S. 134 / Nr. 25 Staatsverträge (d)

BGE 59 I 134

25. Urteil vom 22. September 1933 S. L. de l'Arbousset gegen Camenzind & Cie .

Regeste:
In der blossen Bestimmung eines Erfüllungs- und Zahlungsortes, die nicht auf
einem Wechsel erfolgt, liegt keine Gerichtstandsvereinbarung
(Domizilerwählung) im Sinne des Art. 3 des franz.-schweiz.
Gerichtstandsvertrages.

A. - Die Parteien, L. de l'Arbousset in Alès (Frankreich) und Camenzind & Cie
in Gersau, standen seit längerer Zeit in Geschäftsverbindung in der Weise,
dass der Rekurrent der Rekursbeklagten Waren lieferte. Die Fakturen trugen
jeweilen den Vermerk: «les marchandises ci-après prises et payables dans
Alès». Eine anderweitige Abrede, die als solche eines Gerichtsstandes gedeutet
werden könnte, liegt nicht vor. Infolge einer Klage, die der Rekurrent auf
Grund der Warenlieferungen gegen die Rekursbeklagte vor dem Handelsgericht von
Alès erhob, verpflichtete dieses Gericht durch Urteil vom 11. Oktober 1932 die
Rekursbeklagte, dem Rekurrenten 90159 franz. Franken 95 Cts. nebst Zins, 1475
franz. Fr. nebst Zins und 500 franz. Fr. samt den Kosten zu bezahlen. Es
handelt sich um ein Versäumnisurteil, da die Rekursbeklagte sich am Verfahren
nicht beteiligte. Der Rekurrent stellte bei der Justizkommission des Kantons
Schwyz das Gesuch, das Urteil als vollziehbar zu erklären. Die
Justizkommission wies das Gesuch am 11. Mai 1933 ab, indem sie ausführte, dass
das Handelsgericht von Alès zur Beurteilung der Klage nach dem
Gerichtstandsvertrag mit Frankreich unzuständig gewesen sei.

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B. - Gegen diesen Entscheid hat L. de l'Arbousset die staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung der Art. 15 ff. des Gerichtsstandsvertrages mit
Frankreich ergriffen mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Urteil des
Handelsgerichts als vollstreckbar zu erklären. Es wird ausgeführt: Das
Handelsgericht in Alès sei zuständig gewesen zufolge einer
Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien. Die Rekursbeklagte habe nach der
Terminologie des Staatsvertrages, Art. 3 in Alès Domizil erwählt. Alès sei das
Zentrum aller Geschäftsbeziehungen der Parteien gewesen; dort sei die Ware
lieferbar und der Preis zahlbar gewesen, was die Rekursbeklagte im frühern
Geschäftsverkehr immer respektiert habe. Sei Alès Erfüllungsort, so habe der
Rekurrent auch nach Art. 420 CPC dort klagen können. Es sei auch nicht
anzunehmen, dass das Handelsgericht in Alès seine Kompetenz nicht sorgfältig
geprüft habe.
C. - Die Rekursbeklagte und die Justizkommission haben die Abweisung der
Beschwerde beantragt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Es handelt sich darum, ob das Urteil des Handelsgerichts in Alès nach Art. 15
ff. des Staatsvertrages in der Schweiz vollstreckbar ist. Die Frage ist nur
insofern streitig, als die Rekursbeklagte geltend macht, das Handelsgericht
sei nicht kompetent gewesen.
Art. 1 des Staatsvertrages garantiert für persönliche Streitigkeiten zwischen
Franzosen und Schweizern den Wohnsitzrichter des Beklagten. Doch wird in Art.
3 die Möglichkeit einer abweichenden Gerichtsstandsvereinbarung vorgesehen,
die daselbst als Domizilerwählung bezeichnet wird. Wohnsitzrichter der
Beklagten ist der schwyzerische Richter, und eine Domizilerwählung der
Rekursbeklagten in Alès liegt nicht vor. Man kann zwar annehmen, dass die
Rekursbeklagte die Klausel in den Fakturen: «zahlbar in Alès» akzeptiert hat.
Erfüllungsort war also für sie Alès. Auf dem Boden des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV

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wird indessen die Abrede eines Erfüllungsortes nicht als Verzicht auf den
Wohnsitzrichter anerkannt (BGE 34 I S. 266 und Zitate). Und auch, was den Art.
3 des Staatsvertrages anlangt, hat das Bundesgericht ausgesprochen, dass in
der Klausel «payable à...» keine Gerichtsstandsvereinbarung erblickt werden
kann (abgesehen vom besondern Zahlungsort auf einem Wechsel, BGE 23 S. 1684
ff.; 29 I S. 214 f.). Es kann auf diese Urteile verwiesen werden aus denen
sich auch ergibt, dass Art. 420 des französischen CPC, der für das
handelsgerichtliche Verfahren dem Kläger die Wahl gibt am Ort des Beklagten zu
klagen, oder an dem Ort, wo das Versprechen erfolgt und die Ware geliefert
worden ist, oder endlich da, wo die Zahlung zu erfolgen hat, neben und gegen
den Staatsvertrag nicht angerufen werden kann und zwar auch nicht in
Handelssachen.
Die Justizkommission hat daher den Staatsvertrag nicht verletzt, wenn sie die
Vollstreckung des Urteils des Handelsgerichtes von Alès mangels Kompetenz
desselben verweigert hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 I 134
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 22. September 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 I 134
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : In der blossen Bestimmung eines Erfüllungs- und Zahlungsortes, die nicht auf einem Wechsel erfolgt...


Gesetzesregister
BV: 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BGE Register
34-I-265 • 59-I-134
Stichwortregister
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