S. 101 / Nr. 20 Lotteriegesetz (d)
BGE 59 I 101
20. Urteil des Kassationshofs vom 8. Mai 1933 i. S. Hauri gegen
Staatsanwaltschaft Aargau.
Regeste:
Art. 1 Lotteriegesetz: Spielapparat als Lotterie.
A. - Der Kassationskläger befasst sich mit dem Vertrieb sogenannter
Schnellverkaufsapparate.
Diese Apparate bestehen aus einem Kasten mit 540 Löchern mit je einer
dahinterliegenden verdeckten Kugel. Die Kugeln sind in sechs verschiedenen
Farben gehalten,
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wobei jeder Farbe eine bestimmte Ware von verschiedenem Wert entspricht. Wird
mit einem Stift in ein bestimmtes Loch gestossen, so fällt die betreffende
Kugel in eine seitwärts am Kasten angebrachte Öffnung, wo sie sichtbar
daliegt.
Der Betrieb des Apparates gestaltet sich in der Weise, dass zuerst dessen
Inhaber selbst eine Kugel herausstösst. Der erste Kunde erwirbt dann für 25
Rappen die dieser ersten Kugel (ihrer Farbe) entsprechende Ware und zugleich
das Recht, eine zweite Kugel herauszustechen. Er kann dann für weitere 25
Rappen auch die dieser Kugel entsprechende Ware kaufen und noch einmal stechen
und so weiter, oder er kann die Kugel liegen lassen. Letzternfalls wird der
zweite Kunde die ihr entsprechende Ware kaufen und eine neue Kugel
herausstechen, und so weiter.
Der Kassationskläger hat durch einen gewissen Schmid drei solcher Apparate
unterbringen lassen. Zwei davon hat er selber aufgestellt. Er ist deshalb vom
Bezirksgericht Bremgarten am 25. Juni 1932 wegen Widerhandlung gegen die Art.
1 und 4 des Lotteriegesetzes gemäss dessen Art. 38 zu Busse verurteilt worden.
Eine dagegen eingereichte Beschwerde hat das Obergericht des Kantons Aargau am
3. Februar 1933 abgewiesen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 1 des BG vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die
gewerbsmässigen Wetten gilt als verbotene Lotterie «jede Veranstaltung, bei
der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes
ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über
dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von
Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel
entschieden wird». Alle diese Merkmale einer verbotenen Lotterie werden durch
den Betrieb des vom Kassationskläger aufgestellten Apparats erfüllt:
Der Kauf der durch die bereits herausgestossene Kugel
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bezeichneten Ware zum Preis von 25 Rappen, also der Abschluss eines
Rechtsgeschäfts, berechtigt den Kunden, selber eine Kugel herauszustossen.
Dieses Recht schliesst für den Kunden insofern die Aussicht auf einen
Vermögensvorteil in sich, als er je nach der Farbe der zweiten Kugel für die
zweiten 25 Rappen eine Ware von höherem Wert erhalten kann, wobei dann die
Differenz zwischen den zweiten 25 Rappen und diesem höhern Wert den Gewinn
darstellt.
Diese Gewinnaussicht ist ausschliesslich auf den Zufall gestellt. Die
herauszustossenden Kugeln sind verdeckt und es besteht auch sonst keine
Möglichkeit, ihre Farbe zu errechnen. Die Farbe der Kugel aber ist allein
massgebend dafür, ob die dagegen einzutauschende Ware im Wert die 25 Rappen
übersteige, und von welcher Grösse und Beschaffenheit sie sei.
2.- Der Kassationskläger hat zwei Apparate selber aufgestellt. Er ist also
nach Art. 4 des Lotteriegesetzes dafür strafbar, ohne dass geprüft werden
müsste, ob er auch als Fabrikant solcher Apparate schon strafbar sei.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Beschwerde wird abgewiesen.