungsgesetzgeber bei Erlass des Art.
30 besonders die Streitigkeiten im Sinne hatte, welche sich zwischen Privaten
erheben hinsichtlich der Löschung oder Änderung einer im Handelsregister
eingetragenen Firma, muss die Bestimmung doch mindestens analog auch
angewendet werden, wenn es sich um die Änderung anderer Eintragungen handelt,
wie der Bundesrat als früher mit der Verwaltungsrechtsprechung in
Handelsregistersachen betraute Behörde bereits erkannt hat
(Verwaltungsentscheide

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der Bundesbehörden aus dem Jahr 1928, Nr. 40 S. 45 ff.). Dabei macht es keinen
Unterschied aus, ob die Streitigkeiten zwischen den Parteien schon vollzogene
oder erst bevorstehende Eintragungen betreffen. Im vorliegenden Fall hätte der
Handelsregisterführer also bei richtiger Auslegung und Anwendung des Art. 30
der Handelsregisterverordnung jedenfalls nicht über die Gültigkeit der am 29.
Juli 1933 nach Fortsetzung der Generalversammlung unter dem Vorsitz von Dr.
Edwin Müller gefassten Beschlüsse entscheiden dürfen, wie er es getan hat,
nachdem Buff und Konsorten gegen die nachgesuchte Eintragung offenbar
Einspruch erhoben hatten. Vielmehr frägt sich lediglich, ob er die verlangten
Änderungen hätte einstweilen vornehmen oder ablehnen sollen und bis wann.
2.- In seinem Rekursentscheid vom 18. Juli 1884 (Schw. Handelsamtsblatt vom
26. März 1885 Nr. 36 S. 240, SIEGMUND, Handbuch für die Schweizerischen
Handelsregisterführer S. 57/58) hat der Bundesrat erkannt: «Einsprachen
Dritter gegen einen noch nicht vollzogenen Eintrag dürfen den Registerführer
bezw. die Registerbehörde nur dann bestimmen, einer den gesetzlichen
Requisiten entsprechenden Registeranmeldung keine Folge zu geben, wenn ihr der
Beweis geleistet wird, dass das in Art. 24 und 30 der bundesrätlichen
Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vorgesehene Verfahren
eingeleitet ist oder dass dessen Einleitung unmittelbar bevorsteht (Art. 24
der Handeleregisterverordnung vom 29. August und 7. Dezember 1882 entspricht
dem Art. 30 der geltenden Verordnung). Dagegen muss der Registerbehörde das
Recht zugesprochen werden, eine Anmeldung provisorisch zurückzuweisen, welche
notorisch falsche Tatsachen enthält.» In gleicher Weise sprach sich das
eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seinem Jahresbericht von 1890
aus (BBI. vom 13. Mai 1891 S. 683) und wiederum der Bundesrat in seinem
Entscheid i. S. Adolf Reichen gegen den Regierungsrat des Kantons

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Bern (BBl. 1902 V S. 424 ff. bes. S. 435; SALIS, Bundesrecht IV Nr. 1589) und
i. S. JOOS (BURCKHARDT, Bundesrecht III Nr. 1480 I S. 949) und Zai-Kappeler
(BURCKHARDT, Bundesrecht III Nr. 1480 II S. 949 ff.). In seinem Urteil vom 20.
Mai 1913 i. S. J. van Leisen dagegen brachte er einen Vorbehalt an: «An dieser
Rechtsprechung hält der Bundestat immer noch fest, immerhin mit der
Einschränkung, dass es zur Verhinderung einer formell richtig angemeldeten
Eintragung nicht schon genügen soll, wenn der den Einspruch erhebende Dritte
die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens in Aussicht stellt, sondern erst,
wenn er nachweist, dass das Verfahren bereits eingeleitet ist. Liegt dieser
Nachweis vor, so ist der Registerführer nicht mehr frei darüber zu
entscheiden, ob er die Einsprache berücksichtigen wolle oder nicht, sondern er
ist verpflichtet, die Eintragung der bestrittenen Tatsache so lange zu
verweigern, bis der Richter die Eintragung zulässt.» (BBl. 1914 I S. 353,
STAMPA, Sammlung von Entscheiden in Handelsregistersachen Nr. 20, BURCKHARDT,
Bundesrecht III Nr. 1480 S. 950.) Im gleichen Sinne entschied das
eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 7. Juli 1920 i. S. Société de
Transports Internationaux ci-devant Ch. Fischer (BBl. 1914 I S. 353, STAMPA
a.a.O. Nr. 20, BURCKHARDT, Bundesrecht III Nr. 1480 II S. 950). Im Falle der
Compagnie générale des tramways électriques dagegen kam der Bundesrat auf
seine Rechtsprechung zurück und erkannte (Verwaltungsentscheide der
Bundesbehörden aus dem Jahre 1928 S. 46): a Die Registerführer und die
Aufsichtsbehörden in Handelsregisterangelegenheiten haben sich mit
Streitigkeiten dieser Art nicht zu befassen. Ihre Aufgabe ist es nur, zu
prüfen, ob alle Bedingungen der Eintragung erfüllt sind, insbesondere auch, ob
die Statuten einer A.-G. alles enthalten, was das Gesetz vorschreibt und
anderseits keiner zwingenden Norm widersprechen. Wenn die Prüfung nach dieser
Seite ein befriedigendes Resultat ergibt, so können die
Handelsregisterbehörden eine verlangte

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Eintragung, Löschung oder Änderung nicht verweigern. Die frühere Praxis ging
allerdings weiter. Sie untersagte dem Registerführer ebenfalls, eine verlangte
Eintragung vorzunehmen, wenn die Einleitung des Prozesses nachgewiesen wurde.
Die Überlegung war dabei, dass keine Entscheidung der Verwaltungsbehörden dem
Gerichte zuvorkommen oder gar das gerichtliche Urteil prajudizieren sollte.
Allein daran konnte nicht festgehalten werden. Denn einerseits besteht gar
keine gesetzliche Bestimmung, welche den Registerführer verpflichtet, eine
Eintragung zu suspendieren, wenn eine Klage eingereicht ist (im Gegenteil, die
Verordnung sieht ausdrücklich den Erlass von vorsorglichen gerichtlichen
Verfügungen vor), und anderseits wird dem gerichtlichen Urteil durch die
Eintragung in keiner Weise vorgegriffen. Wenn es sich später erweist, dass
eine Eintragung zu Unrecht erfolgte, wird sie annulliert. Und da, wo zu
befürchten ist, dass durch eine vollzogene Eintragung Dritten Schaden
erwachsen kann, besteht die Möglichkeit, dem durch eine vorsorgliche Verfügung
vorzubeugen. Dagegen könnte andererseits ein Dritter, wenn es genügt, die
Einleitung eines Prozesses nachzuweisen, um den Registerführer an der Vornahme
der Eintragung zu hindern, eine durchaus gerechtfertigte Eintragung während
längerer Zeit unmöglich machen. Die Anmeldenden hätten dann kein Mittel,
innert nützlicher Frist die Eintragung zu erwirken, und den aus ihrer
Verhinderung entstehenden Schaden abzuwenden. Verlangt man aber wenigstens den
Erlass einer provisorischen Verfügung, so prüft der Richter nach Anhörung der
Parteien die Angelegenheit und entscheidet, ob die Eintragung zu unterbleiben
hat.»
Die Rechtsprechung des Bundesrates und des Departementes hat demnach
Wandlungen durchgemacht. Während der ersten Phase wurde erkannt, dass der
Registerführer einem formrichtigen Begehren um Eintragung, Löschung oder
Änderung (das keine notorisch falschen Tatsachen enthält) zu entsprechen habe,
es wäre denn,

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dass der Opponent nachweist, dass er Klage bereits eingeleitet hat oder sofort
einleiten wird. Während der zweiten Phase ging die Rechtsprechung dahin, dass
der Registerführer die Eintragung, Löschung oder Änderung nur verweigern
dürfe, wenn der Einspruch Erhebende nachweise, dass er Klage bereits erhoben
habe, nicht schon dann, wenn er eine Klage lediglich in Aussicht stelle.
Während der dritten Phase endlich wurde entschieden, dass der Registerführer
einem Begehren um Eintragung, Löschung oder Änderung zu entsprechen habe,
gleichgültig, ob keine Klage schon eingeleitet worden ist oder nicht, es wäre
denn, dass der Opponent bereits eine vorsorgliche Verfügung des Richters
erwirkt hätte, welche dem Registeramt aufgibt, die Eintragung aufzuschieben.
Die zuletzt genannte Lösung verdient im allgemeinen den Vorzug, sodass das
Bundesgericht, das nunmehr mit der Rechtsprechung in Handelsregistersachen
betraut ist, die Rechtsprechung des Bundesrates fortsetzen kann. Der
Registerführer hat einem formrichtig gestellten Eintragungs-, Löschungs- oder
Änderungsgesuch, das dem Art. 1 der revidierten Verordnung II vom 16. Dezember
1918 nicht zuwiderläuft, statt zu geben, und er ist nicht befugt, zu prüfen,
ob die nachgesuchte Eintragung, Löschung oder Änderung die Rechte des
Einsprechenden verletzt, sondern er hat diesen vor den Richter zu weisen, der
allein zuständig ist, derartige Privatrechtsstreitigkeiten zu beurteilen. Wer
glaubt, durch die bevorstehende Eintragung, Löschung oder Änderung Schaden zu
erleiden, hat den Richter um Erlass einer provisorischen Verfügung anzugehen,
durch welche dem Registeramt der Vollzug der Eintragung usw. untersagt wird,
und wenn die Eintragung schon vollzogen worden ist, kann er eine vorsorgliche
Verfügung erlangen, durch welche verhindert wird, dass sie ihre Wirkungen vor
dem endgültigen Entscheid des Richters im ordentlichen Verfahren entfalte. Die
Interessen des Gegners des Gesuchstellers sind also

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keineswegs schutzlos. Auf der andern Seite wäre aber der Gesuchsteller
schutzlos, wenn der Registerführer die Eintragung immer schon dann aufschieben
müsste, wenn die Anhebung eines Prozesses oder gar nur die bevorstehende
Einreichung einer Klage nachgewiesen ist Es ist also Sache des Richters, auch
während eines hängigen Prozesses je nach den Umständen zu entscheiden, was mit
der Eintragung, Löschung oder Änderung bis zum Eintritt der Rechtskraft der
Entscheidung zu geschehen habe; in diesem Sinne bestimmt Art. 30 der
Handelsregisterverordnung, dass der Richter provisorische Verfügungen treffen
könne.
3. Es wäre nun aber um der Klarheit und Eindeutigkeit des Handelsregisters
willen bedauerlich, wenn Eintragungen usw. vorgenommen werden müssten, deren
Wirkungen gleich nachher durch vorsorgliche richterliche Verfügungen am
Eintreten verhindert werden. Entgegen dem zitierten Entscheid des Bundesrates
vom 2. April 1928 ist vielmehr im Rahmen des Möglichen darnach zu trachten,
solche in gewissem Sinne «voreilige» Eintragungen, Löschungen und Änderungen
zu vermeiden, und es muss deshalb ohne Weiteres dem Vorschlag des
eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes zugestimmt werden, den es in
seiner Vernehmlassung im vorliegenden Fall und übrigens auch in der Sache
Baumgartner ca. Société pour la protection juridique des assurés, die durch
Rückzug der Beschwerde erledigt wurde, aufgestellt hat
Der Registerführer soll demnach, wenn ein formrichtiges Eintragungs-,
Löschungs- oder Änderungsbegehren vorliegt, das dem Art. 1 der revidierten
Verordnung II nicht widerspricht, und wenn anderseits Einsprache gegen die
Eintragung, Löschung oder Änderung erhoben wird, zuerst dem Eintragungsgesuch
noch nicht sofort entsprechen, sondern dem Einsprechenden eine
verhältnismässig kurze Frist, von 10 bis 14 Tagen, ansetzen um vom zu
ständigen Richter eine vorsorgliche Verfügung zu erlangen, durch welche die
vorgesehene Eintragung, Löschung oder

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Änderung aufgeschoben wird. Durch eine solche Fristansetzung werden gewichtige
Interessen des Gesuchstellers in der Regel nicht verletzt. Da nun im
vorliegenden Fall der Handelsregisterführer die Fristansetzung unterlassen hat
und auch die kantonale Aufsichtsbehörde sie nicht nachgeholt hat, müsste
eigentlich der Registerführer angehalten werden, die Frist anzusetzen. Nichts
steht jedoch entgegen, dass das Bundesgericht selbst gemäss Art. 162 VDG die
Frist ansetzt, um die Sache zu vereinfachen. Dagegen erscheint es als
ausgeschlossen, dass die Beschwerdegegner innert der kurzen Zeit von 10 Tagen
oder auch nur von 14 Tagen schon ein gerichtliches Urteil erlangen können,
durch den der Privatrechtsstreit mit den Beschwerdeführern endgültig aus der
Welt geschafft wird, und es ist deshalb überflüssig, die Frist wahlweise für
die Erlangung der vorsorglichen Verfügung oder eines gerichtlichen Urteils
anzusetzen. Vielmehr wird es Sache des kantonalen Richters sein, der zum
Erlass der vorsorglichen Verfügung zuständig ist, den Beschwerdegegnern eine
weitere Frist anzusetzen, deren Länge sich nach dem kantonalen Recht bestimmt,
um Zivilklage einzureichen, ansonst dann, wiederum nach dem kantonalen Recht,
die vorsorgliche Verfügung dahinfällt.
4.- Es bleibt nunmehr zu untersuchen übrig, ob das Eintragungsgesuch der
Beschwerdeführer formrichtig gestellt war und ob es nicht dem Art. 1 der
revidierten Verordnung II zuwiderlief. Ein Mangel letzterer Art ist nicht
vorhanden. Was sodann die Form betrifft, durfte der Handelsregisterführer das
erste Eintragungsgesuch vom 29. Juli 1933 schwerlich deshalb zurückweisen,
weil es nicht auf dem Formular gestellt und weil die Gültigkeit der
Generalversammlung nicht nachgewiesen war, denn das Formular ist nicht
obligatorisch und die Gültigkeit der Beschlüsse hatte der Registerführer nicht
zu prüfen. Dagegen war das erste Gesuch in seiner Form mangelhaft, weil die
Unterschrift Schoch's nicht beglaubigt war und weil die Firmaunterschriften
Schoch's und Boari's (OR

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Art. 652/53) fehlten, ferner weil der Auszug aus dem
Generalversammlungsprotokoll nicht beglaubigt war. (Vgl. SIEGMUND Handbuch S.
307.) Dieser letztere Mangel haftete dann als einziger auch dem zweiten
Eintragungsgesuch vom 2. August 1933 an. Ohne Behebung darf der Registerführer
dem Gesuch nicht Folge geben, auch wenn die Beschwerdegegner die vorsorgliche
Verfügung nicht erlangen sollten. Ein beglaubigter Protokollauszug muss also
unter allen Umständen beigebracht werden, wenn der Registerführer dem Gesuch
der Rekurrenten entsprechen soll.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, die Verfügung des
Handelsregisteramtes des Kantons Appenzell A. Rh. vom 3. August 1933 und der
Beschluss des Regierungsrates des Kantons Appenzell A. Rh. vom 25. August
1933, mitgeteilt am 26. August 1933, werden aufgehoben und es wird den
Beschwerdegegnern Hans Buff und Konsorten eine Frist von 10 Tagen seit Empfang
des Dispositives dieses bundesgerichtlichen Urteils angesetzt, um von der
zuständigen Gerichtsbehörde eine provisorische Verfügung dahingehend zu
erwirken, dass dem Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A. Rh. die
Eintragung der an der ordentlichen Generalversammlung vom 29. Juli 1933
gefassten Beschlüsse vorläufig untersagt wird; für den Fall, dass die
Beschwerdegegner Hans Buff und Konsorten innert der ihnen angesetzten Frist
von 10 Tagen die provisorische Verfügung über den Aufschub der von den
Beschwerdeführern verlangten Eintragung nicht erwirken und eine solche
Verfügung dem Handelsregisteramt des Kantons Appenzell A. Rh. innert der Frist
nicht mitgeteilt wird, wird dieses angewiesen, dem Eintragungsgesuch der
Beschwerdeführer Schoch und Boari vom 2. August 1933 zu entsprechen, sofern
die Beschwerdeführer unterdessen den Protokollauszug der Generalversammlung
vom 29. Juli 1933, der mit dem

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Eintragungsgesuch Schoch vorn 29. Juli 1933 eingereicht wurde, haben
beglaubigen lassen oder sofern sie einen andern beglaubigten Protokollauszug
beigebracht haben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 I 239
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 07. November 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 I 239
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Handelaregisterverordnung Art. 30 ist auch anwendbar, wenn die Streitigkeit zwischen Privaten eine...


Gesetzesregister
OR: 876
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 876 - 1 Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät.
1    Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät.
2    Unter den gleichen Voraussetzungen und für die gleichen Fristen besteht auch die Nachschusspflicht fort.
3    Wird eine Genossenschaft aufgelöst, so bleiben die Mitglieder in gleicher Weise haftbar oder zu Nachschüssen verpflichtet, falls innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längere Frist seit der Eintragung der Auflösung in das Handelsregister der Konkurs über die Genossenschaft eröffnet wird.
BGE Register
59-I-239
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frist • verwaltungsrat • beschwerdegegner • bundesgericht • bundesrat • regierungsrat • tag • weiler • handelsregisterverordnung • unterschrift • schaden • gesuchsteller • richtigkeit • aktiengesellschaft • entscheid • treffen • besteller • wald • konsens • aktienbuch
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BBl
1902/V/424 • 1914/I/353